54. Ein Fehler
Adrian P.O.V.
In dem Moment, als meine Lippen ihre berühren, explodiert alles in mir. Ich hatte geglaubt, ich könnte es unterdrücken, die Sehnsucht, die mich jede Sekunde, in der ich bei ihr bin, auffrisst. Aber jetzt, wo ich ihre Lippen auf meinen spüre, weiß ich, dass ich nie eine Chance hatte. Der Widerstand, den ich so mühsam aufgebaut hatte, zerfällt in Sekunden.
Ihre weiche Haut unter meinen Fingern fühlt sich so fragil an. Mein Körper schreit danach, sie an mich zu reißen und gleichzeitig ist da diese überwältigende Angst, sie zu verletzen, sie zu schnell, zu fest zu berühren. Jede Faser meines Körpers drängt mich, sanft zu sein, so vorsichtig wie möglich.
Meine Hände gleiten über ihre Wangen, langsam und bedacht. Ihre Haut ist warm und zart. Meine Finger gleiten über ihren Hals, den zarten Bogen ihres Schlüsselbeins entlang. Ich lasse mir Zeit, fast zu viel Zeit, als wollte ich diesen Moment in die Länge ziehen. Ihr Herz schlägt wild unter meiner Berührung, und es ist, als würde ich ihren Herzschlag in meiner Brust spüren. Ich muss mich zwingen, langsam zu atmen, meinen eigenen Atem unter Kontrolle zu halten, während meine Lippen immer wieder ihre suchen.
Ich stütze mich über ihr ab, meine Muskeln sind angespannt, während ich versuche, das Gewicht meines Körpers von ihr fernzuhalten, sie nicht zu erdrücken. Ihre Augen sind geschlossen, ihr Gesicht so entspannt, als wäre sie vollkommen in diesem Moment verloren, und ich weiß, dass ich an einem Punkt angelangt bin, von dem es kein Zurück mehr gibt.
Meine Finger tasten vorsichtig an ihrer Seite entlang, erkunden die zarten Linien ihres Körpers, als wolle ich mir jedes Detail für immer einprägen.
Und doch, tief in mir, ist da immer noch dieser Rest von Angst. Die Angst, sie zu verletzen. Die Angst, dass ich sie nicht beschützen kann, wenn jemand herausfindet, was hier zwischen uns ist.
Denn die Nähe zu mir ist die größte Gefahr für sie.
Für einen Moment löse ich mich schwer atmend von ihr. Verwirrt sieht sie mich mit ihren funkelnden Augen an.
„Das ist ein Fehler..", sage ich und stehe gestresst auf.
Ich gehe nervös in Hotelzimmer auf und ab, meine Schritte hallen leise durch den Raum.
Was macht sie nur mit mir? Normalerweise bin ich immer so kontrolliert, so bedacht, kalkuliert in allem, was ich tue. Doch bei ihr – es ist, als würde all das verschwinden. Sie schafft es, mich völlig aus der Fassung zu bringen, und ich verstehe einfach nicht, wie.
Warum lasse ich mich so von ihr mitreißen?
Ich bin schon wieder zu weit gegangen.
Jedes Mal, wenn sie mich ansieht, verliere ich diesen festen Halt, den ich sonst habe. Und doch, tief in mir, bleibt diese Angst. Die Angst, dass ich sie nicht beschützen kann, wenn jemand herausfindet, was hier zwischen uns ist.
Ihre funkelnden Augen folgen mir, und ich sehe den Schmerz darin. Aber ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.
Nicht bei ihr.
„Bitte sieh mich nicht so an..", flüstere ich angespannt und gehe weiter auf und ab.
Ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt, während ich versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie liegt immer noch da, stützt sich auf ihren Ellenbogen ab und ihr Blick ist auf mich gerichtet.
Langsam gehe ich wieder auf sie zu, beuge mich über sie. Sie legt sich auf ihren Rücken und ich bin ihr so nah, dass ich ihren Atem auf meiner Haut spüren kann. Ihre Augen flackern, und ich streiche sanft über ihre Wange, spüre die Wärme ihrer Haut unter meinen Fingern.
"Das darf nicht mehr vorkommen", sage ich leise, fast flehend. Sie sieht mich an und nickt schwach. Doch meine Worte verlieren ihre Bedeutung, als ich mich noch einmal zu ihr beuge und sie küsse. Ich versuche, mir alles einzuprägen – den Geschmack ihrer Lippen, den Duft ihrer Haut, die Art, wie sie sich anfühlt. Noch ein letztes Mal.
Nur kurz darauf löse ich mich widerwillig von ihr.
"Was machst du nur mit mir..", sage ich, mehr zu mir selbst als zu ihr.
„Ich weiß, dass du Angst hast..es ist okay..", sagt sie leise. Wie kann sie nur so verständnisvoll sein, während ich schon wieder nicht geschafft habe die Grenze einzuhalten.
„E-es...es tut mir leid.", presse ich hervor und fühle mich wirklich scheisse dabei.
Sie sagt nichts, sieht mich nur an, aber ich erkenne an ihren Augen, dass sie mir nichts vorwirft.
„Ich muss nach draußen..", sage ich schließlich gestresst, denn wenn ich sie nochmal ansehe, weiß ich nicht, ob ich es schaffe meine Lippen von ihr zu nehmen. „Ich kann nicht in deiner Nähe bleiben. Ich brauche frische Luft."
Ich greife hektisch meine Jacke, zieh mir meine Schuhe an und ohne noch einen Blick zurück zu werfen, stürme ich aus dem Zimmer.
•••••
Avery P.O.V.
Ohne noch einen Blick zurückzuwerfen stürmt Adrian aus dem Zimmer. Ich bleibe zurück, verwirrt und immer noch vereinnahmt von dem Kuss.
Wie kann ein Kuss so intensiv sein?
Jeder Atemzug, jedes noch so kleine Zucken seiner Lippen hat sich in mich eingebrannt.
Mir war bewusst dass es wieder so enden wird. Und dass er nun wieder versuchen wird mich auf Distanz zu halten. Es ist verdammt unfair, dass er niemanden an sich ranlassen kann ohne Angst davor zu haben dass jemand verletzt wird.
Ich schließe die Augen und versuche, meinen rasenden Puls zu beruhigen. Seine Worte hallen in meinem Kopf wider, während ich immer noch seine Wärme auf meiner Haut spüre.
Langsam, fast widerwillig, lasse ich mich auf das Bett zurücksinken, wo er mich gerade noch gehalten hat.
Ich atme tief durch und öffne die Augen, starre an die Decke.
_______
Es sind bestimmt schon über zwei Stunden vergangen. Stunden, in denen ich einfach im Bett lag, die Decke anstarrte und versucht habe, das brennende Gefühl seiner Berührungen auf meiner Haut zu vergessen.
Plötzlich klopft es an der Tür, und ich zucke heftig zusammen. Mein Herz rast wie wild. Für einen Moment bin ich wie gelähmt, unsicher, was ich tun soll.
Soll ich die Tür überhaupt öffnen?
Doch dann fällt mir ein, dass Adrian seine Bodyguards überall positioniert hat. Niemand, der nicht hier sein soll, würde es überhaupt bis zu der Tür schaffen.
Langsam stehe ich auf und ich gehe zur Tür. Ich zögere, lege die Hand auf die Klinke und atme tief durch.
Mit zitternden Fingern drücke ich die Klinke herunter und öffne die Tür einen Spalt weit. Matteo steht davor, sein Gesicht ist ruhig, doch seine Augen mustern mich aufmerksam.
„Darf ich reinkommen?" fragt er höflich, fast vorsichtig, als wolle er mich nicht noch mehr erschrecken, als ich es ohnehin schon bin. Ich seufze einmal erleichtert aus und nicke.
Ich öffne die Tür, trete einen Schritt zurück, während er hereinkommt.
„Wo ist Adrian?" fragt er schließlich, während er sich umsieht, als könnte er ihn irgendwo im Zimmer finden.
„Er... er ist vor einer Weile gegangen", sage ich leise. Matteo runzelt die Stirn und sieht mich an, als wolle er etwas sagen, doch er entscheidet sich anders.
„Es tut mir leid, wenn ich störe", sagt er höflich und tritt einen Schritt zurück. „Ich wollte wirklich nur mit Adrian sprechen. Ich wusste nicht, dass du alleine hier bist."
„Schon okay, du kannst ruhig hier bleiben. Ich denke er wird bald wieder kommen.", sage ich wobei ich mir da gar nicht so sicher bin.
„Ich hoffe. Immerhin haben wir in einer Stunde einen Tisch im El Cielo reserviert.", sagt Matteo lächelnd.
Ich schenke ihm ebenfalls ein leichtes Lächeln, doch weiß nicht recht was ich sagen soll.
Er hält inne, sein Blick wandert kurz über mein Gesicht. „Geht es dir gut, Avery? Du sieht etwas aufgewühlt aus."
Ich zwinge mich zu einem Nicken, obwohl ich das Gefühl habe, dass alles in mir in Scherben liegt. „Es ist alles in Ordnung. Wirklich."
Matteo sieht mich einen Moment lang schweigend an, dann nickt er langsam, als würde er meine Worte akzeptieren, auch wenn er weiß, dass sie nicht wahr sind. „Ist es wegen Adrian? Hat es was damit zutun weshalb er nicht hier ist?", hakt er nach.
Ich zucke nur mit den Schultern.
Matteo nickt langsam. Als würde er verstehen, obwohl das doch unmöglich ist.
„Weißt du..Adrian flüchtet manchmal gern wortwörtlich vor Dingen die ihm zu viel sind. Ich denke er musste immer alleine mit Dingen umgehen, sodass es für ihn nun der einzig logische Weg ist. Abhauen und alleine klarkommen. Aber ich bin mir sicher er kommt zurück sobald er seine Gedanken etwas sortiert hat.."
Matteos Worte haben etwas beruhigendes. Gleichzeitig tut es weh zu hören, dass Adrian immer alleine mit allem klarkommen musste. Ich wünschte ich würde mehr über seine Vergangenheit wissen.
„Und ich hoffe bis spätestens 18 Uhr hat er seine Gedanken sortiert, denn da müssen wir ins Restaurant.", sagt Matteo lächelnd um die Stimmung aufzulockern.
„Danke, Matteo", flüstere ich und setze ein leichtes Lächeln auf.
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