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Ich wusste wir waren in der Unterzahl. Ich wusste auch, daß es übel wurde. Chris wartete nur auf ein Zeichen von mir und schmiss sich ins Getümmel, Caspian hingegen blieb bei mir. Er sicherte meinen Rücken sowie ich seinen. Die Massen an Männern die Otis aufbrachte stürmten auf uns zu und für einen Moment verlor ich meinen Fokus auf das wesentliche - weil ich Amy ganz deutlich spüren konnte. Sie war bei mir, jederzeit. Allein das machte mich unantastbar.
†
Chris, Caspian und ich kämpften uns durch die Menge mit nur einem Ziel : Otis so schnell wie möglich auszuschalten. Was immer er hatte, was immer er sagte - er konnte den Menschen den er aus mir gemacht hatte nicht mehr kontrollieren oder aufhalten. Wir waren brutal, rücksichtslos und egal wie viele Schläge und Schnittwunden wir in diesem Kampf erlitten, wir behielten trotz der Unterzahl die Oberhand.
Die Reihen der Angreifer lichteten sich und ich drang weiter nach vorne, näher an Otis heran. Dieser tobte und schrie, versuchte seine Männer anzufeuern und das ganze was hier geschah irgendwie zu drehen, doch es war aussichtslos. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt ihn zu töten und ich würde nicht ruhen, bis ich am Ziel war. Das war es, was er in mir hervorgebracht hatte - einen unersättlichen Mörder, einen Henker. Ein Monster das nicht ruhen würde, ehe es den Kopf seines Meisters in den Händen hielt.
"Was zum... Was macht er da?" knurrte Caspian und schlug gerade jemandem den Kopf ein als ich mich zu ihm drehte. Er hatte ebenfalls Otis im Blick behalten und dieser sprach gerade irgend etwas in sein Handy. Langsam erhob er sich, betrachtete das Gemetzel um sich herum, blieb aber ruhig. Dann hörte ich, wie er meinen Namen rief. "Aurelio, Aurelio... Denkst du etwa du hast gewonnen? Dann schau und lerne..." schrie er.
Ein paar weitere Männer traten hinter den Vorhängen hervor. Sie schienen nicht bewaffnet, was ihr eindeutiger Nachteil war...
†
"Weißt du Aurelio... Ich kannte mal eine Frau. Sie war sehr hörig, tat alles für mich. Kein Opfer war ihr je zu groß, um die Liebe die sie für mich empfand zu zeigen. Es ist eine Schande, das ich sie verloren habe, aber es war ein notwendiges Übel, um dich eines zu lehren - wo dein Platz ist. Und es hat funktioniert, oder? Schau dich an." murmelte er. Ich hatte keine Ahnung wovon er überhaupt sprach, behielt ihn aber weiter im Blick. Caspian, der mich noch immer von hinten absicherte, ließ seine Verteidigung plötzlich vollends fallen, trat neben mich. "Oh mein Gott." flüsterte er. Zuerst war ich irritiert wieso, doch dann sah ich es selbst als die Reihen der Männer, die kurz vorher zwischen den Vorhängen hervor getreten waren, sich etwas lichtete. Sie hatten jemanden in ihrer Mitte... Bewachten diese Person.
Otis lächelte triumphierend.
"Als ich her kam, wollte ich dich töten. Ich hatte diese Stadt nach wenigen Stunden schon leid. Aber dann erkannte ich das Potential. Ich erinnerte mich, wie du wirklich warst, damals in Kendo. Mit welcher Leidenschaft und Intensität du deine Gegner zu Brei verarbeitet hattest. Durch deine Adern fließt der Tod, mein Junge. Aber du warst weich geworden, hast alles vergessen was ich dir je geboten habe. Wegen einer Frau! Also beschloss ich dich zu brechen. Ich wusste das du mich jagen würdest, aber ich wusste auch das ich das, was ich in dir sah, wiedersehen würde... Und ich würde es mir zunutze machen." faselte Otis, stoppte sich aber selbst - nur um seinen Männern ein Zeichen zu geben.
Die Person, die bewacht wurde, hatte einen Sack über dem Kopf. Dieser verschwand allmählich und als ich erkannte wer dort stand starb ich innerlich tausend Tode. Ich atmete schnell, hektisch, konnte es nicht mehr unterscheiden - wusste nicht ob es Halluzination oder Realität war. Ich kniff so fest ich konnte meine Augen zusammen, doch als ich diese wieder öffnete sah ich immer noch sie vor mir.
Amy.
Geknebelt, gefesselt... Mit blauen Flecken im Gesicht. Orientierungslos, ängstlich. Ihr Augen waren noch immer verbunden. Ich brauchte einen Moment bis ich all das verstehen konnte - nichts ergab Sinn. "Was... Was hast du H*rensohn mit meiner Tochter gemacht?" knurrte Caspian schließlich neben mir - da wusste ich das es keine Einbildung war. Amy lebte. Sie stand genau da, zwischen diesen Arschlöchern.
"Ohja,... Entschuldige. Ich hatte fast vergessen wessen Tochter ich verschleppt habe. Der große Caspian Macciare, einst ein gefürchteter Mann. Sohn des Teufels, so hat man dich genannt, oder? Es ist nicht persönliches, glaub mir... Unter anderem Umständen hätte ich dich sogar gerne kennengelernt und mit dir Geschäfte gemacht. Aber dein Schwiegersohn in Spe, naja..." gab Otis zurück. "War es für euch nicht seltsam das ihr am Strand damals ausgerechnet in der Nähe einer Cocktail Lounge wart? Es war ein leichtes für mich dafür zu sorgen das Aurelio ein starkes Halluzinogen erhält. Angereichert in einem seiner Drinks, sorglos herunter gespült während er das perfekte Leben genoss das er hier hatte? Es heißt dieses Halluzinogen wirkt schleichend. Perfekt für den Moment. Ich musste nur warten... Zu allem Überfluss war Olga, meine liebste und hörigste Frau, Amy äußerlich sehr ähnlich. Ich hatte dafür gesorgt das sie dasselbe trug wie die kleine Schlampe, die Aurelio's Kopf vernebelt hatte..."
Otis ging zu den Männern und zu Amy. Die Männer machten Platz, Amy blieb an Ort und Stelle. Sie hatte Angst.
"Nachdem Unfall wurde Amy aus dem Wagen geschleudert. Eine kleine Sabotage an ihrem Gurt hatte ausgereicht. Aurelio war lange genug weg getreten, das ich die Frauen austauschen konnte. Und glaub mir, Olga's theatralisches Geheule war echt als man ihr den Kopf zu Brei schlug. Am Ende sah es so aus, als wäre die bemitleidenswerte Frau Amy gewesen. Es war so leicht... Und ihr alle habt es geglaubt. Nicht einmal Aurelio ist etwas aufgefallen." sponn Otis weiter. "Alles was ich dann noch tun musste war Amy einzusammeln und weg zu bringen. Wir behielten sie die ganze Zeit hier in der Lotus Lounge während ihr alle verzweifelt und daran zugrunde gegangen seid jemanden zu betrauern der eigentlich gar nicht tot war. Alles nur, um Aurelio aus der Reserve zu locken. Ich wusste er würde alles und jeden umbringen, also zielte ich darauf ab ihm durch dritte Namen und Adressen zukommen zu lassen von Leuten, die schon lange meine Feinde waren. Ihn glauben zu lassen diese hätten mit dem vermeintlichen Tod seiner geliebten Amy zutun... Die perfekte Tötungsmaschine. Gebrochen, rasend vor Wut und Hass. Zu allem bereit."
Otis legte eine Hand in Amy's Nacken. Er wusste dass er das einzigste hatte, das noch an meinen Verstand appellierte, das uns ruhig hielt... Doch ich hatte genug. Ich hatte gelitten, getrauert, mir selbst die Schuld gegeben - wollte sogar nichts mehr als zu sterben. Jetzt zu wissen das sie noch lebte und die ganze Zeit gefangen gehalten worden war, ließ meine Wut noch einmal deutlich steigen. Ich hörte nicht mehr auf das was Caspian oder Chris riefen - letzterer war mittlerweile auf den Knien und weinte - ich tat einfach was ich ohnehin tun musste - und wollte.
Die Männer rundum Otis konnten mich nicht aufhalten. Ich spürte, wie sich ein Messer in mich bohrte, machte aber einfach weiter. Mit dem Sohn des Teufels im Nacken, der langsam aus seiner Starre erwachte und ebenfalls angriff war ich unaufhaltsam. Otis Schergen waren chancenlos.
In letzter Sekunde versuchte Otis noch Amy zu bedrohen, sie zu verletzen. Aber es war zu spät. Er war zu spät. Ich griff ihn an, zog ihn von ihr fort und stieß ihn mit voller Wucht auf den Boden. Alles was ich bei mir trug würde mir nie die Genugtuung geben, das wusste ich... Also griff ich das erst beste was meinen Blick kreuzte während Otis versuchte weg zu kriechen. Er kam nicht weit. Ich schlug einen Barhocker in seine Einzelteile, griff anschließend nach einem Stuhlbein und widmete mich wieder ganz Otis. Er würde sterben, hier und heute. "Wenn du das machst, wirst du in der Hölle schmoren! Wir beide, wir sind zu größerem bestimmt!" schrie er, doch ich antwortete nicht. Stattdessen schlug ich auf ihn ein, traf ihn überall aber hauptsächlich im Gesicht. Ich schlug voller Wucht, voller Hass - immer und immer wieder - bis er sich nicht mehr regte. Das Holz splitterte bereits als ich mit Schwung noch einmal ansetzte und es ihm direkt in den Kopf rammte.
†
Ich hörte nichts mehr als das dumpfe, heftige Schlagen meines Herzens. Der Feind war besiegt und ich wusste das Caspian und Chris sich um die restlichen Männer kümmern würden, also ging ich vor Otis Leiche auf die Knie und atmete hektisch aus.
Die ganze Zeit über hatte ich mit Zweifeln zu kämpfen gehabt, war verloren. Etwas in mir war unwiderruflich mit Amy gestorben, doch konnte es wieder erblühen?
"Aurelio! Wir müssen weg, na los!" rief Chris, doch ich schüttelte den Kopf. Es war noch nicht vollbracht. "Geht. Ich komme später nach... Ich muss... Ich muss das hier zu Ende bringen." gab ich leise zurück.
Diesmal war ich der Feuerteufel und ich würde nicht eher gehen, bis alles was diesen dreckigen Laden ausmachte, bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Niemand sollte mehr daran erinnert werden, daß es einst einen Club gab, der so viel Schmerz und Leid über die Menschen brachte.
†
Ich war dabei die Frauen aus ihren misslichen Lagen zu befreien und aus dem Club zu jagen, als ich anfing ein Feuer zu legen. Umgeben von Flammen stand ich da, betrachtete wie es sich ausbreitete. Rauch stieg in meine Lungen, brachte mich zum Husten und trotzdem bewegte ich mich keinen centimeter. Denn mit einer Sache hatte Otis recht gehabt... Das was er mir entlockte war das pure Böse. Ich war nicht mehr derselbe Mensch, der ich vor einer Weile noch war. Auf dem Rachefeldzug hatte ich mehr verloren, als mir vorher bewusst gewesen war...
Ich stand eindeutig unter Schock. All das erlebte hatte mich starr werden lassen. Ich hatte die ganze Zeit über nur funktioniert, weil ich es musste - weil es etwas gab, das mich antrieb. Jetzt war ich es, der Hilfe brauchte... Und wie auf ein Stichwort spürte ich Arme die sich um mich legten und mich fort zogen - raus aus dem Feuer. Ich wehrte mich nicht, sah keinen Grund dazu.
Draußen bekam ich das erste Mal wieder richtig Luft. Ich schaffte es sogar, meinen Retter anzusehen - Caspian. Auch er hustete wie verrückt, wusste genauso wie ich das wir einer Rauch Vergiftung nur knapp entkommen waren - trotzdem lächelte er. "Da ist er... Der Phönix der aus der Asche empor steigt." murrte er. "Na los, komm. Ich glaube es gibt jemanden den du dringend sehen solltest."
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