7
„Wenn die Dunkelheit hereinbricht und der Oktoberwind flüstert, sind Abenteuer nie weit entfernt.“
Draußen scheint die Sonne und wirft lange Schatten auf den Gehweg, während ein warmer Wind die letzten Herbstblätter durch die Luft tanzen lässt. Ich sitze mit Sophie in einem kleinen Café gegenüber der Druckerei und beobachte Luca, der drinnen an seinem Laptop hockt. Er starrt konzentriert auf den Bildschirm, als wäre er mitten in einem wichtigen Projekt. Dabei kann ich kaum glauben, dass ausgerechnet er eine legendäre Halloween-Party schmeißen will. So ambitioniert habe ich ihn noch nie erlebt. Aber gerade das macht meinen Plan umso besser.
„Er sieht echt beschäftigt aus“, murmelt Sophie, während sie einen Schluck von ihrem Pumpkin Spice Latte nimmt. „Also, wie ist der Plan?“
„Er muss für ein paar Minuten vom Computer weg“, murmele ich und schiebe einen Keks auf meinem Teller hin und her. „Du lenkst ihn ab, ich kümmere mich um den Rest.“
Sophie seufzt und verdreht die Augen. „Und wie genau soll ich ihn ablenken? Soll ich ein Tänzchen aufführen oder was?“
„Quatsch“, sage ich grinsend. „Ein bisschen Charme von dir reicht völlig. Du bist schließlich Sophie.“ Und das meine ich nicht nur so dahin gesagt. Sophie hat diese natürliche Art, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, mit ihren langen blonden Haaren und dem strahlenden Lächeln, das selbst den mürrischsten Lehrer besänftigen könnte. Wenn sie jemanden anspricht, hört man ihr zu – sei es, weil sie süß und unschuldig wirkt oder weil sie mit dieser leichten Verspieltheit in der Stimme einfach jeden für sich gewinnen kann.
„Na gut, Chefin“, erwidert sie mit gespielt genervtem Tonfall, aber ein kleines Lächeln huscht über ihre Lippen. Sie steht auf und streicht sich ihre Haare zurück, bevor sie losgeht. Mit einem letzten Zwinkern in meine Richtung überquert sie die Straße und öffnet die Tür zur Druckerei. Der Plan läuft.
Gespannt lehne ich mich vor und verfolge die Szene durch die große Fensterscheibe. Sophie marschiert direkt auf Luca zu, setzt ein strahlendes Lächeln auf und beugt sich leicht nach vorn, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Ich kann ihre Worte nicht hören, aber es scheint zu funktionieren, denn Luca blickt überrascht auf und erwidert irgendetwas, während er ein schiefes Grinsen aufsetzt. Sophie zeigt auf die Straße hinaus, als würde sie ihm etwas zeigen wollen – vielleicht behauptet sie, dass ihr Fahrrad einen Platten hat, oder dass ein streunender Hund in der Nähe herumlungert. Was auch immer sie ihm erzählt, es scheint zu wirken, denn Luca steht auf, zieht sich seine Jacke über und folgt ihr nach draußen.
Perfekt. Das ist meine Chance.
Ich warte nur einen Herzschlag, bevor ich aufspringe und die Straße überquere. Mit einem leisen „Kling“ öffne ich die Tür zur Druckerei und schlüpfe hinein. Luca hat seinen Laptop einfach so offen gelassen – was für ein Amateur.
Auf dem Bildschirm leuchtet die Einladungskarte für seine Party, mit der Adresse der Location, die bald völlig nutzlos sein wird. Ich grinse schadenfroh, als ich die alte Adresse lösche und eine neue eintippe – eine verlassene Lagerhalle am Stadtrand, die so heruntergekommen ist, dass sich höchstens ein paar Ratten dorthin verirren würden. Mit einem letzten Klick speichere ich die Änderungen ab und lehne mich triumphierend zurück.
Doch bevor ich mich umdrehen kann, höre ich plötzlich die Türglocke. Mein Herz setzt einen Schlag aus. Ohne nachzudenken lasse ich mich blitzschnell unter den Schreibtisch gleiten, gerade rechtzeitig, bevor Luca hereinkommt.
Ich presse mich gegen die kalte Wand, während meine Knie zittern. Er schlendert auf den Schreibtisch zu, und aus meiner Position sehe ich nur seine Schuhe, die sich langsam nähern. Mein Atem stockt. Wenn er auch nur einen flüchtigen Blick nach unten wirft, bin ich geliefert. Aber Luca scheint nichts zu ahnen – er murmelt etwas vor sich hin, tippt ein paar Mal auf die Tastatur und geht dann zum Tresen hinüber.
„150 Stück, bitte“, höre ich ihn sagen. „Das normale Papier.“
Der Drucker beginnt sofort, die Einladungen auszuspucken, eine nach der anderen. Das Geräusch des ratternden Druckers hallt durch den Raum, während ich stocksteif unter dem Tisch hocke. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, und ich wage es kaum zu atmen. Was, wenn Luca sich noch einmal umdreht? Meine Finger sind schweißnass. Es fühlt sich an, als würde mein Puls im Takt des Druckers schlagen.
Vorsichtig, fast unmerklich, krieche ich unter dem Tisch hervor. Luca und der Druckereimitarbeiter scheinen in ein Gespräch vertieft zu sein. Jetzt oder nie. Ich schleiche mich in Richtung Ausgang, den Blick fest auf die beiden gerichtet. Gerade als ich den Türgriff erreiche und die Tür aufdrücke, höre ich hinter mir eine Stimme.
„Hey, du da!“
Ich friere ein, mein Blut gefriert. Langsam drehe ich mich um und blicke direkt in die blauen Augen eines Mitarbeiters. Er hat blondes, etwas zu langes Haar, das ihm fast in die Augen fällt, und trägt eine runde Brille, die ihm einen leicht nerdigen, aber auch charmanten Look verleiht. Er sieht aus wie jemand, der seine Freizeit in einer Comicbuchhandlung oder beim Videospielen verbringt. Ein schiefes Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus, während er mich neugierig mustert.
„Du weißt, dass ich dich die ganze Zeit beobachtet habe, oder?“, bemerkt er mit einer hochgezogenen Augenbraue.
„Ähm … vielleicht?“ Ich versuche, cool zu bleiben, aber mein Herz pocht immer noch heftig in meiner Brust. „Ich habe nur … nach einer Broschüre gesucht.“
„Klar“, erwidert er mit einem leichten Lächeln. „Eine Broschüre.“ Er verschränkt die Arme vor der Brust und mustert mich weiterhin skeptisch, sein Grinsen bleibt jedoch bestehen. „Du hast ziemlich lange gebraucht, um sie zu finden, meinst du nicht?“
„Und was willst du jetzt machen?“, frage ich, obwohl ich die Antwort eigentlich schon kenne. Die Augen des Typen funkeln vor Belustigung.
„Naja, ich könnte natürlich meinem Chef Bescheid sagen und ihm erklären, dass du hier anscheinend an fremden Computern herumspielst“, antwortet er und macht eine kurze Pause, bevor er weiterspricht. „Oder …“ – sein Grinsen wird noch breiter – „ich könnte dich zu einem Date einladen und die ganze Sache für mich behalten.“
„Ach wirklich?“ Ich verschränke die Arme und sehe ihn herausfordernd an. „Du erpresst mich also, hm?“
„Man könnte es so nennen“, sagt er und zuckt lässig mit den Schultern. „Aber hey, ich verspreche dir, es wird ein lustiger Abend. Und ich weiß zufällig, dass das Café hier nebenan hervorragende Brownies hat.“
Ich öffne den Mund, um etwas zu erwidern, doch bevor ich antworten kann, fällt mein Blick auf Luca, der am anderen Ende des Raums steht und mich direkt anschaut. Er zieht eine Augenbraue hoch und seine Lippen verziehen sich zu einem selbstzufriedenen Lächeln. „Na Pocahontas?“, ruft er und nickt mir zu. „Hast du irgendwas verloren?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, wendet er sich wieder ab, als wäre ich nicht mehr als ein flüchtiger Gedanke.
Ich kann fühlen, wie mir das Blut in die Wangen schießt. Der Typ vom Druckerladen beobachtet mich noch immer mit diesem belustigten Ausdruck auf seinem Gesicht. Er tritt einen Schritt näher an mich heran. „Also, wie sieht’s aus? Willst du jetzt ein Date oder soll ich anfangen, dir Fragen zu stellen?“
Innerlich winde ich mich, aber ich sehe keine andere Möglichkeit, als mich auf den Deal einzulassen. „Okay, ein Date“, gebe ich schließlich nach. „Aber nur, wenn du wirklich die Klappe hältst.“
„Abgemacht.“ Er grinst triumphierend, als hätte er gerade einen großen Sieg errungen, und dreht sich wieder um, um sich seiner Arbeit zu widmen.
Doch bevor ich mich Richtung Tür schleichen kann, hält er inne und dreht sich noch einmal zu mir um. „Moment mal.“
Ich spüre, wie sich meine Nackenhaare aufstellen. „Was denn noch?“, frage ich misstrauisch.
Er lehnt sich lässig gegen den Tresen und zieht sein Handy aus der Hosentasche. „Deine Nummer. Ich brauche ja was, um unser Date auszumachen, oder?“
Ich stöhne leise. „Du bist echt hartnäckig, was?“
„Sag lieber clever.“ Er tippt meine Nummer ein, während ich sie ihm widerwillig aufsage. Dann zeigt er mir den Bildschirm, um sicherzugehen. „Die stimmt auch, oder?“
Ich werfe einen flüchtigen Blick auf seinen Kontaktvorschlag: Pocahontas. Na klar. Ich verdrehe die Augen, kann mir aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Du hast echt ein Talent, Leute zu nerven.“
„Danke, ich geb mir auch Mühe.“ Er grinst zufrieden und verstaut sein Handy. „Also, bis bald, Pocahontas.“
Ich winke halbherzig, drehe mich um und schiebe schnell die Tür zur Druckerei auf. Draußen atme ich tief durch und schließe mich Sophie an, die mit funkelnden Augen auf mich wartet.
„Was war da drin los?“, fragt sie neugierig.
„Lange Geschichte.“ Ich schüttele den Kopf und lache leise. „Sagen wir mal so: Luca wird eine Überraschungsparty erleben, und ich habe ... ein Date.“
Sophie prustet los. „Was für ein Tag!“
Ich grinse breit und klopfe mir symbolisch den Staub von den Händen. „Na dann: Auf die Halloweenpartys, fertig, los!“
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