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Kapitel 9

Mein Blick heftet sich an Robin, der mit verschränkten Armen vor der Zellentür hält. »Hast du es gemütlich? Ich könnte dir eine Wolldecke bringen, oder – «

»Spar dir deinen Hochmut«, unterbreche ich ihn und rutsche auf meiner Pritsche vor. Nachdem Robin die Überreste des Flugblatts in meinem Kamin fand, brachten mich seine Kollegen in die Polizeiwache. Während den acht Stunden, die ich eingesperrt bin, stellten sie mein Haus ein zweites Mal auf den Kopf, um alle Hinweise zusammenzukratzen. Haushalte, in denen Vergehen vorgefunden werden, kommen auf die sogenannte Rote Liste. Auf dieser Liste zu stehen, bedeutet zunehmende Kontrolle des Militärs. Die Familien dürfen weder an Essensverteilungen teilnehmen, noch dürfen die Männer als Soldat arbeiten. Wenn man bedenkt, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung als Soldaten arbeiten, ist das für viele Bürger eine existenzielle Katastrophe. Den Eintrag in seiner Akte, wird man nicht mehr los. Nur in Ausnahmefällen, in denen man sich als guter Bürger beweist – also seine Nachbarn verpfeift oder ein außergewöhnlichen Dienst für das Lang erweist. Dabei sind Alkohol und Zigaretten ein Tabu.

»Was geschieht jetzt?«, frage ich, denn Reis zu schmuggeln und auf die rote Liste zu kommen, ist etwas anderes, als ein radikales Flugblatt zu besitzen.

Robins Finger gleiten die Gitterstäbe entlang. Er zuckt die Schultern. »Das ist nicht meine Sache.«

»Was tat ich, damit du mich so hasst?«

»Du bist frech. Ich kann freche Leute nicht leiden.« Bevor er den Zellendistrikt verlässt, umspielt seine Lippen ein Grinsen. »Lass den Kopf nicht hängen, Grenzi. Solltest du überleben, geb ich dir mal ein Bier aus.«

Damit bin ich allein. Hatte ich gedacht, dass man meine Begegnung mit General Goldrat nicht an Absurdität übertreffen könnte, täuschte ich mich – jetzt sitze ich allen ernstes auf der Polizeiwache fest, wegen eines Schnipsels, der eigentlich hätte verbrennen sollen. Ich reibe mir abermals durch mein blasses Gesicht. Eine rote Strähne meines Ponys wickelt sich um meinen Finger. Wenn ich das hier überleben würde, färbe ich sie mir schwarz.

Da die Zellen unterirdisch sind, klebt das einzige Fenster fast an der Decke, damit es auf der Höhe der Straße befindet. Ab und zu sehe ich ein paar Schuhspitzen, die das wenige Licht abhalten, in den Raum zu gelangen, und lange Schatten auf der gegenüberliegenden Wand werfen. Dabei rieselt trockener Staub herein und fällt auf die leere Pritsche.

Als die sanft-rote Abendsonne der Dunkelheit weicht, vernehme ich plötzlich eine leise Stimme hinter den Gitterstäben des Fensters. »Felix... Bist du hier drin?«

»Jakob?« Ich springe überrascht auf und haste zur zweiten Pritsche, auf die ich mich stelle, wodurch ich gerade mal mit meine Nase an das Fenster reiche.

Jakob, der von außen bäuchlings auf der Straße kauert, um einen Blick in den Raum zu werfen, strahlt auf. »Endlich! Das ist jetzt die fünfte Zelle, die ich absuche.«

Es fühlt sich an, als würde eine schwere Last von meinen Schultern fallen, als seine glitzernden Augen auf mir liegen.

»Was ist denn bloß wieder geschehen? Deine Nachbarin meinte, dass die Hauskontrolle dich abführte!«

Ich seufze, bevor ich beginne, Jakob davon zu erzählen, wie ich hier gelandet bin. Vom Attentäter mit seinem Flugblatt und von Robin, der mich verriet.

»Wir bekommen das wieder hin«, meint Jakob nach meiner Erzählung. »Vertrau mir.«

»Wie meinst du das?«, frage ich misstrauisch. Das klang nicht, als würde ich mit einer Verwarnung davonkommen.

»Weißt du nicht, dass alle, die im Verdacht stehen, mit den Freiheitskämpfern zu arbeiten, ins Sicherheitsministerium gebracht werden? Morgen soll Fahrzeuge eine Handvoll Männer in den vierten Distrikt bringen.«

Meine Brust hebt sich in einem tiefen Atemzug, der zittrig endet. »Weißt du, wann wir losfahren?«

»Tut mir leid. Als ich mich in der Wache nach dir erkundigte, gaben sie mir nur diese Auskünfte.«

Unser Gespräch wird unterbrochen, als eine Frauenstimme über Jakob ruft, dass er sich gefälligst benehmen und nicht so auf dem Boden wälzen soll. Das Knirschen des Kieses zeigt mir, dass sie schnellen Schrittes abzieht.

»Geh lieber, bevor sie dich erwischen«, rate ich meinem jungen Freund.

Jakob legt den Kopf schief. »Langsam solltest du wissen, dass ich dich nicht im Stich lasse.« Er zieht eine kleine Glasflasche aus seiner Tasche hervor, die er mir durch die Gitterstäbe reicht. »Gib sie zurück, wenn du fertig bist.«

Zögerlich drehe ich den Deckel auf und nehme einen Schluck. Es tut gut, das kühle Wasser in meiner Kehle zu spüren. Anschließend reicht mir Jakob auch zwei Pakete mit Broten, die er in Backpapier wickelte.

»Ich will hier nicht einziehen«, stelle ich trocken fest.

Jakob schmunzelt traurig. »Es wäre besser gewesen, du wärst über die Grenze gekommen und jetzt in Bjussel.«

Nachdem ich mich umschaue, esse ich schnell die Brote, damit keiner der Wächter mitbekommt, dass mir etwas zugesteckt wurde. »Es wäre besser, wenn ich einfach tot wäre«, murmele ich kauend.

»Du darfst nicht aufgeben, hörst du mich! Was würde ich ohne dich tun?«

»Keine Sorge, das letze was ich will, ist unter Folter zu sterben«, erwiderte ich und schlinge ein großes Stück Brot in mich. »Ich würde mich auch ans Leben klammern, wenn ich ein Fisch im Trockenen wäre. Feiglinge machen das so.«

»Gut«, meint Jakob zufrieden, bevor sein Kopf zur Seite wirbelt. Er schnappt mir das Essen zwischen dem Gitter weg und springt auf. »Man hat die Wache informiert, dass ich herumschleiche. Da kommen Polizisten. Ich muss jetzt weg, aber ich verspreche dir, dass mir etwas einfällt. Noch bevor du morgen ins Ministerium fährst, hab ich dich hier rausgeholt.«

Ich schenke ihm ein mühevolles Lächeln, das versiegt, sobald er außer Sichtweite ist. Wir wissen beide, dass er mir diesmal nicht helfen kann, da ich bereits in den Händen des Militärs liege. Und so kommt es auch am nächsten Tag, dass ich aus meiner Zelle gezerrt und auf den Hof der Polizeiwache gebracht werde. Zusammen mit acht weiteren Männern verfrachten uns die Polizisten in einem Militärfahrzeug, das durch eine Plane vor Blicken schützt. Während sie unsere Gelenkfesseln mit dem Fahrzeugbänken verbinden, reagieren sie nicht auf die Fragen meiner Leidensgenossen. Ihre unterschiedlichen Kleidungstücke — Uniformen, Bäckerschürze und Latzhose — deuten daraufhin, dass sie wie ich mitten aus ihrem Leben gerissen wurden.

Natürlich kann Jakob mir nicht helfen, geschweige denn bei mir sein. Dennoch bildet sich ein stechender Schmerz in meiner Brust, als die Polizisten die Tür schließen und das Fahrzeug in Bewegung setzen. Mit jeder halben Stunde, die vorbeizieht, beschleunigt sich mein Herzschlag. Die anderen im Fahrzeug flüstern miteinander, über Erzählungen vom Ministerium, über Verwandte, die nicht wiederkehrten und wie lange sie im Arbeitslager überleben würden. Ihre Worte treiben mir nicht weniger den Schweiß auf die Stirn.

Als das Fahrzeug nach zwei Stunden im vierten Distrikt hält, werden wir unsanft herausgezerrt und über den gewaltigen Vorplatz des Ministeriums gezerrt. In diesem Distrikt war ich noch nie. Ich frage mich, ob wir tatsächlich noch in derselben Stadt sind. Die gut gekleideten Menschen hier, die meterhohen Gebäude und die sauberen Straßen sind wie das Paradies im Vergleich zu Distrikt Neun. Überall grünt es, es wirkt alles so lebendig und selbst die Sonne scheint hier heller zu sein. Dieser Distrikt wird auch gern als die Grenze der Macht bezeichnet. Ab hier ist für die normalen Bürger Schluss. Nur Männer in wichtigen Positionen und deren Angehörige dürfen Distrikt Drei und höher betreten. Darum ist es für Zivilisten auch das Höchste der Gefühle eine modernisierte Wohnung in diesem Distrikt zu besitzen.

Das Ministerium steht mitten zwischen einem Stadtpark und zwei Mehrfamilienhäusern. Der Vorplatz ist mit Stacheldraht und schwer bewaffneten Soldaten gesäumt. Trotzdem ist einer meiner Genossen so dumm und reißt sich von seinem Wächter los. Noch bevor er überhaupt die pompöse Einfahrt verlassen kann, trifft ihn ein Geschoss im Nacken, das ihn langsam zusammensinken lässt – Betäubungsmittel. Wie ein Stück lebloses Fleisch schleifen sie ihn zur Gruppe zurück.

Schluckend wende ich mich der Bildgewalt vor mir zu. Das Ministerium ist ein altes Gebäude, das wie ein Schloss anmutet, nur ohne die Türme. Die beige Fassade ist mit Ornamenten geschmückt und auf dem Dach flattern fünf Fahnen, die von unten winzig wirken, von Nahem einem Menschen aber um ein dreifaches überragen. Von vorn ist es ein recht überschaubares Gebäude, doch kundige Köpfe wissen von dem langen Atrium, das vom Ministerium wie in einem Quadrat eingezäunt wird, und von den Katakomben. Köpfe, die studierten, wissen sogar, dass die Katakomben geheime Wege unter der Stadt miteinander verbinden – zumindest meinte das Jakob einst.

Die Polizisten führen uns ins Gebäude, das von innen nicht weniger Schloss ist. Die Decken sind so hoch, dass man Automobile stapeln könnte, und im gefliesten Boden kann ich mich beinahe spiegeln. Wir werden am Empfang abgetastet und anschließend ins Untergeschoss gebracht. Dort sperrt man uns in eine kleine Zelle, die mit nichts außer zwei schmalen Bänken auskommt. Den bewusstlosen Gefangenen schmeißen sie auf den dreckigen Boden. Meine Leidensgenossen widmen ihm einen kurzen Blick, bevor sie sich um ihre eigenen Sorgen scheren. Auch ich denke lieber an mein weiteres Vorgehen, als mich mit anderer Leute Dummheit zu beschäftigen.

Während wir warten, breitet sich ein Gespräch zwischen meinen Mitgefangenen aus. Ein älterer Mann mit langem Bart beginnt zu erzählen: »Meine Frau wartet in Nehrst mit unseren beiden Kindern auf mich. Sie betete bei der Ausreise für mein Wohlergehen, doch so bald werde ich sie wohl nicht wiedersehen.«

Ein jüngerer, aber auch schwächlicherer Mann klopft ihm auf die Schulter. »Wie kamen Sie hierher?«

Der Bärtige wischt sich angestrengt durchs Gesicht. »Wie alle von uns, nehme ich an.« Er späht durch das Gitter auf den Flur, um sicherzustellen, dass keine Soldaten in der Nähe sind. Dann spricht er leise weiter: »Man fand „Die Wahre" bei der Hauskontrolle in meinem versteckten Keller.«

Ein Dritter mischt sich in ihre Unterhaltung ein: »Dass die Zeitung verboten ist, weiß jeder. Aber seit das mit den Freiheitskämpfern begann, sind die wie Aasgeier. Die buchten jeden ein, der nur ein falsches Auge darauf wirft.«

Nach und nach werden die Gefangenen abgearbeitet. In stündlichem Rhythmus kommt ein Soldat, um einen von meinen Genossen abzuholen und weiß Gott wohin zu bringen. Erst als ich selbst aufgerufen werde, finde ich heraus, dass man uns ein weiteres Geschoss tiefer führt, wo ein einsamer, dunkler Raum auf mich wartet. Der Boden ist mit kahlem Beton überzogen und die Wände mit abgenutzter Rautapete.

Mein Herz hämmert wie verrückt gegen meinen Brustkorb, als man mir einen Sitzplatz an einem gut gepflegten Schreibtisch anbietet. Der Soldat befestigt meine Gelenkfesseln an den Armlehnen und Stuhlbeinen, bevor er geht. Wenige Minuten später betritt ein Mann mittleren Alters den Raum, den ich anhand seiner Schulterplatten als Leutnant identifiziere. Nervös kratze ich mir die Seiten meiner Nägel auf, während mein angespannter Blick jede seiner Bewegungen beobachtet.

Er streift seine Uniformjacke von den Schultern, die er über den die Stuhllehne hängt. Danach setzt er sich mir gegenüber an den Schreibtisch. Wortlos zieht er am Faden der abgenutzten Tischlampe mit einem pilzartigen, hellblauen Schirm, der flimmernd anspringt. Aus seinen Schubladen kramt er einen Stapel Dokumente. Dabei wirkt er routiniert, als hätte er heute schon zahllose Andere befragt und wartet nur noch auf den Feierabend. Nachdem er seinen Finger mit der Zunge befeuchtet, blättert er den Stapel durch. Als er die richtige Seite findet, zieht er sie heraus und legt sie vor mir ab.

»Unterschreiben Sie hier«, fordert er emotionslos.

»Was ist das?«, frage ich mit vorsichtiger Stimme, deren Zittern ich nicht unterdrücken kann.

»Ein Geständnis.«

Ich reiße den Kopf hoch. »Ein Geständnis wofür?«

Der Leutnant verschränkt die Arme. »Dass Sie mit den Freiheitskämpfern kooperieren.«

»Das stimmt nicht!«, begehre ich auf.

»In Ihrem Haus wurde ein radikales Flugblatt gefunden. Streiten Sie das ab?«

Meine Schultern sinken, wohingegen sich meine Bauchmuskeln verkrampfen. Mein Schweigen nimmt der Leutnant anscheinend als Zustimmung, weshalb er fortfährt: »Unterschreiben Sie. Dann ist es schon vorbei.«

»Was geschieht dann?« Ich hörte, wenn die Männer hier mit einem fertig waren, glaubten am Ende manche selbst daran, schuldig zu sein, so wuschen Sie einem den Kopf.

»Dann werden Sie verurteilt.«

Ich schüttele den Kopf. »Was muss ich tun, um meine Unschuld zu beweisen?«

»Das können Sie nicht.«

»Aber–«, beginne ich, stoppe allerdings, als der Leutnant den Schirm der Lampe greift und so auf mich richtet, dass mir das Licht direkt ins Gesicht strahlt.

»Wie halten sie Kontakt zu den Terroristen? Haben Sie Mittelsmänner in den Offiziersrängen? Sie arbeiten an der Grenze. Schmuggeln Sie die Leute in die Stadt?«

Weil ich gefesselt bin, gibt es keinen Schutz vor der blendenden Lampe. Ich kneife die Augen zusammen. »Ich bin dem Land treuer, wie es keiner sein könnte. Seit zehn Jahren diene ich als Soldat und–«

Der Leutnant unterbricht mich: »Wie viele sind die Freiheitskämpfer? Wie viele Waffen haben sie? Haben Sie Fahrzeuge und Stützpunkte?«

Mein Herz setzt einen Sprung aus, weil mir keine Chance gegeben wird, mich zu verteidigen. »Bitte hören Sie doch! Ich habe nichts mit den Freiheitskämpfern zu tun«, versuche ich nochmals, mich zur Wahrheit zu bekennen.

Ohne auf meine Antworten einzugehen, befragt mich der Leutnant weiter zu den Freiheitskämpfern, über die ich weniger weiß, als er selbst. Ich kann ihm keine der Fragen beantworten, nicht über ihren Anführer, nicht über ihre Motive und auch nicht über ihre nächsten Pläne.

Nachdem er eine halbe Stunde seine Fragen beharrlich wiederholt, entscheidet der Leutnant mit einem Blick zu seiner Armbanduhr, dass er für heute genug gearbeitet hätte. Er verschwindet und lässt mich ohne ein weiteres Wort zurück. Die Nacht lang sitze ich in diesem dunklen Raum, am Stuhl gefesselte, nicht in der Lage zu schlafen — meine Gedanken spielen verrückt. Dementsprechend durchzecht blicke ich am nächsten Tag auf, als der Leutnant den Raum betritt.

Ich frage nach der Uhrzeit und einem Schluck Wasser, doch er reagiert nicht auf mich. Während er exakt dieselben Fragen wie gestern herunterrattert, blättert er durch Unterlagen, die er mitbrachte. Dort und da setzt er seine Unterschrift oder umkreist eine Textstelle. Anfangs versuche ich ihm zu antworten, mich herauszureden und zu begründen, weshalb ich unschuldig wäre. Doch nachdem er seine Fragen zum vierten Mal wiederholt, ohne auf mich einzugehen, sinken meine Schultern herab. Meine Antwort auf jede seiner Fragen lautet nur noch: »Das weiß ich nicht.« Mehr habe ich nicht zu sagen.

Am nächsten Tag schwindet die Lebendigkeit aus meiner Stimme. Während der Leutnant und ich unseren immer selben Text herunterrattern — er seine Fragen, ich mein: »Das weiß ich nicht« —, wundere ich mich, ob meine Brust sich je so beengt anfühlte. Das Wissen, nicht im Geringsten erhört zu werden, ist belastender, als ich mir vorstellte. Obwohl ich mein Leben lang die Einsamkeit genoss, nagt es plötzlich an mir, keinen Funken Aufmerksamkeit zu erlangen, nicht zu wissen, wie lange sich dieses Prozedere zieht. Ich beginne selbst Fragen zu stellen. Über das Ministerium, über diese Verhör und was ich tun müsste, damit es zu Ende geht, doch ich stoße auf taube Ohren. Zumindest gesteht man mir einen großen Becher Wasser zu, der in meiner trockenen Kehle brennt.

Den darauffolgenden Tag schweige ich. In den Nächten schlafe ich höchsten drei Stunden aus purer Erschöpfung. Dadurch bin ich meinen Gedanken und Sorgen hilflos ausgeliefert. Ich studiere den Aufbau des Schreibtisches bis auf die letze Fuge und jeden Kratzer auf der Lampe. Ich klammere mich an die winzigsten Eindrücke. Immer wieder erwische ich mich dabei, zu dem Geständnis zu blicken und mich zu fragen, ob es nicht klüger wäre, einfach zu unterschreiben.

Durch die Besuche des Leutnants leite ich ab, dass immer ein Tag vergeht, wofür es allerdings keine Garantie gibt. Die Zeit in diesem menschenleeren Raum kommt mir endlos vor. Meine Gelenke sind wund von den engen Fesseln, meine Muskeln schmerzen von derselben Position, in der sie fixiert sind, und ich beginne zu verstehen, wozu diese Prozedur dient.

Ein weiterer Tag vergeht. Neben dem Leutnant kommt hin und wieder der ein oder andere Soldat, um mich mit Wasser und einem Stück Brot am Leben zu halten. Meine Versuche, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, blocken sie gekonnt ab. Von den einfachen Fußsoldaten verdienen die hier stationierten am besten – Kein Wunder, dass sie sich strikt an die Vorschriften halten und blind, taub und stumm werden. Ich würde es genauso tun.

An diesem Tag allerdings scheint dem Leutnant mein Schweigen zu bunt zu werden. Nachdem er alle seine Fragen einmal stellte, geht er um den Schreibtisch zu mir herum. Gerade als ich meinen kraftlosen Hals recke, um überrascht aufzuschauen, schlägt mir der Leutnant so fest ins Gesicht, dass mein Kopf zur Seite fliegt. Auf meiner Zunge breitet sich metallischer Geschmack von Blut aus. »Sie sollten unterschreiben«, rät er mir emotionslos.

Ich lecke über meine aufgesprungene Lippe. Bedächtig wandern meine müden Augen den Leutnant hinauf, bis sie seinen Blick treffen. Die Ungerechtigkeit lässt meinen Körper beben. Egal wie viele Beweise ich ihnen liefern würde, ihre Behandlung würde auf dasselbe Ziel hinauslaufen.

Der nächste Schlag ist so fest, dass mir schwarz vor Augen wird und sich die Wände zu drehen beginnen. Der Leutnant stützt die Arme in seine Seiten. »Sie wirken vernünftig auf mich. Die meisten können ihre Gefühle nicht verstecken. Wären wir uns auf anderem Wege begegnet, hätte ich sie glatt für das Ministerium eingestellt.«

Durch schnelles Blinzeln klärt sich mein Blick, den ich störrisch auf den Leutnant hefte. Ich stoße ein kaltes Lachen aus. »Sie wissen, dass ich unschuldig bin.«

»Alles was ich brauche, ist eine Unterschrift. Dann ist es schon vorbei.« Des Leutnants Füße sind in lederne Stiefeln mit hoher Sohle gehüllt. Dementsprechend stark breitet sich der Schmerz in meinem Bein aus, als er kraftvoll auf meinen Fuß tritt. Wie zuvor beginnt er mich aufzufordern, das Geständnis zu unterschreiben. Jedes Mal verstärkt er den Druck auf meinem Fuß, sodass mein Atem stockt und ich mich aufbäume. Durch die Fesseln bleibt mir keine Möglichkeit, als den Schmerz zu ertragen.

»Stopp...«, keuche ich. »Bitte...«

»Sie wissen, was Sie tun müssen, damit es endet.«

Meinen Mund angewidert verzogen, spucke ich ihm entgegen: »Das werde ich niemals tun.«

Anstatt den Schmerz zu steigern, nimmt der Leutnant seinen Stiefel von mir und öffnet die Tür. Er gibt dem postierten Wachmann die Anweisung, seine Werkzeuge zu holen. Dann wendet er sich zurück an mich: »Denken Sie für eine halbe Stunde nach. Wenn ich zurückkehre, hoffe ich auf Ihre Kooperation.«

Sobald ich allein bin, falle ich schwer atmend im Stuhl zurück. Ich will nicht sterben. Aber wie lange würde ich die Folter ertragen?

Während ich auf die Rückkehr des Leutnants warte, kommt der Wachmann hinein, um einen Koffer auf dem Schreibtisch auszubreiten. Er öffnet ihn so taktisch klug, dass ich die drinnen verborgenen Werkzeuge sehen kann. Dann verlässt er den Raum, um mich mit meiner Furcht vor den Messern und Zangen allein zu lassen. Sie wissen, was sie tun.

Auch wenn mein Zeitempfinden Kopf steht, bin ich mir sicher, dass mehr als anderthalb Stunden vergehen, bevor die Tür das nächstes Mal geöffnet wird. Die letzten Tage hing ich mehr im Stuhl, als dass ich saß, doch nun richte ich mich sofort kerzengerade auf und höre meinen Herzschlag in den Ohren. Meiner nervösen Angewohnheit verfallend, kratze ich die Ränder meiner Nägel auf.

Mit einer Hand an der halb-offenen Tür steht ein Mann im Flur, den Rücken zu mir gekehrt. Wer auch immer das ist – der Leutnant kann es nicht sein, diese Person ist zu groß. Alles was ich erkenne, ist ein dunkelgrüner Umhang. Kam diese Person gerade erst an?

In einer einzigen, geschmeidigen Bewegung zieht sich der Mann den Umhang von den Schultern, der in der Luft wie ein Blatt aus Seide flattert. Ich recke meinen Hals, um zu erkennen, dass der Wachmann das Kleidungsstück ehrfürchtig entgegennimmt. Sie wechseln ein paar leise Worte, woraufhin der Soldat davonhuscht und der Unbekannte den Raum betritt.

Seine Schirmmütze sitzt tief im Gesicht und durch die Dunkelheit kann ich seine Schulterplatten erst lesen, als er am Schreibtisch vor mir sitzt. Während ich die Situation nur langsam realisiere, zieht sich der Mann die Mütze von den schwarzen Haaren. Dann blitzen zwei kristallblaue Augen zu mir herab. Erics Lippen ziert ein amüsiertes Schmunzeln. »Guten Abend, Herr Sommer.«





Nachwort


Willkommen zurück! ^^

Ich hoffe, dass euch das Kapitel gefallen hat, und dass ihr gespannt seid, wie es nun weitergeht! Falls euch die Geschichte gefällt, und ihr mich gerne unterstützen würdet, gebt dem Kapitel doch ein Vote. Schreibt mir auch gerne eure Meinung in die Kommentare. ^^

Bis zum nächsten Mal!

Liebe Grüße
Goldkirsche

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