6. Angst
Avery P.O.V.
Meine Augen sind schwer, während ich zusammengekauert auf der Parkbank sitze. Der eisige Wind peitscht von allen Seiten über mich hinweg und beißt sich durch meine Kleidung.
Ich kann kaum fassen, wie es so weit kommen konnte. Während Mom, Dominic und Elena in der warmen Villa liegen, hänge ich hier draußen, verloren und frierend auf einer Parkbank.
Morgen muss ich unbedingt noch einmal mit Dominic und Mom reden. Es kann doch nicht in ihrem Interesse sein, dass ich draußen in der Kälte schlafe. Sie müssen mir wenigstens Zeit geben, einen Job zu finden oder genug Geld für ein Hotel aufzutreiben.
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Nächster Tag, Montag
09:25 Uhr
„Ich habe das ausführlich mit Dominic besprochen. Du kannst hier nicht mehr wohnen."
„Mom ist das dein ernst?! Ich habe die letzte Nacht auf einer Parkbank verbringen müssen."
„Such dir einfach einen Job."
„Stimmt! Ich hätte gestern um 03:00 Uhr morgens einfach auf Jobsuche gehen sollen. Ich bin ja so doof.", antworte ich genervt.
„Pass auf seinen Ton auf junge Dame.", faucht mich meine Mutter streng an.
„Ich kanns nicht fassen..", sage ich schwach. „Was ist mit Chloe? Ich kann sie nicht mitnehmen solange ich keine Unterkunft habe."
„Du hast 2 Wochen Zeit sie abzuholen, wir wollen ja mal nicht so sein.."
„Und dann?"
„Dann kannst du sie im Tierheim abholen. Und jetzt geh.", sagt sie und mustert mich einmal angeekelt von oben bis unten. Im nächsten Moment knallt sie die Tür vor meiner Nase zu.
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23:25 Uhr
Nachdenklich sitze ich an der Bar von Adrians Club und nehme einen Schluck von dem viel zu bitteren Cocktail. Wenns sein muss mache ich heute durch, ohne schlafen. Hauptsache ich kann hier die ganze Nacht in der Wärme sitzen.
Ich zähle die Geldscheine die ich mir gestern eingesteckt habe. 127,45€. Toll. Damit kann ich mir definitiv keine Miete leisten. Ich könnte mir morgen ein Hotel damit leisten, aber dafür dann kein Essen mehr.
Ich brauche Geld. Und zwar schnell. Und nicht erst in 1 oder 2 Monaten.
Mein Blick schweift durch den Raum, zu den Tänzerinnen. Mit eleganten Tanzschritten bewegen sie sich entlang der Stange, während ihnen die Männer alle paar Sekunden die Geldscheine nur so hinwerfen.
Moment.
Natürlich.
Das ist es.
Ich schnappe mir den ekligen Cocktail und kippe ihn mit einem Mal runter. Dann springe ich vom Barhocker auf schnappe mir meine Tasche und quetsche mich durch dir Menschenmenge zum hinteren Teil des Clubs.
Vor Adrians Büro bleibe ich stehen.
Mein Herz pocht bis zum Anschlag, denn es gibt wohl einige Dinge die ich lieber machen würde als das hier, aber was solls.
Ich habe keine Wahl.
Meine Hand zittert als ich sie hebe um an der Tür anzuklopfen.
Es dauert nicht lange bis sie sich einen Spalt öffnet und Hunter herauskommt. Der Typ ist echt riesig. Ich verenke mir fast den Nacken bei dem Versuch ihn anzusehen.
„Was willst du?"
„Ich will zu Adri...ähm..zu Mr. Sanchez."
„Name."
„Avery Smith."
„Warte hier.", sagt Hunter emotionslos und verschwindet wieder im Büro.
Es dauert mehrere Sekunden...eine gefühlte Ewigkeit bis die Tür wieder aufgeht.
„Du hast 5 Minuten die Zeit läuft.", sagt Hunter und nickt mir ins Büro zu kommen.
Zögerlich trete ich in Adrians düsteres, kaum beleuchtetes Büro ein. Er sitzt auf seinem Schreibtisch und schreibt gerade irgendetwas auf mehreren Papieren herum.
Hunter knallt hinter mir die Tür zu woraufhin ich zusammenzucke.
„Sprich.", sagt Adrian ernst ohne mich dabei anzusehen.
Ich schlucke einmal nervös. Ich nehme all die Kraft in mir zusammen um so selbstbewusst wir möglich zu klingen und beginne zu sprechen.
„Ich würde gern hier arbeiten."
Adrian sagt nichts und schreibt konzentriert weiter. Es dauert mehrere Sekunden bis er etwas sagt.
„Hast du Erfahrung in der Barkeeping Branche?", fragt er hörbar desinteressiert.
„Nein nicht als Barkeeper, als Tänzerin."
Kaum habe ich den Satz ausgesprochen stoppt er in seiner Schreibbewegung. Er legt den Stift beiseite und hebt langsam seinen Blick um mich anzusehen. Auf seiner Stirn bildet sich ein Runzeln.
Er atmet einmal tief ein und scannt mich langsam von oben bis unten ab.
„Du bist dafür nicht geeignet.", sagt er kalt und beginnt wieder weiter zu schreiben.
Ich seufze einmal tief aus. Ich muss mir wohl eingestehen, dass er recht hat. Die Tänzerinnen die ich bisher gesehen habe strahlen mehr Selbstbewusstsein aus als ich es jemals haben werde. Sie wissen was sie machen und sie machen es verdammt gut.
„Doch. Ich bin dafür geeignet. Ich bin total sportlich.", sage ich gespielt selbstsicher.
Adrians Körper spannt sich genervt an und er atmet einmal aus. Er legt seinen Stift wieder weg und erhebt sich aus seinem Schreibtischstuhl. Fast zeitgleich steht Zeus ebenfalls auf, welcher bis jetzt versteckt hinter seinem Schreibtisch lag.
Sofort spüre ich die Angst in mir hochkommen, als Beide langsam näher kommen. Mein Blick fällt immer wieder auf Zeus. Er ist so groß, dass er mir mit seinem Kopf locker bis zu Hüfte reicht.
Adrian sieht mich einmal an und macht dann eine subtile Handbewegung, woraufhin Zeus sich an Ort und Stelle hinlegt.
„Weißt du...", beginnt Adrian als er die letzten Meter zu mir kommt. „Normalerweise interessieren Zeus unscheinbare fremde Menschen nicht. Weißt du, warum er immer zu dir gehen möchte?"
Ich schlucke nervös und schüttle mit dem Kopf.
„Weil er deine Angst riecht. Weißt du wer noch deine Angst riechen kann?" Adrians tiefe Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken.
Wieder schüttle ich den Kopf.
„Ich. Und alle Männer die da draußen Geld hinwerfen.", sagt er todernst.
Wie angewurzelt stehe ich ihm gegenüber, verunsichert was ich sagen soll. Seine Präsenz ist so vereinnahmen, dass ich kaum Raum zum atmen habe.
Schließlich beendet Adrian die Stille.
„Du bist nicht für diesen Job gemacht. Und jetzt verschwinde."
Er dreht sich gerade um, um zu gehen als ich komplett unüberlegt in meiner Verzweiflung nach seinem Unterarm greife und ihn zurückhalte.
„Adri...ähm...Mr. Sanchez...bitte..", sage ich flehend. Ich hasse es, mich so verzweifelt aufführen zu müssen.
Adrians Körper spannt sich fast schlagartig an und es ist kein Geheimnis, dass die Wut gerade beginnt in ihm aufzubrodeln. Sofort nehme ich meine Hand von ihm, als er sich langsam wieder zu mir dreht.
Er wirft einen stirnrunzelnden Blick zu Zeus, welcher immer noch ruhig und entspannt am Boden liegt.
Dann sieht er wieder mich an.
„Du hast hast ganz schön viel Mut.", sagt er bedrohlich, als wäre es etwas negatives.
Ich zucke mit den Schultern.
„Ich bin eben nicht so ängstlich, wie du..ähm..Sie denken."
Auf seinem Gesicht bildet sich ein belustigtes Grinsen. Als würde er mir kein Wort abkaufen.
„Gut. Du beginnst morgen. 19:00 Uhr. Dein Gehalt bekommst alle 2 Wochen. Das Trinkgeld darfst du dir gleich behalten. Wenn du krank bist oder einen Dienst verpasst, brauchst du gar nicht erst wieder erscheinen."
Glücklich nicke ich.
„Ja...okay..danke!!", sage ich lächelnd, woraufhin er mich entgeistert ansieht.
„Und jetzt verschwinde aus meinem Büro ich muss arbeiten."
Ich nicke und drehe mich um, um zu gehen. Ich habe schon die Türklinke in der Hand als er plötzlich nochmals etwas sagt.
„Ach ja und Avery?" Seine Stimme klingt ruhig.
Ich drehe mich um. „Ja?"
„Fass mich noch einmal an und du wirst es bereuen."
Ich schlucke schwer. Dann nicke ich hastig, und verlasse sein Büro.
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