
116. Billige Drohung
Adrian P.O.V.
Der Keller ist kalt und still, nur die leisen, dumpfen Geräusche unserer Schritte hallen durch den Raum.
Als wir vor der Zelle zum stehen kommen, werfen wir erstmal einen Blick auf Mattheo. Er liegt gekrümmt auf der Matraze, seine Hand immer noch an seine Schusswunde an der Schulter gedrückt. Auf seiner Stirn sammelt sich der Schweiss. Er sieht abgemagert aus, schwach, aber ich weiß, dass er gefährlich bleibt. Ein Mann wie er verliert seine Grausamkeit nicht, nur weil er gefangen oder verletzt ist.
Sofia bleibt knapp vor den Gitterstäben stehen, ihr Blick auf Mattheo fixiert. Hunter und ich halten uns direkt hinter ihr.
Mattheo hebt den Kopf, als Sofia spricht. „Na? Bereit zu reden, Mattheo?" Ihre Stimme ist kalt, beinahe beiläufig, aber ich spüre den Unterton von tödlichem Ernst.
„Ihr lasst mich hier unten verrecken. Glaubt ihr wirklich, ich sag euch irgendwas?"
Sofia lächelt und hebt das Messer, lässt es langsam an den Gitterstäben schleifen. „Oh, ich glaube schon. Die Frage ist nur, wie lange es dauert."
Sie nimmt den Schlüssel aus ihrer Hosentasche und öffnet die Zellentür mit einem Klick. Hunter und ich gehen sofort mit ihr hinein, unsere Augen fixiert auf Mattheo. Hunter bleibt direkt neben Sofia stehen, sein Blick schneidet förmlich durch den Raum.
„Eine falsche Bewegung und es ist vorbei, Mattheo," warnt Hunter ihn.
Sofia gibt keine weiteren Vorwarnungen. Sie tritt vor Mattheo, beugt sich zu ihm, greift sein Kinn mit einer Hand und zwingt ihn, sie anzusehen. Dann schneidet sie mit einer schnellen, präzisen Bewegung mit der Messerspitze über seinen Hals, gerade tief genug, um Blut zu ziehen.
Mattheo zuckt zusammen, sein Gesicht verzieht sich vor Schmerz, aber er sagt nichts.
„Mit wem arbeitest du zusammen?" fragt Sofia kalt, ihre Augen bohren sich in seine.
„Fick dich.." zischt Mattheo.
Sofia lächelt nur. Sie hebt das Messer wieder, führt die Klinge langsam über seinen Hals bis zu seinem Brustbein, eine lange, oberflächliche Wunde, die trotzdem genug Schmerz verursacht, dass er die Zähne zusammenbeißen muss, um nicht aufzuschreien.
„Du hast keine Zeit, Mattheo.." sagt Sofia leise, fast sanft, während sie die Messerspitze an seiner Kehle ansetzt, ohne Druck auszuüben. „Entweder du redest jetzt, oder ich mach das hier viel schlimmer."
Mattheo atmet schwer, sein Körper bebt, aber er sagt immer noch nichts. Dann fällt sein Blick auf mich und ich weiß sofort, dass etwas kommt. Seine Augen funkeln vor einer Art kranker Freude.
„Ich könnte euch was anderes erzählen. Zum Beispiel wie heiss Avery aussieht wenn sie vor Angst zittert. Der kleine Kampf, den sie geliefert hat," fährt Mattheo fort und sein Lächeln wird breiter. „Gott, sie hat so herrlich gezittert. Und geschrien. War fast ein bisschen schade, dass sie am Ende so still war."
Mein Atem bleibt mir im Hals stecken, meine Hände ballen sich zu Fäusten, und es fühlt sich an, als würde der Raum um mich herum verschwimmen. Hunter packt mich an der Schulter und zieht mich zurück. „Adrian er will dich nur provozieren.", sagt er ernst und sieht mich eindringlich an. „Du musst jetzt ruhig bleiben."
Der Schmerz und die Wut rasen durch mich, aber bevor ich auch nur einen Schritt machen kann, höre ich das Geräusch von Bewegung.
Sofia holt aus und rammt Mattheo mit voller Wucht das Messer in seine Handfläche bis auf die darunter liegende Matratze. Mattheo schreit auf, ein ohrenbetäubender Schrei, der durch den Keller hallt und sein Körper krümmt sich vor Schmerz.
„Rede. Nicht. Über. Sie." zischt Sofia, ihre Stimme ist leise, aber voller Wut. Ihre Augen funkeln vor einem Zorn, der so kalt und kontrolliert ist, dass es mir selbst für einen Moment den Atem raubt.
„Ich könnte dir hier und jetzt jede Sehne durchtrennen." sagt Sofia kalt und sieht Mattheo direkt in die Augen. „Also noch ein Wort über Avery und du wirst dir wünschen, dass ich dich einfach getötet hätte.
Verstanden?"
Mattheo keucht, sein Gesicht ist verzerrt vor Schmerz, Schweiß perlt ihm von der Stirn. Doch sein Grinsen ist verschwunden, ersetzt durch nackte Angst.
"Fangen wir nochmal an." sagt Sofia ruhig, fast beiläufig, während sie mit einem groben Ruck das Messer aus seinem Fleisch zieht. „Mit wem arbeitest du zusammen? Und diesmal solltest du besser ehrlich sein."
„Rate doch..", keucht er schwer und setzt wieder ein gequältes Grinsen auf.
Sofia verdreht die Augen. „Mit jemanden von Adrians Kartell."
„Nein.."., antwortet er.
„Mit jemanden von einem anderen Kartell?", hakt sie nach.
„Nein.."
Sofia dreht sich zu uns um. „Ich hab doch gesagt der arbeitet alleine. Ihr habt uns mit der Absicherung der Safes nur in noch mehr Schwierigkeiten gebracht. Ihr hättet ihn einfach umbringen sollen."
Sofias Worte beginnen in mir zu arbeiten.
„Nein das glaube ich nicht..", sage ich schließlich. Langsam gehe ich einen Schritt auf ihn zu. Mattheo hebt den Kopf, und allein sein widerliches Grinsen lässt meine Hände zu Fäusten ballen.
„Na, Adrian?" beginnt er, seine Stimme trieft vor Spott, seine Augen glänzen vor einer kranken Art von Freude. „Haben deine Leute schon begonnen, deine Kompetenz als Kartellboss zu hinterfragen?"
Mein Blick bleibt starr auf ihm haften, doch in meinem Inneren brodelt es.
„Ist das dein Plan? Dass sich meine eigenen Leute gegen mich verschwören, weil du es geschafft hast an mich ranzukommen?", schreie ich ihn an. „Ging es dir nie um die Dokumente? Wolltest du den anderen einfach zeigen, dass du es geschafft hast an mich ranzukommen?!"
„Mein Plan ist viel größer als das.", sagt er und lächelt.
Ich spüre, wie die Wut in mir aufkocht, wie sie meine Brust eng macht, meine Atmung schneller. Aber dann wird mir klar, dass er genau das will. Das ist seine einzige Macht. Sein letztes Spiel. Und plötzlich bin ich es leid – ihn anzusehen, ihn zu hören, überhaupt in seiner Nähe zu sein.
„Wir bekommen keine Infos von ihm," sage ich, meine Stimme leise, aber voller Abscheu.„Erledigt ihn einfach."
Die Worte verlassen meine Lippen mit einer Klarheit, die selbst mich überrascht. Keine Drohung, keine Wut – nur die absolute Gewissheit, dass ich keinen Moment mehr mit diesem Menschen verschwenden werde. Mein Blick wandert zu Sofia und Hunter, bevor ich die Zelle verlasse.
Sofia hebt das Messer mit einer fast unheimlichen Ruhe. Ihre Bewegungen sind präzise, ihr Griff sicher, und die Klinge findet ihren Weg zu seiner Kehle. Für einen Moment ist alles still, doch als Sofia beginnt die Klinge in seine Haut zu drücken beginnt Mattheo plötzlich panisch zu schreien.
„Nein!! Ihr könnt mich nicht töten!" Seine Stimme überschlägt sich, er windet sich, versucht Sofia von ihm wegzustoßen. Mit einer verzweifelten Bewegung reißt er seinen Arm hoch und schlägt gegen ihren Oberkörper.
Sie verliert das Gleichgewicht, stolpert und fällt schwer zurück auf den Boden, das Messer klirrend neben ihr.
In diesem Moment ist Hunter bereits in Bewegung. Mit einer Geschwindigkeit, die ich kaum verarbeiten kann, schießt er vor, packt Mattheo mit beiden Händen an den Schultern, reisst ihn von der Matratze und drückt ihn mit solcher Wucht auf den Boden, dass der Staub neben ihm aufwirbelt.
„Rühr sie nochmal an, und ich breche dir jeden verdammten Knochen im Leib." knurrt er, sein Gesicht nur wenige Zentimeter von Mattheos entfernt. Mattheo keucht, seine Brust hebt und senkt sich hektisch, und für einen Moment wirkt er vollkommen überwältigt.
„Ihr Beiden seid echt was Besonderes," keucht Mattheo, und sieht abwechselnd Hunter und mich an. „Wenn ihr das Kartell mit der gleichen Hingabe beschützen würdet wie eure Frauen, wär's gar nicht erst soweit gekommen."
Mattheos Worte hängen in der Luft und ich sehe wie Sofias Augenbrauen sich zusammenziehen.
„Sofia erledige ihn.", sagt Hunter kalt und lässt Mattheo ruckartig los.
„Gerne." Sofia wischt sich den Staub von ihrer Hose, trittt näher, packt ihre Pistole aus dem Hosenbund und richtet sie direkt gegen Mattheos Gesicht.
„Nein!... wenn ich tot bin.." Er holt kurz Luft kehliges, gequältes Geräusch, „...dann geht der Schlüssel, direkt an die Regierung."
„Wovon redest du verdammt?", frage ich und kann es mir nicht verkneifen die Augen zu verdrehen.
Mattheo hustet, sein Gesicht verzerrt vor Schmerz, während er versucht, Worte zu finden. „Der Schlüssel. Dein Name. Sie gehen... direkt an Europol...sollte ich sterben." stößt er keuchend hervor. Seine Augen flackern zwischen Sofia, Hunter und mir hin und her, als würde er nach einer Schwachstelle suchen.
Ich schnaube spöttisch, überlege nicht einmal, ob ich das ernst nehmen sollte. „Das ist die billigste Drohung, die ich je gehört habe."
Mattheo hebt den Kopf ein wenig, sein widerliches, selbstgefälliges Grinsen blitzt wieder auf. „Das ist keine Drohung... ich habe dort Kontakte."
Sofia hebt eine Augenbraue, als würde sie ihn absolut nicht ernst nehmen. „Oh, bitte. Kontakte?" Sie lacht leise und beugt sich etwas näher zu ihm. „Mattheo, die einzigen Kontakte, die du hast, sind zu den Kakerlaken in deiner Zelle."
Ich gehe eine Schritt näher auf ihn zu.
„Woher solltest du diese Kontakte haben?", frage ich ernst.
Auf seinem Gesicht bildet sich ein Schmunzeln.
„Weil ich für sie gearbeitet habe.", sagt Mattheo.
„Für Europol?" wiederholt Hunter, seine Stimme ist tief, fast ungläubig. „Das glaubst du doch selbst nicht."
„Es ist die Wahrheit," keucht Mattheo, bevor er weiterspricht. „Ich war verdammt gut. Besser, als ihr euch vorstellen könnt."
Ich schnaube erneut, meine Geduld schwindet. Sofia entkommt ein Lachen. „Und warum sitzt du dann hier unten, wenn du so gut bist?", fragt sie.
Sofias Griff um die Waffe wird fester, und ich sehe, wie sie bereit ist, einfach den Abzug zu drücken, um ihn zum Schweigen zu bringen. Doch etwas an seinem Ton, an der Art, wie er die Worte spricht, hält mich davon ab, sie machen zu lassen.
„Wenn das wahr ist," sage ich schließlich, meine Stimme schneidend, „..dann beweis es. Jetzt."
Mattheo lacht heiser. „Ihr seid so naiv. Als ob ich euch irgendwas zeigen würde, solange dieses Messer oder die Pistole auf mich gerichtet ist. Ihr wollt Beweise? Dann lasst mich hier raus."
„Das wird nicht passieren," knurrt Hunter. „Wenn du glaubst, wir fallen auf deine Spielchen rein, dann bist du noch dümmer, als du aussiehst."
„Vielleicht," murmelt Mattheo, sein Grinsen bleibt, aber er weicht Hunters Blick nicht aus.
Ich sehe zu Sofia, die Mattheo mit einem eiskalten Blick fixiert. Ihre Finger spielen kurz mit der Waffe, bevor sie sie langsam sinken lässt. Doch ich kenne sie gut genug, um zu wissen, dass sie ihn nicht aus den Augen lassen wird.
„Boss was sollen wir machen?", fragt Hunter schließlich. „Kaufst du ihm die Geschichte ab?"
„Nein.", sage ich. „Aber lasst ihn am Leben. Vielleicht verblutet er ja an seiner Schusswunde. Überlassen wir ihm seinen Schicksal."
Sofia und Hunter nicken mir zu, auch wenn ich Sofia ansehe, dass sie ihn lieber erledigt hätte.
Wir verlassen die Zelle, meine Gedanken sind ein einziges Chaos. Hunter ist der Letzte, der die Zelle verlässt, und schließt sie wieder ab. Mattheo keucht im Hintergrund, doch ich widme ihm keinen weiteren Gedanken mehr und beginne nach oben zu gehen.
Als wir oben ankommen steht Valentina von der Couch auf und kommt auf uns zu. Ihre Arme verschränkt, die Stirn in Falten.
„Und?" fragt sie. „Wie ist es gelaufen? Habt ihr was aus ihm rausbekommen? Oder war das wieder nur ein Ego-Wettstreit da unten?"
Ich halte inne, sehe sie kurz an, aber meine Gedanken sind zu aufgewühlt, um eine klare Antwort zu formulieren. „Sofia und Hunter erklären es dir." sage ich schließlich und wische mir mit einer Hand über das Gesicht. „Ich... habe gerade keinen Kopf dafür."
Valentina zieht eine Augenbraue hoch, überrascht über meine Zurückhaltung, doch sie sagt nichts.
„Ich möchte nach Avery sehen..", sage ich und drehe mich weg. Ich gehe die Treppe hinauf den Flur entlang.
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