Wir hatten alles arrangiert. Alles war bereit.

Das Mädchen das wir ausgesucht hatten schien sich nichts daraus zu machen das wir sie für unsere Zwecke nutzten - was allein an dem dicken Bündel Scheine lag, die Caspian ihr entgegen hielt. Er sagte ihr, das wir einen Freund überraschen wollten und sie blies ihren Kaugummi zu einer gewaltigen Blase auf, der kurz darauf platzte. Es war ihr egal.

Es war mir nicht recht, aber ich blieb dicht bei Caspian. Chris war etwas weiter vorgedrungen - in Griffnähe wie er sagte. Die rothaarige Nutte war auf ihrem Posten. Alles war bereit. Ich war bereit.

†

Wie erwartet joggte Otis' Gorilla gerade um die Ecke. Er erblickte die Rothaarige, legte einen schlendernden Gang ein und grinste hämisch als er sich ihr näherte. Sie erwiderte es. "Na Baby... Du siehst aus als könntest du etwas Entspannung vertragen." murrte sie und kam ihm etwas entgegen. Als ihre Hand seinen Brustkorb berührte schlug er sie grob weg, sah sich noch einmal in der Gasse um und drängte die Frau gegen die Hauswand, mit dem Gesicht direkt zur Fassade. Jeder von uns wusste was er vor hatte... Es war unsere Chance. Noch bevor er seine Hose runter schieben konnte stand Chris dicht hinter ihm. Ich sah keinen Grund mehr mich zurück zu halten und gesellte mich wenig später zu ihm. "Hey... ARSCHLOCH." knurrte ich. "Dreh dich um."

Er tat es. Er drehte sich gerade halb zu uns um, lies die Frau los - die sich bereits aus der Enge der Situation zurück zog - und sah mich an. In diesem Moment wusste er das sein letztes Stündlein geschlagen hatte. Der Lauf meines Messer schlug hart an seiner Schläfe ein.

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Nachdem Chris und ich den bewusstlosen Bastard in den Transporter verfrachtet hatten und los fuhren legte sich eine unheilvolle Stille im Innenraum nieder. Caspian fuhr uns mit seinem Wagen hinterher. Die gefühlt endlos lange Fahrt nahm rund 30 Minuten ein jähes Ende als wir zu unserem Zielort gelangten : eine verlassene Fabrikhalle, früher dazu genutzt um Autos zu reparieren. Überall fand man verrostete, zurück gelassene Schraubenschlüssel und anderes Werkzeug.

Wie Caspian folgte ich dem strikten Plan und lief in die Halle um dort alles vorzubereiten für unseren Gast. Handschellen, Knebel und andere Utensilien waren bereits auf einem kleinen Tisch direkt neben dem Stuhl zum liegen gekommen - direkt neben Bohrmaschine, Zange und anderen Dingen.

Ich hatte keinen Fetisch was das hier anging. Der Gedanke einem Menschen größtmöglichen Schaden zuzufügen, nur um meiner Sache einen Schritt näher zu kommen missfiel mir, aber ein kurzer Gedanke an Amy reichte um all das zu rechtfertigen. Otis' Gorilla würde diese Halle nicht lebend verlassen, dafür sorgte ich.

Chris schleppte den noch immer bewusstlosen Bastard herein und gemeinsam brachten wir ihn in Position. Die Handschellen klickten und im selben Moment kam er zu sich. Er brauchte einen kurzen Moment um klare Sicht zu erhalten und die Lage zu begreifen, in der er sich befand - aber dann...

"Oh, wie nett." murmelte er. "Ist das alles für mich?"

Caspian's Ausdruck wurde härter. Er war kurz davor dem Typen sämtlichen Lebenswillen zu entziehen. Es lag an mir, die Kontrolle zu übernehmen. "Geh zu Chris." knurrte ich. "Caspian? Na los."

Eher widerwillig tat er was ich sagte. Chris saß bereits auf einem Hocker etwas weiter hinter mir, hatte einen Blick auf das ganze Szenario... Und nun nahm direkt neben ihm Caspian seinen Platz ein.

"Okay... Lass uns reden." sagte ich zu unserem Gast gewandt. "Ich glaube wir haben eine Menge zu besprechen."

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Wie zu erwarten war er wenig daran interessiert mir irgendwas zu verraten. Er hielt dicht, war Otis gegenüber mehr als loyal. Selbst als ich mein Messer hervor zog zuckte er nicht einmal mit der Wimper - bis zu dem Moment als ich es ihm in den Oberschenkel rammte. Sein kirschroter Kopf erzählte eine andere Geschichte als der Rest von ihm - trotzdem schwieg er. Ich entschied einen Gang zuzulegen, griff nach der Bohrmaschine und schaltete diese an - eine Drohung. "Beantworte meine Frage." zischte ich. "Wieso sie? Wieso habt ihr mich nicht direkt angegriffen? Es ging Otis doch nur um mich."

Trotz all der Schmerzen die er haben musste fing er an zu lachen. Er verspottete mich. Ich hörte Caspian's knurren und Chris' Appell an ihn, sich zurückzuhalten.

"Wieso? Weil du Otis gehörst. Weil du ihm eine Menge Geld eingebracht hast. Dein Kopf war vergiftet mit dieser kleinen Schlampe. Das mussten wir bereinigen... Damit du wieder zum wesentlichen zurück kehren kannst."

Im selben Moment als er seinen Monolog beendete, stieß ich die Bohrmaschine in seinen Schritt. Ich sah ihm direkt ins Gesicht, erkannte aber hinter ihm etwas anderes. Amy. Sie stand da, in der selben Kleidung, die sie am Tag ihres Todes trug. Ich kniff die Augen zusammen, doch sie war immer noch da als ich sie wieder öffnete. Ich wollte nicht, daß sie das hier mit ansah. Geräusche und Stimmen um mich herum nahm ich überhaupt nicht mehr wahr, bis schließlich eine Hand auf meiner Schulter mich ins hier und jetzt zurück holte.

Schließlich erfolgte ein Schuss - der direkt zwischen den Augen des Gorillas einschlug. Blut spritzte und verteilte sich auf meinen Armen und Händen, sogar ein wenig auf meinem Gesicht. Es dauerte bis ich realisierte, was geschehen war. "... WAS.... WAS ZUM TEUFEL!" schrie ich und warf die Bohrmaschine zur Seite. "Bist du bescheuert?"

Meine Worte waren einzig und allein an Caspian gerichtet der seelenruhig seine Waffe wegpackte. Er hatte unsere Chance vertan mehr zu erfahren. "Chris... Entsorg das hier und kümmere dich um den Tracker. Ich nehme Aurelio mit nach draußen." murmelte er und zog mich mit sich.

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Vor der Halle entbrannte meine Wut vollständig. Ich ging auf ihn los, schlug nach ihm, doch er wich aus. Das ganze ging ein paar mal hin und her, bis er schließlich mit einem gezielten Schlag dafür sorgte das ich zu Boden ging. "Du fragst mich, ob ich bescheuert bin? Bist Du es denn? Hast Du nicht gehört was er gesagt hat? Dann wiederhole ich es nochmal für Dich, Spatzenhirn! Otis' Männer sind alle mit einem GPS Tracker ausgestattet! Er überwacht jeden Schritt! Das einzige was wir also tun können ist die Leiche zu entsorgen und den Tracker an uns zu nehmen. Eine Finte zu legen! Und weißt du auch wieso? Wenn Gorilla 1 nicht zu Papa zurück kehrt, wird jemand los geschickt um das zu bereinigen. Es ist also eine Chance, die ich ergriffen habe!" schrie er und stemmte seine Hände in die Hüften. Der metallische Geschmack in meinem Mund brachte mich fast zum würgen. "Was ist los mit dir verdammt?"

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Auf dem Rückweg war es still in Caspian's Wagen. Chris bewegte sich durch die Straßen, konzentriert und fokussiert. Er hatte den Leichnam samt Transporter in ein feuriges Meer wild züngelnder Flammen verwandelt, unsere Spuren verwischt. Wo er - oder Caspian - den Tracker aufbewahrten, wusste ich nicht.

"Warte hier." erklärte Caspian an Chris gerichtet und stieg schließlich mit mir aus, um mich in die Wohnung zu begleiten. Ich hatte kein Interesse an einer erneuten Predigt, ganz besonders nicht nachdem was ich gesehen hatte. Ich war noch immer durch den Wind das ich Amy ausgerechnet dann gesehen hatte, als ich es am wenigsten gebrauchen konnte. Still folgte er mir, bis ich die Wohnungstür öffnete. Er blieb auf Abstand, beobachtete wie ich mich bewegte, bis ich schließlich erschöpft auf dem Sofa Platz nahm. "Erklärst du mir jetzt, was in Gottes Namen da vorhin passiert ist? Du warst weg getreten und in Anbetracht dessen was wir tun ist das ein Todesurteil. Wenn du also nicht voll bei der Sache bist, dann..."

"Ich hab sie gesehen." unterbrach ich ihn. "Nicht zum ersten Mal, aber in dieser Situation war es... Anders."

Eine Weile lang war es still bis auf die Schritte von Caspian. Er nahm direkt neben mir Platz und atmete hörbar aus. "Erzähl es mir." bat er. Ich wusste nicht ob es ein Test war, ob er gleich in schallendes Gelächter ausbrechen oder mich für absolut verrückt halten würde, aber ich tat - bis auf das auslassen einiger Details, die ihn nichts angingen, worum er mich bat. Er hörte zu ohne zu urteilen und aus mir sprudelte alles heraus was ich in diesem Moment fühlte und dachte. "... Seitdem sehe ich sie. Manchmal. Ich weiß nicht wieso. Aber ich weiß das du mich für absolut krank halten musst." flüsterte ich. Caspian beugte sich nach vorne, legte seine Ellbogen auf den Oberschenkeln ab und rieb sich mit den Händen durchs Gesicht.
Im Augenwinkel konnte ich etwas sehen, womit ich nicht gerechnet hatte : Tränen. Er weinte stumm neben mir.

Ich war egoistisch zu denken nur ich hätte etwas verloren. Ich wusste zwar tief in meinem inneren das dieser Schmerz über Amy's Verlust mehrere Menschen betraf, aber am Ende hatte ich nur meinen eigenen gesehen. Das war falsch... So, so falsch.

"Ich vermisse sie. Ich vermisse mein kleines Mädchen und es ist schwer." begann Caspian schließlich... "Stella, Maxine... Sie beide leiden zu sehen macht mich unglaublich traurig. Ich habe versagt als ich sagte ich würde sie vor allem beschützen. Diese Schuld werde ich nie wieder los, aber... Sie hat auch ein gutes. Sie schürt meinen Hass. Sie gibt mir Antrieb. Genau wie dir. Deshalb ist das was wir tun wichtig, auch wenn es sie nicht zurück bringt... Du liebst Amy und ich glaube zu wissen das du damit nie aufhören wirst. Nicht nach allem was ihr durch gemacht habt... Deshalb frage ich dich jetzt nochmal, ob du dir ganz sicher bist das du das durchziehen kannst und willst. Ob du das schaffst... Ich verstehe wenn du es nicht kannst und wir werden dir einen Spezialisten suchen um das Trauma zu bewältigen, das verspreche ich."

Ich hatte die Wahl. Aufgeben und all die Drecksarbeit aber auch die Genugtuung über Otis bevorstehenden Tod Chris und Caspian zu überlassen, oder trotz allem weiter zu machen und Otis zu vernichten... Die Wahl fiel mir leichter, als alles andere.

"Ich stehe zu meinem Wort. Otis gehört mir. Ich werde ihn töten." gab ich überzeugend zurück. Weniger überzeugend jedoch war das, was ich als nächstes sagte. "Wenn alles vorbei ist werde ich mir Hilfe suchen."

Niemand wusste - nicht einmal ich - ob es ein danach geben würde.