105. Stell es dir vor
Adrian P.O.V.
Ich werfe Hunter einen schnellen Blick zu. „Ich werde sie nach oben bringen dann können wir reden."
Ich warte noch einen Moment, bis sie ihre Atmung wieder unter Kontrolle hat und versichere ihr immer wieder, dass alles in Ordnung ist. Stück für Stück sehe ich, wie das Vertrauen in ihren Augen zurückkehrt, bis sie schließlich tief durchatmet und mir ein kleines, schüchternes Lächeln schenkt.
Ich führe Avery in die Villa, die schwere Stille zwischen uns wird nur von Zeus sanften Pfoten durchbrochen. Wir gehen die Treppe hoch zum Zimmer. Beim Zimmer angekommen, bleibe ich stehen und sehe sie an.
„Ich bin nicht weit weg," sage ich sanft. „Bist du okay?"
Avery nickt und versucht, ein kleines Lächeln hervorzubringen. „Ja... danke.." flüstert sie, bevor sie sich mit einem tiefen Atemzug in ihr Zimmer zurückzieht.
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Als ich die Treppe hinunter in den Wohnbereich zurückgehe, spüre ich, wie die Anspannung und der Ärger in mir aufsteigen. Hunter wartet bereits unten, die Hände in die Hosentaschen gesteckt und als ich ankomme, hält er kurz den Blick gesenkt, bevor er mich anschaut.
„Was zur Hölle sollte das?" fahre ich ihn an, meine Stimme ist schärfer als beabsichtigt, aber die Wut in mir brennt. „Du hast Avery komplett verängstigt, Hunter."
Hunter hebt die Hände in einer beschwichtigenden Geste. „Es tut mir leid, Boss.." murmelt er, aber seine Augen zeigen auch etwas anderes – eine Entschlossenheit, die seine Worte abschwächt. „Aber...du kannst doch nicht einfach so tun, als wäre alles in Ordnung und Waldspaziergänge machen, während die Stabilität des Kartells auf einem seidenen Faden hängt."
„Avery hat Priorität." erwidere ich scharf, ohne ein Zögern in meiner Stimme. „Ihre Sicherheit, ihr Wohlbefinden – das steht an erster Stelle. Alles andere... das klären wir, aber ohne sie mit reinzuziehen."
Hunter seufzt, seine Schultern sinken leicht, als er den Widerstand in meiner Haltung spürt. „Ich verstehe das, Boss. Aber es ist... verdammt kompliziert. Wir können es uns nicht leisten, dass du dich so ablenken lässt."
„Avery ist keine Ablenkung." , fahre ich ihn an.
Hunter erwidert meinen Blick. Er weiß, dass diese Diskussion jetzt nicht weiterführen wird. Schließlich nickt er knapp. „Verstanden."
Ich nehme einen tiefen Atemzug, zwinge mich, meine Wut im Zaum zu halten. „Worüber willst du reden? Geht es um Mattheo?", frage ich.
Hunter zögert kurz, bevor er langsam nickt.
„Ja. Ich... habe versucht, mit ihm zu reden. Infos aus ihm zu bekommen, mit wem er arbeitet. Aber er redet nicht mit mir. Ich kann nicht sagen ob er etwas plant oder nur darauf wartet, dass du selbst kommst."
Ich spüre, wie sich mein Kiefer anspannt, und die Wut lodert in mir noch höher. Natürlich. Mattheo, dieser verfluchte Bastard, spielt wieder einmal seine Spielchen.
„Wahrscheinlich will er, dass ich höchstpersönlich vor ihm aufkreuze.", murmel ich, mehr zu mir als zu Hunter.
„Ich habe wirklich versucht, an ihn heranzukommen, Boss."
„Dieser Bastard will sehen, wie weit er gehen kann, bis ich die Geduld verliere und ihm den Kopf abreiße. Vermutlich wäre gerade lieber tot, als da unten.", sage ich mit einem bitteren Lachen.
Hunter sagt nichts, aber ich spüre sein Einverständnis, auch wenn er es nicht ausspricht. Ich gehe ein paar Schritte im Raum auf und ab, versuche, die überschüssige Energie loszuwerden, die Wut, die in mir brodelt.
Ich wende mich zu Hunter, meine Stimme wieder ruhiger, aber eiskalt. „Er will, dass ich komme? Gut. Ich werde mit ihm reden. Aber Avery bleibt davon unberührt. Kein Wort, keine Andeutung in ihrer Nähe, verstanden?"
Hunter nickt, seine Haltung angespannt, aber er weiß, dass er keinen Widerspruch wagen kann. „Verstanden, Boss."
„Gut." Ich richte mich auf, zwinge die Wut in mir in eine stille Entschlossenheit.
Ich lasse Hunter im Wohnbereich zurück und gehe durch den Eingangsbereich, Richtung Flur zu der Kellertür. Vor der Tür bleibe ich einen Moment stehen. Ich atme tief durch, um mich zu sammeln, bevor ich mich entschließe, nach unten zu gehen.
Mit jedem Schritt, den ich setze, spüre ich, wie die Wut in mir immer mehr an Kraft gewinnt, als ob sie sich mit jedem Meter, den ich mich Mattheo nähere, in meinem Körper ausbreiten würde.
Meine Schritte hallen in dem engen, kalten Flur wider. Bilder tauchen vor meinem inneren Auge auf – Bilder von Avery. Von dem was er ihr angetan hat. Ihr Blick, leer und gebrochen, voller Schmerz, voller Angst. Alles wegen ihm.
Ich spüre, wie sich Schweiß auf meiner Stirn sammelt, aber ich kann es mir nicht leisten bereits jetzt die Kontrolle zu verlieren.
Endlich erreiche ich Mattheos Zelle. Ich halte kurz inne, nehme einem Atemzug, der meine Lungen füllt und mich zugleich fast erstickt.
Ich starre durch die Gitterstäbe auf Mattheo, der auf dem Bett sitzt, sein Rücken gegen die Mauer gelehnt. Er sieht schrecklich aus. Sein Gesicht ist bleich und eingefallen, seine Kleidung schmutzig und zerknittert, die Augen von dunklen Ringen umrahmt. Aber dennoch ist da dieses Funkeln in seinem Blick als er mich sieht, eine verdrehte Genugtuung, als ob er in dieser Situation immer noch Macht über mich hätte.
Ich muss mich zusammenreißen, mich daran erinnern, dass ich hier bin, um Antworten zu bekommen, nicht um die Kontrolle zu verlieren. Ich atme tief durch, halte meine Stimme fest und kalt.
„Mit wem arbeitest du zusammen?"
Mattheo blinzelt, und für einen kurzen Moment sehe ich, wie sein Grinsen flackert. Doch dann verschränkt er die Arme und lacht leise, ein spöttisches, gehässiges Lachen, das mir unter die Haut geht.
„Warum sollte ich dir das sagen?" Seine Stimme ist kalt, selbstgefällig. Er schaut mich an, als wäre er derjenige, der hier die Fäden in der Hand hat. Als könnte er mir jede Antwort verweigern und mir dabei ins Gesicht lachen.
Ich zwinge meine Hände, sich zu entspannen, auch wenn der Drang, sie um seinen Hals zu legen, beinahe übermächtig ist.
„Weil die Zeit in dieser Zelle noch viel qualvoller sein kann, als sie es jetzt schon ist," sage ich ruhig, mein Ton sachlich, aber hart. „Du hast es in der Hand, ob das hier deine persönliche Hölle wird, Mattheo."
Er zieht nur die Augenbrauen hoch und lacht leise, doch es ist ein kaltes, bösartiges Lachen, eines, das mich herausfordert. „Qualvoll, sagst du? Qualvoller als die Stunden, die Avery mit mir verbracht hat? Weißt du, Adrian..." Er lehnt sich vor, seine Augen funkeln boshaft. „Die Zeit, die wir zusammen hatten, die Schreie, ihr Zittern... Das war pure Kunst, verstehst du das? Ihre Verzweiflung war... köstlich."
„Halt den Mund," sage ich sofort, aber meine Stimme ist nur ein heiseres Flüstern. Ich fühle, wie die Beherrschung mir entgleitet, wie die Bilder von Averys Schmerzen durch meinen Kopf jagen, ausgelöst durch seine verachtenden Worte. Doch das Lächeln auf seinem Gesicht verschwindet nicht und ich weiß, dass das genau das ist, was er will – mich schwach und wütend zu sehen.
„Du hättest sie hören sollen.. Adrian," sagt er leise, fast schon sanft. „Ihr Wimmern... so voller Verzweiflung, so hilflos. Ich hätte es tagelang wiederholen können und wäre nie müde geworden." Sein Lachen ist nur ein leises, hasserfülltes Kichern, aber es hallt in meinem Kopf wider, lauter und lauter, bis es mir den Verstand raubt.
Meine Brust zieht sich zusammen, ein flaches, schmerzliches Pochen in meinem Atem, als würde mich ein Gewicht erdrücken. Kalter Schweiß läuft mir über die Stirn, meine Handflächen sind feucht, und die Welt um mich herum beginnt zu verschwimmen, reduziert sich auf seine widerwärtige Stimme, auf jedes verfluchte Wort, das er spricht.
„Sie war so schwach," fährt er fort, als würde er in Erinnerungen schwelgen. „So zerbrechlich. Ich kann dir die Einzelheiten erzählen, Adrian, wenn du möchtest... jeden einzelnen Moment, jede.."
„Halt. Den. Mund." Ich schaffe es kaum, die Worte zu sagen, meine Stimme bricht, wird zu einem tiefen Flüstern, das vor Schmerz bebt. Mein Atem geht schnell, keuchend, ich spüre, wie sich meine Brust anfühlt, als würde sie zerdrückt werden. Aber er hört nicht auf. Sein Grinsen wird breiter, seine Augen funkeln vor Vergnügen, und er macht weiter, jedes Wort wie ein Messer, das sich tiefer in meine Seele bohrt.
„Weißt du, das Beste war, dass sie am Ende sogar aufgehört hat, sich zu wehren," fährt er fort. „Da war kein Widerstand mehr, nur noch... Akzeptanz. Wer weiß vielleicht hat es ihr sogar gefallen.."
Etwas in mir bricht. Der Instinkt, ihn hier und jetzt zu vernichten, wird überwältigend. Jeder Gedanke an Zurückhaltung, an Kontrolle, scheint zu erlischen. Ich spüre nichts mehr außer diesem unbändigen Drang, ihn zum Schweigen zu bringen, seine widerliche Stimme aus dieser Welt zu schaffen.
Ich kann nicht mehr anders.
Ohne weiter nachzudenken, packe ich den Schlüssel zur Zelle, sperr sie auf, stoße die Gittertür zur Zelle auf und stürme hinein. Meine Füße tragen mich wie von selbst zu ihm, und bevor ich es begreife, sind meine Hände um seinen Hals gelegt, meine Finger graben sich in seine Haut, und ich drücke zu. Mit einem Ruck reisse ich ihn vom Bett auf. Mein Atem ist ein heiseres Keuchen, die Welt um mich herum existiert nicht mehr, nur er, seine verachtenswerte Existenz und das unaufhaltsame Bedürfnis, ihm jedes Wort, das er je gesprochen hat, auszulöschen.
Er ringt nach Luft, seine Hände greifen nach meinen, versuchen mich von ihm loszureißen, aber ich drücke fester zu, als könnte ich alles, was er Avery angetan hat, auf diese Weise ungeschehen machen. Er schafft es, ein, verzweifeltes Lachen hervorzubringen, erstickt, verzerrt, aber es ist genug, um meine Wut noch weiter zu schüren.
Mein ganzer Körper bebt, meine Hände zittern, aber ich drücke weiter, und weiter, als gäbe es nichts anderes mehr, keine Konsequenzen, nur diesen einen Moment, in dem ich ihm das Leben aus den Augen pressen will.
„Du wirst... nie wieder... ihren Namen in den Mund nehmen," knurre ich zwischen zusammengebissenen Zähnen, meine Stimme ein heiseres Flüstern, aber ich weiß, dass er mich hört, auch wenn seine Augen sich langsam glasig trüben.
„D-du...solltest...", beginnt Mattheo zu röcheln. „...e-es selbst...mal...probieren..."
Ich drücke fester zu. Hoffe dass es ihm zum Schweigen bringt doch meine Hände zittern so sehr, das ich an Kraft verliere.
„S-stell...es dir...vor..Adrian....", spricht er weiter. „W-wie sie...unter dir...liegt...zittert...s-sich wehrt...."
Ein Bild blitzt vor meinem inneren Auge auf, ohne dass ich es stoppen kann. Avery liegt unter mir, ihre Augen geweitet, voller Angst. Ihre Hand drückt gegen meine Brust, als wollte sie mich wegstoßen. Das Bild ist so lebendig, so schmerzhaft real, dass mir übel wird.
„Nein.." flüstere ich, aber meine Stimme bricht. Mein Brustkorb schnürt sich zusammen.Mein Kopf schreit, meine Hände zittern. Die Bilder lassen mich nicht los, sie verfolgen mich. Ich sehe ihre Augen, den Schmerz, die Panik.
Ich versuche einzuatmen, doch die Luft bleibt mir im Hals stecken, als würde sie blockiert. Panik flutet durch meinen Körper, und mit jedem verzweifelten Versuch zu atmen, scheint mein Herz noch schneller zu schlagen.
Es ist zu viel. Alles ist zu viel.
Mein Griff um seinen Hals wird noch fester, während ich sein ersticktes Röcheln höre und die Sterne vor meinen eigenen Augen tanzen. Ich sehe, wie das Leben langsam aus seinen Augen weicht, und tief in mir entwickelt sich eine befriedigende Ruhe, die mit jedem Augenblick stärker wird.
Doch plötzlich spüre ich starke Hände an meinen Schultern, die mich rückwärts reißen, mit einer Entschlossenheit, die ich im ersten Moment kaum wahrnehme.
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