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III

Dies war kein Traum, es war die reinste Folter und Vespasian hatte es so satt, für irgendeine gelangweilte Gottheit als Spielfigur zu dienen. Doch auch wenn er sich immer wieder ins Gedächtnis rief, dass dies nicht real war und Aurelia ihn niemals heiraten würde, weil sie mit Gaius verlobt war, fühlten sich die Szenen seines Traumes zu echt an. Ob ihre Zukunft wirklich so grausam ausgesehen hätte oder war dies einfach nur ein schlechter Scherz der Götter, um ihn zu quälen, weil er sich etwas gewünscht hatte, das ihm nie gehören sollte?
Im Grunde spielten diese Gedanken keine Rolle und Vespasian war es leid darüber nachzudenken. Aber dies war seine einzige Möglichkeit den Bildern zu entkommen, die er anschauen musste. Denn es war unwichtig, dass er schon längst genug hatte. Er hatte es so satt Aurelia traurig zu sehen.
Es war leichter darüber nachzudenken, als sich den Kopf zu zerbrechen, warum sein böser Zwilling erst seine Frau verführte, nur um sie dann wieder zur Einsamkeit zu verdammen.
„Ich habe eine Frau für dich gefunden, mein Lieber", ertönte eine Stimme in ihrer üblich forschen Art und unterbrach seine Gedanken.
„Ich brauche deine Hilfe nicht, Großmutter!", entgegnete eine andere Stimme und Vespasian wagte die Augen wieder zu öffnen. Dieses Mal stand er in einem tablinum, das er noch nie betreten hatte. Es war auch mit Abstand das edelste Arbeitszimmer, das er jemals gesehen hatte. Jedes kleinste Detail war stimmig, gepflegt und zeugte von großem Geschmack. Die Möbel, die Wandteppiche, der Fußboden - dies war das Zimmer eines großen Mannes und an dem herrlichen Schreibtisch saß niemand anderes als sein Freund Gaius, der gerade ein Dokument beiseitelegte und seine Großmutter Antonia gereizt in die Augen sah.
„Ach bitte, trauerst du etwa immer noch diesem Mädchen hinterher!", scherzte die große Dame und ignorierte gekonnt, wie sich ihr Enkel versteifte. Stattdessen fuhr sie ungerührt fort: „Du bist das Oberhaupt dieses Reiches und unserer Familie. Es ist deine Pflicht einen legitimen Erben mit einer ehrbaren Frau aus einer der angesehensten Familie zu zeugen! Lollia Paulina ist die perfekte Ehefrau für dich."
Einen Moment schaute Gaius seine Großmutter einfach nur an, dann brach er in schallendes Gelächter aus. Sobald er sich halbwegs beruhigt hatte, schüttelte er grinsend den Kopf, ergriff wieder sein Dokument und las weiter, als wäre er allein. Unbehaglich verlagerte Vespasian das Gewicht von einem Bein auf das andere, nur um daran erinnert zu werden, dass er keinen Körper hatte.
Nach einer Weile räusperte sich Antonia und Gaius hob mit abwesendem Blick den Kopf. Jede Faser seines Körpers machte deutlich, dass er sich wichtigeren Angelegenheiten zu widmen hatte und seine Großmutter ihn davon abhielt.
„Sie ist mit Publius Memmius Regulus verheiratet. Ich werde nicht meinen wichtigsten Mann im Osten verärgern, indem ich seine Frau für mich fordere", meinte Gaius in einem Ton, der verdeutlichte, dass das Gespräch nun beendet ist.
„Sie ist geschieden von Publius Memmius Regulus", verbesserte Antonia gönnerhaft. „Ich habe schon nach ihr schicken lassen und in deinem Namen die Verlobung bekannt gegeben. Ihr werdet noch diese Woche heiraten."
Genervt verdrehte Gaius die Augen und antwortete gereizt, aber bestimmt: „Nein. Denn als ich das letzte Mal vor einem Monat von Memmius gehört habe, waren sie noch verheiratet und nach römischem Recht muss auch eine geschiedene Frau ein Jahr warten, bevor sie eine neue Ehe eingehen kann."
Freudlos lachte Antonia auf und sagte nur, dass der große Augustus auch kein Jahr auf Livia gewartet hatte.
„Du kannst mich zu dieser Ehe weder drängen noch zwingen", meinte Gaius gelassen und vertiefte sich wieder in sein Dokument. Bedrohlich langsam ging Antonia um den Schreibtisch, bis sie hinter ihrem Enkel stand. Dann lehnte sie sich vor, legte eine Hand auf seiner Stuhllehne ab und flüsterte ihm ins Ohr: „Memmius hat dir seine wunderschöne Frau als Zeichen der Treue geschickt. Wenn du sie abweist, wird er den Osten gegen dich aufhetzten und wenn du die Kontrolle über den Osten verlierst, mein Lieber, dann wirst du auch die Kontrolle über Rom verlieren. Ich kann und ich werde dich zu dieser Ehe zwingen oder du wirst alles verlieren, wofür du die letzten Jahre so leidvoll gekämpft hast. Ist deine kleine Schönheit das wirklich wert?"
Gaius' Mund öffnete sich für eine Erwiderung, vielleicht auch nur ein frustriertes Seufzen, doch Vespasian würde es nie zu hören bekommen. Denn in diesem Augenblick änderte sich die Szene und er sah sich selbst in seinem tristen, kleinen Atrium auf Aurelia zugehen und ihr die freudige Nachricht überbringen, dass der Princeps bald heiraten würde. Ihr hübsches Gesicht war wie eine Totenmaske. Undurchdringlich, unbewegt, tot. Doch als sie sich von seinem Doppelgänger abwandte und sich ohne Hast in ihr Gemach zurückgezogen hatte, brach sie auf ihrem Bett zusammen und weinte die ganze Nacht, die sein Alter Ego bei Caenis verbrachte.
Ob Gaius' Hochzeit schon stattgefunden hatte, als Vespasian zu sich kam, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Denn irgendwie hatte er erwartet, dass er diese Feierlichkeiten als Nächstes sehen würde. Doch offensichtlich hatte diese grausame Magie, die seine Träume kontrollierte, andere Pläne für ihn.
Er stand in dem schönsten und geschmackvollste Triclinium, das er jemals gesehen hatte. Selbst Antonias Räumlichkeiten verloren im Vergleich hierzu ihren Glanz. Ohne Zweifel befand er sich im Triclinium des großen Augustus, welches nicht einmal Tiberius zu verändern gewagt hatte.
Ein Festessen war in vollem Gange und als Vespasian hastig auf den Platz des Gastgebers blickte, lag dort tatsächlich sein Freund Gaius und an seiner Seite war eine zierliche Frau, deren Schönheit beinahe an Aurelias herankam. Ihr Haar war schwarz wie die Nacht, ihr Gesicht liebreizend, die Lippen voll und die Augen so groß und treuherzig, als ob sie keiner Fliege etwas zu Leide tun könnte. Aber sie war nicht seine Braut und ganz sicher war sie auch nicht die Verlobte seines Freundes, so besitzergreifend liebevoll wie sie ihn anblickte, hatte sie die Hochzeitsnacht schon hinter sich. Zumindest wollte sie ganz Rom vorgaukeln, dass sie vor Liebe für diesen Mann brannte. Aber Vespasian hatte zu viele Frauen gesehen, die ihre Männer auf diese Art und Weise anschauten und mittlerweile wusste er, dass diese Frauen sehr unglücklich waren. Wenn er so recht nachdachte, gab es nur zwei Arten von unglücklichen Ehefrauen: die einen versuchten krampfhaft den Schein von Glück zu wahren, während die anderen für jeden sichtbar in ihrem Elend langsam ertranken. In diesem Traum gehörte Aurelia zur letzten Sorte. Sie zu finden war nicht schwer. Dafür musste er einfach nur Gaius' Blick folgen und dort lag sie neben seinem Doppelgänger. Sie wirkte so fehl am Platz und jede Faser ihres Körpers strahlte eine solche Traurigkeit aus, dass Vespasian am liebsten seinen Klon beiseite geschoben und sie fest in den Arm genommen hätte.
Aber dann tat sie etwas, was sie in diesem Traum noch nie gewagt hatte. Sie hob den Kopf und erwiderte Gaius' Blick mit der gleichen, alles verzehrenden Sehnsucht, welche er die ganze Zeit in den Augen seines Freundes gelesen hatte. Für einen Herzschlag war sich Vespasian sicher, dass sie in Tränen ausbrechen oder den Blick von ihrem Princeps abwenden würde. Aber sie waren auf eine solch intime Weise so in dem Anblick des anderen versunken, dass er bald wegschauen musste. Unbehaglich schaute er sich in dem Raum um. Zuerst sah er das Desinteresse seines Doppelgängers, welches ihn wütend machte. Was für ein Mann interessierte es nicht, dass sich seine Frau nach einem anderen verzehrte? Der Idiot bemerkte es noch nicht einmal!
Aber dafür gab es genügend weitere Gäste, die unverhohlen und mit wachsendem Interesse das leidende Paar betrachtete. Natürlich entging Gaius' zierlichen Ehefrau nicht, dass ihr Mann seine Augen nicht von einer anderen abwenden konnte. Zuerst huschte Erkenntnis über ihr Gesicht, dann Eifersucht. Macro und Ennia beobachteten dies kleine Szene neugierig, während Gaius' Schwester Drusilla voller Sorge und Kummer ihren Bruder anschaute. Ein Gesicht stach noch besonders aus der Masse hervor: Seine Patronin Antonia wirkte vor allem genervt, auch wenn sie ihre Gereiztheit und ihre Unzufriedenheit zu verstecken versuchte.
Bevor er die Reaktion anderer Gäste wahrnehmen konnte, verschwamm die Szene vor seinen Augen und wich einem neuen Bild. Überrascht musterte er die junge Frau, die aus einer Sänfte stieg und dann zielstrebig auf eine Villa zusteuerte, die ihre besten Tage schon hinter sich hatte. Sofort wusste Vespasian, dass es sich um sein Haus handeln musste. Denn obwohl es im Vergleich zu den umstehenden Villen beinahe schäbig und alt erschien, war dies genau die Art von Immobilie, die er sich kaufen würde, weil sie seinem Budget am ehesten entsprach.
Obwohl die Nachbarschaft gut war, wirkte die junge Adlige vollkommen fehl am Platz. Ihre Kleidung war zu teuer, ihr Schmuck zu kostbar und ihr dunkelbrauner Schopf mit dem rötlichen Schimmer zu perfekt frisiert. Als sie energisch den Klopfer betätigte, bekam Vespasian zum ersten Mal in seinem Leben die Gelegenheit Julia Drusilla aus der Nähe zu betrachten. Irgendwie irritierte ihn dieser Umstand mehr als die Tatsache, dass sie vor seinem ranzigen Haus stand und um Einlass bat. Wie war es möglich, dass er ihr auf unzähligen Veranstaltungen begegnet war und er sie immer nur aus der Ferne betrachtet hatte? Wieso waren ihm die kleinen Sommersprossen auf ihrer Nasenspitze noch nie aufgefallen? Dieser winzige Makel machte ihr Gesicht perfekt und Vespasian ertappte sich bei dem Gedanken, dass die Schwester seines Freundes wirklich sehr hübsch war. Ihm gefielen die dunklen Locken, die unter ihrem Schleier hervorlugten und ihre sinnlichen Lippen schienen ihm alle Freuden des Lebens zu versprechen. Ihre Augen waren voller Wärme und Klugheit. Julia Drusilla war die Art Frau, die Vespasian schon immer bewundert und begehrt hatte: Denn sie war nicht nur wunderschön, sondern auch sehr intelligent. Ein Gespräch mit ihr würde seine Augen, seinen Geist und sein Herz erfreuen. Aber Drusilla war für ihn im echten Leben sogar noch unerreichbarer als seine reiche Cousine Aurelia und noch verbotener als seine geliebte Caenis. Julier heirateten keine Flavier. Außerdem machten ihm diese Visionen schmerzhaft bewusst, dass er Caenis nicht einmal für die schönste und begehrenswerteste Frau der Welt fallen lassen konnte. So verdrängte er diese Gedanken und konzentrierte sich wieder auf seinen Traum.
Den verdutzt dreinblickenden Türsklaven überrumpelte Drusilla vollkommen, als sie sich wortlos an ihm vorbei ins Innere des Atriums drängte.
„Sag deiner Herrin, dass ihre Freundin Julia Drusilla hier ist und sie unverzüglich sehen möchte!", rief ihm die junge Frau lässig über die Schulter zu. Dann stellte sie sich in die Mitte der Eingangshalle und musterte mit hochgezogenen Augenbrauen den Raum. Ihre Miene sprach Bände. Dies war kein Ort, an dem sie ihre Freundin erwarten würde.
Die Schritte des Sklaven hallten durch die Stadtvilla und verschluckten dann schlagartig. Neugierig schaute Drusilla in die Richtung, in die der Sklave verschwunden war und blickte direkt in den Garten. Dort im Schatten des Laubenganges überbrachte der Sklave gerade ihre Nachricht an seine Herrin und die Panik in Aurelias Gesicht versetzte nicht nur Vespasian einen Stich ins Herz. Denn in diesem Augenblick seufzte Drusilla schwer und obwohl sie sich sicher fest vorgenommen hatte zu warten, eilte die junge Frau zu ihrer Freundin und schloss sie in die Arme. Tränen traten in Aurelias Augen, als sie die stürmische Umarmung sofort erwiderte.
Die magische Kraft teleportierte Vespasian direkt neben die beiden Frauen und so hörte er, wie sich Drusilla leise flüsternd erkundigte, ob es Aurelia gut ging.
„Natürlich geht es mir gut, wie kommst du auf die Idee?", erwiderte Aurelia mit gespielter Fröhlichkeit. Bestimmt löste sich Drusilla von ihr und blickte ihr forschend ins Gesicht.
„Seit deiner Hochzeit hast du keinen einzigen meiner Briefe beantwortet und seit der Hochzeit meines Bruders hast du jede meiner Einladungen ignoriert", meinte Drusilla anklagend. „Wie hätte ich mich da nicht sorgen sollen?"
„Ehrlich gesagt, hatte ich gehofft, dass dir das nicht auffallen würde", gab Aurelia mit einem Seufzen zu, hakte sich bei ihrer Freundin unter und begann mit ihr durch das kleine Peristyl zu spazieren. Drusilla versuchte ihre Ungeduld zu zügeln und ließ Aurelia keine Sekunde aus den Augen. Wenige Augenblicke später fuhr diese ernst fort: „Da du die Einzige bist, die mir überhaupt Briefe schickt oder mich noch zu irgendetwas einlädt, bist du wohl auch meine einzige richtige Freundin in dieser Stadt, Drusilla, und ich möchte dich nicht anlügen."
„Dann tu es nicht", unterbrach Drusilla sie bewegt, hielt Aurelia zurück und zwang sie ihr in die Augen zu sehen. Tief holte sie Luft und sagte: „Im Gegenzug werde ich dir versprechen, dass ich dir ebenfalls nur die Wahrheit sagen werde."
Erleichterung huschte über Aurelias Gesicht und im nächsten Moment umarmte sie ihre Freundin fest. Vespasian fühlte sich wie ein Eindringling vor. Es kam ihm nicht richtig vor diese intime Szene mitanzusehen. Aber er konnte nicht aufhören.
„Ich konnte einfach nicht. Ich konnte dir nicht antworten, weil mir die Worte gefehlt haben und dich besuchen konnte ich auch nicht, weil ich dafür nicht die nötige Kraft habe", wisperte Aurelia in Drusillas Ohr, wobei sie nervös die Sklaven im Blick behielt, die plötzlich an jeder Ecke des Gartens erschienen waren.
„Aber wieso? Bist du krank? Verbietet er dir mit mir befreundet zu sein? Wenn es irgendetwas gibt, das ich für dich tun kann, dann zögere nicht, meine Liebe", raunte Drusilla zurück. Auch ihr war nicht entgangen, dass sie nicht mehr allein waren. Aus Aurelias Kehle drang ein erstickter Laut, mehr ein Schluchzen als ein Lachen.
„Niemand kann mir jetzt noch helfen", hauchte Aurelia und nachdem sie ihre ungeweinten Tränen hinuntergeschluckt hatte, löste sie sich mit einem aufgesetzten Lächeln von ihrer Freundin.
„Ich bin gesund", erwiderte sie mit fester Stimme, hakte sich bei ihrer Freundin unter und zog sie weiter durch den winzigen Garten. Natürlich hatte Drusilla nicht die versteckte Botschaft übersehen, die Aurelia ihr versucht hatte zu übermitteln. Denn sie mochte zwar gesund sein, aber es ging ihr ganz gewiss nicht gut. Wieder hatte Vespasian das Gefühl, dass die Zeit schneller verging. Er sah schon, wie die beiden Frauen sich unterhielten. Doch ihre Worte und Bewegungen rauschten an ihm vorbei, als würde er auf seinem Pferd galoppieren. Als sein böser Zwilling nach Hause kam, kehrte die Szene in ihre natürliche Geschwindigkeit zurück.
„Du hast Besuch", stellte der andere Vespasian unnötigerweise fest, der die Szene mit undurchdringlicher Miene musterte. Sofort sprang Aurelia von ihrem Platz auf und sah ihn ertappt an.
„Ich habe ihr keine andere Wahl gelassen, als mich endlich in dieses hübsche Zuhause einzulassen", flötete Drusilla vergnügt, erhob sich ebenfalls und ging würdevoll auf seinen Klon zu. Freudlos begann Vespasian zu lachen, denn diese ganze Szene war ein einziger Witz. Natürlich war dies kein Zuhause und es war ganz sicher nicht schön! Energisch schlug er sich ins Gesicht, weil er diesen verdammten Traum endlich beenden wollte. Aber weder konnte er sein Lachen hören noch sich selbst körperliche Schmerzen zufügen und erst recht konnte er nicht aufwachen, so sehr er sich auch danach sehnte.
Stattdessen musste er mitansehen, wie der andere Vespasian die Freundin seiner Frau im Rahmen der Freundlichkeit aus seinem Haus bat. Mit gesenktem Kopf begleitete Aurelia die Schwester des Princeps zur Tür. Auf der Schwelle verharrten die Frauen einen Augenblick und schauten einander tief in die Augen. Automatisch ergriff Drusilla Aurelias Hände und drückte sie sanft.
„Ist er glücklich?", wollte Aurelia schließlich leise wissen. Die Worte waren nur ein Raunen, ein leiser Hauch im Winterwind. Forschend blickte Drusilla ihr in das hübsche Gesicht und sofort wurde ihre Miene weich. Denn die junge Frau sah aus, als würde ihr Leben von dieser Frage abhängen. Unmerklich schüttelte die Julierin den Kopf. Augenblicklich ließ Aurelia ihre Freundin los und Vespasian vermochte ihren Gesichtsausdruck nicht zu deuten. Sie wirkte noch gequälter.
Für einen Wimpernschlag sah Drusilla so aus, als hätte sie gern noch etwas gesagt. Aber als sie über die Schulter ihrer Freundin blickte und seinen Doppelgänger erblickte, verabschiedete sie sich und verließ das schäbige Haus.
Das letzte, was Vespasian sah, war die einzelne Träne, die aus Aurelias rechtem Auge schlüpfte und über ihre Wange rollte.

Die nächsten Bilder schossen so schnell auf ihn ein, dass sie vor seinen Geisteraugen zu einer einzigen Masse aus Traurigkeit und Selbsthass verschwammen. Sie litt und weil ihre Betrübtheit mit jedem weiteren Tag ihrer Ehe mit ihm wuchs, trieb es seinen Doppelgänger nur immer häufiger in die Arme seiner Geliebten, um der Freudlosigkeit seines ehelichen Lebens für einige Augenblicke zu entkommen.
Immer wieder versuchte der andere Vespasian ein Gespräch mit seiner Ehefrau zu beginnen. Manchmal bekam er eine Reaktion von ihr, die ihn zum Rasen brachte. In anderen Szenen probierte sein Doppelgänger sie wütend zu machen, nur um einen Funken Gefühl in seiner Frau zu wecken. Selten ließ sie sich auf einen Streit mit ihm ein, sondern nickte einfach nur emotionslos, wenn er ihr wieder etwas vorschrieb. Denn meist blickte sie ihn aus ihren großen, traurigen Augen stumm an, so als wäre für sie nichts mehr von Bedeutung.

Irgendwann ebbte die Flut an Bildern ab und er befand sich in einem wunderschönen, schneebedeckten Garten. Die Sonne ging gerade am Horizont unter und ihre letzten Strahlen brachten den Schnee auf den Dächern zum Funkeln. Neben ihm stand Aurelia mit geschlossenen Augen. Ihr Körper war in einen dicken Umhang gegen die Kälte gehüllt und obwohl ihre Wangen rot waren, machte sie keine Anstalten wieder nach drinnen zu gehen.
Plötzlich knirschte der Schnee hinter ihnen. Erschrocken fuhr Aurelia herum und alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Ihre Augen waren voller Sehnsucht und Traurigkeit. Sein Namen war wie der eines Gottes auf ihren Lippen. Gaius. Vespasians Herz wurde schwer.
Unsicher trat sein Freund zu ihr und lehnte sich gegen eine Marmorsäule des Peristyls.
„Versuchst du auch diesem Albtraum da drinnen zu entkommen?", fragte sein Freund und musterte Aurelia wehmütig. Seiner Stimme fehlte der üblich höfliche Witz. Ein schweres Seufzen entwich ihren Lippen und Gaius' Augen verdunkelten sich vor Verlangen.
„Mittlerweile fürchte ich, dass dieser Albtraum nie enden wird, egal wohin ich auch gehe oder was ich auch tue", erwiderte sie matt und wich seinem forschenden Blick aus. Eingehend musterte Gaius sie von Kopf bis Fuß. Sofort wandelte sich seine Begierde in Sorge. Hastig blickte er sich nach allen Seiten um, dann war er mit einem einzigen Schritt bei ihr, umfasste zärtlich ihre Wangen mit seinen Händen und zwang sie behutsam ihm in die Augen zu schauen. Unter seiner Berührung begann sie am ganzen Körper zu beben.
„Ein Wort von dir genügt und ich werde uns beide aufwecken", versprach sein Freund mit rauer Stimme. Instinktiv lehnte sie sich an ihn und sog seinen Geruch tief in sich ein. Ihr Anblick war so voller Liebe, dass sich Vespasian wie ein Eindringling vorkam. Dieser ganze Traum war ein einziges Chaos. Alles war verdreht und falsch. Aber dieser gestohlene Augenblick zwischen Aurelia und Gaius kam ihm so richtig vor.
Aurelias Lider flatterten, dann rollten erste Tränen über ihre Wangen. Behutsam wischte Gaius sie mit seinem Daumen fort. Wie hypnotisiert blickte Aurelia zu ihm auf. Plötzlich schlang sie ihre Arme um seinen Hals, vergrub ihr Gesicht an seiner Brust und begann zu weinen. Sofort fuhr seine rechte Hand tröstend über ihren Rücken und presste sie eng an seinen Körper. Überrascht riss er die Augen auf und blickte auf sie herab. Aber Vespasian konnte nicht den Grund dafür nicht verstehen.
„Wir können hier nicht bleiben", raunte Gaius besorgt, doch Aurelia murmelte nur etwas, das Vespasian nicht vernehmen konnte. Mit einem Seufzen hob sein Freund sie hoch und trug sie vorsichtig zurück ins Haus. Verzweifelt klammerte sich die Weinende an ihn, seine teure purpurne Tunika schluckte ihr Schluchzen. Widerwillig folgte Vespasian dem Paar. Zu seiner Erleichterung riskierte Gaius keinen Skandal, weil er sie in seine Gemächer brachte, sondern schlüpfte mit ihr durch die erste Tür. Dahinter verbarg sich ein kleines Esszimmer, welches im Moment ungenutzt war. Einen Augenblick zögerte sein Freund und starrte nachdenklich auf die Speiseliegen, dann stellte er Aurelia behutsam wieder auf ihre Füße und zog sie in seine Umarmung.
„Das alles war ein riesiger Fehler", schluchzte sie und als wäre endgültig ein Staudamm in ihr gebrochen, sprudelten die Worte nur so aus ihr heraus. Zu Vespasians Entsetzen erzählte sie seinem Freund alles. Jedes Detail ihrer Ehe. Wie sie in diese Ehe von seiner Familie und ihm gezwungen worden war, wie der andere Vespasian sie mit Caenis betrog, wie er sie im Haus einsperrte, wie ihr Leben nur noch aus Regeln zu bestehen schien und vor allem wie sein böser Zwilling sie verführt hatte, nur um sie dann endgültig für seine Geliebte fallen zu lassen.
Am meisten überraschte ihn nicht, was sie seinem Freund beichtete. Dafür hatte er zu viel von dieser Ehe mitansehen müssen. Nein, er war vollkommen überwältigt von der Tatsache, wie nah Aurelia und Gaius sich standen. Es hatte Wochen gedauert, bis sie begonnen hatte ihm auf Cosa Kleinigkeiten über sich zu erzählen und trotzdem hatte sie ihn nie so in ihr Leben gelassen wie seinen Freund Gaius in diesem Augenblick.
Während sie sprach, verfinsterte sich die Miene des Princeps zunehmend. Manchmal wirkte er abwesend, so als würde er sein Geist schon an einem Plan zu ihrer Rettung arbeiten und wenn Vespasian sich das Paar so ansah, dann tat Gaius vermutlich genau das. Aber nicht, weil Aurelia eine römische Bürgerin war, welche die Hilfe des Princeps brauchte. Dass sie nicht einfach nur gute Freunde waren, konnte jeder sehen. Gaius begehrte sie nicht, er liebte sie und Vespasian ertappte sich bei der Frage, wie weit er wohl bereit sein würde für sie zu gehen.
Als sie mit ihrem Bericht beendet hatte, rückte Gaius ein Stück von ihr ab und wischte ihre Tränen fort. Doch es kamen immer wieder neue. Mit gerunzelter Stirn sah er ihr tief in die Augen und fragte: „Was verschweigst du mir?"
Nervös schluckte Aurelia. Zögerlich strich sie ihm eine verwirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Instinktiv schmiegte er sich an ihre sanfte Berührung. Betrübt hielt sie seinem besorgten Blick stand.
„Ich habe Angst vor deiner Reaktion, wenn ich dir die ganze Wahrheit erzähle", meinte sie und strich mit den Fingerspitzen nachdenklich über seine Wange. „Fühlt es sich für dich nicht auch so an, als hätten wir beide etwas verloren, bevor es überhaupt beginnen konnte? Wenn ich es laut ausspreche, wird es real. Dann gibt es wirklich keinen Weg mehr zu dir zurück."
Sacht zog er sie näher an sich und mit einem Mal waren ihre Lippen einander so nah, dass sich Vespasian sicher war, dass sie sich als Nächstes küssen würden.
„Es gibt immer einen Weg. Wir müssen nur mutig genug sein ihn auch zu gehen", sagte Gaius, lehnte liebevoll seine Stirn gegen ihre und sein Blick wurde so intensiv, als wollte er sich in Aurelias Seele einbrennen. Tief holte sie Luft, dann gab sie mit bebender Stimme zu: „Ich kann ihn nicht verlassen. Nich mehr. Gaius, ich habe aufgehört zu bluten."
Die Reaktion seines Freundes hörte Vespasian nicht mehr. Denn im nächsten Moment stand er im Arbeitszimmer seiner Patronin Antonia. Caenis saß in einer Ecke auf ihrem Schemel, in ihren Händen hielt sie eine Wachstafel und ihren Stilus. Ihre Herrin saß an ihrem Schreibtisch und starrte neugierig in das Gesicht ihres Enkels.
„Sklavin, raus! Ich will mit meiner Großmutter allein sprechen", befahl Gaius kalt, ohne Caenis eines Blickes zu würdigen. Seine ganze Aufmerksamkeit galt Antonia. Fragend blickte die Sekretärin zu ihrer Herrin, welche sie mit einer beiläufigen Handbewegung entließ. Knirschend presste Gaius die Kiefer aufeinander. Ansonsten offenbarte keine Faser seines Körpers sein Missfallen.
Kaum hatte sich die Tür hinter Caenis geschlossen, erhob sich Antonia, packte ihren Enkel beim Arm und schlenderte zu der Sitzgruppe am Fenster. Widerwillig ließ sich Gaius von ihr führen und nahm schließlich auf dem kleinen Sofa Platz. Die Falten seiner Toga saßen perfekt. Selbst im Sitzen. Neidisch beobachtete Vespasian seinen Freund, den Princeps. An jedem anderen Ort erschien er immer so würdevoll. Aber hier sah er einfach nur verloren und unsicher aus.
„Was ist denn so dringend, dass du auf so forsche Art meine liebste Sekretärin aus dem Raum wirfst?", wollte Antonia spitz wissen und goss sich einen Becher Wein an. Fragend blickte sie ihren Enkel an, der nur knapp den Kopf schüttelte. Erst als sie sich zu ihm setze, sagte Gaius eindringlich: „Du musst Caenis endlich Einhalt gebieten, Avia!"
Antonia verschluckte sich beinahe an ihrem Wein. Überrascht starrte sie ihren Enkel an.
„Wieso sollte ich das tun?", wollte sie entgeistert wissen. „Sie ist eine ausgezeichnete Sekretärin und ich bin mit ihrer Arbeit mehr als zufrieden."
Genervt verdrehte Gaius die Augen und Vespasian wurde das Gefühl nicht los, dass dies nicht das erste Gespräch dieser Art war.
„Du weißt genau, was ich meine", meinte sein Freund gereizt. „Sie konnte ihren Spaß mit ihm haben, solange er ungebunden war. Aber jetzt ist er ein verheirateter Mann und ihre Affäre ist einfach nur lächerlich. Das muss endlich aufhören. Sofort."
Forschend blickte Vespasians Patronin ihren Enkel an und legte den Kopf schief.
„Es geht nicht um Caenis, habe ich recht?", fragte sie scharf und als Gaius nicht antwortete, seufzte sie tief. Ein großmütiges Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie meinte: „Auch wenn du nicht darum gebeten hast, gebe ich dir nun einen guten Rat: Mische dich niemals in fremde Ehen ein, mein Junge. Wenn du eine Ehefrau glücklich machen willst, fang bei deiner eigenen an!"
Wütend blickte Gaius sie an, dann erhob er sich kopfschüttelnd von ihrem Sofa und verließ aufgebracht ihr Arbeitszimmer. Das Lächeln auf Antonias Gesicht verschwand, als hätte ihr Enkel sie geschlagen. Ihre Augen waren nur noch ein paar schmale Schlitze.
Ihre Beziehung bekam erste Risse. Vespasian wusste, wenn seine Patronin ihre Sturheit nicht aufgab, würde sein böser Zwilling zwar nicht auf seine Gespielin verzichten müssen, aber dafür zog sie unweigerlich den Zorn ihres Enkels auf sich, der mittlerweile der mächtigste Mann der Welt war. Die Geschichte dieser Familie hatte schon mehrfach gezeigt, dass Blut nicht dicker war als Wasser.
Dieses Gefühl verstärkte sich, als er sich an der Seite seines Freundes wiederfand. Wieder fand ein Abendessen in Gaius' Villa statt. Neben ihm lagen seine Großmutter und seine Ehefrau, die er beide vollkommen ignorierte. Denn seine Augen ruhten nur auf Aurelia, deren Kleid ihren gewölbten Bauch nicht länger vor den neugierigen Blicken der Gäste verbergen konnte. Immer wieder hob sie den Kopf und sah den Princeps traurig an. Neben ihr befand sich der andere Vespasian, dessen Gesicht rot angelaufen war vor Zorn. Denn jeder konnte sehen, welche grenzenlose Sehnsucht in den beiden loderte. Aber abgesehen von seinem Doppelgänger gab es noch eine andere Person, deren Wut der seinen sogar bei weitem übertraf. Gaius' Ehefrau, die Aurelia mit dieser gefährlichen Mischung aus Eifersucht und Hass betrachtete. Innerlich machte sich Vespasian auf das Schlimmste gefasst.

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