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31 | IVETE

»Wo bleibt er denn?«, murmelt Peter ungeduldig.

»Vielleicht ist er nach Hause gefahren, um seine Tasche zu packen?«, mutmaße ich, während ich vom Rücksitz aus genauso gebannt nach draußen starre und die Umgebung im Blick behalte.

»Er hätte längst hier sein müssen! Was, wenn unser Plan nicht funktioniert?«

Justus seufzt tief und wirft seinem Freund einen genervten Blick zu. »Ach, Peter, nun warte doch mal ab. Er wird schon kommen. Er hat gar keine andere Wahl, wenn er nicht alles verlieren will.«

»Was, wenn er zurück zum Container gefahren ist?«

»Dann wird er diesen leer vorfinden und noch einen Grund mehr haben, so schnell wie möglich abzutauchen«, kontert Justus mit einer Überzeugung in der Stimme, die ich sehr bewundere.

Wir sitzen hier in einem alten schwarzen Toyota, den Justus sich von einem Freund ausgeborgt hat, auf einem öffentlichen Parkplatz gegenüber der Lagerhalle und warten auf Raynor. Justus hat uns am vereinbarten Treffpunkt aufgesammelt. Der MG, der Raynor bekannt ist, steht versteckt in einer Nebenstraße. Inzwischen ist es fast schon dunkel, aber der Vorplatz vor der Lagerhalle ist hell erleuchtet und gut einsehbar. Es ist nicht viel los. Vereinzelt stehen Autos davor, deren Besitzer aber nicht auftauchen.

Bei der Halle handelt sich um ein Unternehmen, bei dem man Lagerflächen anmieten kann. In allen erdenklichen Größen. Von schuhkartongroßen Schließfächern bis hin zu 20m² Räumen. Offiziell läuft hier alles ganz legal und korrekt ab und die Mieter werden namentlich registriert. Aber mit den richtigen Argumenten - sprich genug Geld - kann man hier auch das vollkommen anonyme Zusatzpaket buchen. Victor hatte genau diese Serviceleistung gebucht, als er das Fach angemietet hat. Ich hatte keinerlei Probleme, den Mietvertrag noch um eine Woche zu verlängern und das Amulett hier zu deponieren. Anonym. Ich habe sogar noch einen großzügigen Bonus draufgelegt, damit der Besitzer dieser Firma mein Gesicht sofort wieder vergisst und die Überwachungsvideos von meinem Besuch verschwinden lässt.

Raynor ahnt nicht, dass er uns hier in eine wohl durchdachte Falle gehen wird.

Das hoffe ich zumindest. Denn wenn ich ehrlich bin, geht es mir wie Peter. Es macht auch mich nervös, dass er noch nicht hier aufgetaucht ist. Ist er vielleicht doch abgehauen? Ohne das Amulett zu holen? Oder war er schneller als wir und wir haben ihn verpasst? Je näher wir dem Finale rücken, desto unsicherer werde ich und desto lauter werden die zweifelnden Stimmen in meinem Kopf. Haben wir an alles gedacht? Haben wir die richtigen Entscheidungen getroffen? Funktioniert unser Plan?

Bei dessen Entwicklung hat man die jahrelange Erfahrung der zwei Detektive deutlich gemerkt. Vor allem Justus besitzt eine Kombinationsgabe und ein strategisches Denken, um das ich ihn sehr beneide. Und auch wenn Peter sich phasenweise anhört, wie ein nörgelndes Kind auf dem Weg in den Urlaub, hat auch er in den letzten Stunden gezeigt, dass er in heiklen Situationen die Nerven behält. Zudem ist es für beide nicht die erste Beschattung, die sie durchführen.

Für mich hingegen ist das hier die absolute Hölle. Lieber plane ich den nächsten Coup, allein und mit einer Horde Wachhunde, die mich erwarten. Aber hier habe ich nichts mehr in der Hand. Ich muss darauf vertrauen, dass alle Spielfiguren an der richtigen Stelle stehen und auch genau das machen, was wir ihnen zugedacht haben.

Und was noch hinzukommt: Ich muss darauf vertrauen, dass die drei Fragezeichen Wort halten und mich nicht doch noch verpfeifen.

Der Gedanke war die ganze Zeit bereits da, leise im Hintergrund. Bisher habe ich ihn weggeschoben und mich um das gekümmert, was oberste Priorität hatte: Bob zu retten.

Aber nun haben Zeit zum Nachdenken und zu guter Letzt eine Nachricht meiner Schwester dafür gesorgt, dass mein Gedankenkarussell Fahrt aufgenommen hat.

›Papai hat seine Anwälte informiert. Nur für den Fall der Fälle! Alle stehen auf Abruf bereit.‹

Also zweifeln sowohl meine Schwester als auch mein Vater daran, dass die Sache glimpflich für mich ausgeht.

Und wenn ich ehrlich zu mir selber bin, zweifel auch ich immer mehr daran und bereue es, überhaupt zu ihnen gegangen zu sein. Für Bobs Rettung war es unumgänglich. Allein hätte ich das niemals bewerkstelligen können. Aber was ist mit mir? Ich kann die zwei Detektive nur schwer einschätzen, trotz der intensiven letzten Stunden. Justus lässt sich nicht in die Karten gucken. Seine Miene ist unergründlich und ich habe mir bereits innerlich eine Notiz gemacht, niemals gegen ihn Poker zu spielen. Ob er mir wohlgesinnt ist? Keine Ahnung! Im Gegensatz dazu lassen sich Peters Gefühle wie in einem offenen Buch lesen. Er mag mir beigestanden und mir aus der brenzligen Situation in dem Abbruchhaus geholfen haben, aber seine Abneigung mir gegenüber ist deutlich. Und seit die beiden Bob befreit haben, ist in jeder seiner Handlungen eine fast unbändige Wut zu spüren. Die Frage ist nur, auf wen? Auf mich?

Wir haben beim Schmieden des Plans nie konkret darüber gesprochen, was sie von mir erwarten. Denn auch wenn meine Motive vielleicht ehrenwert sind, bleibt doch eine Tatsache bestehen: Ich bin eine Diebin. Damit stehe ich auf der anderen Seite des Gesetzes. Und ein Mitglied der drei Fragezeichen liegt wegen mir jetzt mit schweren Verletzungen im Krankenhaus. Ich kann es ihnen nicht verdenken, wenn sie mir das übel nehmen. Wenn sie mich ans Messer liefern, sobald sie die Gelegenheit haben.

»Da ist er!«

Justus Worte wirken wie ein Elektroschock. Sofort sind meine Sinne hellwach. Ich schiebe alle Zweifel beiseite und fokussiere mich. Auch Peter richtet sich auf dem Beifahrersitz augenblicklich gerade auf.

Ein schwarzer Ford ist auf den Parkplatz gefahren und parkt relativ nahe am Eingang. Tatsächlich ist es Raynor, der aussteigt.

»Woher kennst du seinen Wagen?«, frage ich Justus.

»Ich hab mich informiert«, sagt er nur geheimnisvoll, was mir nicht wirklich weiterhilft.

Raynor sieht sich unauffällig auf dem Parkplatz um, dann begibt er sich zur Lagerhalle und verschwindet darin.

Jetzt heißt es wieder warten. Das Schweigen zwischen uns ist angespannt. Die Minuten ziehen sich wie Kaugummi und fühlen sich an wie Stunden.

»Wo sind sie denn?«, fragt schließlich Peter wieder.

»Warte ab!«, weist ihn Justus zurecht.

In dem Moment fahren zwei Autos vor und suchen sich Parkplätze an den gegenüberliegenden Seiten des Platzes. Die Lichter gehen aus, aber die Fahrer bleiben darin sitzen.

Der Anblick sollte mich beruhigen, heiß es doch, dass Verstärkung eingetroffen ist. Aber es passiert genau das Gegenteil. Die Nervosität steigt in mir auf und wird von Minute zu Minute einengender. Meine Hände beginnen zu schwitzen und der Wunsch, einfach zu verschwinden, ist übermächtig und lässt sich schließlich kaum noch zurückhalten. Die Reaktion meines Körpers verstärkt meine Nervosität nur noch weiter. Wo ist meine Selbstbeherrschung geblieben? Es ist, als würde mein Unterbewusstsein ein innerliches Notfallprogramm hochfahren, das mir helfen soll, mich so schnell wie möglich aus dieser Gefahrensituation zu begeben.

Schließlich öffnet sich die Tür der Halle und Raynor tritt heraus. Und nun geht plötzlich alles so schnell, dass ich kaum hinterher koqmme. Die Insassen der beiden Autos springen mit gezogenen Waffen nach draußen und umzingeln Raynor. Dem gelingt zunächst die Flucht in sein Auto und er setzt in einem halsbrecherischem Tempo zurück. Gleichzeitig tauchen zwei Polizeiautos mit eingeschaltetem Blaulicht und Sirene auf und versperren Raynor den Weg. Die Fahrertür wird aufgerissen und Raynor aus dem Wagen gezerrt.

»Sie haben ihn!«, ruft Peter erleichtert aus.

Die Worte hallen in meinem Kopf wieder, während ich die Szene weiterhin anstarre und mich keinen Zentimeter rühre. Irgendwann bemerke ich, dass meine Tür geöffnet und mir eine Hand hingestreckt wird.

»Alles okay?«

Was habe ich nur an mir, dass Peter mir diese Frage ständig stellt? Wobei sie diesmal durchaus berechtigt ist. Ich stehe an einem Wendepunkt und habe keinerlei Einfluss mehr darauf, was passieren wird. Und der Gedanke bereitet mir Übelkeit. Seit dem Tod meiner Mutter habe ich mich nicht mehr so unsicher und abhängig gefühlt. Aber das ist nichts, worüber ich jetzt nachdenken kann, geschweige denn sprechen will.

Mit etwas Verspätung nicke ich einfach nur. Peter sieht mich stirnrunzelnd an, wechselt einen Blick mit seinem Freund, sagt aber nichts weiter.

Gemeinsam überqueren wir die Straße und nähern uns dem Trubel. Die Polizisten sind ausgeschwärmt und verrichten ihre Arbeit. Raynor steht umringt von mehreren Personen an seinem Ford und macht ein unbeteiligtes Gesicht, während eine Frau mit blonden, zu einem Pferdeschwanz gebundenen Haaren, auf ihn einredet.

Als er uns sieht - genauer gesagt mich - wandelt sich sein Gesichtsausdruck und sein Blick wird mörderisch. Er geht einen Schritt auf uns zu, wird aber sofort von zwei Männern zurückgehalten. Er sagt etwas und sieht mich mit wutverzerrtem Gesicht an. Ich verstehe es nicht, aber ein Kompliment kann es nicht gewesen sein. Die Frau dreht sich verwundert um, sieht uns und kommt uns entgegen, nachdem sie den beiden Polizisten, die Raynor festhalten, Anweisungen zugerufen hat.

Sie hat uns noch nicht ganz erreicht, als aus einem hellen Ford eine weitere Person aussteigt. Ein großer, sportlicher Mann irgendwo in den Fünfzigern, mit schwarzen Haaren, die an den Schläfen schon etwas dünner und gräulich werden.

»Inspector Cotta?«, ruft Peter verwundert und irgendwie auch erfreut aus. »Was machen Sie denn hier? Das ist doch gar nicht Ihr Bezirk?«

»Völlig richtig.« Er wirkt ein wenig verstimmt und die Art, wie er Justus und Peter ansieht, erinnert mich an meinen Lehrer, der mich beim Spicken erwischt hat. »Nachdem mich Justus mal wieder meines wohlverdienten Feierabends beraubt hat und ich meine Beziehungen spielen lassen musste, wollte ich mir das Ergebnis nicht entgehen lassen. Darf ich vorstellen«, er deutet auf die Frau, die inzwischen neben ihm steht, »Sergeant Williams, die Person, die hier das Sagen hat. Ihr könnt froh sein, dass wir uns schon viele Jahre kennen und der Fall bei ihr gelandet ist. Linda, das sind zwei der drei jungen Herren, von denen ich dir erzählt habe. Justus Jonas und Peter Shaw.«

Die zwei Detektive reichen der Polizistin die Hand.

»Unser dritter Mann, Bob Andrews, wird bereits im Krankenhaus behandelt«, informiert Justus sie.

»Wie geht es ihm?«, erkundigt sich Sergeant Williams.

»Eine Gehirnerschütterung, mehrere Prellungen und die Rippen sind auch in Mitleidenschaft gezogen. Genaueres werden die Untersuchungen ergeben.«

Er sagt das in einem professionellen Tonfall. Doch ich kann deutlich die Wut heraushören, die er darüber empfindet, was seinem besten Freund angetan wurde. Was ich ihm indirekt angetan habe. Und schon sind die Zweifel und die Vorwürfe wieder da, drücken mir die Luft zum Atmen ab und vernebeln mir das Hirn, sodass mir das Denken schwer fällt. Ausgerechnet jetzt fallen mir Raynors Worte ein. Seine Kaltschnäuzigkeit, mit der er mir mitteilte, dass der Container, in dem sich Bob befindet, in wenigen Tagen verschifft werden würde. Spätestens das wäre Bobs Todesurteil gewesen. Ein Todesurteil, dass ich zwar nicht gefällt, doch mindestens begünstigt habe, weil ich mich überhaupt erst auf ihn eingelassen habe.

Die Erinnerung ist weiterer Antrieb für mein Gedankenkarussell. Es jagt inzwischen in einem halsbrecherischem Tempo durch meinen Kopf, so dass ich kaum noch hinterher komme.

Ich bemerke erst mit Verspätung, dass plötzlich alle Augen auf mich gerichtet sind.

»Und Sie sind Ivete Pinto Camargo, nehme ich an?«, fragt mich Sergeant Williams mit abschätzendem Blick.

Ich nicke und gebe ihr ebenfalls die Hand. »Genau«, antworte ich mit kratziger Stimme.

Ihr Händedruck ist fest, aber nicht unangenehm. Sie ist ein wenig größer als ich, hat breite Schultern. Unter ihren grünen Augen zeigen sich Fältchen, die davon zeugen, dass sie viel lacht. Jetzt und hier wirkt sie eher energisch und verbissen. Eigenschaften, die man in ihrem Job und ihrer Position sicherlich benötigt.

Sie deutet hinter sich in Richtung Raynor. »Unser Verdächtiger hat schwere Vorwürfe gegen Sie erhoben. Er behauptet, dass Sie das Amulett gestohlen und hier deponiert haben. Er hätte es lediglich abholen wollen.«

Da ist er nun, der große Moment. Raynor selbst ist nicht das Problem. Er hat nichts gegen mich in der Hand, außer seine Behauptung, er hätte mich gesehen. Aber Justus und Peter wissen alles. Warum nur war ich so dumm und habe zugelassen, dass ich ihnen alles erzähle? Warum nur habe ich mich von Peter so dermaßen provozieren lassen? Mit dem, was sie wissen, ist es ein Leichtes, mich festzusetzen. Die Möglichkeit, dass die beiden mich davonkommen lassen, halte ich inzwischen für völlig ausgeschlossen.

Vielleicht wäre es geschickt, wenn ich ihnen einfach zuvor komme. Zumindest mit einem kleinen Teil der Geschichte. Es würde sich bestimmt straflindernd auf mich auswirken und den Rest erledigen dann Papais Anwälte. Ich könnte den Diebstahl des Amuletts zugeben, dass es mir aber nicht um das Schmuckstück, sondern um die versteckten Informationen gegangen ist. Informationen, die mich zum Mörder meiner Mutter führen sollten. Dass ich die Identität des Urutau genutzt habe, um eine falsche Spur zu legen. Eine Spur, die zu einem Phantom führt, dass ich natürlich durch meine Arbeit in der Kunstbranche kenne. Dass ich auch die ganzen anderen Diebstähle begangen habe, behalte ich natürlich für mich. Keiner der anderen lässt sich zu mir zurückverfolgen und dürfte mir dadurch gefährlich werden.

Das ist bei weitem kein guter Plan, aber es ist einer. Mit Bauchschmerzen, aber deutlich gefasster, antworte ich auf Williams unausgesprochene Frage.

»Natürlich hat er das.« Ich lache auf und merke erst dann, wie resigniert es klingt. »Nun, um ehrlich zu sein, ist es tatsächlich ...«

Ein lautes Niesen direkt neben mir lässt mich heftig zusammenzucken und bringt mich kurz aus dem Konzept.

»Sorry!«, murmelt Peter verschnupft und reibt sich mit dem Handrücken über die Nase. »Das kitzelte die ganze Zeit schon. Hab wohl irgendwo Staub eingeatmet.«

Ich komme nicht dazu, weiterzusprechen, denn Justus nutzt den kurzen Augenblick meines Schweigens aus. Energisch tritt er einen Schritt näher zu mir und wirkt, als wolle er sich schützend vor mich stellen. »Sergeant, bei aller Liebe, aber Ivete hat in den letzten 48 Stunden sicherlich genug durchgestanden und muss sich nicht jetzt auch noch solche hanebüchenen Anschuldigungen anhören. Raynor ist da einem Irrtum erlegen, der jeglicher Grundlage entbehrt. Er versucht lediglich seine Haut zu retten. Überprüfen Sie seine Finanzen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Und diese hat er auf zwei Wegen versucht zu lösen. Zum einen, indem er das Amulett entwendet und verkauft. Und zum anderen, indem er Ivete, die aus wohlhabendem Hause stammt, erpresst.«

In knappen Worten umreißt er, was seit Bobs Entführung passiert ist. Dabei beschränkt er sich auf die Eckpunkte, die wir bei unserer Planung besprochen hatten und verpackt sie so geschickt, dass tatsächlich jeglicher Verdacht von mir abfällt und ich mich plötzlich in der Rolle des Opfers wiederfinde. Während er spricht, kann ich nicht anders, als ihn anzustarren. Ich kann es kaum glauben, was gerade passiert. Ist er mir tatsächlich gerade zu Hilfe gekommen und hat mich daran gehindert, mich selbst zu belasten?

»Danke für die Zusammenfassung!« Sergeant Williams wendet sich an mich. »Womit hat Raynor Sie erpresst?«

Justus Blick enthält eine eindeutige Warnung, ist aber völlig überflüssig. Ich bin wieder auf Kurs und werde den Teufel tun, jetzt etwas anderes zu erzählen. »Er will mir den Diebstahl in die Schuhe schieben, weil er der festen Überzeugung ist, dass mein Vater und ich der Urutau sind«, sage ich gerade heraus.

Nun runzelt Williams die Stirn und Cotta sieht fragend zu den zwei Fragezeichen. »Der Urutau? Ist das nicht dieser Dieb, dem ihr auf der Spur gewesen seid?«

Justus nickt. »Exakt.«

»Hinter dem Urutau sind wir schon eine ganze Weile her, nicht erst seit den aktuellen Vorkommnissen«, gesteht Williams. »Warum ist er der Meinung, dass Sie sich dahinter verbergen, Miss Camargo? Soweit ich weiß konnte die Identität dieses Diebes bisher nicht geklärt werden. Abgesehen davon, sind sie viel zu jung.«

»Er glaubt, mich auf der Party bei Mrs Monet vor dem Ausstellungsraum gesehen zu haben, kurz bevor der Diebstahl entdeckt wurde.«

»Und wie kommt er auf die Verbindung zwischen Ihnen, Ihrem Vater und dem Dieb?« Williams legt den Kopf schief.

Ich zucke mit den Schultern. »Er sagte mir, dass er den Dieb vor einigen Jahren als meinen Vater identifiziert hat. Es gab wohl damals eine ähnliche Ausgangssituation, wie jetzt. Eine ähnliche Veranstaltung mit vielen Gästen, wie Mrs Monet sie gegeben hat, und einen Diebstahl in der darauffolgenden Nacht. Mein Vater war laut Raynor eingeladen. Näheres kann ich Ihnen zur Zeit nicht sagen, aber es lässt sich herausfinden, ob mein Vater tatsächlich auf solch einer Veranstaltung zu Gast war.«

Williams und Cotta runzeln simultan die Stirn.

»Das scheint mir doch ein wenig dürftig«, kommentiert Williams.

»Raynor hat eine persönliche Rechnung mit dem Urutau offen und sucht jetzt mit aller Macht und ohne Verstand nach einer Verbindung, die ihm nutzt«, macht Justus weiter, »Als er Ivetes Nachnamen auf der Gästeliste bei Mrs Monet entdeckte, hat er sich an seinen Verdacht erinnert und die Gelegenheit genutzt, um eine falsche Spur zu legen. Er stahl das Amulett und manipulierte alle Indizien so, dass der Urutau in Verdacht geriet. Ein Phantom, dass niemand bisher zu fassen bekommen hatte. Gleichzeitig fasste er den Plan, Ivete mit dieser Verbindung, die er glaubte, aufgedeckt zu haben, zu erpressen.«

»Warum waren Sie bei Mrs Monet, Miss Camargo?«, fragt Cotta.

»Ich war an dem Abend geschäftlich dort und habe im Zuge meiner Tätigkeit für das Unternehmen meines Vaters einen Kunstgegenstand bewertet, den Mrs Monet veräußern wollte.«

Williams nickt. »Gut. Ich würde Sie alle drei bitten, direkt mit ins Präsidium zu kommen, damit wir Ihre Aussage aufnehmen können. Geben Sie aber bitte vorher noch einem Kollegen durch, wo der Container zu finden ist, in dem Ihr Freund gefangen gehalten wurde.«

Nachdem wir zugestimmt haben, verabschiedet sie sich und geht zurück zu ihren Leuten. Raynor ist inzwischen abtransportiert worden. Zumindest sehe ich ihn nicht mehr.

Inspector Cotta bleibt weiterhin bei uns stehen und sieht die beiden jungen Männer kopfschüttelnd an. »Ich hatte eigentlich gehofft, dass es irgendwann ruhiger mit euch wird. Vielleicht sollte ich euch doch noch irgendwo in einer einsamen Berghütte festsetzen. Wobei ihr vermutlich selbst da irgendeinen Fall finden werdet, der euch in Schwierigkeiten bringt.«

»Ich ziehe es vor, Ihnen da keine falschen Versprechungen zu machen, Inspector«, antwortet Justus ernst, aber mit einem amüsierten Blitzen in den Augen.

Ich habe den Eindruck, dass die drei diese Art von Diskussion häufiger führen.

»Zischt schon ab«, grummelt Cotta. »Sonst überlege ich es mir doch noch anders. Und bestellt eurem Dritte gute Besserung.« So ganz scheint er sich noch nicht entschlossen zu haben, ob er lachen oder die beiden weiter maßregeln soll.

Nachdem wir einem der Officers eine Wegbeschreibung zum Container gegeben haben, gehen wir zurück zum Toyota. Kaum haben wir dem Trubel den Rücken gekehrt, verändert sich die Atmosphäre zwischen uns. Wir sagen kein Wort, aber die Stille erinnert eher an diejenige, vor einem drohenden Unwetter.

Wir steigen ein, Justus lenkt den Toyota vom Parkplatz und fädelt sich in den Verkehr ein.

»Wir fahren gleich zum Präsidium«, informiert er uns nach einigen Straßenzügen und einem verwunderten Blick von Peter. »Den MG können wir später immer noch holen.«

»Fahr mich bitte zuerst zum Manhattan Pier«, werfe ich ein. Ich habe wenig Lust weiter abhängig von den beiden und dieser seltsamen Situation zu sein. Ich will hier raus, ganz dringend. Und ich weiß jetzt schon, dass ich nach dem, was mich im Präsidium erwartet, kein Bedürfnis nach Gesellschaft haben werde.

Justus runzelt die Stirn und sieht mich über den Rückspiegel an. »Und dann tust du was?«

»Zum Polizeipräsidium fahren«, antworte ich zickiger, als beabsichtigt. »Was denn auch sonst?«

»Abhauen?«

Der Vorwurf, der in diesem Vorschlag mitschwingt, triggert mich gewaltig. Weil ich mich ertappt fühle, es aber niemals zugeben werde. »Warum sollte ich das tun? Nachdem ihr so nett für mich in die Bresche gesprungen seid?«

»Just, halt an!«, mischt sich plötzlich Peter ein.

Justus lenkt den Toyota auf den nächstgelegenen Parkplatz. Kaum steht der Wagen, da ist Peter bereits rausgesprungen, hat meine Tür geöffnet und bedeutet mir, ebenfalls auszusteigen.

Ich zögere, tue dann, wie mir geheißen und warte ab. Mit verschränkten Armen, den Rücken mir zugewandt, steht er da und starrt irgendwo an einen Punkt, den ich nicht identifizieren kann. Auch Justus steigt aus, drückt die Fahrertür zu, bleibt aber, wo er ist.

Dann kommt Bewegung in Peter. Ich kann gar nicht so schnell reagieren, wie er plötzlich vor mir steht, mit glühenden Augen und wutverzerrtem Gesicht. Automatisch weiche ich zurück, bis mein Rücken gegen die Karosserie stößt. Peter folgt mir, tippt mir mit dem ausgestreckten Zeigefinger gegen das Brustbein und wirkt, als wolle er eigentlich gerade viel lieber irgendwas zerschlagen.

»Jetzt hör mir mal zu«, presst er zwischen den Zähnen hervor. »Du kannst dir dein Misstrauen sonst wohin stecken! Glaubst du wirklich, wir hätten dich nach alledem ins Messer laufen lassen? Na, herzlichen Dank auch!«

Ich brauche nur einen kurzen Augenblick, um meine Überraschung zu überwinden. Wut steigt in mir auf. So langsam reicht es mir! Es wird Zeit, dass ich endlich wieder die Oberhand in diesem Spiel gewinne und aufhöre, mich ständig überrumpeln zu lassen, wie der letzte Anfänger!

In einer fließenden Bewegung schlage ich seine Hand zur Seite, tauche unter seinem Arm weg und gebe ihm einen Stoß, der ihn mehr überrumpelt, als wirklich wehzutun. Damit manövriere ich mich aus der Engstelle zwischen ihm und dem Auto, heraus. Nun stehe ich neben ihm und er ist es, der überrascht aus der Wäsche guckt.

»Darf ich dich daran erinnern, was du mir an den Kopf geworfen hast?«, entgegne ich mit endlich wieder erwachtem Selbstbewusstsein. »Wir kennen uns nicht, zudem stehen wir beide auf völlig unterschiedlichen Seiten! Also, warum hätte ich mich darauf verlassen sollen?«

Ungläubig sieht er mich an. »Scheiße, ich hab dir gerade den Arsch gerettet! Ist das nicht Beweis genug? Vielleicht solltest du diese Einstellung bei den Freunden deines Freundes nochmal überdenken!«

Das Wort ›Freund‹ versetzt mir einen schmerzhaften Stich, aber ich verberge jegliche Reaktion nach außen. »Wenn du denkst, es wäre so einfach, bist du naiver, als ich dachte. Hätte ich jedem so leichtfertig vertraut, wäre ich niemals so weit gekommen!«

»Was hättest du gerade getan, wenn wir dich nicht aufgehalten hätten? Der Polizei alles brühwarm erzählt? Wer du bist? Wie viele Millionen Dollar du bereits gestohlen hast? Das ist doch dumm!«

Ich breite die Arme aus. »Das nennt sich Schadensbegrenzung. Ich hatte keinerlei Garantie, dass ihr mich nicht ausliefert. Und bei dem, was ihr wisst, wäre es ein Leichtes gewesen, die Polizei von meiner Schuld zu überzeugen. Woher soll ich denn wissen, wie euer moralischer Kompass funktioniert und dass ihr bei mir die große Ausnahme macht?«

Er tritt wieder näher zu mir und raunt leise: »Es ist nicht immer alles nur schwarz oder weiß. Das solltest du eigentlich am Besten wissen, Miss Meisterdiebin

»Ich kann Tresore knacken«, entgegne ich genervt, »aber keine Gedanken lesen, Mr Meisterdetektiv

»Peter, lass gut sein!«, mischt sich nun Justus ein, der plötzlich neben uns steht und Peter eine Hand auf den Arm legt. »Es ist nicht optimal gelaufen, dem muss ich zustimmen. Aber im Grunde ist Ivetes Reaktion nachvollziehbar und logisch begründbar.«

Ich sollte ihm vermutlich dankbar sein für sein Verständnis, aber dafür ist die Stimmung gerade viel zu explosiv.

Peter funkelt mich immer noch an, atmet aber einmal tief durch und beruhigt sich tatsächlich ein wenig.

»Okay, schön.« Er verschränkt die Arme vor der Brust und sieht mich abwartend an. »Du vertraust uns nicht, schön und gut. Aber dann verrat mir bitte mal, wie du dir die Zukunft vorstellst? Dir muss klar sein, dass es Bob niemals ohne uns gibt. Wir sind ein Team und wir wohnen zusammen. Also? Wie soll das zukünftig funktionieren?«

Ich schweige. Er hat da mit zielsicherer Präzision den wunden Punkt in der ganzen Geschichte getroffen. Wie stelle ich mir die Zukunft vor? Um ehrlich zu sein, habe ich mir darüber bisher keine großen Gedanken gemacht. Warum auch? Bis vor zwei Tagen hatte ich noch geglaubt, alles im Griff zu haben und niemals entdeckt zu werden. Vermutlich hätte ich es als lockere Affäre einfach weiterlaufen lassen. Und dann haben sich die Ereignisse plötzlich überschlagen. Jetzt wissen mindestens drei Personen über mich Bescheid. Bob allen voran. Selbst, wenn es wirklich die Option gäbe, in LA zu bleiben, wir können nicht so tun, als wäre alles wie vorher! Als wisse er nicht, was ich tue.

Und er liegt wegen mir im Krankenhaus. Genau das lässt einen völlig neuen Gedanken aufkommen, bei dem mir Angst und Bange wird. Wer weiß, was noch auf mich wartet, wenn ich meinem Ziel näher komme und den entscheidenden Schlag gegen Seay vorbereite. Wer weiß, was Seay bereit hält für mich - oder für die Menschen, die ich liebe.

Ein weiterer sehr guter Grund für die Entscheidung, die ich treffen muss.

Ich erkenne den Augenblick, als Peter begreift und mein Schweigen genau richtig deutet. Fassungslosigkeit huscht über sein Gesicht, dann ist die allseits präsente Wut wieder da.

»Ich werde nicht zulassen, dass du ihm wehtust!«, teilt er mir knurrend mit.

Langsam schüttel ich den Kopf. »Das hast nicht du zu entscheiden! Kümmer dich gefälligst um deinen eigenen Kram!«

Damit drehe ich mich um und gehe. Ich habe keine Ahnung wohin, aber ich halte es keine Sekunde länger in der Anwesenheit dieses Idioten aus. Über den Lärm des Straßenverkehrs höre ich meinen Namen, aber niemand hält mich auf. Nach zwei Straßenzügen erwische ich endlich ein Taxi, das auf mein Winken reagiert und mich mitnimmt.

Kaum habe ich mich in die Polster sinken lassen und dem Fahrer mein Ziel durchgegeben, schließe ich die Augen und atme einfach nur noch. Alle Anspannung fällt von mir ab und ich habe Mühe, meine Fassung zu wahren und nicht jetzt und hier meinen gesamten Frust rauszuschreien. Ich verfluche alles. Den heutigen Tag ganz allgemein. Raynor für das, was er getan hat und vor hatte zu tun. Gleich gefolgt von Peter, der zielsicher immer wieder den richtigen Punkt trifft, der mich zum explodieren bringt. Und ich verfluche den Tag, an dem ich Bob über den Weg gelaufen bin. Alles daran. Die Faszination, die ich ihm gegenüber vom ersten Augenblick an gespürt habe. Die Gefühle, die mich nach der ersten Berührung duchflutet und mir das Denken schwer gemacht haben. Ihn, dafür, dass er einfach so ist, wie er ist und mich mit seiner charmanten Art sofort in den Bann gezogen hat.

Ich hasse alles in diesem Moment. Am allermeisten aber mich für das, was ich tun muss. Ich wünschte, ich hätte eine andere Wahl. Aber die habe ich leider nicht.

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