-31- Millie
Als ich aufwachte, spürte ich, wie meine Augen höllisch brannten. Ich wusste nicht, wie oft ich an diesem Tag geheult hatte und ich wusste auch nicht, wie lange ich geschlafen hatte. Doch als ich meine Augen öffnete und mich umsah, wusste ich wenigstens, wo ich war. Heute Morgen erst hatte ich in dieses Zimmer geschaut, weil mich meine Neugierde überkam. Wie so oft.
Meine Neugier. Das war auch der Grund dafür, warum alles eskaliert war. Hätte ich mich nicht in seiner Küche umgesehen und hätte ich nicht in seiner Privatsphäre herumgeschnüffelt, wäre alles vielleicht ganz anders gekommen.
Doch nun war es so und allem Anschein nach, sollte es auch genauso sein. Cathy ... Sie hatte alles eingefädelt. Es lief scheinbar alles nach ihrem Plan und doch war ich mir nicht sicher, ob ich das alles nur geträumt hatte. Wie konnte das alles sein? Würde ich jetzt regelmäßig mit Toten sprechen? War es wie in dem Film, wo der kleine Junge tote Menschen sah?
Alleine der Gedanke daran, wie Cathy mit mir gesprochen hatte, wie sie neben mir saß und sich in der Sonne gewärmt hatte - alles war so real. Doch offenbar konnte nur ich sie sehen. Natürlich plagten mich Fragen, wie zum Beispiel, ob mich die Leute haben reden sehen und dachten, ich würde Selbstgespräche führen. Oh Gott, ich hatte mit ihr im Café gesprochen und in der Disco. Was mussten die Leute nur von mir gedacht haben?
Kopfschüttelnd rieb ich mir mein Gesicht und stand daraufhin auf. Vor dem Spiegel blieb ich stehen und erschrak, als ich das Häufchen Elend, oder besser gesagt: mein Spiegelbild, sah.
Ich war blass. Nein, blass war kein Ausdruck dafür. Ich war schneeweiß. Meine Augen waren rot unterlaufen und aufgequollen und meine Haare standen in alle Richtungen. Nur nicht nach unten, da wo sie eigentlich hingehörten. Ich versuchte sie, so gut es ging, mit meinen Händen zu glätten, Kniff mir einige Male in meine Wangen, um Farbe in mein Gesicht zu bekommen und gegen meine Augen konnte ich so schnell leider nichts unternehmen.
Als ich Geräusche von draußen wahrnahm, ging ich zur Tür herüber und hielt mein Ohr dicht dagegen. Zunächst konnte ich die Stimme nicht zuordnen, doch dann erkannte ich, dass es Wyatt gewesen sein musste. Ich fand es nicht schlimm, dass er da war und er mich gleich so zu Gesicht bekommen würde, immerhin war er Marlows Bruder und wusste wahrscheinlich sowieso schon über alles Bescheid.
Leise und vorsichtig öffnete ich die Tür und sah Wyatt, der Marlow gegenüber stand und gerade andeutete, ob ich vielleicht ein bisschen plemplem war. Innerlich seufzte ich, denn ich konnte es ihm nicht wirklich verübeln. Immerhin wusste ich selbst nicht, ob ich vielleicht nicht ganz dicht war. Doch Marlow schnauzte ihn geradezu an.
„Spinnst du? Lass den Scheiß. Sie war einfach überfordert."
Ihm schien nicht zu gefallen, wie Wyatt über mich sprach.
„Ja sorry. Ihre Reaktion überrascht mich einfach", entgegnete Wyatt, als Marlow mich im gleichen Moment bemerkte und mich mit großen Augen anstarrte.
„Millie." Fast schon panisch, nannte Marlow meinen Namen.
„Oh shit", fluchte Wyatt, als auch er mich wahrnahm.
Marlow kam sofort auf mich zu, rieb sich verlegen den Hinterkopf und versuchte, mir die Situation zu erklären.
„Hey, also ... Er hat es nicht so gemeint."
„Nein, habe ich nicht, Millie. Ich habe da diese dumme Eigenschaft, dass ich manchmal nicht darüber nachdenke, was ich sage. Es ..." Doch ich hörte nicht weiter zu. Stattdessen lächelte ich und ging zur Couch, wo ich mich neben Bailey setzte.
„Oh Football. Cool. Kann ich vielleicht ein Stück von eurer Pizza bekommen?", fragte ich und sah deutlich, wie Marlow ein Stein vom Herzen fiel. Ebenso Wyatt.
„Du bist nicht böse, dass dieser Schwachkopf so eine Scheiße labert?", versicherte Marlow sich bei mir, während mein Blick zu Wyatt wanderte. Er sah mich grinsend an und hob unschuldig seine Augenbrauen. Ich wusste, dass er es nicht böse gemeint hatte. Er wollte Marlow vor einer Verrückten beschützen, damit er am Ende nicht noch mehr Schmerz ertragen musste. In dieser Hinsicht, war er wie Hazel. Sie hätte vermutlich das Gleiche gesagt.
„Alles gut, ihr könnt wieder atmen. Ich weiß nicht, was mit mir los war."
Ich konnte ja schlecht erklären, dass ich mich tagelang mit seiner verstorbenen Ex-Freundin unterhalten hatte, die uns verkuppeln wollte. Vielmehr hatte sie es sogar geschafft, unser kleiner Selfmade-Amor. Die würden mich doch einweisen, wenn ich irgendwem davon erzählen würde und vermutlich wäre ich für immer in einer Zwangsjacke gefangen.
Es war komisch, dass sie nicht mehr da war. Sie würde mir fehlen. Auch wenn sie mir oft suspekt war - was Engel vermutlich waren, wenn es sie überhaupt gab - so konnte ich Marlow verstehen. Cathy war ein toller Mensch.
Noch immer konnte ich nicht glauben, dass ausgerechnet mir dieses Wunder passiert war. Ich hatte ihre Niere und war scheinbar dadurch mit ihr verbunden. Es gab immer wieder Momente, wo ich dachte, ich hätte mir alles eingebildet, doch es war so real. Der Schlaf hatte wirklich gut getan. Ich fühlte mich gleich wesentlich besser und griff daher nach einem Stück Pizza.
Marlow setzte sich zu mir und griff ebenfalls nach einem Stück. Als sich Wyatt auch zu uns gesellte, lockerte sich die Anspannung langsam und wir schauten Football, ohne weiter über diese Bemerkung oder über das Geschehene zu sprechen.
Als unsere Mannschaft haushoch gewonnen hatte, lag ich mittlerweile mit meinem Kopf auf Marlows Schoß, der mich fürsorglich streichelte. Wyatt kümmerte sich derweil um Bailey, doch nachdem er seinen letzten Schluck getrunken hatte, stand er auf und zog sich seine Jacke an.
„Also dann ... Millie, wir sehen uns?"
„Bestimmt", antwortete ich, raffte mich auf und sah, wie Marlow lächelte. Mittlerweile wusste ich, dass ich mich getäuscht und er mich nicht verarscht hatte.
„Okay, dann macht's gut, ihr Zwei."
Während Marlow ihn zur Tür begleitete, nutzte Bailey die Gelegenheit und sprang auf den freien Platz, den er hinterlassen hatte. Er legte seinen Kopf auf meinen Schoß, ließ sich von mir streicheln und knurrte zufrieden. Genau in dem Moment fiel mir ein, dass es diese Nachbarin ja tatsächlich nicht gab und Bailey nun uns beiden gehörte. Sie hatte ihn uns zu Weihnachten geschenkt.
Wieso konnte er Cathy überhaupt sehen? Nur wir beide ... War er sowas wie verzaubert? War er ebenfalls tot und hatte ein neues Leben geschenkt bekommen? Oh Gott. So viele verrückte Fragen, auf die ich vermutlich niemals eine Antwort bekommen würde.
Als Marlow vor uns stehen blieb, sah er mit hochgezogenen Brauen und einem niedlichen Grinsen auf uns herab.
„Na? Wer hat denn da meinen Platz geklaut?"
„Tja ... Weggegangen, Platz vergangen. Das war schon immer so, Marlow", witzelte ich, woraufhin er sich auf die andere Seite setzte. Er legte seinen Finger unter mein Kinn und hob mein Gesicht, sodass ich gezwungen war, ihn anzusehen.
Mein Bauch kribbelte, während er mir immer näher kam. Als er unsere Lippen miteinander versiegelte, vergaß ich sofort alles um mich herum. Ich hörte auf, Bailey zu streicheln, ich hörte auf, mir Gedanken über alles zu machen und ich hörte auf, zu atmen.
Okay, atmen musste sein. Ich rang kurzzeitig nach Luft, legte daraufhin meine Hände in seinen Nacken und erwiderte diesen leidenschaftlichen Kuss zwischen uns. Seine Daumen strichen über meine Wangen und es fühlte sich so sanft und zärtlich an, dass es einfach zum Dahinschmelzen war.
„Ich bin froh, dass du hier bist", wisperte er leise gegen meine Lippen.
„Ich auch. Kann ich...", zögerte ich, doch ich rang mich durch. „Kann ich dir eine Frage stellen?"
„Ja klar. Schieß los."
Nachdenklich biss ich mir auf meine Unterlippe, was Marlow ganz genau beobachtete. Sofort nahm er meine Lippen wieder in Beschlag, sodass ich vergaß, was ich eigentlich fragen wollte. Er küsste mich gierig, erkundete meinen Mund mit seiner Zunge und lenkte mich geschickt ab. Vermutlich unabsichtlich, denn er war mir scheinbar genauso verfallen, wie ich ihm. Mein Herz rutschte eine Etage tiefer und mein Bauch kribbelte fast schmerzlich, doch ich erinnerte mich daran, dass ich ihn etwas fragen wollte.
Keuchend löste ich mich von ihm, fuhr mit meinen Händen durch meine Haare und hörte, wie Marlow leise lachte.
„Es tut mir leid. Es war zu verlockend, als du auf deiner Unterlippe herumgeknabbert hast", gestand er und ich war ihm absolut nicht böse deswegen. Im Gegenteil, ich wollte am liebsten auch jede Sekunde nutzen, um seine Lippen zu schmecken.
„Also, was wolltest du wissen?", fragte er.
„Sei bitte ehrlich", begann ich, woraufhin er sich angespannt aufraffte und schwach nickte.
„Bist du überhaupt bereit, dich auf etwas Neues einzulassen? Ich möchte nicht, dass ich am Ende ..." Doch er unterbrach mich und legte seinen Finger auf meine Lippen.
„Das bin ich, Millie. Wirklich. Seit Tagen will ich nichts anderes, als dass du bei mir bist. Ich meine es ernst."
Mein Herz wurde weich, denn das war genau das, was ich hören wollte. Ich wusste, dass ich keine Chance mehr hatte, mein Herz vor ihm zu schützen. Ich hatte es an diesen wunderbaren Mann verloren und konnte nur hoffen, dass er die Wahrheit sagte und er wirklich bereit war. Für uns ...
Für mich war es unglaublich, dass sich dieser schreckliche Tag doch noch zum Guten gewendet hatte. Mein Gott, war Marlow hartnäckig. Zum Glück, denn ansonsten wäre es vermutlich anders ausgegangen.
Und Cathy ... Hätte sie mich nicht mit ihrer zauberhaften, magischen Art überzeugt, hätte ich womöglich nicht mal mehr mit Marlow geredet.
Eins musste man ihr lassen: Den Job als Amor hatte sie perfekt gemeistert und das konnte ich nun mit tausendprozentiger Sicherheit sagen. Marlow war einfach toll und manchmal fragte ich mich, wieso ich überhaupt an ihm gezweifelt hatte. Doch das war jetzt egal. Wir waren glücklich und das war die Hauptsache.
Als Marlow mit Bailey Gassi gegangen war, hatte er Brötchen und Croissants geholt und brachte uns ein Frühstück ans Bett.
Ehrlich, das hatte noch kein Mann der Welt für mich gemacht. Frühstück ans Bett - Wo gab's das heutzutage noch?
Auf meinem Gesicht spiegelte sich ein Dauergrinsen wider. Einfach und allein, weil es mir gerade nicht besser gehen konnte. Und das lag an Marlow. Ich hörte ihn in der Küche mit Geschirr klappern und mit Bailey sprechen. Es war so süß, ihm zuzuhören und ich erwischte mich immer wieder dabei, wie ich bei seinen Worten kicherte.
Gut gelaunt räkelte ich mich im Bett, als die Tür mit einem Fuß aufgeschoben wurde und Marlow sein Schlafzimmer mit einem Tablett voller Köstlichkeiten betrat. Bailey huschte an ihm vorbei und bellte laut, um mich zu begrüßen.
„Guten Morgen, mein Großer."
Er wollte gerade ansetzen, auf das Bett zu springen, als ich meinen Finger ermahnend hob und ihn streng ansah.
„Nein! Auf keinen Fall, Bailey. Das durftest du nur bei mir, also ... Schön unten bleiben."
Doch Marlow lachte leise, stellte das Tablett neben mich und klopfte mit seiner rechten Hand auf das Bett.
„Na komm, Kumpel. Aber nur am Fußende. Wir frühstücken jetzt und du hattest schon."
Nailey machte es sich gemütlich, genau wie Marlow, der sich neben mich setzte, mir einen Kuss gab und nach dem Kaffee griff.
„Hast du gut geschlafen?", wollte er von mir wissen und pustete vorsichtig in seine volle Tasse.
„Wie ein Stein. Und du?"
„Die Nacht war zu kurz, aber dafür war sie perfekt."
Ja, die Nacht war sehr schön gewesen. Einfach bei ihm sein, mit ihm kuscheln, ihn neben mir zu spüren - das reichte mir schon. Wir kannten uns nur ein paar Tage, aber ich hatte das Gefühl, als würde ich ihn schon ewig kennen.
Ob das an der Niere lag? Nein ... Sicherlich nicht.
Es war bestimmt einfach nur Schicksal, dass wir so gut zusammen passten. Diese typische Topf und Deckel Geschichte. Romeo und Julia. Yin und Yang. Salz und Pfeffer. Tag und Nacht.
Es passte einfach alles bei uns. Und genau das ließ ich ihn auch spüren. Ich fühlte mich wohl, schmiegte mich kuschelnd an ihn und biss in mein warmes Croissant. Dieser Morgen war einfach perfekt. Ich hatte alles, was ich gerade brauchte und wollte diesen Moment gegen nichts auf dieser Welt eintauschen.
Bailey war hier, ich hatte einen leckeren Latte Macchiato, ein köstliches Frühstück, ein gemütliches Bett und den tollsten aller Männer neben mir.
„Kannst du mich nachher nach Hause fahren?"
„Klar. Aber du kannst auch gerne noch bleiben. Ich mag eure Gesellschaft."
„Und ich mag deine Gesellschaft, aber ich habe nichts hier. Keine Zahnbürste, keine Wechselkleidung. Außerdem machen sich meine Eltern bestimmt Sorgen. Und meine Schwester ... Oh Gott, Hazel! Sie hat bestimmt schon versucht, mich zu erreichen."
Ich stand auf, holte mein Handy und tippte schnell eine Nachricht an sie, dass es mir gut ging und ich später nach Hause kommen würde.
„Sie hat neunzehn mal angerufen und dreiundzwanzig Nachrichten hinterlassen. Wundert mich, dass sie die Polizei nicht eingeschaltet hat."
Marlow lachte und rieb sich den Nacken.
„Naja, vielleicht hat sie geahnt, dass wir uns ausgesprochen haben."
Wahrscheinlich. Meine Schwester kannte mich eben fast besser, als ich mich selbst. Und sie hatte eine gute Menschenkenntnisse. Außer bei Clark, aber das war der rosaroten Brille geschuldet. Scheinbar vertraute sie Marlow direkt, sonst hätte sie sicher Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um mich zu finden.
„Morgen ist Weihnachten", wechselte ich das Thema und hob leicht meine Mundwinkel.
„Und was machst du an Weihnachten immer?"
„Ich bin bei meinen Eltern. Und du?"
Er atmete tief durch und strich eine meiner Strähnen hinter mein Ohr. Selbst die kleinste Berührung löste etwas in mir aus, was ich nicht in Worte fassen konnte.
„Wyatt und ich sind dieses Jahr bei unserer Mutter. Nachdem mein Weihnachten letztes Jahr ausgefallen ist", erklärte er, während ich mir gerade total blöd vorkam, weil ich dieses Thema angeschnitten hatte. Wie unsensibel war das bitte von mir?
„Es tut mir leid, ich wollte ni...", doch er schüttelte seinen Kopf und legte seinen Zeigefinger auf meine Lippen.
„Hey ... Es ist alles okay. Wir können über alles sprechen und auch über Weihnachten. Also wenn du nichts dagegen hast, würde ich dich gerne morgen danach noch sehen. Meinst du das geht?"
Oh Gott - mein Herz schmolz förmlich dahin. Er wollte Weihnachten mit mir feiern.
Marlow schob das Tablett auf den Nachttisch, beugte sich zu mir herüber und küsste mich, bis wir Bailey neben uns jaulen hörten. Wir drehten beide grinsend unseren Kopf in seine Richtung und beobachteten ihn und seinen süßen Hundeblick.
„Was ist eigentlich mit ihm? Wann kommt die Nachbarin deiner Freundin zurück?"
Stimmt - Da war ja noch was.
Wie sollte ich ihm das am Besten sagen? Ich konnte ja schlecht sagen, dass der Hund ein Geschenk von Cathy war und dass es diese Nachbarin niemals gab. Wahrscheinlich hätte ich dann sofort den Krankenwagen oder besser gleich die Klapsmühle anrufen können.
„Naja, weißt du ... ?! Sie kommt gar nicht mehr zurück", sagte ich und das war zumindest nicht ganz gelogen.
„Gar nicht mehr?", hakte er nochmal nach.
„Nein. Die hat sich aus dem Staub gemacht. In Luft aufgelöst, keine Ahnung."
Er riss schockiert den Mund auf und sah erneut zu Bailey, der noch immer wohl erzogen am Fußende lag.
„Und was wird aus ihm?"
„Naja, meine Freundin ist wieder unterwegs. Arbeit ... Also dachte ich, wir könnten ihn doch nehmen", schlug ich vor.
„Wir?"
Er wiederholte es etwas verträumt, aber mit einem Grinsen auf den Lippen und brauchte nicht lange, um seine Begeisterung zu zeigen. Lächelnd wandte er sich an Bailey.
„Na, mein Freund? Was sagst du denn dazu?"
Bailey bellte zweimal und aus eigener Erfahrung konnte ich sagen, dass das Ja bedeutete.
Wir streichelten ihn, woraufhin er zu uns kroch und es sich zwischen uns gemütlich machte. Die nächsten Stunden verbrachten wir zu dritt. Wir spielten mit ihm, machten viel Quatsch und gingen eine große Runde durch den Central Park. Später am Tag fuhr Marlow mich nach Hause, wo Hazel bereits sehnsüchtig auf mich wartete.
„Endlich! Kollege Schnürschuh, wie wäre es mal mit anrufen? Wenigstens eine Nachricht schreiben. Bist du noch ganz dicht?", fuhr sie mich verständlicherweise direkt an.
„Tut mir leid", lächelte ich sie mit klimpernden Wimpern an und hoffte, sie würde mir meinen kleinen Fauxpas verzeihen. Hazel wollte gerade erneut ansetzen, als sie im gleichen Moment Marlow mit Bailey in der Tür stehen sah.
„Oh ..."
„Hey", sagte er lässig und unterdrückte ein süffisantes Grinsen. Irritiert sah Hazel zwischen uns hin und her.
„Was wird das? Alles wieder gut oder was ist hier los?""
„Ja", lächelte ich in Marlows Richtung. „Ich wollte nur eben ein paar Sachen holen, dann sind wir auch schon wieder weg."
„So?", hakte sie nach, doch ich ignorierte ihre Frage gekonnt und ging stattdessen nach oben in mein Zimmer. Natürlich folgte sie mir neugierig und schob mich geradezu durch die Tür, die sie im nächsten Moment schloss.
„Was ist los? War also doch ein Missverständnis? Millie! Du kannst dich nicht einfach aus dem Staub machen, dich stundenlang nicht melden und dann heute morgen eine Nachricht schicken, dass alles okay ist. Und dann tauchst du drei Stunden später mit dem Typen auf, den du gestern eigentlich nicht mehr sehen wolltest!"
„Ich weiß, ich weiß. Aber es war wirklich ein Missverständnis und irgendwie ... naja, wir haben die Zeit total vergessen", rechtfertigte ich mich.
Sie nickt mit verschränkten Armen vor ihrer Brust und hob grinsend eine Augenbraue.
„Hmmh ... Zeit vergessen. Schon klar. Was ist jetzt? Seid ihr ...?"
Doch bevor sie den Satz beenden konnte, zuckte ich schon mit meinen Schultern.
„Ich weiß es nicht. Es ist ja noch sehr frisch, aber es ist schön mit ihm."
Sie ließ meine Bemerkung so stehen, setzte sich grinsend auf mein Bett und sah zu, wie ich meine Sachen in eine kleine Reisetasche packte. Der Plan war, dass wir den heutigen Tag und die Nacht zusammen verbrachten. Morgen würde er mich hierhin bringen und dann würden wir beide Weihnachten mit unserer Familie verbringen.
Als ich fertig gepackt hatte, machten Hazel und ich uns wieder auf den Weg nach unten und alleine beim Anblick von Marlow, der wieder einmal verboten gut aussah, machte mein Herz Purzelbäume. Ich war richtig stolz darauf, dass er mich wollte. Keine andere. Nur mich ...
„Okay, wie sieht's aus? Habt ihr zwei Lust auf den Weihnachtsmarkt? Wyatt hat gerade angerufen und gefragt", erklärt Marlow, woraufhin Hazel sich zu Bailey hockte, ihn streichelte und fragend zu Marlow hoch sah.
„Wer ist Wyatt?"
„Sein Bruder", antwortete ich für ihn.
„Na gut. Von mir aus."
Wir zogen uns beide noch schnell etwas warmes an. In der Zwischenzeit hatte Marlow es sich mit einem heißen Kaffee in der Küche gemütlich gemacht, während Bailey sich in sein Körbchen zurückgezogen hatte. Denn schnell bedeutete etwa so viel wie: Minutenlang vor dem Kleiderschrank das passende Outfit heraussuchen, im Badezimmer das Make-Up auffrischen, die Haare mützentauglich stylen, um dann am Ende doch noch ein anderes Outfit anzuziehen.
„Fertig", prahlte ich, denn wir hatten gerade mal 18 Minuten für dieses Procedere gebraucht.
„Dann kann es ja los gehen."
Bailey ließen wir zuhause. Den würden wir später holen. Nachdem wir das Auto von Marlow auf dem Parkplatz seiner Bank geparkt hatten, liefen wir einige Meter bis zu dem Treffpunkt auf dem Weihnachtsmarkt, wo wir Wyatt trafen.
„Du bist also Millies Schwester", wollte er wissen, die zugleich nickte. „Die bin ich."
Mich ließ das Gefühl nicht los, dass die beiden voneinander ziemlich angetan waren und dass sie sogar hin und wieder flirteten. Deswegen zog ich Hazel beiseite, um ein ernstes Wörtchen mit ihr zu sprechen.
„Was ist mit Clark?"
„Du hattest recht. Er ist und bleibt ein Arsch. Gut, dass wir uns damals getrennt haben", erklärte sie mir. Das waren ja ganz neue Töne, doch Wyatt war mir als potenzieller Schwager tausendmal lieber, als dieser Schleimbolzen Clark.
Wir schlenderten weiter ausgelassen über den Weihnachtsmarkt in New York, der sich entlang der glitzernden Straßen, wo bunte Stände kunstvoll geschmückte Handwerkswaren, köstliche Leckereien und festliche Dekorationen präsentierten, erstreckte. Der Duft von gebrannten Mandeln und Zimt lag in der Luft, während die Straßen von funkelnden Lichtern und festlichen Klängen erfüllt waren. Zwischen den Ständen schlenderten die Menschen, eingehüllt in warme Mäntel und mit strahlenden Augen, umgeben von der Magie der festlichen Atmosphäre.
In der Ferne ragte der majestätische Weihnachtsbaum am Rockefeller Center empor, dessen funkelnde Lichter die Herzen der Besucher erwärmten. Die Szenerie bot eine perfekte Kulisse für romantische Begegnungen und inspirierende Geschichten inmitten des winterlichen Zaubers der Stadt.
Als Marlow stehen blieb und mich am Arm festhielt, blieb auch ich stehen. Er küsste mich zärtlich vor all diesen Menschen und bescherte mir ein Bauchkribbeln vom Allerfeinsten.
„Ich bin echt froh, dass du in dieser Bar in mein Leben gestürzt bist. Im wahrsten Sinne des Wortes", lachte er. „Habe ich dir das mal gesagt?"
Als Antwort legte ich einfach wieder meine Lippen auf seine und konnte mir ein glückliches Grinsen dabei nicht verkneifen.
„Mmmh ... Daran könnte ich mich gewöhnen. Aber ich schulde dir noch ein richtiges Date. Und wenn du morgen früh noch nichts geplant hast, dann hast du jetzt was vor."
„Zufällig habe ich noch keine Pläne. Außer in deinem Bett aufzuwachen", flüstere ich gegen seine Lippen.
„Klingt perfekt."
Wir gingen weiter, liefen Wyatt und Hazel hinterher und genossen diese besinnliche und weihnachtliche Atmosphäre. Ich hatte das Gefühl, dass dieses Weihnachten ganz besonders werden würde ...
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