In Russland...

"Mr. Stark können sie mich hören?" Fragte ich ins Mikrofon hinein, ich machte einen Headset Test bei den Avengers die sich für den Einsatz bereit machten. Worum es jetzt genau ging wusste ich nicht, es hatte wohl nur etwas mit Hydra zu tun. 

"Wie oft denn noch Rogers? Ich bin Tony für dich." Kam es zurück, es ärgerte mich dass er mich Rogers nannte da er ja keine Ahnung hatte was eigentlich los war. Ich betätigte ein grünes Licht am Computer um den Funkkontakt zu Iron Man zu bestätigen. 

"Natasha? Clint? Wie sieht es bei euch aus?" Auch die beiden verstanden mich und ich konnte sie von der Liste streichen. 

"Pietro?" Fragte ich dann etwas besorgter während meine Hand mit Stift über dem Blatt Papier schwebte. Es kam keine Antwort, ich wechselte den Kanal und drehte die Lautstärke etwas höher. 

"Pietro kannst du mich hören?" Ich hörte meine eigene Stimme hinter mir, als ich mich umdrehte stand er dort und zeigte auf das Headset. 

"Hab dich schon beim ersten Mal gehört." Sagte er. 

"Warum hast du dann nicht geantwortet?" Fragte ich ihn und schaltete auch bei ihm das grüne Licht ein. 

"Ich wollte noch einmal persönlich mit dir sprechen." Erklärte er mir, ich sah ihn fragend an. 

"Worüber?" "Das ist dein erster Außeneinsatz, du und Hill werdet die ganze Zeit über im Unterschlupf bleiben...okay?" Ich verstand nicht was er meinte und legte den Kopf schief. 

"Du hast das noch nicht erlebt, warst nicht in Sokova dabei und hast nicht das gesehen was ich gesehen habe. Ich wäre da beinahe draufgegangen." Ich verschränkte die Arme vor der Brust. 

"Pietro worauf willst du hinaus?" Pietro zögerte, das sah ich ihm an aber ich wollte jetzt wissen was er meinte. 

"Versprich mir bitte dass du im Unterschlupf bleibst, was auch immer passiert." Sagte er dann und zum ersten Mal blitzte keine Belustigung in seinen Augen auf. Er war vollkommen bei Verstand und wirkte viel ernster als sonst. 

"Pietro ich-" "Versprich es doch bitte einfach." Sagte er mit mehr Nachdruck und seine Augen wirkten besorgt, ich seufzte und nickte leise. 

"Okay." Sagte ich und lockerte meine Haltung ein wenig, er machte sich also nur Sorgen um mich. Ich wusste nicht ob ich das süß oder peinlich finden sollte, ich würde lügen wenn ich behaupten würde dass ich nicht besorgt um ihn war. Ich wüsste nicht was ich tun sollte wenn ihm irgendetwas passieren würde...ich wusste ja nicht mal wozu ich eigentlich fähig wäre. Ich war noch nie an irgendwelche Grenzen gestoßen oder an etwas Vergleichbares. 

"Gut." Sagte er und wirkte wesentlich beruhigter und auch erleichtert. Ein Hupen ertönte von draußen, Pietro drehte den Kopf und ich verstand dass er losmusste. Ich schürzte kurz die Lippen und sah zu Boden, es herrschte diese berühmte peinliche Stille zwischen zwei Menschen die sich eigentlich so viel zu sagen hatten es aber nicht taten. Pietro warf noch einen Blick zu mir bevor er Anstalten machte zu gehen. 

"Sei vorsichtig." Hörte ich mich noch flüstern und schaute zu Boden, abrupt blieb er stehen und ich sah wie er seufzte. Dann drehte er sich wieder um und war im Bruchteil einer Sekunde bei mir um mich an sich heranzuziehen und seine Lippen auf meine zu drücken. Vollkommen perplex erwiderte ich den Kuss und schloss die Augen, in mir explodierte alles. Dieser Kuss hatte Gefühle in mir wachgerufen von deren Existenz ich gar nichts wusste, viel zu schnell löste er sich von mir und lachte kurz. 

"Versprochen." Hauchte er und da war er auch schon verschwunden. Ich blieb keuchend zurück und berührte sanft meine Lippen, dann seufzte ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel dass er wieder zurückkommen würde.

"Clint hat's erwischt!" Hörte ich Natasha über Funk sagen und ich reichte diese Nachricht sofort an Maria weiter. 

"Ihr müsst ihn sofort aus der Schusslinie bringen hört ihr? Schafft ihn daraus!" Rief sie in ihr Walkie- Talkie. 

"Leichter gesagt als getan, das mit dem Überraschungsangriff hat sich erledigt die haben uns umzingelt." Hörte ich Steve rufen und ich wurde ebenfalls nervös. Wir waren in einer Art Bunker in der Nähe eines Flusses und die Tatsache dass die Avengers nur wenige Meter neben uns ihr Leben riskierten bereitete mir ordentlich Bauschmerzen. 

"Code Grün?" Fragte Maria und für einen Moment herrschte Stille, dann raschelte es am andere Ende und ich hörte Thors Stimme. 

"Steve ist am Boden." In mir wurde alles kalt, kurzerhand griff ich nach einem Walkie Talkie und stellte den Kanal ein auf dem ich Pietro hatte. 

"Pietro, Wanda hört ihr mich?" Es raschelte wieder und ein lauter Knall erschütterte die Stille, in mir krampfte sich alles zusammen. 

"Wir kriegen Barton nicht aus der Schusslinie, die sind überall." Rief Natasha zu Maria, diese hatte schon mehrere Male zu ihrem Waffengürtel gesehen aber ich wusste dass sie nicht raus durfte. Ich musste an Pietros Versprechen denken...und natürlich an meins. Ich hatte ihm versprochen den Bunker nicht zu verlassen, komme was wolle. Ich schluckte schwer und dachte angestrengt nach, da draußen waren meine Freunde. Ich konnte doch nicht zulassen dass sie den Feinden einfach so ausgeliefert waren! Ich wartete kurz darauf dass Maria sich woanders hindrehte um mir ihren Waffengürtel zu schnappen. Mit diesem bewaffnet stürzte ich aus dem Bunker und befestigte noch schnell ein eingestecktes Headset an meinem Ohr. Ich musste vollkommen irre gewesen sein, ich hatte bisher nur ein paar Mal geschossen als niemand mehr in der Trainingshalle gewesen war. Ich war vielleicht nicht übel aber dass da draußen waren Menschen mit Maschinengewehren und ich stellte mich als blutige Anfängerin mit Kleinkalibern in den Weg. Ich atmete tief durch und griff nach der Waffe, ich hatte mir ihre Koordinaten gemerkt und stürzte nun in die Richtung aus der der Krach kam. Es dauerte auch nicht lange bis ich in den ersten Schusswechsel verwickelt war, ich fing an zu schießen und trat sogar zwei von ihnen. Nach einer Weile konnte ich Natasha und Clint sehen die sich hinter einem Felsen versteckt hielten. Clint war kaum noch bei Bewusstsein und Natasha drückte auf seine blutende Wunde. Ich konnte gerade einem Kugelhagel ausweichen und drückte mich hinter einen Baum. Natasha hatte mich bereits gesehen und nahm Kontakt mit mir auf. 

"Was zur Hölle tust du hier?" Fragte sie fassungslos, ich drehte mich kurz um und schaltete einen versteckten Scharfschützen aus den ich vorhin schon entdeckt hatte. 

"Euch den Arsch retten, bring Clint hier weg. Ich gehe Steve holen!" Diktierte ich ihr und fragte mich woher mein plötzliches Selbstbewusstsein auf einmal kam. Entgegen meiner Erwartungen gehorchte Natasha und zog Clint mit sich, ich arbeitete mich immer weiter vor und hatte richtig Glück. Die waren alle so auf die Avengers fixiert dass sie mit jemandem wie mir nicht gerechnet hätten. Ich schaffte es sogar zu Steve zu kommen der an einem Baum saß und vor Schmerz das Gesicht verzogen hatte. 

"Britta?" Keuchte er als er mich sah, ich lächelte kurz und half ihm aufzustehen. 

"Was tust du hier?" Fragte er und hielt sich die Schulter, er wurde wohl auch getroffen. 

"Du bist mein letzter lebender Verwandter, ich hätte gerne das das so bleibt." Erklärte ich ihm knapp und schleppte ihn in Richtung Bunker. Steve hielt dabei sein Schild aufrecht dass ein paar Kugeln daran abprallten. Als ich jedoch aus den Augenwinkeln einen Scharfschützen sah wusste ich, dass Steve niemals so schnell hätte reagieren können. 

"Achtung!" Schrie ich und drehte uns so schnell um dass ich seine Aufmerksamkeit erweckte und ein Knall ertönte. Erst passierte nicht, es war still, so als wäre die Zeit angehalten. Dann  durchfuhr mich ein grauenhafter Schmerz und ich starrte auf einen kleinen roten Fleck an meiner Brust, der immer größer wurde. 

"Britta hat's erwischt!" Rief Steve mit letzter Kraft, er schleuderte sein Schild dem Schützen gegen den Kopf während ich langsam auf die Knie sank. Die Kraft verließ mich langsam und ich spürte wie alles um mich herum verschwamm. 

"Britta! Hör mir zu! Wach bleiben klar? Wie du es eben gesagt hast, wir sind Familie. Du und ich sind Familie und das soll so bleiben." Ich lächelte kurz aber zuckte kurz darauf wieder zusammen. Verdammt so ein Schuss tat wirklich weh! Ich spürte wie sich zwei starke Arme um mich schlossen und wie ich hoch gehoben wurde. Dann wurde alles schwarz um mich herum.

Ich wurde durch ein Piepen wach gemacht, als ich die Augen öffnete fiel mir zuerst ein Herzmonitor auf. Er piepte gleichmäßig und langsam kamen die Erinnerungen der letzten Stunden wieder zurück, der Schusswechsel, Steve...Pietro! Sofort saß ich kerzengerade im Bett aber bereute es direkt wieder. Meine Brust tat weh, ein großer Verband prangte darauf und ich wurde direkt wieder nach unten gedrückt. Dr. Cho beugte sich über mich und sah mich eindringlich an. 

"Sie müssen liegen bleiben, sie haben die Operation zwar gut überstanden aber ihre Wunde ist noch relativ frisch." Erklärte sie mir, ich seufzte und gehorchte natürlich. 

"Wie geht es Steve und Clint?" Fragte ich, Dr. Cho lächelte. 

"Es geht ihnen gut, sie haben ihnen das Leben gerettet. Wenn nicht sogar der ganzen Gruppe." Ich schnaubte verächtlich auf. 

"Ja...und ich habe es hinbekommen mich anschießen zu lassen. Wirklich sehr heldenhaft." Blaffte ich mürrisch, Dr. Cho schmunzelte und notierte sich ein paar Sachen auf ihrem Klemmbrett. 

"Was ist mit Pietro?" Fragte ich dann vorsichtig, sie räusperte sich kurz und schaute in Richtung Tür. 

"Wieso fragen sie ihn das nicht selbst?" Als ich den Kopf drehte lehnte er am Türrahmen und warf mir einen finsteren Blick zu, ich wusste schon was jetzt kommen würde. 

"Ich lass sie dann jetzt mal alleine." Sagte Dr. Cho und verdünnisierte sich. 

"Pietro ich-" "Du hattest es versprochen." Fuhr er mich an, sein russischer Akzent ließ ihn um einiges bedrohlicher wirken. 

"Was hätte ich denn machen sollen? Steve und Clint waren verletzt verdammt!" 

"Ja und du wärst beinahe draufgegangen." Fauchte er und trat an mein Krankenbett. Ich wollte gerade zu einer vernichtenden Antwort ansetzen als mir einfiel dass er lebte. Meine große Angst ihn zu verlieren war nicht wahr geworden. Er war hier! ER stand in seiner ganzen Pracht vor mir und wenn ich ehrlich war...war das das einzige dass mich in dem Moment interessierte. 

"Aber ich bin es nicht." Sagte ich wesentlich sanfter und lächelte ihn an. 

"Du warst Tod...du warst ganze zehn Minuten Tod. Dein Herz hat aufgehört zu schlagen verstehst du das? Für Zehn Minuten da...warst du einfach fort." Sagte er, erst jetzt bemerkte ich wie verzweifelt er klang. 

"Es geht mir gut Pietro...wirklich." Versicherte ich ihm und griff nach seiner Hand. Er umschloss meine fest und hauchte einen Kuss auf meine Finger. 

"Ich bin froh dass dir nichts zugestoßen ist." Sagte ich und hustete kurz. 

"Du warst ganz schön tapfer da draußen." Sagte er und grinste in sich hinein. 

"Wer weiß vielleicht wird aus mir ja noch mal eine S.H.I.E.L.D Agentin?" Scherzte ich, ein Räuspern ertönte jedoch und Steve stand im Zimmer. Er lächelte und wirkte nicht mehr so kühl wie am Anfang. 

"Das bezweifle ich." Sagte er und setzte sich zu uns, ich runzelte die Stirn und verzog kurz das Gesicht. 

"Ich hab dir den Hintern gerettet." Lachte ich leise, Steve nickte und holte tief Luft. 

"Ganz genau, eine Frau wie du ist keine S.H.I.E.L.D Agentin. Jedenfalls nicht nur...eine Frau wie du ist ein Avenger." Ich riss die Augen weit auf und traute meinen Ohren kaum. 

"Was?" Fragte ich fassungslos und starrte ihn an. 

"Naja wir sind doch Familie, und ich für meinen Teil bin für jedes Mitglied dankbar." Sein Blick ging zu Pietro der mich angrinste. 

"Egal ob Verwandt oder nicht." Ich strahlte übers ganze Gesicht, ich hatte also tatsächlich eine Familie. Nach all den Jahren war ich nicht mehr allein, ich hatte ein Zuhause. Mein Blick ging zu Pietro und mich überkam ein Gefühl des Glücks. Ja...ich hatte ein Zuhause.

Ende