67. Frische Luft
Avery P.O.V.
21:20 Uhr
Die Party ist schon in vollem Gange. Musik füllt die Villa, vermischt sich mit Lachen und Gesprächen, und ich merke sofort, wie sich die Stimmung auf mich überträgt. Matteos Freunde scheinen alle erstaunlich bodenständig und entspannt zu sein, wodurch ich mich auch wesentlich wohler fühle, als ich es erwartet hatte.
Einige von ihnen haben sogar ihre eigenen Freunde mitgebracht. Matteo meinte, dass viele von ihnen noch nie in einer so beeindruckenden Villa waren – sie nutzen die Gelegenheit, um das alles in vollen Zügen zu genießen.
Ich schlendere durch den Wohnbereich und kann nicht anders, als über den improvisierten Beer Pong Tisch in der Mitte des Wohnzimmers zu schmunzeln.
Ob Adrian begeistert sein wird, dass sie dafür den teuren Massivholz Esstisch zweckentfremdet haben?
Zwischen all dem Luxus und den edlen Möbeln stehen Plastikbecher und Bierflaschen, und eine kleine Gruppe feuert sich gegenseitig an, während sie die Tischtennisbälle in die Becher zu werfen versuchen. Es ist ein seltsamer Anblick, aber irgendwie genau das, was diese Party so sympathisch macht. Die Menschen hier sind freundlich, herzlich und strahlen eine Leichtigkeit aus, die ich lange nicht mehr erlebt habe.
Ich lehne mich leicht gegen die Wand und schaue zu Matteo hinüber. Er ist gerade dabei, das letzte Gespräch zu beenden. Perfekt. Jetzt ist der Moment.
Ich gehe vorsichtig auf ihn zu. "Hey, hast du kurz Zeit?" frage ich leise, als er sich mir zuwendet. Seine Augen funkeln neugierig.
"Immer." sagt er und grinst dabei.
„Komm bitte kurz mit in die Küche", sage ich, versuche, meine Aufregung zu verbergen. Er folgt mir ohne zu zögern und ich spüre, wie mein Herz ein wenig schneller schlägt. In der Küche angekommen deute ich ihm kurz zu warten, während ich die Abstellkammer betrete.
Schnell zünde ich die kleine Kerze auf dem Kuchen an, welchen ich schon auf einer Ablagefläche bereitgestellt habe. Der sanfte Schein der Flamme tanzt im schwachen Licht, und für einen Moment halte ich inne, zufrieden mit meiner kleinen Überraschung.
Als ich zurückkomme und den Kuchen in meinen Händen halte, blicke ich zu Matteo. Seine Augen leuchten auf, als er den Kuchen sieht. Sein Lächeln wird noch breiter.
„Alles Gute nochmal..", sage ich und lächle ihn an.
„Avery das ist..", beginnt er, ohne die Augen vom Kuchen zu nehmen. „..danke..wirklich."
„Sehr gerne." sage ich und stelle den Kuchen vorsichtig ab.
Er sieht zuerst mich an, dann betrachtet er den Kuchen genauer. „Du hast dir meinen Lieblingskuchen gemerkt?"
„Natürlich.", sage ich zwinkernd.
Matteos wendet sich mir zu. Er streckt seine Arme leicht aus, hält inne, als wolle er sicherstellen, dass es in Ordnung ist. „Darf ich dich umarmen?" fragt er mit einem Lächeln, das mich direkt ins Herz trifft.
Ich lächle zurück. „Ja, natürlich."
Matteo umarmt mich sanft. Freundschaftlich, aber nicht aufdringlich. Und für einen Moment fühlt sich alles merkwürdig vertraut an. Es ist seltsam, diese Nähe zu spüren – fast wie der Beginn einer Freundschaft. Angesichts der Umstände, unter denen wir uns kennengelernt haben, ist das ein überraschendes Gefühl.
Als er mich loslässt, sieht er mich an. „Danke, Avery," sagt er leise, und ich kann nur lächeln. „Gern geschehen," erwidere ich.
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30 Minuten später
Als ich gerade am Buffet am Ende des Wohnbereichs stehe und mir ein kleines Stück Baguette mit Lachs nehme, spüre ich plötzlich eine Präsenz neben mir. Ich drehe mich um und sehe einen Mann, den ich noch nie zuvor gesehen habe. Er lächelt mich freundlich an, seine Augen strahlen.
„Die Auswahl ist wirklich unglaublich, oder?" sagt er mit einer tiefen, angenehmen Stimme. Er wirkt entspannt, trägt ein lässiges Hemd und Jeans. Sein dunkles Haar ist leicht zerzaust.
„Ja, definitiv," antworte ich und muss selbst lächeln.
„Ich bin übrigens Ben," sagt er und streckt mir die Hand entgegen. „Ein Freund von Matteo. Und du?"
„Avery," erwidere ich und schüttle seine Hand. „Schön, dich kennenzulernen."
„Ganz meinerseits." Ben sieht sich um und deutet mit einem kurzen Kopfnicken zu der Gruppe am Beer Pong Tisch. „Sag mal, spielst du?"
„Ich?" Ich muss lachen und schüttle den Kopf. „Ich habs noch nicht mal ausprobiert."
„Dann wird's höchste Zeit, das zu ändern," sagt er grinsend. „Komm schon, ich wette, du hast es drauf. Oder hast du Angst, gegen ein paar leicht angetrunkene Amateure zu verlieren?"
Ich spüre, wie die letzte Anspannung von mir abfällt und ein echtes Lächeln auf meinem Gesicht erscheint. Es fühlt sich gut an, einfach nur dazuzugehören, ohne nachdenken zu müssen. „Okay, du hast mich überredet. Aber nur, wenn du mir versprichst, dass du mich nicht auslachst, wenn ich richtig mies darin bin."
„Versprochen," sagt er mit einem Funkeln in den Augen.
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Ich werfe den Tischtennisball und er hüpft zweimal über den Tisch, bevor er sauber im Becher von Ben landet. Jubel bricht um mich herum aus, und ich kann mir ein triumphierendes Lachen nicht verkneifen. Ben stöhnt theatralisch auf der anderen Seite des Tisches auf.
„Das gibt's doch nicht! Schon wieder!", sagt er. Ich grinse ihn an, als er den Becher Bier anhebt und ihn mit einem gespielt gequältem Gesichtsausdruck austrinkt.
Wir sind mitten in der zweiten Runde, und das Spiel wird immer intensiver. Einmal muss er trinken, einmal ich. Dann wieder jemand von seiner Mannschaft. Ich muss sagen ich bin besser darin als erwartet.
Gerade als ich meinen eigenen Becher leeren will, spüre ich, wie jemand neben mir auftaucht. Ich drehe den Kopf und sehe Matteo, der mir mit einem leicht besorgten Blick ein Glas Wasser reicht. „Vielleicht solltest du zur Abwechslung mal was Antialkoholisches trinken," sagt er mit einem sanften Lächeln.
Ich runzele die Stirn und sehe ihn schief an. „Echt jetzt? Mitten im Spiel?"
Er zuckt entschuldigend die Schultern. „Tut mir leid, aber ich nehme meinen Job, auf dich aufzupassen, sehr ernst." Seine Augen funkeln amüsiert, aber da ist auch eine unterschwellige Ernsthaftigkeit, die ich nicht ignorieren kann.
Ich verdrehe lächelnd die Augen und nehme ihm das Glas ab. „Na gut, wenn du es so willst."
Gut, das ich die Wirkung des Alkohols spüre ist kein Geheimnis mehr. Deshalb beschließe ich, dass frische Luft jetzt genau das Richtige wäre.
„Ich geh kurz raus frische Luft schnappen. Okay?", frage ich Matteo.
Er hebt eine Augenbraue und sieht mich an. „Soll ich mitkommen?"
Ich schüttle den Kopf und lächle leicht. „Nein, ist schon okay. Immerhin muss mich hier jemand ablösen"
Matteo zögert, aber dann nickt er. Ohne ein Wort mehr zieht er seinen Hoodie aus und hält ihn mir hin. „Es passt vielleicht nicht ganz zu deinem Kleid, aber draußen ist es kalt." Seine Stimme ist sanft, fast fürsorglich.
„Danke," sage ich und nehme den Hoodie, schlüpfe hinein und spüre sofort die wohlige Wärme des Stoffes. „Wenn ich zurück komme spielen wir eine Runde Beer Pong gemeinsam okay?", sage ich.
„Machen wir!", stimmt Matteo mir zu. Ich nicke ihm grinsend zu und gehe Richtung Eingangstür.
Draußen gehe ich an den beiden Bodyguards vorbei, die am Eingang stehen, und setze vorsichtig einen Fuß vor den anderen, die Steintreppen hinab, um nicht in meinen hohen Schuhen zu stolpern. Die Luft ist kühl und klar, genau das, was ich gebraucht habe.
Ich atme tief ein, schließe kurz die Augen und lasse die Stille und die Kühle auf mich wirken. Für ein paar Minuten genieße ich die Ruhe und blicke hinauf zum sternenklaren Himmel.
Gerade als ich mich umdrehe, um zurückzugehen, stoße ich gegen etwas Hartes.
Der Aufprall bringt mich so aus dem Gleichgewicht, dass ich fast mein Wasser verschütte. Als ich versuche, einen Schritt zurückzumachen, höre ich ein Knacken unter meinem Fuß. Der Absatz meines Schuhs bricht einfach ab, und ich verliere fast das Gleichgewicht.
Ich blicke auf und sehe in Hunters Augen. Ich bin gerade einfach gehen seine Brust gelaufen.
„Ernsthaft, Hunter?" fauche ich ihn an „Du hast mich zu Tode erschreckt! Und sieh dir das an!" Ich deute auf meinen kaputten Schuh, als sei es seine persönliche Schuld.
Hunter hebt nur eine Augenbraue und wirft einen flüchtigen Blick auf meinen Schuh. Sein Gesicht bleibt ungerührt.
„Was machst du hier draußen, alleine?" fragt er. Seine Stimme ist tief und gleichgültig.
Obwohl ich weiß, dass ich keine Angst vor ihm haben muss, wirkt seine riesige Gestalt, die sich im schwachen Licht abzeichnet, mehr als einschüchternd.
„Frische Luft schnappen," sage ich mit einem scharfen Unterton.
Er sieht mich immer noch mit diesem undurchdringlichen Ausdruck an. „Du solltest reingehen." sagt er kühl und verschränkt die Arme vor der Brust. Seine Körperhaltung strahlt eine Autorität aus, die mich irgendwie auf die Palme bringt.
Ich rolle genervt mit den Augen und verschränke meine Arme ebenso trotzig. „Oh, entschuldige, Boss! Wusste nicht, dass ich bei einem kurzen Luftschnappen auf dich hören muss. Solltest du nicht eigentlich im Club Stellung halten?"
„Heute ist mein Job hier. Und jetzt geh rein.", antwortet er fast schon gelangweilt.
Ich verdrehe genervt die Augen und strecke ihm mein Wasserglas entgegen. „Hier, halt mal."
Hunter sieht kurz auf das Glas, dann zu mir, sagt aber nichts. Er nimmt es mir aus der Hand, während ich mich genervt nach unten beuge, um die Riemen meiner Schuhe zu öffnen. Mit ruckartigen Bewegungen ziehe ich die Schuhe von meinen Füßen. Dann öffne ich den anderen Schuh und ziehe ihn ebenfalls aus.
Ich richte mich wieder auf und blicke Hunter an. „Danke für nichts," sage ich bissig, während ich ihm das Glas fast schon aus der Hand reiße. Ohne ein weiteres Wort schnappe ich mir meine Schuhe und drehe mich um, um wütend die Steintreppe hinaufzustapfen.
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12 Minuten später
Ich nehme den Becher in die Hand und setze ihn an meine Lippen. Das Bier fließt kühl meine Kehle hinunter, und als ich den Becher leer auf den Tisch stelle, bricht um uns herum Jubel aus. Matteo lacht herzhaft neben mir, und ich kann mir ein Lachen ebenfalls nicht verkneifen. „Nicht schlecht," sagt er und klopft mir anerkennend auf die Schulter.
„Ich gebe mein Bestes," antworte ich grinsend, obwohl ich den leichten Schwindel ignoriere, der kurzzeitig durch meinen Kopf zieht. Das Spiel geht weiter, und wir landen einen Treffer nach dem anderen.
„Du bist an der Reihe. Du triffst ohnehin öfters als ich.", sagt Matteo und hält mir grinsned den Tischtennis Ball entgegen damit ich ihn bei unseren Gegnern in den Becher versenke.
Ich stelle mich hin, fokussiere die Becher auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches.
Doch plötzlich, gerade als ich werfen will, gerät die Welt um mich herum aus dem Gleichgewicht. Alles beginnt zu schwanken, und bevor ich es merke, taumle ich stark zur Seite. Meine Knie geben fast nach, und ich strecke instinktiv die Hand aus, um mich am Tisch festzuhalten.
„Avery!" Matteo packt mich schnell am Arm und zieht mich sanft zu sich. Sein Lachen verstummt, und sein Gesichtsausdruck wechselt zu ernsthafter Sorge. „Alles gut mit dir? Hast du zu viel getrunken?"
Ich schüttle den Kopf, aber selbst das verstärkt das Schwindelgefühl nur. „Nein... eigentlich nicht..." Meine Worte kommen stockend, als ich versuche, mich aufrecht zu halten. „Aber mir ist so extrem schwindelig."
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Bitte durchlesen!!
Ich möchte euch daran erinnern, dass alle Triggerwarnungen am Anfang des Buches stehen.
Ich erwähne das, weil eine Leserin heute in einem anderen Buch vorgeschlagen hat, vor jedem Kapitel die spezifische Triggerwarnungen zu geben, wie „Trigger (Waffe), Trigger (Blut)", doch ich habe mich von Anfang an bewusst dafür entschieden, diese nur zu Beginn des Buches zu platzieren.
In handelsüblichen Büchern findet man Triggerwarnungen auch ausschließlich am Anfang und dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, das es einigen Lesern und Leserinnen den Spaß am Lesen nehmen könnte, wenn man zu Beginn des Kapitel bereits weiß, was alles passieren wird.
Man muss auch sagen Trigger sind individuell, und es ist leider unmöglich, jeden Trigger zu erfassen und anzugeben.
Einige der Charaktere – besonders der Hauptcharakter (unser lieber Adrian) – bewegen sich bewusst in einem moralisch fragwürdigen Bereich. Das heißt, es wird immer wieder zu Situationen kommen, die für manche Leserinnen und Leser belastend sein könnten. Seid euch also bewusst, dass dies Teil der Geschichte ist.
Hier nochmal als Erinnerung, welche Trigger nicht nur vorkommen könnten sondern werden. (Und schon vorgekommen sind):
• verbale Gewalt
• körperliche Gewalt
• s*xuelle Gewalt
• Mord
• Verstümmelung
• Blut
• seelische Gewalt
Danke fürs Lesen und für euer Verständnis gegenüber meiner Entscheidung <3
XOXO
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