6:00
stand an der kleinen Uhr neben meinem Bett. Obwohl ich innerlich so müde war konnte ich einfach nicht schlafen. Ich kann nicht aufhören an meine Eltern und Freunde zu denken. Was machen sie wohl grade? Vermissen sie mich? Ist ihnen überhaupt aufgefallen, dass ich fehle?
Ich habe keine Ahnung, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr war ich davon überzeugt, dass es ihnen allen scheiß egal ist. Ich weiß selber nicht, was mich aufeinmal zu dieser Meinung brachte. Ich glaube ich denke grade einfach zu viel nach.
Manchmal ist es einfach angenehmer ohne nachzudenken durchs Leben zu gehen.
Blind vor der Realität.
Aufeinmal klopfte es kurz an meiner Tür, bevor sie mit einem lauten quietschen aufgerissen wurde.
»Guten Morgen, Aurelia. Ich hoffe Sie haben gut geschlafen. Der Vorfall gestern tut mir leid. Liam ist einfach ein wenig... Abenteuerlustig.« sprach Dr. Woods, während er fröhlich in das Zimmer lief.
Seine braunen Haare standen in alle Richtungen ab, als würde er grade von einer langen Fahrt wiederkommen.
»Wie geht es dir?« fragte er mich, bevor er sich, wie schon so viele zuvor, in den Sessel neben meinem Bett fallen ließ.
»Okay.« sagte ich und bei meinen Worten hob er seinen Blick und schaute mir direkt in die Augen.
»Hör zu. Es war alles nicht so geplant. Wir wollten dich nicht einfach so aus deinem Leben herausziehen, aber wir konnten nicht länger warten.« sagte er und umgriff mit seinen Händen meine Hand.
»Hier bist du sicher.« sagte er und schaute mich genauer an.
»Die Wunde an deinem Kopf ist komplett verheilt. Thea hat wieder hervorragende Arbeit geleistet.«
»Das war Thea?« fragte ich ihn und er nickte.
»Sonst wäre die Wunde noch Wochen zu sehen.« sagte er schlicht und erhob sich wieder.
»Thea kann heilen, Damian kann einfach verschwinden und Liam kann sich hin und her teleportieren. Was mache ich hier?« fragte ich Dr. Woods und er drehte sich zu mir.
»Vergiss nie, dass du etwas ganz besonderes bist.« sagte er und verließ den Raum.
Ich lag noch ein wenig herum, doch ich konnte nicht nochmal einschlafen und hatte auch keine Lust meine Zeit so zu verschwenden, weshalb ich einfach aufstand, mich kurz ein wenig frisch machte, und das Zimmer verließ. Auf dem Gang war kein Mensch unterwegs, weshalb ich einfach Barfuß und noch in meinen Schlafklamotten durch den Flur schlich. Ich verließ die Krankenstation und kam in die Haupthalle, doch auch hier war keine Menschenseele zu sehen. Wahrscheinlich schliefen alle noch.
Als ich Richtung Garten ging hörte ich aufeinmal lautes atmen und regelmäßige dumpfe Geräusche. Die Laute brachten mich zum Trainingsraum, vor dem ich leise stehen blieb.
Drinnen stand Liam, welcher ohne Shirt und mit dem Rücken zu mir gekehrt auf einen Boxsack einprügelte. Ich lehnte mich an den Türrahmen und schaute ihm einige Sekunden fasziniert zu.
»Denkst du wirklich, dass ich dich nicht bemerkt habe, Aurelia?« fragte er mich aufeinmal und ich erschreckte mich so sehr vor dem Klang seiner Stimme, dass ich meinen Ellenbogen voll gegen den Türrahmen stieß.
Ich fluchte leise auf und er drehte sich amüsiert um.
»Dafür braucht man nichtmal besondere Fähigkeiten.«sagte er und schaute an mir hinunter.
Ich gebe es nicht gerne zu, aber ich habe mich bei dem Blick auf seinen Oberkörper erwischt, weshalb ich mich am liebsten Ohrfeigen würde.
'Jungs sind Arschlöcher' dachte ich mir immer wieder, bevor ich in sein Gesicht schaute, mit dem er mich wissend angrinste.
»Willst du mitmachen? Ein Schlafanzug ist zwar nicht das beste Outfit dafür, aber ich nehme an du hast dir dabei etwas gedacht.« sagte er und warf mir ein Paar Boxhandschuhe zu.
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.« sagte ich nur leise, doch sein bohrender Blick ließ mich näher treten.
»Wieso bist du so früh wach?« fragte ich ihn, während ich mir die Handschuhe anzog.
»Keine Ahnung. Ich konnte einfach nichtmehr schlafen. Warum bist du so früh wach?« stellte er mir die Gegenfrage und ich zuckte nur mit den Schultern.
»Ich auch nicht. Aber ich bin gestern auch nicht fast gestorben.«sagte ich und er schien kurz nachzudenken, bevor er meine Aussage einfach ignorierte.
»Nutz den Boxsack einfach, um alles was sich in dir angestaut hat rauszulassen.« sagte er und stellte sich neben mich, bevor ich einmal dagegen schlug. Neben ihm sahen meine Schläge wahrscheinlich ziemlich lächerlich aus, aber es brachte wirklich, dass mein Kopf wenigstens ein bisschen freier wurde.
Er stellte sich hinter mich und umschloss meine beiden Unterarme mit seinen Händen. Er zog sie näher an meinen Körper, sodass meine Ellenbogen fast meine Seiten berührten.
»Die Ellenbogen schützen deine Rippen.« flüsterte er an meinem Ohr und mir lief ein Schauer über den Rücken.
Aufeinmal spürte ich die Spitze seines Schuhs, welche sich leicht zwischen meine Füße schob und somit meine Beine außeinander drückte.
»Wenn die Beine außeinander stehen steht man stabiler.« flüsterte er weiter und meine Augen weiteten sich bei dem Gedanken daran, was wir hier grade tun.
»Liam!« ertönte genau im Richtigen Moment Thea's Stimme kurz vor dem Trainigsraum, sodass ich schnell von ihm wegrückte.
»Liam?! Warum liegst du den nicht im Bett? Aurelia?... Was macht ihr hier?« fragte sie uns und schaute uns nacheinander verwirrt an.
»Wir trainieren nur.« sagte Liam locker und grinste mich an. Ich spürte, wie mir die Farbe ins Gesicht stieg und schaute schnell zur Seite.
»Wie auch immer. Liam, du solltest dich wirklich ausruhen. Ich will Frühstück machen, habt ihr auch Hunger?« fragte Thea und schaute fragend zu mir. Ich dachte kurz nach, aber ich würde niemals nein zu essen sagen, weshalb ich nickte und auch Liam bejahte, weshalb wir uns alle auf den Weg in die Küche machten.
Thea schaute mich zwar fragend an, aber ich ignorierte ihren Blick so gut wie möglich. Er hat mir nur gezeigt wie man boxt. Das war's. Ich sollte nicht darüber nachdenken.
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