
-32- Marlow
Seit Millie und ich die Situation miteinander geklärt hatten und sich scheinbar etwas zwischen uns entwickelte, hatte ich richtig Lust auf Weihnachten. Wer hätte das gedacht?
Also ich nicht ... Zumindest vor einigen Wochen noch nicht.
Heute war Weihnachten. Der vierundzwanzigste Dezember und bevor es heute Abend jeweils zu unseren Familien ging, wollte ich ihr das Date schenken, was sie verdiente.
Mit einem sanften Kuss auf ihre weichen Lippen, weckte ich sie früh am Morgen. Obwohl ihre Augen noch geschlossen waren, schenkte sie mir ein Lächeln, was mir direkt den Tag versüßte.
„Guten Morgen Sonnenschein", begrüßte ich sie. „Wir haben was vor. Also, aufstehen ..."
Stöhnend hielt sie ihre Hände vor ihr Gesicht und schüttelte den Kopf.
„Es ist noch so früh. Liegen bleiben und kuscheln klingt doch auch gut, oder?"
Schon, aber nicht heute. An jedem anderen Tag hätte ich das Bett mit ihr bevorzugt, aber ich wollte sie unbedingt daten. Wir hatten nie diese eine richtige Verabredung. Und ich fand, es wurde allmählich Zeit dafür.
Welcher Tag hätte sich dafür besser geeignet, als Weihnachten?
„Morgen meinetwegen, aber heute nicht. Also los, anziehen", forderte ich sie auf, zog mir einen Pullover über und warf ihr ihre Kleidung ins Bett. Lachend stand sie auf und verschwand im Badezimmer. Ich war bereits fertig gemacht und beschäftigte in der Zwischenzeit Bailey, der wie immer großen Spaß an seinem Ball hatte. Mittlerweile war dieser total zerfleddert und sah dementsprechend nicht mehr wie ein Ball aus. Doch Bailey störte das überhaupt nicht.
Als Millie mir gesagt hatte, dass diese dubiose Nachbarin nicht mehr wiederkommen würde, hatte ich mich ehrlich gesagt richtig gefreut. Diese Frau war doch sowieso komisch. Wer lässt seinen Hund bitteschön bei völlig Fremden und das für so eine lange Zeit? Ich wüsste nicht, was ich gemacht hätte, wenn ich den Kleinen nicht mehr täglich zu Gesicht bekommen hätte.
Er hatte sich, genauso wie Millie, in mein Leben geschlichen. Apropos Millie - Sie kam gerade aus dem Badezimmer und lächelte Bailey und mich an. Wie immer sah sie einfach bezaubernd aus. Ihre Haare hatte sie zu einem dieser Messy-Dutts gebunden. Diese enge schwarze Jeans, die sie trug, hatte ihren Hintern betont, der einem knackigen Pfirsich zum Verwechseln ähnlich sah.
„Bin bereit. Wir können los", sagte sie und zog daraufhin ihre dicken Winterboots an.
„Du bleibst ein paar Stunden alleine, Bailey. Schaffst du das, Kumpel?", fragte ich, ohne dass ich eine Antwort erwartete. Da ich vorhin noch kurz mit ihm vor der Tür war, würde er sicher durchhalten. Er legte seinen Kopf auf den Boden und sah uns mit betrübtem Hundeblick an. Doch bei diesem Date konnte er einfach nicht mit uns kommen.
„Oh, der arme. Wir sind schnell wieder zurück, mein Großer. Hier ..." Millie gab ihm ein Leckerchen und schon waren wir beide abgeschrieben. Wir nutzten den Moment und gingen los.
„Wo gehen wir denn hin?", fragte Millie neugierig, doch sie hatte keine Chance. Nie im Leben hätte ich das verraten.
„Lass dich überraschen."
Wir gingen in den Central Park, was sie schmunzeln ließ. Kein Wunder, immerhin waren wir fast täglich mit Bailey hier. Mit einem Hund war das in dieser großen Stadt einfach sehr praktisch, aber man konnte hier noch viel mehr, als nur joggen oder spazieren gehen. Aber ich verband sehr viel mit Millie und diesem Park. Hier hatten wir uns einige Male getroffen und Bailey hatte ich fast vor dem Erfrieren gerettet. Außerdem hatte sie mir auch erzählt, dass sie mich hier einmal beim Joggen sah. Bevor wir uns in der Bar über den Weg gelaufen waren.
Als wir vor dem Wollman Rink stehen blieben, kicherte sie.
„Klischee, aber dennoch mega", strahlte sie.
Wir schauten auf die große Eislaufbahn, wo bereits einige Touristen und Einheimische ihr Können unter Beweis stellten. Da wir sehr früh dran waren, war es aber zum Glück noch nicht so voll.
„Romantisch. Nicht klischeehaft", lachte ich.
Wir holten uns Schlittschuhe und standen wenige Minuten später auf dem Eis. Während sie wie eine Eisprinzessin galant über das Eis schwebte, hatte ich Schwierigkeiten mich überhaupt auf den Beinen zu halten.
Immer wieder rutschte ich fast aus, doch irgendwie schaffte ich es gerade so, mich festzuhalten, damit ich nicht auf meinem Hintern landete. Millie blieb kichernd vor mir stehen.
„Na komm, alter Mann. Ich helfe dir."
Grummelnd nahm ich ihre Hand und bewegte vorsichtig meine Füße. Erst links, dann rechts und wieder links. Ich wackelte zwar noch viel, aber langsam hatte ich den Dreh raus. Auch wenn ich längst nicht so gut wie Millie war.
„Wieso komme ich auch ausgerechnet an Weihnachten auf so eine Idee?", fragte ich mich selbst. "Ich bin doch echt lebensmüde, oder?"
„Ach was. Ich besuche dich auch im Krankenhaus, wenn du mit Knochenbrüchen eingeliefert werden musst. Keine Sorge."
Ich musste lachen, doch von Minute zu Minute wurde ich besser. Händchenhaltend glitten wir gemeinsam über das Eis und stoppten hin und wieder, um wie verliebte Teenager zu knutschen. Na schön ... Auch, um mich irgendwo festzuhalten und Pause zu machen, aber hey - ich war mittlerweile wirklich gut geworden. Doch hauptsächlich, um sie zu küssen. Immerhin war dies ein Date und ich konnte mich sowieso kaum von ihren Lippen fernhalten.
„Okay, ich denke, das reicht für heute."
„Du hast das sehr gut gemacht. Von mir aus, wird das eine Weihnachtstradition. Jedes Jahr an Heiligabend gehen wir Schlittschuhlaufen."
Noch während sie ihre Worte aussprach, wurde ihr bewusst, was sie da von sich gab. Doch mich freute es, denn scheinbar sah sie, genauso wie ich, eine Zukunft für uns beide. Dass sie bereits an die nächsten Jahre dachte, bestätigte mir das alles mit ihr nur noch einmal.
„Sehr gerne", erwiderte ich mit einem Lächeln auf den Lippen.
Wir gaben unsere Schlittschuhe wieder ab und gingen zu einem Bagel-Stand. Da wir noch nicht viel gefrühstückt hatten, holten wir uns einen belegten Bagel und einen Kaffee und gingen damit durch den Park spazieren.
Mir brannte noch etwas Wichtiges auf der Seele und ich wollte es einfach angesprochen haben. Auch wenn es nicht unbedingt das richtige Thema für das erste Date war.
„Ich wollte nochmal das Foto ansprechen. Von Cathy ..."
Millie hielt bei ihrem Namen inne, aber ich war heilfroh, dass sie nicht wieder schreiend davon lief.
„Ich bin wirklich bereit für etwas Neues. Aber auch nur mit dir, Millie. Ein Jahr lang habe ich getrauert und mich verkrochen. Ich habe sicherlich viel zu viel Alkohol getrunken und mich im Selbstmitleid gebadet. Aber damit ist jetzt Schluss, okay? Seit du wortwörtlich in mein Leben gestolpert bist, ist alles wieder besser. Schöner. Ich bin wieder glücklich. Dank dir ... Ich weiß, es ist früh, aber ... Ich habe mich in dich verliebt, Millie. Hals über Kopf. Und um ehrlich zu sein, habe ich nicht vor, dich wieder gehen zu lassen."
So. Jetzt war es raus. Sie wusste, was ich dachte und was ich fühlte. Sie hatte uneingeschränkten Einblick in mein tiefstes Inneres bekommen. In meine Seele.
Ohne zu antworten, legte sie ihre Lippen auf meine. Mit dem Kaffeebecher in der einen und mit dem Bagel in der anderen Hand, erwies sich ein leidenschaftlicher Kuss als deutlich schwierig, doch das machte nichts.
„Ich habe mich auch in dich verliebt, Marlow", flüsterte sie gegen meine Lippen.
Wow. Ich hatte es ja schon irgendwie geahnt. Vielmehr gehofft ... Aber diese Worte aus ihrem Mund zu hören, überraschte mich einfach. Mein Bauch kribbelte wie verrückt und ich hatte das Gefühl, als hätte ich tausende Flugzeuge in meinem Bauch. Viel zu lange hatte ich mich dagegen gewehrt und nun war ich umso glücklicher.
„Danke für das schöne Date."
Wir sahen uns tief in die Augen und ich wusste einfach, dass das zwischen uns echt war.
***
Am Abend saßen Wyatt und ich bei unserer Mutter. Sie war einfach die beste Köchin und hatte uns ein leckeres Festmahl serviert. Ganz traditionell gab es einen gefüllten Truthahn, der wie immer viel zu groß für uns drei war, aber das machte uns nichts. Wyatt und ich waren große starke Männer mit einem gesunden Appetit. Meiner Mutter ging geradezu das Herz auf, als sie sah, wie wir das Essen verschlangen.
„Ist der Hund wieder weg oder wo ist er gerade?", fragte sie mich.
„Er ist bei Millie zuhause."
„Ach, das Mädchen mit dem hübschen Namen. Deine Bekannte, richtig?"
Damals wollte ich nicht wahrhaben, dass sie mehr als eine Bekannte war. Heute war es anders.
„Meine Freundin", antwortete ich mit einem stolzen Lächeln im Gesicht. Denn nachdem wir uns beide heute offen gestanden hatten, dass wir uns ineinander verliebt hatten, gab es für mich keinen Zweifel mehr an einer Beziehung.
Meine Mutter strahlte, wie schon lange nicht mehr. Ihre Augen glitzerten richtig vor Freude. Scheinbar freute sie sich mehr, als jeder andere für mich. Endlich war ihr Sohn wieder glücklich.
Wyatt legte grinsend seine Hand in meinen Nacken und drückte kräftig zu.
„Na endlich."
„Tja, das habe ich unter anderem auch dir zu verdanken", gestand ich.
„Ach was ..."
„Nein, ehrlich", gab ich zu. „Ohne dich hätte ich mich wahrscheinlich nicht getraut, diesen Schritt überhaupt zu gehen. Die Kopfwäsche war mehr als nötig, Wy."
Wir ließen unsere Gläser aneinander klingen und während meine Mutter noch immer mit der Lichterkette vom Weihnachtsbaum um die Wette strahlte, erzählte ich den beiden von Millie und mir.
Nachdem wir uns satt gegessen hatten, machten wir uns an die Geschenke.
„Ach ihr seid doch verrückt, mir so etwas Teures zu schenken. Aber wenn meine Söhne tatsächlich mit mir ins Theater gehen, freue ich mich natürlich", grinste sie und gab uns beiden dankbar einen Kuss auf die Wange. Wyatt und ich grinsten uns scheinheilig an, denn natürlich hatten wir nicht so große Lust auf ein Theaterstück. Doch wir wussten, wofür wir es taten. Dass sie sich so freute, zeigte uns, dass wir voll ins Schwarze mit dem Geschenk getroffen hatten.
Dieses Jahr war Weihnachten richtig harmonisch. Nur eins fehlte mir, um es noch perfekter zu machen. Und das war Millie.
Urplötzlich stand ich auf und schnappte mir meine Jacke, während Wyatt mich mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete.
„Was hast du vor?", fragte er irritiert.
„Na los! Sie wird sich freuen, wenn du sie an Weihnachten überraschst." Meine Mutter stand scheinbar weniger auf dem Schlauch, als Wyatt und schien sofort zu verstehen.
„Ich denke auch. Frohe Weihnachten. Und danke für das leckere Essen, Mum."
Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange und machte mich so schnell es ging auf den Weg. Zu ihr ...
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