7. Rhaenys Targaryen
Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren waren ihr Gemahl und ihr Sohn wieder gemeinsam nach Hause zurückgekehrt, ohne wieder in den Krieg ziehen zu müssen.
Egal wie sie es getan hat, sie war ihr dankbar.
Sela war ein paar Wochen später mit ihrem Pferd auf Hochfluth eingetroffen und sie war anders als Rhaenys erwartet hätte: Sie war noch jung, viel jünger als sie erwartet hätte und nur ein paar Jahre älter als ihre eigenen Kinder.
Sie begegnet Menschen mit Vorsicht und Misstrauen, auch wenn sie freundlich und doch offen gegenüber neuem war – hatte sie den Eindruck, das sie es nicht gewohnt war, von so vielen Menschen umgeben zu sein wie auf einer Burg. Mit den Sitten von Bediensteten die einen badeten und ankleideten hielt sie nicht sonderlich viel sie schickte sie immer davon.
Dem einzigen, dem sie von vollem Herzen zu vertauen schien, war ihr Pferd und das war in etwa genau so unberechenbar. In den wenigen Wochen, die sie hier war, war sie manchmal schon tagelang nicht von einem ihrer Ausritte zurückgekommen, weil sie in der Landschaft herumgezogen war und ihr Anwesenheit sprach sich schnell herum, Berichte von dem schönen Mädchen auf dem ungezügelten Pferd machten die Runde. Von den Menschen der Kronlanden hatte sie den Namen Sturmwind bekommen weil sie über das Haus hinweggefegt war und alles verändert hatte. Sie hatte ihn als so etwas wie ihren Familiennamen angenommen. Über ihre Vergangenheit redete sie nur ungern und so war alles, was sie von sich preisgeben hatte ihr Name und wie sie nach Westeros gefunden und zu ihrem Reittier gekommen war.
»Prinzessin Rhaenys, Lady Sela ist von ihrem Ausritt zurück und ihr Bad wird fertig gemacht.«
Rhaenys nickte mit dem Kopf. »Danke.«
Heute Abend sollte das Siegesfest stattfinden, selbst Prinz Daemon wurde sich zu diesem Anlass nach Hochfluth begeben, bevor er mit seinem Drachen nach Königsmund weiterziehen würde.
Der Lord hatte seine Kinder und Sela ermahnt pünktlich zum Empfang wieder auf der Burg zu sein.
✶ ✶ ✶
Nachdem etwas Zeit vergangen war, machte Rhaenys sich auf nach Sela zu schauen. Die Zofe, die eigentlich in ihrem Zimmer sein und ihr beim Waschen und Ankleiden helfen sollte, traf sie wieder einmal vor der Tür an. Immerhin kündigte sie dann das Eintreffen der Prinzessin an als Rhaenys ins Zimmer eintrat, sah sie noch wie das Mädchen ihre langen Haare eilig in ein Handtuch einwickelte. Dann sah sie auf und lächelte als sie Rhaenys erblickte.
»Was verschafft mir die Ehre?«, fragte sie.
»Ich will nur sichergehen, dass du angemessen gekleidet wirst«, bemerkte sie mit hochgezogener Augenbraue, »anscheinend vollbringen deine Zofen aber keinen zufriedenstellenden Job, wenn sie vor der Tür herumlungern.«
Aus den Augenwinkeln sah sie wie der jungen Zofe, die ihr zugeteilt war, ängstlich die Gesichtszüge entglitten und zu Sela sah, doch diese sagte sofort: »Es war nicht ihre schuld, ich habe sie gebeten mich allein zu lassen... Shera ist mir immer eine große Hilfe bei allem was ich möchte.« Die Zofe lächelte erleichtert.
Rhaenys lächelte, nichts anderes hatte sie erwartet – bevor sie jemand anderem die Schuld gab, nahm sie es eher auf sich und das war etwas, was sie von einer anscheinend grausamen Killerin nicht erwartet hätte. Sie war ein mitfühlender Mensch.
»Braucht ihr meine Hilfe, my Lady?«
»Nein, ich denke das geht schon... ich rufe, wenn ich etwas brauche. Danke Shera.«
Das Mädchen nickte freundlich und wollte sich dann entfernen.
»Shera, warte noch einen Moment«, bemerkte Rhaenys und sie stockte sofort und sah abwartend zu ihr, »Sela, du weißt doch wie man ein Kleid anzieht, nicht wahr?«
Sie lächelte amüsiert als sie bemerkte, wie Sela herumwirbelte und das kobaltblaue Ballkleid mit Spitzen und Perlenstickereien auf ihrem Ankleidestuhl liegen sah. Doch das wirklich komische an dieser Situation war ihr Blick: Sie schien entsetzt.
Rhaenys lachte und legte ihr die Hände auf die nackte Schulter, da sie nur in einem Tuch bekleidet vor ihr stand. »Heute ist ein Fest des Sieges für das Haus Velaryon! Das Kleid wird dir hervorragend stehen. Laena hat es für dich ausgesucht.«
»Verräterin«, murmelte sie leise und Rhaenys drückte sie aufmunternd an der Schulter, »deswegen bin ich hier. Ich werde dir helfen«, bemerkte sie und schob sie in Richtung des Kleides.
»Warum tust du das?«, fragte sie.
Sie beschloss nicht darauf zu antworten, sondern eine Gegenfrage zu stellen: »Du fühlst dich Unwohl unter Menschenmassen. Warum?«
»Woher?«
»Ich hatte die letzten Tage viel Zeit dich zu beobachten«, stellte sie belustigt fest, »und die ersten Tage hier am Hofe, warst du wie ein Tier das man ins Haus geholt hat und eigentlich nicht hier sein wollte. Obwohl du die Gepflogenheiten am Hofe scheinbar kennst.«
Sie lächelte etwas, während Shera ihr das Kleid in seinen Einzelteilen reichte und sie nach und nach anzog. Beinahe wie in Trance strich sie über den edlen blauen Stoff und betrachtete sich nachdenklich im Spiegel.
Rhaenys trat hinter sie und sah sie prüfend an. »An was denkst du?«
»So etwas hatte ich schon lange nicht mehr an«, entgegnete diese, »das letzte Mal...«, sie brach abrupt ab als schien ihr plötzlich einzufallen, was sie da sagte, »ist schon lange her.«
»Das ist schade, du siehst wunderschön aus«, sagte da Shera anscheinend unterbewusst von der Seite, denn sie erschrak als sie plötzlich von beiden angesehen wurde und ihr klar wurde, dass sie das wohl laut gesagt hatte.
Rhaenys wollte sie eben zügeln als Sela erfreut sagte: »Danke Shera, das ist lieb von dir!«
Die Zofe lächelte leicht und trat dann einen Schritt zurück.
»Zwei Dinge fehlen noch«, bemerkte da aber Rhaenys und sah zu der Zofe, »hole bitte die Kette und bring sie mir.«
Das Mädchen tat wie ihr befohlen und Rhaenys legte ihr eine feine silberne Kette um den Hals, geschmückt mit tiefblauen Saphiren und hellweißen Diamanten.
»Wow.«
»Noch nicht ganz«, bemerkte Rhaenys und nahm ihr das weiße Handtuch vom Kopf, wie ein Schleier fielen ihre Haare hinab und sie griff nach der Bürste.
»Soll ich das tun, Prinzessin?«, bot Shera sofort an, doch Rhaenys ließ es sich nicht nehmen. »Du kannst gehen.«
»Warum tut ihr das?«, fragte Sela mit leicht nervösem Unterton bisher hatte sie nicht den Eindruck gehabt, dass die Gemahlin des Lords froh war über ihren Aufenthalt. Rhaenys lächelte etwas, was im Spiegel, der noch immer vor ihnen stand zu sehen war.
»Du bist ein guter Mensch Sela, etwas, was ich nicht erwartet hatte, nach den Geschichten, die ich hörte und du hast Frieden in unser Haus gebracht. Dafür bin ich dankbar.«
Doch das war nicht der einzige Grund, durch ihre Art war sie ihr tatsächlich etwas ans Herz gewachsen. Sie war noch jung und unbedarft und wohl lange Zeit ihres Lebens allein gewesen – trotzdem verstand sie etwas davon, wie die Welt funktionierte. Ihr Mann könnte Recht haben, vielleicht könnte sie eine gute Verbündete für ihr Haus sein.
»Jetzt bist du wunderschön«, meinte sie und betrachtete das Mädchen lächelnd im Spiegel, sie war ein guter Zugewinn für die Familie. Wunderschön, liebenswert und gefährlich, ansonsten wäre ihr das auf den Trittsteinen nicht gelungen.
»Vielen Dank, Prinzessin.«
»Sela, bist du endlich fertig?!«, hörte sie da die Stimme ihrer Tochter rufen und kurz darauf stürmte Laena durch die Zimmertür. »Wow«, hauchte diese atemlos, beim Anblick ihrer Freundin und hakte sich bei ihr unter. »Na komm schon, Vater wartet schon! Und auf dich sicherlich auch Mutter!«
Sie grinste über die Schulter zurück und zog Sela mit sich.
Rhaenys legte die Bürste beiseite und wollte ihrer Tochter dann folgen, da bemerkte sie etwas an ihren Händen und drehte verwundert die Handflächen nach oben. Sie waren rot als wäre sie mit roter Farbe in Berührung gekommen. Sie sah sich nach dem Handtuch um, welches sie ihr aus den Haaren genommen hatte und bemerkte das auch in diesem der rote Farbstoff zurückgeblieben war.
Eigenartig. Vielleicht war das der Grund, warum sie nicht wollte, dass ihr jemand beim Bad half. Doch warum? Warum machte sie ein Geheimnis um ihr Haar?
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