121. Alles zu viel
Adrian P.O.V.
Ich stehe neben dem Auto, Valentina zittert leicht an meiner Seite, aber mein Blick bleibt auf die Villa gerichtet. Die Stille fühlt sich unerträglich an, nur unterbrochen vom leisen Wind, der durch die Bäume streicht.
Jede vergehende Sekunde schraubt die Anspannung in mir weiter nach oben. Wo bleibt er?
Dann sehe ich ihn.
Hunter tritt aus der Villa, seine Schritte schwer und eilig. Sein Gesicht ist hart, seine Augen brennen vor Entschlossenheit, aber was mich wirklich trifft, ist Sofia in seinen Armen.
Ihr Kopf lehnt an seiner Brust, ihre Kleidung ist blutdurchtränkt. Mein Magen zieht sich sofort zusammen.
„Hunter!" rufe ich und gehe ihm entgegen.
„Was ist passiert?"
Er bleibt nicht stehen, trägt Sofia weiter in Richtung Auto. „Stichwunde", sagt er knapp, die Anspannung in seiner Stimme ist nicht zu überhören. „Sie hat versucht, es zu verstecken.
Ich hab sie in der Dusche gefunden."
Ich sehe das Blut an seiner Jacke, sehe, wie Sofia plötzlich den Kopf leicht hebt. Ihre Augen sind halb geöffnet, ihre Stimme ist rau und wackelig. „Hunter...lass mich runter.."
Hunter bleibt kurz stehen, seine Kiefermuskeln angespannt, sein Griff um sie fest. „Hör auf, Sofia. Du bist verletzt."
„I-ich habe gesagt, lass mich runter.." Ihre Stimme ist schwach, aber stur, ihr Blick ist voller Trotz, auch wenn sie fast bewusstlos wirkt. „Ich k-kann alleine..laufen..."
Hunter sieht aus, als würde er sie ignorieren, doch als sie beginnt, sich wütend zu winden, flucht er leise und stellt sie vorsichtig ab. Er stützt sie noch, aber sie schüttelt seine Hand ab.
„Sofia", sagt er, seine Stimme leise, fast flehend. „Hör auf. Du kannst nicht-"
„Ich k-komme klar..", schneidet sie ihn ab
und macht einen Schritt nach vorne. Doch kaum macht sie einen weiteren Schritt, sackt sie leicht zur Seite. Hunter schießt vor, fangt sie, bevor sie fällt.
„Verdammt!" Seine Stimme ist jetzt lauter, panisch. Er sieht mich an, seine Augen voller Zorn, aber auch Verzweiflung. „Adrian, wir brauchen den Arzt. Jetzt."
Ich packe sofort mein Handy, meine Hände zittern leicht, während ich wähle. Mein Arzt nimmt nach dem zweiten Klingeln ab. „Ich brauche Sie", sage ich knapp. „Sofia ist verletzt."
„Wie schwer ist sie verletzt?" fragt der Arzt, seine Stimme ruhig.
Ich blicke zu Sofia, die sich jetzt an Hunters Arm klammert, ihre Atmung schwer. „Sie blutet stark. Der Bauch"
„Ich bereite alles vor."
Ich lege auf, wähle bereits die nächste Nummer. Einer meiner Fahrer.
„Ja, Boss?" meldet sich die vertraute Stimme, einer meiner Männer, zuverlässig und schnell. Genau das, was ich jetzt brauche.
„Ich brauche dich", sage ich, knapp und direkt. „Sofia ist verletzt. Du bringst sie sofort zum Arzt."
„Verstanden", kommt die Antwort ohne Zögern. „Wo soll ich sie abholen?"
„Wir sind vor der Villa. Schnell."
„Ich bin unterwegs."
Ich drehe mich zu Hunter und Sofia. Sie lehnt sich halb gegen ihn, ihre Beine wackelig, aber in ihrem Blick ist immer noch dieser verdammte, sture Ausdruck, als wollte sie uns sagen, dass sie das alles alleine regeln kann.
„Ich komme klar..ich brauch den Arzt nicht..", murmelt sie wieder, aber diesmal ist ihre Stimme brüchig, schwach.
„Du kannst nicht mal stehen!" Hunter schnauzt sie an, aber da ist mehr Sorge als Zorn in seiner Stimme. „Hör auf, die Heldin zu spielen, Sofia. Lass uns dir helfen."
Sie sagt nichts mehr, aber ich sehe, wie ihre Augen sich schließen, wie ihre Kraft sie verlässt. Sie gibt ein undefinierbares Geräusch von sich, bevor sie langsam in die Knie geht.
Hunter reagiert sofort, greift unter ihre Knie und an ihre iRücken und hebt sie wieder hoch in seine Arme, diesmal ohne Widerstand. Sofias Kopf fällt gegen seine Brust, ihre Hand greift schwach nach seinem Hemd, und ich sehe, wie er kurz innehält, bevor er sich wieder konzentriert.
Mein Blick schweift zurück zur Villa, und mein Magen zieht sich zusammen.
„Ich muss nochmal rein", sage ich entschlossen. Hunter schaut sofort zu mir auf, seine Augen blitzen vor Sorge und Unverständnis.
„Was?" fragt er, die Stimme angespannt. „Wozu?"
„Zeus und Chloe." Ich blicke ihm direkt in die Augen. „Ich kann sie nicht zurücklassen."
Hunter schüttelt sofort den Kopf, sein Blick wird hart. „Adrian, nein. Das kannst du nicht machen. Es könnte sein dass noch jemand drinnen ist und nur darauf wartet, dass du reinkommst."
„Verdammt, Hunter!" Ich trete einen Schritt näher, meine Wut und Sorge verschmelzen.
„Hör auf", unterbricht er mich, seine Stimme jetzt lauter, seine Augen brennen vor Entschlossenheit. „Du kannst nicht zurück da rein....Hör zu..Du sorgst dafür dass Sofia zum Arzt kommt. Ich hole die Tiere. Wir treffen uns am Stadtrand, im Herrenhaus. Du bist der Boss. Du musst hier bleiben. Es ist mein Job dafür zu sorgen, dass du am Leben bleibst."
Ich will widersprechen, aber sein Blick lässt keinen Raum dafür. Ich sehe die Entschlossenheit in seinen Augen.
Ich sehe ihn an, ein Sturm aus Wut und Sorge tobt in mir, aber ich nicke schließlich, widerwillig. „Okay.."
Hunter mustert mich noch einen Moment, als wolle er sicherstellen, dass ich mich wirklich daran halten werde. Dann schiebt er Sofia etwas höher in seinen Armen zurecht. Ihr Kopf fällt gegen seine Schulter, und ich sehe, wie sein Kiefer angespannt ist, wie sehr er mit der Situation ringt.
„Pass auf sie auf", sagt er schließlich leise, fast wie ein Befehl, aber ich höre das Zittern in seiner Stimme. „Lass sie nicht aus den Augen."
Ich schlucke schwer, spüre den Druck, der in seinen Worten liegt. Dann trete ich vor, die Arme ausgebreitet, um Sofia zu übernehmen.
Hunter zögert. Nur einen winzigen Moment, aber es reicht, um zu sehen, was in ihm vorgeht. Sein Blick hängt an ihrem Gesicht, an dem schwachen Heben und Senken ihrer Brust. Seine Finger umklammern sie so fest, als könnte er sie allein mit seinem Willen zusammenhalten.
„Hunter", sage ich sanft, aber bestimmt. „Ich hab sie. Du hast mein Wort."
Seine Augenbraun ziehen sich zusammen, dann nickt er widerwillig, beinahe schmerzerfüllt, und lässt sie langsam in meine Arme gleiten. Es ist, als würde er sie nicht hergeben wollen. Seine Hände verweilen kurz auf ihr, bevor er sie schließlich loslässt.
Sofia murmelt etwas Unverständliches, ihre Lider flackern, aber sie bleibt bewusstlos. Ich spüre, wie schwer sie in meinen Armen liegt, wie zerbrechlich sie plötzlich wirkt. Und in diesem Moment fühle ich das Vertrauen, das Hunter mir gerade entgegenbringt.
Hunter nimmt einen Schritt Abstand, die Hände jetzt leer, als wüsste er nicht, wohin damit. Sein Blick hängt immer noch an Sofia, und ich sehe, wie es ihn zerreißt, sie zurückzulassen.
„Ich pass auf sie auf.", verspreche ich noch einmal.
Er nickt knapp, schiebt dann die Schultern zurück und dreht sich um.
„Hunter warte."
„Ja?", fragt er.
„Bitte sieh nach Mattheo. Ich will wissen ob er noch hier ist."
„Mach ich, Boss.", ist das letzte was Hunter sagt bevor er aus meinem Sichtfeld verschwindet.
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8 Minuten später
„Fahr sie so schnell wie möglich zum Arzt.", sage ich einem meiner Männer, während ich Sofia vorsichtig auf die Rückbank seines Autos lege.
„Wird erledigt Boss.", antwortet er ernst. Ich nicke ihm zu, werfe noch einen letzten Blick auf Sofia, bevor ich die Tür des Autos schließe. Keine Sekunde später fährt der Wagen auch schon los.
Ich laufe zum Auto, indem Valentina und Avery sind. Setzte mich zu Avery auf die Rückbank und wende mich zu ihr.
Sie blinzelt, ihre Lippen zittern leicht. „.. was ist mit Sofia?" Ihre Stimme ist rau, brüchig, aber ich merke, wie sie sich dazu zwingt, die Worte herauszubringen.
„Sofia wird zum Arzt gebracht", erkläre ich, meine Stimme sanft.
Avery sieht mich lange an, ihre Hände zittern leicht, und sie presst sie in ihren Schoß. „Du... du gehst nicht?"
„Nein." Ich schüttle den Kopf, lege meine Hand vorsichtig auf die Bank zwischen uns, ohne sie zu berühren. „Ich gehe nirgendwohin. Ich bleibe bei dir."
Ihre Lippen bewegen sich, als wolle sie etwas sagen, aber kein Laut kommt heraus. Ich lehne mich ein Stück näher, mein Blick bleibt auf ihr. „Es wird alles gut..."
Sie sieht mich an, Tränen glitzern in ihren Augen, doch sie spricht nicht. Stattdessen nickt sie leicht, ein winziges, fast unmerkliches Zucken ihres Kopfes. Es ist genug. Ich setze mich zurück, bleibe nah genug, damit sie weiß, dass ich da bin, und richte meinen Blick nach draußen, wo die Villa in der Dunkelheit liegt.
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02:35 Uhr
Das Herrenhaus liegt still und verlassen am Stadtrand, umgeben von dichten Bäumen. Der große Salon, in dem wir uns aufhalten, ist spärlich möbliert, doch die schweren Vorhänge und das alte Parkett schaffen eine bedrückende Atmosphäre. Dieses Haus war nie ein Zuhause – nur ein letzter Ausweg, ein Ort, an dem alles entweder endet oder neu beginnt. Das Herrenhaus war ein Ort, den Hunter vor Jahren gefunden hatte, als wir für einen solchen Moment vorgesorgt hatten.
Niemand außer uns wusste, dass es existierte. Ich hasse es, hier zu sein, weil es bedeutet, dass ich gescheitert bin.
Die Stimmung ist angespannt, ein ungesprochener Druck liegt in der Luft. Valentina sitzt auf einem der alten Sessel, ihre Beine angezogen, und starrt ins Leere. Avery sitzt neben mir auf der Couch, ihre Hände um eine Decke geklammert, die ich ihr vorhin gegeben habe. Sie hat kein Wort gesagt, seit wir hier sind, aber ihre Augen wandern immer wieder zur Tür, als würde sie befürchten, dass jemand uns findet.
Mein Handy liegt auf dem Tisch vor mir, doch es bleibt stumm. Keine Nachrichten, keine Anrufe. Wo bleibt Hunter? Wann meldet sich der Arzt um uns zu sagen wie es Sofia geht?
Die Minuten ziehen sich, und die Stille ist so drückend, dass ich fast aufspringen will, um sie zu durchbrechen. Doch dann höre ich es – Schritte draußen, gefolgt von einem leisen Klopfen an der schweren Eingangstür.
Ich bin sofort auf den Beinen, meine Hand gleitet automatisch zu meiner Waffe. Doch bevor ich zur Tür komme, öffnet sie sich langsam und Hunter tritt ein.
Er sieht erschöpft aus, sein Gesicht ernst, fast ausdruckslos. In seinen Armen hält er Chloe, die Katze miaut leise, während sie sich an ihn drückt. Neben ihm trottet Zeus, sein massiver Körper wirkt schwerer als sonst, aber er folgt Hunter treu wie immer.
„Hunter", sage ich, meine Stimme schneidet durch die Stille. Ich gehe auf ihn zu, mein Blick springt zwischen seinem Gesicht und den Tieren hin und her.
Hunter bleibt stehen, setzt Chloe vorsichtig auf den Boden, und sie huscht sofort zu Avery, die sie zitternd in ihre Arme nimmt. Zeus bleibt an meiner Seite, setzt sich langsam hin und sieht mich an, als würde er die Anspannung spüren. Hunter richtet sich auf, seine Augen treffen meine, und da sehe ich es – diesen kalten, festen Blick, den er nur hat, wenn etwas endgültig ist.
„Mattheo ist tot", sagt er ruhig.
Eine schwere Stille breitet sich aus, nur das leise Schnurren von Chloe und Averys unregelmäßiges Atmen brechen die beklemmende Ruhe.
„Gut..", sage ich schließlich. Es ist das erste Wort, das mir einfällt.
Hunter nickt langsam, als hätte er genau das erwartet. „Ja, aber das ist nicht das Ende." Seine Stimme ist leise.. „Du weisst, dass er gedroht hat den Schlüssel zu den Safes an Europol zu leiten, sollte er sterben" Ich blicke ihn an, versuche, eine Schwäche in seinem Ausdruck zu finden, doch da ist nichts außer harter Entschlossenheit. „Und wir wissen nicht, wie konkret diese Drohung war. Aber ich glaube, wir müssen sie ernst nehmen."
Ich möchte gerade etwas sagen, doch Hunter fährt unbeirrt fort. „Es ist nicht nur das, Adrian. Der Angriff in der Villa– das war kein Zufall. Das war geplant. Von innen."
Meine Hand ballt sich zur Faust, die Knöchel weiß vor Anspannung. „Ich weiß verdammt", sage ich und weiß bereits worauf Hunter hinaus will.
Es gibt kein Zurück mehr.
Ich schließe kurz die Augen, versuche, die Unruhe zu unterdrücken, die in mir brodelt.
„Wir müssen weg.", sagt Hunter schließlich. Seine Stimme ist ruhig, aber entschieden. „Weit weg. Mattheo war ein Risiko, aber die Bedrohung geht jetzt von Europol und den Verrätern in unseren Reihen aus. Du warst das Ziel dieses Anschlags. Und sie werden nicht aufhören bis sie dich haben. Bis sie dich tot haben."
Ich höre ein scharfes Einatmen hinter mir. Mein Blick fällt auf Avery und ihre Hände die noch heftiger zu zittern begonnen haben. Hunter hält inne, als er Averys Reaktion bemerkt. Er strafft sich, als hätte er gerade realisiert, was er gesagt hat, und schaut mich an.
Es ist nur ein kurzer Moment, aber ich sehe das Bedauern in seinem Blick. Die Härte, die sonst sein Gesicht bestimmt, weicht einem Ausdruck, der fast entschuldigend wirkt.
Er senkt die Stimme, fast als würde er versuchen, die Worte zurückzunehmen, die er bereits ausgesprochen hat. „Das war... unüberlegt."
Ich presse die Lippen zusammen und atme tief durch, meine Wut nur mühsam unter Kontrolle. Meine Augen verengen sich, und ich werfe ihm einen scharfen Blick zu.
„Ja, das war es", sage ich kühl, ohne meine Stimme zu heben.
Ich wende mich ab und gehe näher zu Avery, setze mich wieder neben sie auf die Couch. Sie zuckt kaum merklich zusammen, als ich näherkomme, und mein Herz zieht sich zusammen bei dem Anblick ihrer Angst.
„Avery", sage ich ruhig. „Hör nicht auf das, was Hunter gesagt hat. Ja, es gibt Risiken, aber ich habe alles im Griff."
Sie hebt langsam den Kopf, ihre Augen glänzen feucht, und ihr Blick sucht den meinen, als würde sie verzweifelt nach einer Wahrheit suchen, die sie beruhigen könnte.
Ich strecke meine Hand vorsichtig aus, um ihre Schulter zu berühren. Doch noch bevor ich sie erreichen kann, zuckt sie zurück, aber nicht aus Angst. Ihre Augen sind leer, aber unter der Oberfläche brodelt etwas – Furcht, Überforderung, und auch ein Hauch von Zorn.
„Es wird alles gut...", sage ich, doch sie schüttelt den Kopf, so schwach, dass es fast nicht wahrnehmbar ist.
„Nein.." Ihre Worte schneiden durch die Luft wie ein Messer. „Ich kann das nicht, Adrian. Das alles... es ist einfach zu viel." Sie steht auf, beinahe so abrupt, dass Chloe protestierend miaut und von ihrem Schoß springt. Ich richte mich auf, hebe beschwichtigend die Hände, doch sie weicht zurück, ihre Bewegungen unkontrolliert, fast panisch.
„Avery, lass uns doch reden..", sage ich eindringlich, mache einen vorsichtigen Schritt auf sie zu. Doch als ich versuche, sanft ihre Hand zu fassen, schlägt sie sie weg. Ihre Augen, voll von Tränen und Wut, treffen meinen Blick, und etwas in mir zerbricht bei diesem Anblick.
„Fass mich nicht an!", schreit sie, ihre Stimme voller Angst und Schmerz. Sie sieht mich mit ängstlichen Augen an, ihr Atem geht schnell und ich könnte mich dafür ohrfeigen, dass ich nach ihr gegriffen habe. Dass ich in dieser ohnehin angespannten Situation versucht habe sie zu berühren.
Plötzlich spüre ich eine schwere Hand an meiner Schulter. „Adrian..", flüster Hunter leise und zieht mich zurück. „Nimm bitte etwas Abstand.."
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