Kapitel 2
Lager der Rebellen, Kerkerzelle Nr. 1, Pardus' Sicht
Leise stöhnte ich am nächsten Morgen als mein Rücken vor Schmerzen knackte. Meine Füße und Finger waren beinahe eingefroren. Der steinerne Boden der Zelle war eiskalt und mehr als unbequem. Hoffentlich brachten diese Barbaren mir bald eine Decke oder ein dickeres Gewand.
Da ich von der Natur komplett abgeschottet war in diesem tristen Kerker, konnte ich keine Magie wirken und mich wärmen. Außerdem war es stockdunkel.
Als ich das Geräusch von Füßen auf den Treppen hörte, drehte sich mir der Magen um. Bitte lass es nicht wieder diese junge, wilde Frau sein. Die hatte mir schon genug Probleme bereitet mit der Aktion meinen Lehrer anzugreifen.
Ich musste mehrmals blinzeln als jemand mit einer Fackel näher kam. Als ich endlich sehen konnte, bestätigte sich meine Befürchtung leider.
Es war die irre Frau mit dem dunklen, wirren Haar. Heute trug sie eine weite, löchrige Hose und einen dicken Mantel.
„Hey, na, wie geht's?", sie blieb einen guten Meter vor den rostigen, stinkenden Gitterstäben stehen.
Etwas besseres fiel ihr etwa nicht ein? Schnaubend wandte ich mich ab. Sie hatte meine Aufmerksamkeit gar nicht verdient.
„Immer noch nicht gesprächig?" Ich beschloss so zu tun als wäre sie nicht da.
„Das wird aber ein langer Morgen. Sieh mal, ich bin nicht sehr geduldig. Doch mein Chef Gab ist noch ungeduldiger als ich und wie du bemerkt hast sieht er dich als Feind. Aus diesem Grund wird er dich befragen. Jedes Mal, wenn du dich weigerst eine Antwort zu geben, wird er dir wehtun. Wenn du selbst dann nicht sprichst, wird er einen bestimmten Zaubertrank anwenden. Willst du das wirklich? Warum sprichst du nicht mit mir, damit ich dir helfen kann?"
Woher hatten sie einen Zaubertrank? Etwa gestohlen? Frechheit!
Plötzlich schlug sie genervt mit ihrer Faust gegen die Gitterstäbe. Ein ziemlich ungewöhnliches Verhalten für eine Frau.
„Gut. Ich sage es nochmal in anderen Worten", jetzt hielt sie mich anscheinend für dumm, „Wenn du mir jetzt Informationen gibst, leite ich sie an meinen Chef weiter und er wird dich nicht mehr fragen müssen oder ich bin diejenige, die die Fragen stellt. Glaub mir, beides ist schmerzfreier."
„Hast du denn nichts anderes zu tun?", versuchte ich sie genervt abzuschütteln.
„Doch, aber es ist immer das Gleiche. Du bist anders."
Jetzt wurde ich zu Zwecken der Unterhaltung missbraucht.
„Verstehe das bitte nicht falsch. Ich finde dich süß."
Das wurde immer schlimmer. Ich war alles andere als süß. Wenn sie wüsste wie viele ihrer Kameraden ich schon umgebracht hatte, würde sie nicht hier vor mir sitzen.
„Bist du jetzt bereit mir zu antworten?"
Auf diese lächerliche Frage begann ich sie mit meinen Augen niederzustarren. Es war zu schade, dass meine Magie hier im Kerker nicht wirkte. Vielleicht wäre sie schon zu einer Ameise geworden, die von ihren eigenen Freunden zertreten wurde.
„Dann machen wir es eben so. Ich stelle dir eine Frage. Wenn ich eine Antwort bekomme, darfst du auch eine Frage stellen und erhältst sicherlich eine Antwort. Deal?"
Na endlich, ein intelligenter Vorschlag. War das denn so schwer?
„Deal", grinste ich und schlug in ihre ausgestreckte Hand ein, die gerade noch zwischen die Gitterstäbe passte. Absichtlich drückte ich eine meiner Krallen in ihre weiche Haut, damit sie das Aufflimmern der Magie nicht bemerkte.
Diese bestätigte die Gültigkeit des Deals und sorgte dafür, dass er eingehalten wurde - dazu musste ich nicht mit der Natur verbunden sein. Ihre hellen Augen weiteten sich als sie den Schmerz spürte.
„Du mieses hinterlistiges Biest", schimpfte sie und entzog mir ihre dünne Hand. „Also schön. Wie heißt du mit vollem korrekten Namen?"
Darauf würde sie sicherlich keine Antwort bekommen.
„Hast du etwa nicht verstanden? Der Deal? Wenn.."
„Nur wenn ich eine Antwort gebe, erhalte ich auf meine Frage eine Antwort", unterbrach ich sie.
Aufgebracht kaute die Frau auf ihrer Lippe herum, bevor sie endlich eine andere Frage stellte: „Na gut. Woher kommst du?"
„Aus dem Norden. Wie viele Rebellen befinden sich in diesem Lager?"
„D-das ist doch keine Antwort."
Sie hatte nie behauptet, dass die Antworten detailliert sein mussten.
Schnaubend gab die Irre nach wenigen Sekunden nach. „Ungefähr 200. Aus welcher Familie stammst du?"
Netter Versuch.
„Okay. Bist du ein Magieträger?"
Pff, als ob ich ihr darauf etwas erwidern würde.
„Bist du mit einem Magieträger verwandt?"
Langsam langweilte sie mich.
„Also gut. Ist das deine wahre Gestalt?"
Nun warf ich ihr einen sehr gelangweilten Blick zu.
„Okay, okay.. Wie alt bist du denn überhaupt?"
Eine Weile wägte ich das Risiko ab. Nein, mein Alter sollte mich nicht verraten. Es gab mehr als genug Gleichaltrige.
„Neunzehn. Gibt es unter euch Magieträger?"
„Ja, aber nur sehr wenige. Warum warst du in dem Baum?"
Wenige waren bereits zu viel.
„Ich hatte keine andere Wahl. Seit ihr mit anderen Wesen verbündet?"
„Ja, mit den Zwergen."
Die Zwerge. Pff. Nichtsnutze.
„Hast du uns wirklich ausspioniert?", ihre hellen Augen bohrten sich unangenehm in meine, fast als ob sie zu meiner Seele durchdringen würden.
Ich musste schlucken. „Nein. Seid ihr im Besitz von magischen Elixieren?"
„Ja, sehr vielen sogar. Bist du das einzige Wesen deiner Art?"
Interessant. Entraubten sie uns regelmäßig?
„Nein. Welche Waffen besitzt ihr?"
„Gewöhnliche Sachen wie Pfeil und Bogen, Messer, Schwerter, Armbrüste, Speere, Hammer, Keulen. Wir haben aber auch Elixiere, einen Drachen, die Geheimwaffen der Zwerge, ein paar Magieträgertricks und so auf Lager", das klang nicht sehr vielversprechend, „Wo sind die anderen deiner Art?"
„Überall. W..?" Das Geräusch quietschender Fußsohlen ließ mich verstummen.
„Cora! Schnell, du musst verschwinden!", zischte die sich nähernde Person.
„Mach ich. Danke, Ursus."
„Kein Problem."
Schnell erhob die Wilde sich und rannte zum Ausgang.
Erleichtert lehnte ich mich an die Wand zurück. Diese irre Frau hatte mich viel zu viele Nerven gekostet. Leise näherte sich jemand meiner Kerkerzelle.
„He, aufwachen!", schrie eine tiefe Stimme mich an. „Ich sagte, du sollst deine hässlichen, großen Glubscher aufmachen!"
Meine Neugierde siegte und ich tat wie geheißen. „Na endlich." Ein kräftiger Mann mit zahlreichen Narben und finsterem Gesichtsausdruck musterte mich. Aufgrund seiner aufrechten, stolzen Haltung schloss ich, dass er der Chef war. „Asinus! Sperr bitte auf."
Ein kleiner Mann mit wilden Locken kam mit einem Schlüssel angerannt. „Wie du befiehlst, Gab." Seine Hände zitterten als er das Schloss öffnete. „Sonst noch etwas?"
„Nein, das wars. Danke." Seit wann bedankte man sich bei seinem Diener?
Diese Leute hier waren wirklich komisch.
„Steh auf", befahl er mir harsch. Wut stieg in mir auf. Niemand ging so mit mir um.
Trotzig funkelte ich ihn mit meinen „großen hässlichen Glubschern" an.
„Du verweigerst meinen Befehl, Gefangener? Willst du etwa, dass ich dich sofort hinrichten lasse?"
Nein, das war nicht mein Ziel gewesen, als ich mich gefangen nehmen ließ. Widerwillig stand ich auf, streckte mich dabei allerdings genüsslich. Er schnaubte nur, ehe er mich grob an den Haaren packte und die spärlich beleuchtete Treppe hinaufzerrte.
Wenn der Kerl hoffte einen Schmerzenslaut von mir zu hören, dann würde er lange warten müssen.
Einige Male musste ich blinzeln als wir aus dem Dunkeln ins Sonnenlicht traten. Meine Füße kribbelten wild in den Stiefeln. Die Erde unter mir sorgte dafür, dass die Magie ihren Weg wieder zu mir fand.
„Seht her!", rief der Chef der Wahnsinnigen zu den gaffenden Leuten und schubste mich vor sich.
Die Magie floss inzwischen durch meinen ganzen Körper und stärkte mich. Mir wurde ganz heiß.
Oh nein, ich war zu lange von der Natur getrennt gewesen. Die Magie in mir nahm überhand. Sie wollte aus mir heraus. Wild rauschte sie durch meine Adern. Meine Finger zitterten.
„So wird jeder behandelt, dessen Loyalität unklar ist. Ich werde ihn jetzt befragen und.."
„Halt! Warte!", hörte ich eine mir zu bekannte Stimme.
„Cora. Siehst du denn nicht, dass ich mitten in einer Ansage war?" Der grobe Kerl klang wütend.
Darauf senkte die irre Frau beschämt den Kopf. „Entschuldigung. Ich wollte dich nicht unterbrechen, aber ich habe dir noch Wichtiges mitzuteilen."
„Und was wäre das?" Sein Griff um meine Haare verstärkte sich.
Ich biss mir auf die Zunge, um ihn nicht auf der Stelle zu verfluchen.
„Ich würde ihn gerne befragen, da er mir schon einige Antworten gegeben hat und mit mir kooperiert hat."
„ER?" Entsetzt sah der Anführer mich an. Seine Narben waren im Tageslicht noch besser zu sehen.
Einige sahen so aus, als würden sie nicht von einem einfachen Schwertkampf stammen. Hatte er eine der kleineren Rebellionen angeführt? Wie hatte er das überlebt?
„Es meinte ich", die Furie verdrehte die Augen und warf mir einen warnenden Blick zu.
Als ob ich meinen Deal ruinieren wollte. Wie dumm war sie eigentlich? Wie hatte die Wahnsinnige es mit ihrer Dummheit geschafft in die Optime einzubrechen und meinen Lehrer zu erstechen?
„Wieso sollte Es mit dir kooperieren?" Dabei schüttelte er mich.
Ruhig atmen, ruhig atmen, befahl ich mir.
„Es kann sein, dass ich dem Etwas einen Deal angeboten habe." Bei diesen Worten wurde sie knallrot.
„Einen Deal?" Die Stimme des Irren-Anführers bebte. Ob vor Wut oder vor Angst konnte ich nicht sagen.
„Ja, ich sagte zu dem Etwas, dass ich es befragen würde und das schmerzfreier wäre." Sie gewann ihre aufrechte Haltung zurück und sah dem Anführer herausfordernd in die Augen.
Mutig war sie auf jeden Fall. Dennoch verstand ich nicht, warum er ihr diese Demütigung seiner Person erlaubte. Die Furie hatte klar ein Autoritätsproblem.
„Das hat gereicht?" Fassungslosigkeit schwang in seiner Stimme mit. Sein Griff um meine Haare lockerte sich leicht. Noch dazu begann er, mich genauer zu mustern. Sein Blick war abfällig.
Das wunderte mich nicht. Die Gestalt, in die ich mich verwandelt hatte, war potthässlich. Doch sie erfüllte ihren Zweck.
„Nun.. noch nicht ganz. I-ich habe dem Etwas auch manchmal eine Frage beantwortet."
„Du hast WAS?" Sein Griff wurde wieder fester.
Sie hob abwehrend die Hände und sah ihn flehend an. „Ich habe nichts Schlimmes beantwortet. Unser Dorf ist vollkommen sicher."
Da täuscht du dich gewaltig, Süße.
„Na schön. Dann befrage du es. Wenn es jedoch nicht antwortet, befrage ich das Etwas", seine Augen bohrten sich tief in meine.
Wow, die Furie hatte ihn tatsächlich überzeugt.
„Und bevor du beginnst ihn auszuhorchen, muss er das trinken." Stolz schwenkte der Anführer der Wahnsinnigen ein kleines Fläschchen mit einer blauen leuchtenden Flüssigkeit herum.
Oh nein, woher hatten die den Zungenlöser? Wenn man den Trank einnahm und log, fühlte es sich an als würde einem die Zunge herausgerissen. Die Schmerzen waren dermaßen stark, dass kaum einer diese Art der Befragung durchhielt.
Der Anführer marschierte grinsend auf mich zu und forderte der Furie auf ihm zu helfen. Ein mittelgroßer, blonder Kerl eilte ebenfalls zur Hilfe.
Die beiden Männer packten mich an den Händen und drehten sie mir auf den Rücken.
Ruhig bleiben, Pardus. Wenn ich mein Ziel erreichen wollte, musste ich gefügig sein und unschuldig wirken.
Aus diesem Grund öffnete ich freiwillig meinen Mund und schluckte den Trank.
„Wie heißt du?", die Stimme der Irren war erstaunlich sanft.
Als ich nichts sagte begann der Anführer sich bedrohlich vor mir aufzubauen. Die Menge tuschelte. Stur biss ich mir auf die Lippe.
„Zumindest deinen Vornamen."
„Pardus", gab ich nach.
„Das ist aber ein sehr nobler Name", mischte sich der Anführer ein, „Doch nicht zufällig der zukünftige Erbe der Regnus? Wenn ja, dann würde ich dich auf der Stelle zu Tode foltern."
Die Irre keuchte vor Schreck auf.
Einer meiner Mundwinkel zuckte nach oben. Ich war nicht länger der Erbe. „Wäre ein Erbe der Regnus wirklich hier, in diesem Dreckloch?"
Auf meine sarkastische Antwort zog er sich wieder zurück. „Nun gut, Pardus. Du sagtest ja schon, dass du neunzehn bist und ich nehme an, du bist männlich?", fuhr die Furie fort.
„Ja." Als ob ich mich jemals in ein weibliches Wesen verwandeln würde.
„Gut. Was für eine Art Wesen bist du?"
Das war eine sehr gute Frage. Da es darauf keine Antwort gab und ich dieses Wesen selbst erfunden hatte, dachte ich mir schnell einen Namen aus: „Ein Reptan."
„Ein Reptan? Was zeichnet die denn aus - außer die äußerlich erkennbaren Merkmale?"
Schnell zählte ich einige meiner eigenen Fähigkeiten auf: „Intelligenz, Schnelligkeit, Entschlossenheit."
Magie. Nein! Nein! Meine Zunge begann furchtbar zu brennen. Sag es! Magie! Magie! Tränen traten in meine Augen.
Die Schmerzen wurden stärker und stärker. Als ich meinen Mund öffnete, um kühlende Luft einzusaugen, bewegten sich meine Lippen wie von selbst.
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Uuuund? Wie gefällt euch meine Story bis jetzt? 😌
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