Einundzwanzigstes Türchen
Sie blieb immer noch wie angewurzelt stehen, zu verwirrt von dem herrischen Verhalten ihres Cousins, doch der verlor so langsam die Geduld. Genervt packte er sie am Handgelenk und zog sie mit einen Ruck näher zu sich. Mikasa trug flache Schuhe, er hatte einen leichten Absatz an den Stiefeln. Nichts desto trotz war sie ein gutes Stück größer als er. Levi kümmerte das in diesem Moment allerdings wenig, so dass er seine Verlobte einfach an den Schultern ein Stück runter zog und ihre Lippen zu einen Kuss verband. Es wunderte ihn kein Stück, dass Mikasa nicht erwiderte, missfiel ihm der Körperkontakt doch genauso sehr. Langsam lies er sie los, löste den Kuss und machte sich auf eine Ohrfeige bereit, die ihn auch zwei Sekunden später auf der rechten Wange traf. Ihr Handabdruck zeichnete sich noch kurz auf Levis bleichen Haut ab, bevor er verschwand. „Was ist bitteschön in dich gefahren?!“, fragte sie hysterisch. Eine schwarze Haarsträhne hatte sich aus ihrer Frisur gelöst und fiel ihr nun ins Gesicht, was sie auf Levi irgendwie nur noch bedrohlicher wirken ließ. „Das ist der Stempel der dir bei deiner Geburt aufgedrückt wurde“, sagte der Schwarzhaarige mit ruhiger Stimme, „Dein Schicksal ist es deinen Cousin zu heiraten und ohne wenn und aber seinen Anweisungen zu folgen. Und warum? Weil du als Frau geboren wurdest. Viele nehmen ihr Schicksal so hin wie es ist, weil sie es nicht anders kennen, oder weil sie zu schwach oder ängstlich sind um was zu ändern. Du bist allerdings stark, das Wort Angst befindet sich nicht in deinem Wortschatz und ich weiß, dass du dir lieber einen Arm abschneiden würdest, als mir zu gehorchen. Nicht wahr?“ Das Mädchen nickte nur zustimmend. Sie hasste es, wenn ihr Cousin recht hatte, aber er hatte einfach so verdammt noch mal ins Schwarze getroffen. „Mikasa, ich bewundere dich für deinen Kampfgeist und trotz unserer Fähden liebe ich dich. Aber nicht so wie man seine Verlobte lieben sollte, sondern eher wie eine Schwester. Lass uns bitte wieder da hoch gehen und diesen Mist beenden.“ Kurzes Schweigen, doch dann lächelte die Schwarzhaarige leicht und zusammen gingen sie wieder rein, bereit ihrer Familie irgendwie zu verklickern, dass diese Hochzeit nicht stattfinden würde. Während sie auf die große Eingangstür zugingen, wanderte Levis Blick nach oben zu dem großen Balkon, von welchen ihn Magentafarbende Augen neugierig anfunkelten. Als sich ihre Blicke trafen, wurde das magentarot wieder zu einen beruhigenden grün-blau und Eren lächelte seinen Herrn frech zu. Auch Levi ließ sich zu einen grinsen erweichen und fuhr mit den Fingerspitzen über die Augenklappe, die sein linkes Auge bedeckte. 'Gut, dass das Thema mit der Verlobung vom Tisch ist', dachte er, 'meine Bindung an den Teufel ist Bindung genug in dieser merkwürdigen Welt.'
Später am Abend verabschiedeten Levis Tante und Onkel sich. Sie hatten die Neuigkeit, dass ihre Tochter nicht ihren Neffen heiraten würde recht gut verkraftet, auch wenn man Mr. Ackermann ansah, dass er innerlich vor Wut kochte. Vielleicht müsste Mikasa später noch eine Standpauke über sich ergehen lassen, aber darauf war sie vorbereitet und eigentlich war es ihr auch egal, denn auch sie war einfach nur erleichtert, dass sie sich nach fast 16 Jahren des zögerns endlich gegen ihr Schicksal gestemmt hatte.
Kenny war als einziger Gast des Abends noch anwesend, doch Levi musste ihn erst mal suchen, da er nachdem Mikasa gegangen ist, im Anwesen verschwunden war. „Kenny?“, rief er durch den Flur und entdeckte seinen Onkel schließlich bei den Bildern an der Wand. Er stand da, mit den Händen hinter dem Rücken und einen beinahe schon traurigen Blick, während er ein Gemälde ganz besonders fixierte. Vorsichtig ging der Schwarzhaarige näher ran um zu sehen, was genau seinen Onkel da so faszinierte und als er bei Kenny ankam, da sah er dieses Bild. Eine junge Frau, mit schwarzen Haaren, die eine ähnliche Frisur hatte wie Mikasa an diesem Abend. Sie trug ein Königsblaues Kleid und ihre gräulichen Augen strahlten den Betrachter des Gemäldes förmlich an. „Sie war wunderschön“, murmelte der Mann und sah dann zu Levi, der nun ebenfalls ehrfürchtig auf das Bild starrte. „Du hast so viel Ähnlichkeit mit ihr. Ich denke sie wäre stolz, wenn sie dich jetzt sehen könnte.“
„Ich habe das Mädchen, dass sie für mich ausgesucht hat, heute abserviert. Ich denke eher, dass sie sich im Grab umdreht“, meinte Levi grinsend, doch sein Onkel schüttelte den Kopf. „Du bist selbstständig geworden und hast eigenständig eine Entscheidung getroffen, so wie sie es sich immer gewünscht hat. Den einzigen Grund den sie haben könnte sich im Grab umzudrehen, ist der, dass ihr Sohn sie rächen will und dafür sogar sein Leben geben würden.“ Der Schwarzhaarige seufzte und fuhr mit den Fingerspitzen über seine Augenklappe. „Nicht nur mein Leben, auch meine Seele gebe ich dafür. Das Ziel ihre Mörder bezahlen zu lassen hält mich jeden Tag aufs neue am Leben“, sagte er ruhig und betrachtete noch einmal das Gemälde, bevor er sich abwandt und den Korridor hinunter schritt. Er hielt inne, als die Uhr an der Wand Mitternacht schlug. „Happy Birthday, Levi und fröhliche Weihnachten“, rief Kenny. Levi lächelte. „Danke und wünsche ich dir auch“, sagte er und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen.
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