7. Kapitel
Es war bereits eine Woche her, dass Acelia und Loki von der Militärbasis geflohen waren und mehrere Dutzend Varianten erschaffen hatten. Offensichtlich hatten sie es geschafft, denn sie hatten bereits eine ganze Woche Ruhe von der TVA.
Loki konnte zwar nicht sagen, wie es Acelia ging, aber für ihn war die Woche in Asgard eine der besten seines Lebens. Er trat täglich ein paar mal als Odin in Erscheinung und verbrachte ansonsten seine ganze Zeit mit Acelia.
Sie mussten sich zwar beide versteckt halten, aber das machte ihnen nichts aus.
Sicherheitshalber hatten sie in Odins Gemach ein weiteres Bett aufgestellt und schliefen nun im selben Raum, denn keiner von ihnen wollte riskieren, nachts von der TVA umgebracht zu werden.
Als erstes hatte Loki Acelia die Bibliothek mit allen seinen Lieblingsbüchern gezeigt und sie hatte ihm neugierig zugehört.
Außerdem hatten sie ein paar mal die Gärten besucht und Loki hatte ihr etwas über die verschiedenen Pflanzen erklärt. Sie hatte sich alles erstaunlich schnell gemerkt, viel schneller als er es damals geschafft hatte.
Vermutlich kannte Acelia mittlerweile jeden seiner Lieblingsorte in Asgard und alle Geschichten, die er ihr zu jeder Ecke des Schlosses hatte erzählen können. Und sie hörte zu. Sie fragte ihn nach weiteren Geschichten und war neugierig.
Und abends, wenn sie etwas aßen oder in Odins Gemach saßen, erzählte sie von ihrer Kindheit.
Sie war unter vollkommen anderen Umständen aufgewachsen, aber dennoch hatte er das Gefühl, dass sie ihn verstand.
Loki begann die Zeit mit ihr zu genießen, mehr, als er es je bei irgendjemandem getan hatte.
Aber es war klar, dass dieser Frieden irgendwann enden würde.
Schweigend standen die beiden auf einem Balkon des höchsten Turms des Schlosses.
Sie mussten nichts sagen, sondern genossen einfach die Stille.
Bis sie auf einmal Schritte hinter sich hörten.
Gleichzeitig fuhren die beiden Varianten herum und erstarrten. Die TVA.
Neun Soldaten, alle mit ihren Leuchtstäben in der Hand kamen drohend auf sie zu.
Hastig blickte Loki hinter sich, aber dort ging es nur sehr weit hinab. Den Tesserakt oder das TemPad trug er nicht bei sich und einen anderen Weg gab es nicht...
"Komm", hörte er Acelias Stimme und blickte sie erstaunt an.
Sie stand nicht mehr neben ihm, sondern auf dem Geländer, den Blick weiterhin starr auf die TVA gerichtet, die langsam verstand, was Acelia vorhatte.
Ohne noch eine Sekunde zu zögern, kletterte Loki ebenfalls zu Acelia.
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, dann zog sie ihn in eine feste Umarmung und ließ sich nach hinten fallen.
In exakt diesem Moment trafen die Leuchtstäbe der TVA auf das Geländer, auf dem sie gerade noch gestanden hatten.
Als sich die TVA Soldaten gegenseitig Befehle gaben, konnte Loki schon nicht mehr verstehen, was sie sagten.
Vorsichtig sah er sich um und spürte, wie sich sein ganzer Körper anspannte. Sie stürzten noch immer senkrecht hinab. Ein wenig hilflos klammerte er sich an Acelia fest, denn sie war das einzige, was jetzt noch seinen Tod verhindern konnte.
"Es ist alles gut, keine Angst", hörte er Acelias Stimme und spürte ihren warmen Atem an seinem Ohr.
"Vertrau mir einfach."
Und genau das tat er. Sofort entspannte er sich ein wenig und im nächsten Moment starrte er staunend auf Acelias Rücken, denn aus den zwei kleinen Federspitzen, die er erst aus dieser Nähe zum ersten mal bemerkte, wuchsen gigantische Schwingen. Er hatte noch nie gesehen, woher ihre Flügel immer kamen oder wohin sie verschwanden.
Schon wenige Sekunden später, breitete Acelia ihre Schwingen langsam zu ihrer vollen Größe aus und sie segelten sanft in Richtung Gärten.
Sobald sie wieder Boden unter den Füßen hatten, verwandelte sich Loki in Odin, Acelia ließ ihre Flügel verschwinden und sie rannten weiter. Es dauerte nicht lange, bis sie auf eine Gruppe Asen trafen.
Sie waren wohl unterwegs zu einem Übungskampf, denn sie trugen alle Waffen bei sich.
Als sie sahen, wie Odin mit einer fremden Frau angelaufen kam, blieben sie neugierig stehen.
"Wir haben Eindringlinge", verkündete Odin. Sofort scharrten sich alle Krieger um sie und warteten.
Es dauerte nicht lange, bis die Soldaten der TVA auftauchten. Der Anblick der kampfbereiten Asen schien sie kurz zu verunsichern, aber sie wären wohl kaum die TVA, wenn sie nun einfach aufgeben würden. Also stürzten sie sich auf die Krieger.
"Achtung, wenn ihr von dem Licht berührt werdet, sterbt ihr!", warnte Acelia die Asen noch, dann stürmten auch sie los.
Ein wenig überfordert bemühte sich Acelia, kleine Schutzschilde um die leuchtenden Enden der Stäbe zu bilden. Es war nicht viel aber immerhin half es einem schon etwas älteren Krieger.
Siegessicher stieß eine TVA-Soldatin ihren Stab in seine Brust und musste zusehen, wie der Mann lediglich einen leichten Schlag abbekam, da ihr Stab ihn gar nicht berührte. Der Ase brauchte keine Sekunde, um seine breite Axt zu schwingen und ihren Kopf von ihren Schultern zu lösen.
Ihr Stab fiel auf den Boden und rollte davon. Direkt zu Odin, der ihn mit einem ziemlich lokihaften Grinsen aufhob und sich nun bewaffnet ebenfalls in den Kampf stürzte.
Insgesamt dauerte der Kampf vermutlich nur wenige Minuten. Als alles vorbei war, lagen nicht nur neun TVA Soldaten am Boden, sondern auch fünf Asen waren aufgelöst worden. Die drei, die noch standen, blickten mit bitteren Mienen auf die Leichen der TVA.
Egal wie mächtige Krieger die Asen waren, erkannte Acelia, die Waffen der TVA waren gefährlicher...
"Ich danke Euch, meine tapferen Krieger, dass Ihr mir in diesem Kampf beistandet. Ich werde persönlich dafür sorgen, dass diese Leute nie wieder einen Fuß in unsere Welt setzen. Aber lasst uns heute Abend in Ruhe um unsere Freunde trauern."
Acelia kamen Odins Worte merkwürdig geschwollen vor, aber so wie sich die Asen verhielten, tat er wohl alles richtig.
Schweigend stand sie daneben, während Odin und die Asen die Leichen wegbrachten und jemanden holten, der das Chaos beseitigen würde.
"Acelia, wir sollten nicht länger hier bleiben. Außerdem wollte ich eigentlich noch mit dir reden, komm, hier entlang." Loki führte sie zurück ins Schloss, einen Gang entlang und schließlich in sein Zimmer. Das Bett und die Vorhänge waren grün, mit goldenen Verzierungen dekoriert und die Wände waren mit Bücherregalen aus dunklem, fast schwarzen Holz bedeckt.
Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, ließ Loki seine Tarnung fallen und bedeutete Acelia, auf dem großen Bett Platz zu nehmen.
Er selbst setzte sich neben sie, nicht so nah, dass es aufdringlich wäre, aber auch nicht so weit weg, als wolle er Abstand halten.
Ein paar Minuten schwiegen sie beide. Der Kampf und die Schrecken steckten ihnen noch in den Knochen. Niemand wusste, wie viel Zeit ihnen blieb, bis die nächsten Soldaten kommen würden.
Sie konnten die Asen nicht wieder kämpfen lassen, entschied Acelia. Sie würden sterben, nur um sie zu retten. Dabei war sie es, die gar nicht am Leben sein dürfte. Also warum mussten dann wegen ihr Unschuldige sterben?
"Wir haben in den letzten Tagen einiges an Ärger gehabt", erhob Loki schließlich das Wort und Acelia nickte. Das klang fast zu harmlos...
"Geht es dir wieder besser?" Loki warf ihr einen besorgten Blick zu. Wieder nickte Acelia.
"Mach dir keine Gedanken, nochmal danke, dass du dich um die Wunde gekümmert hast. Der Kampf gerade war nur irgendwie heftig. Bei uns gab es so etwas nie..."
"Verstehe..."
Ein kurzes Schweigen entstand.
"Du fragst dich bestimmt, warum ich mit dir reden wollte."
"Um was geht es?"
Loki zögerte kurz und schien nach den richtigen Worten zu suchen, was eigentlich nie vorkam.
"Der Kampf in dieser Alien-Basis... Wir waren ein gutes Team."
"Ja, waren wir. Danke nochmal für deine Hilfe."
"Kein Problem. Deine Schilde waren wirklich unglaublich. Und... auch heute... Vielleicht sollte ich das wegen gerade eben nicht so sehen, aber... Es war schön."
Acelia nickte langsam.
***
Loki konnte nicht verbergen, dass er ein wenig nervös war. Er wusste nicht, was er sagen sollte, so eine Situation war ihm vollkommen neu.
Sein Bruder hätte bestimmt alles mühelos gehändelt, ihm lag ja sowieso jeder zu Füßen... Aber er, Loki, war anders. Er war kein glorreichen Prinz.
"Was ich dir sagen wollte... Die Zeit, die wir zusammen verbracht haben war wirklich schön. Dafür möchte ich mich bei dir bedanken."
Loki zwang sich, Acelia fest in die Augen zu blicken, obwohl er sich am liebsten umgedreht hätte.
"Und das liegt definitiv nicht an der TVA und auch nicht daran, dass ich die Schriftrolle lesen will. Sondern..."
Er stockte. Er konnte es nicht sagen. Wie sollte er es sagen? Wie?
Acelia sah ihn nur ruhig an, sie schien nicht, als würde sie verstehen, was er ihr sagen wollte. Oder sie verstand es, aber reagierte nicht darauf.
Loki stand auf und drehte sich mit dem Rücken zu ihr. Er war wahrscheinlich ein wenig rot, das sollte sie nicht sehen.
"Alles in Ordnung?", fragte sie vorsichtig und stand ebenfalls auf.
"Ja, entschuldige, ich... Es ist nicht weiter wichtig. Wir sollten uns als erstes darauf konzentrieren, wie wir weiter vor der TVA fliehen."
"Du hast Recht, wir können nicht noch mehr Asen in den Tod schicken, damit sie gegen die TVA kämpfen", stimmte Acelia ihm zu und er hörte, wie sie sich von hinten näherte.
"Aber wenn etwas ist, solltest du mit mir reden, in Ordnung? Wir sind ein Team, also mach dir bitte keine Sorgen. Ich mag zwar keine Kämpferin sein, aber das heißt nicht, das ich allein nichts auf die Reihe bekomme. Wenn du eine Pause brauchst, sag Bescheid."
Loki wäre beinahe zusammen gezuckt, als sie ihm sanft über den Rücken strich und sich von hinten an ihn lehnte. Er konnte spüren, wie ihre Stirn auf seine Schulter lag und wagte es nicht, sich zu bewegen.
Warum war sie ihm auf einmal so nah? Hatte sie gerade eben nicht noch absolut nichtsahnend und entspannt neben ihm gesessen?
Dann fiel ihm auf, dass er ihr antworten sollte.
"Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Du bist nicht unfähig und schwach auch nicht, ich denke du bist mehr als fähig, alleine zurecht zu kommen. Aber mir geht es gut. Ich danke dir."
Nach seinen Worten herrschte wieder Stille und dann schlang Acelia auf einmal ihre Arme um ihn und drückte ihn an sich.
"Danke."
In diesem Moment öffneten sich drei orangene Portale, eines vor ihnen, eines hinter ihnen und eines vor der Tür.
Mindestens fünfzehn Soldaten der TVA strömten heraus, angeführt von der kräftigem Soldatin mit der dunklen Haut, die sie bereits von Anfang an verfolgt hatte. Ihre Stimme war laut und selbstsicher, als sie Befehle erteilte.
Acelia und Loki war klar, dass sie in der Falle saßen. Der Tesserakt lag hinter den Soldaten auf einem Tisch, das TemPad befand sich in Lokis Tasche, aber er konnte es nicht schnell genug verwenden. Es waren bereits zehn dieser merkwürdigen, leuchtenden Stäbe auf sie gerichtet.
Loki schien ebenfalls einzusehen, dass er sich nicht mit allen anlegen konnte, ohne dabei zu sterben. Ein Treffer dieser Stäbe und er wäre ausgelöscht, das Risiko war viel zu hoch.
Sobald Acelia die Schutzschilde fallen ließ und sie sich ergaben, wurden ihnen zwei Halsbänder angelegt und sie wurden grob durch die Portale gezerrt.
Sie befanden sich in einem relativ modernen Gebäude, es sah aus wie eine gewöhnliche Empfangshalle.
Der Tesserakt wurde an einem Tresen abgegeben, worüber Loki ziemlich schimpfte, aber als er versuchte, mit Magie etwas auszurichten, stellte er fest, dass es nicht funktionierte. Es passierte einfach nichts.
Verwirrt versuchte Acelia ein winziges Schutzschild um ihre Fingerkuppe zu erzeugen, aber auch bei ihr passierte nichts.
Die Anführerin bemerkte ihre Versuche und schüttelte den Kopf.
"Magie jeglicher Art funktioniert hier nicht, also versucht gar nicht erst zu entkommen."
Loki versuchte es dennoch erneut, aber musste feststellen, dass tatsächlich nichts passierte.
"Jetzt hör endlich auf mit dem Theater und geh da rein!"
Die Soldatin stieß den Gott zu einer Tür, aber anstatt hineinzutreten fuhr er herum und versuchte, sie mit der Faust zu erwischen.
Auf einmal schien es, als wäre die Zeit zurück gedreht und Loki stand wieder vor der Tür. Als wäre die letzte Sekunde nicht passiert. Die Soldatin schubste Loki erneut und diesmal stolperte er in den Raum.
"Dieses Gerät kann die Zeit zurückdrehen, nicht wahr?", erkundigte sich Acelia neugierig.
Die Wache, die sie festhielt grummelte nur irgendetwas.
"Aber kann man die Zeit überhaupt zurückdrehen? Oder wird nur eine Person zurückgesetzt?"
Wieder bekam sie keine Antwort.
"Könnte es an dem Halsband liegen? Mir fällt nicht ein, welchen Zweck es sonst noch haben könnte..."
"Schweig endlich!", schnauzte der Soldat sie an.
"Verzeihung. Ich war nur neugierig. Entkommen kann ich hier sowieso nicht."
"Daher brauchst du auch keine Informationen und jetzt sei still."
In diesem Moment öffnete sich die Tür wieder, aber Loki war weg.
Erschrocken starrte Acelia in den leeren Raum. Wo war er hin? Getötet hatten sie ihn wohl kaum, das müsste keine extra Maschine erledigen, aber was war dann geschehen?
Bevor einer der Soldaten sie genauso unsanft schubsen konnte wie sie es mit Loki getan hatten, trat sie selbstständig in den Raum hinein.
Hinter ihr schloss sich die Tür und auf einmal bekam die seltsame Maschine ein Gesicht.
"Ähm ... Hallo?", grüßte Acelia erstaunt.
Reden oder zuhören konnte der Roboter offensichtlich nicht, denn er reagierte nicht, sondern begann, an ihrer Kleidung zu zupfen.
"Ich ... soll das ausziehen?"
Der Roboter zog stärker an dem blauen Stoff, als Acelia ihn nicht verscheuchte.
Zögerlich zog sie ihr Kleid aus, der Roboter packte es direkt und warf es durch eine Öffnung, die auf einmal hinter ihm erschien.
Sein Gesicht strahlte Acelia die ganze Zeit freudig an.
Es schien richtig, was sie getan hatte, aber was jetzt?
Bevor sie den Roboter, wahrscheinlich wieder vergeblich, fragen konnte, öffnete sich unter ihr der Boden und sie stürzte hinab.
Irgendwie hatten es weitere Maschinen geschafft, sie während ihrem Fall in eine hässliche, braune Gefängniskleidung zu stecken.
Der Raum in dem sie sich nun befand, war so winzig, dass sie problemlos die gegenüberliegenden Wände berühren könnte, wenn sie ihre Arme ausstrecken würde.
"Unterschreiben Sie hier, dass das alles ist, was Sie in Ihrem Leben gesagt haben", leierte ein Mann, der vor ihr, hinter einem Schreibtisch saß, gelangweilt herunter.
Ob sein ganzes Leben darin bestand, diesen Satz zu sagen und Papier vorzubereiten?
Staunend blickte Acelia auf den hohen Stapel.
Was würde passieren, wenn sie jetzt noch etwas sagte? Musste es dann hinzugefügt werden?
"Würde bei Ihnen der Großteil dieses Stapels aus dem gleichen Satz bestehen?"
Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, begann ein Drucker neben dem Mann zu surren und er legte ein weiteres Blatt auf den Stapel.
"Bitte unterschreiben Sie das hier auch noch."
Ja, wahrscheinlich bestand sein Stapel aus einem Satz in ein paar Variationen...
Ohne nochmal etwas zu sagen, griff Acelia nach einem Stift, der auf dem Tisch lag und schrieb ihren Namen auf das Blatt.
Kaum berührte der Stift wieder den Tisch, öffnete sich der Boden erneut und sie landete in einem weiteren Raum. Zum Glück hatte sie mit dem Gefühl zu fallen noch nie ein Problem gehabt, ansonsten wäre das wohl pure Folter.
"Bitte gehen Sie durch das Tor", murrte ein sehr kleiner Mann ebenso monoton, wie der Mann zuvor am Schreibtisch.
"Was macht dieses Tor?"
Neugierig betrachtete Acelia das viereckige Metallteil. Als Tor würde sie es nicht bezeichnen, aber das kümmerte die TVA wohl wenig.
"Es prüft, ob Sie ein Androide sind und ob Sie eine sogenannte Seele besitzen, also gehen Sie durch."
Zögerlich betrat Acelia den Durchgang.
Sie spürte nichts, als sie mitten im Tor kurz stehen blieb und helles Licht aufblitzte.
Langsam trat sie wieder hinaus und betrachtete das kleine Bild, welches der Mann einer Öffnung im Metallrahmen entnahm.
Es wahren zwei merkwürdige, bunte Flecken abgebildet.
"Was bedeutet das jetzt?"
"Das ist ... sind Ihre Seelen."
Er schien nicht zu wissen, was er tun sollte. Zwei Seelen waren wohl eher ungewöhnlich.
Schließlich nickte er.
"Na schön, gehen Sie weiter."
Als Acelia auf der vermutlich nächsten Öffnung stand, drehte sie sich kurz um und konnte noch erkennen, wie der Mann eine Art Funkgerät herausholte und jemanden zu sich rief.
Dann landete sie im nächsten Raum, direkt hinter Loki.
"Acelia!"
Der Gott fuhr herum und strahlte sie einen Moment an, dann widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Soldaten, der vor ihnen stand.
"Ziehen Sie eine Nummer."
"Warum? Ich bin allein, naja, jetzt zu zweit hier!"
"Ziehen Sie eine Nummer!"
"Aber das ist unnötig, warum sollte ich eine Nummer ziehen!"
"Ziehen. Sie. Eine. Nummer!"
Schnell packte Acelia Loki am Arm und hinderte ihn daran, zu antworten.
"Zieh einfach eine Nummer und fertig. Es wird schon einen Grund haben und je weniger Ärger wir hier verursachen, desto besser, okay? Also nimm einfach eine und weiter."
Zögerlich nickte Loki und tat, was sie ihm gesagt hatte.
Acelia nickte dem Soldaten kurz zu und zog ebenfalls einen kleinen Zettel.
Während sie den vorgegebenen Weg entlang zur nächsten Tür liefen, begannen die vielen kleinen Bildschirme an den Wänden ein Erklärvideo zur TVA abzuspielen. Im Grunde war es genau das, was Acelia damals von dem einen Soldaten erfahren hatte. Daher blieb sie auch nicht stehen, sondern folgte Loki weiter.
Vor der Tür am Ende des Weges musste er seine Nummer zeigen und wurde dann hindurchgeführt.
Acelia blieb ein wenig nervös stehen und wartete. Es drang kein Geräusch heraus.
Etwa zehn Minuten später öffnete sich die Tür erneut und sie wurde mitgenommen.
Der Raum war groß, sehr groß. Eine Art Gerichtssaal könnte man sagen. Eine Frau, mit hochgesteckten, dunklen Haaren saß vorne als Richterin hinter einem hohen Tisch, vor ihr auf dem Boden befand sich ein kleiner eingegrenzter Halbkreis, in den sich Acelia stellen musste.
"Auf was plädieren Sie?"
Acelia sah ihr ruhig ins Gesicht. "Ich bin vom wahren Zeitstrahl abgewichen. Also nehme ich an, dass ich schuldig bin."
"Offensichtlich." Die Richterin schien fast ein wenig erstaunt, dass sie nicht versuchte, sich herauszureden. Acelia würde alles darauf verwetten, dass Loki mit ihr diskutiert hatte. Vermutlich ohne Erfolg, aber er hatte es garantiert versucht.
"Nun gut, eine Frage noch. Wo haben Sie die Schriftrolle versteckt?"
Acelia sah sie einen Moment erstaunt an. Warum war das noch wichtig?
"Dazu kann ich etwas sagen!", meldete sich auf einmal eine weiche und erstaunlich hohe Männerstimme von hinten.
Die Richterin seufzte. "Dann sprich, Mobius..."
Ein Mann in braunem Anzug und mit ordentlich gekämmten, hellgrauen Haaren kam nach vorne geeilt und überreichte der Richterin ein Bild. Es war das Bild, welches der Mann am Tor von ihrer Seele gemacht hatte.
Die Richterin blickte irritiert darauf. "Warum sind dort zwei Kreise abgebildet?"
"Nun, offensichtlich besitzt sie zwei Seelen. Und in der einen Seele konnten wir materiellen Wert erkennen. Ich habe die Vermutung, dass sie mittels Magie etwas in dieser zweiten Seele verwahren kann."
Die Richterin bedachte Acelia mit einem langen, strengen Blick, welchem sie aber ohne zu blinzeln standhielt.
"Entspricht das den Tatsachen?"
Acelia nickte. "Man nennt es »wahre Seele«, dort kann ich Gegenstände aufbewahren."
Während sie sprach, formte sich in ihrem Kopf ein Plan. Sie konnte hier nichts aus ihrer Seele holen, weil Magie nicht funktionierte. Also müssten sie sie wieder an einen anderen Ort bringen, was bedeutete, dass dort alle ihre magischen Fähigkeiten funktionierten und sie eine Chance auf Flucht hatte... Die Frage war nur, ob die TVA die Rolle haben wollte. Wenn nicht, mussten sie sie nur töten und sie wäre für immer verschollen...
"Dann händige sie uns aus", befahl die Richterin, aber Acelia zuckte mit den Schultern.
"Das ist nicht möglich, hier kann ich schließlich nicht zaubern."
Die Richterin verzog kurz das Gesicht, weil sie daran wohl nicht gedacht hatte.
"Na schön, Mobius, ich überlasse sie deiner Verantwortung. Stell sicher, dass die Schriftrolle wirklich vernichtet wird und danach wird sie gestutzt."
Ob »stutzen« wohl dieses Auflösen mit den Leuchtstäben war?
Mobius nickte sofort und warf der Richterin ein strahlendes Lächeln zu, sie verdrehte allerdings nur kurz die Augen und murmelte ihm etwas zu, das Acelia nicht verstehen konnte.
Dann führte der Mann sie zu einer Seitentür aus der Halle.
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