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Kapitel 73 ~ Otium et negotium

Sommer 40 n. Chr., Dianium

Vom sanften Kitzeln der durch das Fenster einfallenden Sonnenstrahlen geweckt drehte sich Aurelia behutsam auf die Seite und betrachtete vollkommen glücklich ihre beiden Männer. Julius hing wie ein kleines Äffchen an Gaius' Hals und ihr war schleierhaft, wie ihr Mann auf diese Weise schlafen konnte. Doch beide atmeten tief und gleichmäßig. Aurelia schloss die Augen, doch sie konnte keine Ruhe mehr finden. Vorsichtig schlüpfte sie aus ihrem Bett und schlich sich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer. Erst als sich die Tür ohne einen Laut hinter ihr schloss, wagte sie auszuatmen und versuchte mit der Hand ihr vom Schlaf wirres Haar zu richten. Dann erinnerte sie sich wieder, wo sie war und gab ihre Bemühungen auf.
Beschwingt lief sie durch die kühlen Gänge der Villa und freute sich über die Wärme der Sonne, als sie auf den schmalen Weg in den Garten hinaustrat. Nach wenigen Minuten erreichte sie den Strand und zügelte ihr Tempo, sobald das kühle Wasser des Meeres um ihre Füße spülte. Diese Insel war traumhaft schön. Glücklich schloss Aurelia die Augen und erinnerte sich an die Urlaube ans Meer mit ihren Eltern in ihrem alten Leben. Stundenlang war sie mit ihren Eltern durch die Brandung gelaufen und hatte einfach nur das Wetter genossen. Blinzelnd öffnete Aurelia die Augen und begann mit einem Lächeln auf den Lippen durch die sanfte Brandung zu laufen. Ab und zu bückte sie sich, um eine besonders schöne Muschel aufzuheben. Julius liebte Muscheln und hatte bereits auf seinem Nachtisch eine beachtliche Sammlung. Die Muscheln hatte er entweder gemeinsam mit seinen Eltern gefunden oder von Aurelia nach einer ihrer morgendlichen Wanderungen geschenkt bekommen.
Auf ihren morgendlichen Wanderungen gab es nur den weichen Sand, in den ihre Füße einsanken, das Hin und Her der Wellen, die ihre Knöchel umspielten, der Wind, der sanft ihre Haare durcheinanderwirbelte und sie. Auf ihrer kleinen Insel hatten Gaius und sie etwas, dass sie in Rom niemals haben würden: Freiheit und Frieden. Es gab keine Gesuche, keine Festmähler, keine Sorgen und keine lästigen Gespräche. Hier gab es nur Natur, ein paar Sklaven und sie als Familie. Besonders Julius blühte hier unter Gaius' ungeteilten Aufmerksamkeit auf. Am liebsten würde Aurelia die Zeit einfrieren und für immer in diesem Moment mit ihrer Familie fern von den Pflichten und Gefahren Roms leben.
Von einer Bewegung ein paar wenige hundert Meter vor ihr aus ihren Gedanken gerissen, blieb Aurelia verwirrt stehen und beschattete ihre Hand mit den Augen. Mit Schrecken erkannte sie eine menschliche Gestalt, die sich mit letzter Kraft aus der Brandung hievte und kraftlos am Strand zusammenbrach. Ohne zu zögern rannte Aurelia los. Schnell kniete sie sich neben die Gestalt und sprach ihn an. Als er nicht reagierte, überprüfte sie seine Vitalfunktionen und stellte erleichtert fest, dass er noch immer atmete. Vorsichtig brachte sie ihn in die stabile Seitenlage und überstreckte seinen Hals. Dann versuchte sie sich fieberhaft sie weiteren Schritte ins Gedächtnis zu rufen. Immerhin konnte sie schließlich nicht die 112 rufen. Also setzte sie sich neben den Mann und überprüfte ständig seinen Puls und seine Atmung. Zum Glück waren seine Atemwege nicht verstopft. Irgendwann schlug der Mann seine Augen auf und starrte sie mit offenem Mund an.
„Wie geht es Euch? Habt Ihr Schmerzen? Könnt Ihr aufstehen?", fragte sie sofort besorgt und die Augen des Mannes weiten sich noch mehr. Ungläubig blickte er an sich herab und betrachtete dann sie. Zaghaft versicherte er, dass er keine Schmerzen habe. Dann stand er vorsichtig auf. Als er schwankte, sprang Aurelia sofort neben ihn und packte seinen Arm. Gemeinsam schafften sie es nach einer kleinen Ewigkeit zurück in die Villa. Aurelia beschloss ihn in die Küche zu bringen. Dort waren bereits die Küchensklavinnen mit den Frühstücksvorbereitungen beschäftigt. Bereits von Weitem wehte ein betörender Geruch von frischem Brot zu ihnen herüber und weckten in dem Gestrandeten neue Kräfte.
In der Küche half sie ihm auf einen der Schemel und bat die Sklaven ihn mit Essen zu versorgen. Während eine Sklavin ihren neuen Befehl ausführte, schnappte sie sich einen eigenen Schemel und setzte sich zu dem Mann, der bereits einen Teller mit Käse, Brot und Speck vor sich hatte.
„Ich wusste nicht, dass die Insel bewohnt sind", murmelte der Mann, brach ein Stück von dem frischen Brot ab und schob es sich in den Mund. Aurelia gab der Küchensklavin ein Zeichen, die kurz darauf zwei Becher Traubensaft zu ihnen stellte. Langsam aß der Mann und mit jedem Bissen entspannte sich sein vom Wetter gegerbtes Gesicht mehr. Neugierig stellte sie ihm Fragen über sein Leben auf den Inseln. Der Gestrandete hieß Numerius Faber Piscator und entstammte einer Familie von Fischern, die seit Generationen auf einer der größeren, benachbarten Inseln lebten. Seine Geschichten waren faszinierend. Sein ganzes Leben drehte sich um das Meer. Als der letzte Rest Schinken verspeist war, lehnte er sich auf seinem Schemel zurecht und musterte sie eingehend.
„Vielen Dank für Eure Hilfe, Herrin", sagte der Mann leise und wollte noch etwas hinzufügen, als die Tür aufgerissen wurde und Julius in die Küche stürmte.
„Ich habe sie gefunden, Papa", rief Julius glücklich und sprang sofort auf Aurelias Schoß. Lächelnd hauchte sie ihm einen Kuss auf die Stirn, da betrat auch schon Gaius den Raum und hielt auf der Schwelle inne, als er den Fischer bemerkte.
„Guten Morgen", grüßte Gaius höflich und stellte sich hinter Aurelia. „Seid Ihr vergangene Nacht in den Sturm gekommen?"
Der Fischer nickte, murmelte etwas über seine eigene Dummheit und bedankte sich für die Gastfreundschaft. Gaius machte nur eine wegwerfende Handbewegung.
„Können wir Euch irgendwie helfen?", erkundigte sie sich mit einem milden Lächeln.
„Aber Ihr habt bereits so viel für mich getan, Herrin", sprudelte es sofort aus dem Mann und Julius legte den Kopf in den Nacken, damit er ihr in die Augen sehen konnte. Stützend schlang sie die Arme um ihren Sohn und achtete darauf, dass er sich nicht den Kopf an der Arbeitsfläche aufschlug.
„Wir helfen gern", zwitscherte Julius vergnügt und lächelte den Fischer strahlend an. Der Widerstand des Mannes schmolz sofort dahin.

„Glaubst du, er hat uns erkannt?", fragte Gaius und winkte dem sich entfernenden Boot freundlich nach. Nervös begann sie mit der Münze zu spielen, die Gaius ihr vor zwei Jahren geschenkt hatte und die sie, nachdem sie mit einem Anhänger versehen geworden war, um den Hals trug. Abgesehen von ihrem Ehering trug sie hier auf Dianium keinen anderen Schmuck. Es interessierte auch niemanden, wenn sie tagelang das gleiche Kleid trug oder ungeschminkt herumlief.
„Natürlich hat er das", antwortete Aurelia und spürte, wie sich sein Körper neben ihrem anspannte. „Aber er wird nicht reden. Wir haben ihm das Leben gerettet, Gaius"
„Nein", widersprach Gaius sanft und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Du hast ihm das Leben gerettet. Ich wäre wahrscheinlich ausgeflippt und hätte ihn liegen gelassen"
Lächelnd blickte sie zu ihm auf und hob skeptisch eine Augenbraue. Leise wisperte sie, dass er sie auf Capri nicht ihrem Schicksal überlassen hatte. Seufzend zog er sie in seine Arme und vergrub das Gesicht in ihrem Haar.
„Das war die beste Entscheidung meines Lebens", gestand er und sein warmer Atem kitzelte an der empfindlichen Stelle hinter ihrem Ohr. Eine Weile beobachteten sie schweigend wie das Boot immer kleiner wurde und schließlich am Horizont verschwand.

Drei Wochen später stand sie an der Reling der Galeere und blickte sehnsüchtig zurück auf die immer kleiner werdende Insel, die ihnen in den letzten beiden Monaten eine Auszeit von all dem Trubel geschenkt hatte, zu dem sie nun zurückkehren mussten. Denn auch wenn ein Teil von Aurelia am liebsten für immer auf Dianium geblieben wäre, konnte die Insel niemals ihr Zuhause sein. In Rom wartete jede Menge Arbeit auf sie. Nach Drusillas Tod und der Geburt ihres Sohnes hatte sich Aurelias Netzwerk innerhalb weniger Monate ausgedehnt – mittlerweile war sie mit jeder Frau eines jeden Senators bekannt und mit jeder, deren Männer in Kürze zu einem Senatoren werden würden. Auf diese Weise konnte sie Gaius unterstützen. Es hatte zwar noch ein weiteres Jahr gedauert, bis der letzte Senator begriffen hatte, dass Gaius weder Interesse an noch Verlangen nach einer Geliebten hatte. Spätestens ab diesem Zeitpunkt verdoppelten die Frauen ihre Bemühungen um Aurelias Gunst.
Stumm trat Gaius neben sie und seine Schulter streifte sanft ihren Arm, als er sich über die Reling beugte. Aus dem Augenwinkel musterte sie sein Gesicht und entdeckte darauf diesen seltsamen düsteren Ausdruck, den sie in den letzten Monaten immer wieder bei ihm beobachtet hatte. Sie spürte, dass ihn seit einer Weile etwas beschäftigte und obwohl sie eine Ahnung hatte, was es sein könnte, bedrängte sie ihn nicht es ihr zu erzählen. Wenn er bereit war, würde Gaius zu ihr kommen und bis dahin würde sie ihm die Zeit geben, die er brauchte, um diese Dinge mit sich selbst auszumachen.
„Eines Tages werden wir hierher zurückkehren", versprach er leise und ihr entging weder seine Unsicherheit noch die Bitterkeit, die in seinen Worten lag. Im ersten Impuls wollte sie fragen, weshalb sie nicht nächsten Sommer zurückkehren konnten, aber die tiefe Traurigkeit auf seinem Gesicht hielt sie zurück. Stattdessen beugte sie sich neben ihn über die Reling, legte ihren Kopf auf seine Schulter und genoss die leichte Brise auf ihrem Gesicht. Nach einer Weile entspannte sich sein Körper und er begann fast lautlos eine fröhliche Melodie zu summen, die sie wage an einen Abba-Song erinnerte. In Gedanken nahm Aurelia sich zum hundertsten Mal vor nicht mehr unter der Dusche zu singen. Sie war sich dessen gar nicht bewusst gewesen, bis eines Tages Gaius den Kopf ins Bad gesteckt und sie darum gebeten hatte ihm endlich die Sprache beizubringen, damit er den Text dieser Ohrwürmer richtig nachsingen konnte. Es hatte sie überrascht, wie schnell er Englisch gelernt hatte. Ungefähr zur gleichen Zeit hatten sich Julius' Augen angefangen zu verfärben, erinnerte Aurelia sich mit einem melancholischen Lächeln.
In diesem Moment verschwand die kleine Insel am Horizont und Aurelia schüttelte ihre Melancholie ab. Sobald sie die Sicherheit ihres Schiffes verließen, mussten sie strahlen. Bestimmt richtete sie sich auf, drehte sich um und blickte sich suchend auf dem Schiff um. Ganz in ihrer Nähe saß Julius auf einem Holzstuhl und beobachtete nachdenklich das Treiben der Seeleute. Als er ihren Blick auffing, lächelte er sie strahlend an und winkte sie aufgeregt zu sich. Im gleichen Moment ergriff Gaius ihre Hand und zog sie mit sich zu ihrem Sohn, der sie aus großen, goldbraunen Augen aufgeregt beobachtete.

Durch den Regen blieben die meisten Bewohner Roms in ihren Häusern und versäumten ihre Rückkehr. Dennoch erblickte Aurelia ab und zu ein neugieriges Gesicht, welches in ihre Sänfte blickte. Missmutig blickte Julius hinaus auf den Regen und schüttelte traurig den Kopf. Sofort fragte Aurelia, was ihren Sohn bedrückte.
„Titus wird uns heute Abend nicht besuchen können, oder?", wollte der Junge wissen und Aurelia warf einen prüfenden Blick auf den Himmel. Natürlich wusste sie, dass nicht einmal der schlimmste Sturm einen ihrer Gäste daran hindern konnte zu ihren Gastmahlen zu erscheinen. Heute Abend würde der halbe Senat mit ihnen essen.
„Er wird deine Tante Flavia sicherlich heute Abend begleiten", antwortete Gaius und sofort strahlte Julius' Gesicht vor Vorfreude. Seit einem Jahr hatte Vespasian den Posten eines Legats in einer der Legionen am Rhein inne, weshalb er die Geburt seines Sohnes Titus knapp verpasst hatte. Flavia hatte sich schnell in die Gruppe ihrer Freundinnen integriert und wenn sie gemeinsam mit Clementina Julia, Agrippina und Aurelia im Palast besuchen kam, brachte sie meist ihren Sohn mit.
„Ich muss Lucius und Titus unbedingt meine Muscheln zeigen", meinte der Junge aufgeregt und sah verträumt hinaus in den Regen. Aurelia warf Gaius einen amüsierten Blick zu. Obwohl die drei Cousins jeweils im Abstand von einem Jahr geboren worden waren, waren sie mittlerweile unzertrennlich. Lucius hatte sich begonnen für Julius zu interessieren, sobald Julius laufen konnte und Titus, Vespasians Sohn und der Jüngste der drei, gehörte seit er grabbeln konnte zur Gruppe. Sie spielten gemeinsam und Aurelia war froh, dass Julius mit seiner ruhigen Art Agrippinas Sohn im Zaum halten konnte. Dennoch überredete Lucius die beiden Jüngeren immer wieder zu kleinen Abenteuern, die Julius am Abend voller Begeisterung seinen Eltern erzählte. Meistens erkundeten sie den Palast oder den Garten.
Als die Sänfte vor ihrem Zuhause zum Stehen kam, half Gaius ihr aus der Sänfte und die Wärme des Regens auf ihrer Haut überraschte sie. Im nächsten Moment prasselte der Regen sanft auf einen Schirm, den Clemens über ihr hielt. Dankbar nickte sie ihm zu und folgte ihren beiden Männern ohne Hast in den Palast. Im Atrium wurde sie sofort von Julia und Agrippina in Beschlag genommen, die ihr sogleich den neuesten Klatsch aus Rom und Misenum, denn dort hatten die beiden mit dem Rest der Familie ihren Sommer verbracht, erzählten. Julius redete wild gestikulierend auf Lucius ein, der ihm aufmerksam zuhörte, während Gaius sich mit Clemens und Suetonius absprach. Es war gut wieder Zuhause zu sein. Während sie sich um die letzten Vorbereitungen für das Abendessen kümmerte, verschwand Gaius in seinem Arbeitszimmer und bereitete sich auf seine Weise auf das inoffizielle erste Treffen des Senats nach der Sommerpause vor.

Wie Aurelia bereits vermutet hatte, ließen sich die Mitglieder ihrer Familie und des Senats nicht vom Regen abhalten und erschienen alle ohne Ausnahme. Es dauerte Stunden sich mit allen Frauen ausreichend zu unterhalten und das eigentliche Essen beginnen konnte. Zum Glück hatte Aurelia sich angewöhnt vor dem Abendessen eine Kleinigkeit zu sich zu nehmen, damit ihr Hunger sie nicht ungeduldig und schroff werden ließ.
Unbemerkt huschten die Kinder durch die Gäste und immer wieder tauchte Julius' blonder Schopf in ihrer Nähe auf. Jedes Mal waren Lucius' rote Haare und Titus dunkler Kopf nicht weit von ihrem Sohn entfernt. Aus dem Augenwinkel beobachtete sie ihren Mann, der bei den anwesenden Männern als Gesprächspartner genauso begehrt war wir sie bei deren Frauen.
Während des Essens gesellte sich Julius zu Gaius und ihr und lauschte abwechselnd ihren Gesprächen. Während des letzten Ganges verspannte sich Gaius und sie schaute ihn fragend an. Auf seinem Gesicht lag wieder dieser dunkle Schatten, als er mit seinen Augen seinen Onkel zum Schweigen brachte. Bevor Aurelia sich unauffällig bemerkbar machen konnte, verlangte Agrippina wieder nach ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit. Ihr Unbehagen wuchs.

Nachdem sie Julius ins Bett gebracht hatte, ließ sie sich von ihren Mädchen für die Nacht fertig machen. Nun lag sie seit einer halben Stunde im Bett und las in Gaius' Ausgabe von Catulls Gedichten. In seinem Arbeitszimmer brannte Licht. Mit einem kleinen Stöhnen klappte Aurelia den Codex zu, stand auf und lief zu ihrem Mann, der noch mit seiner Toga bekleidet war und mit diesem düsteren Gesichtsausdruck über seinen Dokumenten brütete.
„Ich mach gleich Schluss", versicherte Gaius ohne aufzublicken und sie verdrehte nur die Augen. Wenn sie ihn jetzt nicht von seinem Schreibtisch weglocken konnte, würde er morgen früh noch dort sitzen. Still verschränkte sie die Arme vor der Brust und blieb, wo sie war. Nach einer Weile stöhnte Gaius frustriert und hob den Kopf. Der gehetzte Ausdruck seiner Augen machte ihr Angst.
„Meine Großmutter und mein Onkel sind der Meinung, dass ich einen militärischen Sieg brauche", sagte Gaius und seine Worte trafen sie wie ein Schlag in die Magengrube. Eine giftige Stimme in ihrem Hinterkopf erinnerte sie an die gescheiterte Invasion Britanniens und den lächerlichen Krieg gegen Neptun, die Caligula nachgesagt wurden. Gaius deutete ihre Miene falsch, breitete die Arme aus und zog sie auf seinen Schoss. Sofort vertrieb seine Wärme ihre dunklen Gedanken. Dennoch betete sie stumm, er möge ihr versichern, dass er nicht in den Krieg ziehen würde.
„Deshalb wollte ich diesen Sommer so weit wie möglich von all dem fort", gestand er und vergrub das Gesicht an ihrem Hals. „Ich musste nachdenken und mir klar werden, was ich will. Anders als Julius bin ich in einem Militärlager groß geworden. Mein Vater hat für mich aus dem Krieg ein Spiel gemacht und nun werden immer mehr Stimmen laut, die von mir eigene Erfolge fordern. Anscheinend reicht es dem Volk nicht mehr, dass ich der Sohn eines großen Feldherrn bin. Laut Clemens gibt es bereits drei adlige Familien, die in meinem Zögern in den Krieg zu ziehen für sich eine Möglichkeit sehen unsere Position an der Spitze des Staates zu fordern. Seit ich ein kleiner Junge bin träume ich von Britannien. Wenn ich Britannien erobern könnte, wäre unsere Position unanfechtbar"
Abrupt stand Aurelia von seinem Schoss auf und trat ans Fenster. Sie zitterte vor Wut und Angst. Schon immer waren ihr Krieg und dessen Verherrlichung zutiefst zuwider gewesen. Sie hasste es zutiefst, wenn Krieg als Mittel zum Zweck angesehen wurde. Aber wenn sie aus der Geschichte eins gelernt hatte, dann das Menschen immer wieder danach streben würden andere zu dominieren. Allein die Größe des Römischen Reiches bewies, wie sehr dieses Streben nach Macht und Einfluss in diesem Volk und das Streben nach militärischem Ruhm in dessen Elite verankert waren. Die Wirtschaft funktionierte über Sklaverei – gab es überhaupt einen Bereich, in dem Sklaven keine Rolle spielten? Selbst in der Politik waren Privatsekretäre unverzichtbar. Im Rahmen ihres Studiums hatte sie irgendwo gelesen, dass eine Ursache des Zusammenbruchs des Römischen Reiches das Versiegens des Nachschubs an Sklaven durch den Mangel an weiteren Eroberungen gewesen sein könnte. Aber Britannien war ein Fass ohne Boden. Soweit sie sich erinnerte, war jeder römischer Feldherr daran gescheitert die Insel ganz zu erobern und selbst einen ausreichend großen Teil zu erobern würde Jahre dauern. Aber auch wenn sie in einigen Teilen der Insel herrschten, würden sich die Bewohner niemals vollkommen unterwerfen lassen. Würden sie die eroberten Gebiete auf der Insel wirklich halten können?
Ihr Blick blieb an den sanften Hügeln der langsam in den Schlaf sinkenden Stadt hängen und ihre aufgewühlten Gefühle beruhigten sich allmählich. Sie befand sich nicht mehr im einundzwanzigsten Jahrhundert, sondern im ersten Jahrhundert nach Christus. Ihre modernen Ansichten und Skrupel würden hier verpuffen. Hatte sie tief in ihrem Inneren nicht immer gewusst, dass dieser Tag kommen würde, an dem sie sich zwischen dem politisch Notwendigem und dem moralisch Richtigen entscheiden musste? Warum fühlte sie sich auf einmal so verloren?
Sanft legte sich seine Hand unter ihr Kinn und zwang sie ihm wieder in die Augen zu sehen. In ihnen konnte sie nichts anderes als die Angst entdecken, die auch ihr die Luft zum Atmen zu rauben drohte. Leise wollte er wissen, was ihr durch den Kopf ginge.
„Wir sind die ersten Diener Roms", raunte sie. „Wenn Rom Britannien beherrschen will, dann müssen wir Britannien für Rom erobern"

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