Dreiundzwanzigstes Türchen
Als das Knatschen auf der Leiter das nächste mal zu hören war, kam Levi Sekunden später durch die Luke auf den Speicher geklettert. Da der Dachboden immer ein recht staubiger Ort war, war er seit seinem Einzug nicht mehr hier oben gewesen, aber wenn seine scheiß Frau sich mit seinen Bälgern auf diesen grausamenen Ort verschanzte, hatte er ja keine andere Wahl als zu schauen, ob sie schon an dem Dreck da oben erstickt sind. „Was wird das hier?“, fragte er verwirrt. Samson, Leigh und Hanji durchwühlten irgendwelche Kartons und brachten Sachen von A nach B. Außerdem waren sie mit Putzlappen und Staubwedel bewaffnet, was den Ex Corporal nur noch mehr verwunderte. „Wonach sieht es denn aus? Wir räumen den Dachboden auf“, meinte Leigh Schulter zuckend, während sie einen der Kartons auf brauchbare Dinge durchsuchte. Den Müll stopfte sie in eine Tüte und die Sachen, die sie behalten wollte, kamen auf einen Haufen. „Willst du uns vielleicht helfen, Schatz?“, fragte Hanji grinsend. Sie kannte die Antwort schon, da es für Levi nichts Schöneres gab, als zu putzen und aufzuräumen. Zu ihrer Überraschung stieg ihr Mann allerdings nur wortlos wieder die Leiter runter und blieb erst mal verschwunden. „Dad... verzichtet aufs putzen?“, kam es verwirrt von Samson, doch kurz darauf kletterte Levi wieder hoch, einen Mundschutz auf, ein Tuch über den Kopf gebunden und einen Eimer Wasser dabei. „Dann lasst uns mal los legen“, sagte er und machte sich sofort ans Werk. Die anderen atmeten erleichtert aus und verwarfen den Gedanken Levi ins Krankenhaus zu bringen wieder.
Das schönste am aufräumen war, dass man viele Dinge findet, die man vergessen hat oder von deren Existenz man gar nichts wusste. So war vor allem Samson, bei jeden neuen Karton den er öffnete, gespannt was drin sein könnte. Als er allerdings diese Kiste auf machte, war er etwas enttäuscht. „Langweilig! Da sind ja nur Bücher drin!“, nörgelte er, doch bevor er sich versah, hatte seine Schwester ihm den Karton entrissen und wühlte sich durch. Manchmal vergaß der Junge völlig, wie sehr Leigh Bücher liebte. Wahrscheinlich nur, um Armin zu imponieren, der schon immer eine Leseratte gewesen war. Sie blätterte die verschiedenen Bücher durch und blieb dann bei einen hängen. Es war kein gewöhnliches Buch wie die anderen, die man in jedem Buchladen kaufen konnte. Es sah mehr aus wie ein Notizbuch, das von Hand geschrieben wurde. „Eigenartig“, murmelte die Teenagerin und blätterte durch die Seite. „Mom, Dad, gehört das Buch hier einen von euch“, fragte sie und hielt das, in braunes Leder gebundene, Buch so hoch, dass ihre Eltern es gut sehen konnte. „Also mir gehört es nicht. Dir, Hanji?“, fragte Levi, doch seine Frau schüttelte den Kopf. „Das sehe ich jetzt zum ersten mal“, meinte sie schulterzuckend. Leigh sah sich die Seiten genauer an und stieß immer wieder auf Hand gezeichnete Illustrationen von geschmückten Tannenbäumen, Kerzen besetzten Kränzen, eins bis 24 nummerierten Platten, Strümpfen, die über einen lodernen Kamin hängen und einen dicken Mann in einen roten Mantel, mit einen langen, weißen Bart. Das Wort "Weihnachten" las sie öfters in schnörkeliger Handschrift. „Was ist "Weihnachten"?“, fragte sie in die Runde, doch erneut sah sie in ratlose Gesichter. Das Mädchen räusperte sich und las einen der Texte laut vor: „"Weihnachten auch Weihnacht, Christfest oder Heiliger Christ genannt, ist das Fest der Geburt Jesu Christi. Festtag ist der 25. Dezember, der Christtag, dessen Feierlichkeiten am Vorabend, dem Heiligen Abend (auch Heiligabend, Heilige Nacht, Christnacht, Weihnachtsabend), beginnen. Er ist in vielen Staaten ein gesetzlicher Feiertag."“
(A/N: Ja, die Definition ist von Wikipedia)
Die anderen hatten größtenteils nur Bahnhof verstanden, aber Samson war bei dieser Definition ein klitzekleines Detail nicht entgangen. „25. Dezember?“, hakte er nach, „da hat doch Dad Geburtstag. Dad, sag bloß du bist dieser Jesu Christi, der in diesem Text erwähnt wurde!“
Levi seufzte und schlug seinen Sohn genervt auf den Hinterkopf. „Ich bin ja schon froh, dass du dir mal meinen Geburtstag merken kannst, aber ich bin nicht der einzige Mensch, der an diesem Tag geboren wurde, Balg“, meinte er. Leigh blätterte weiter und las eine andere Seite vor: „"Ein alter, weihnachtlicher Brauch ist es, zur Weihnachtszeit einen Miztelzweig aufzuhängen. Ein Kuss zwei sich Liebender unter einem Mistelzweig soll zu ewigen Glück verhelfen." Gott, ich brauche einen Mistelzweig und Armin. Sofort!“ Die Schwarzhaarige wollte schon aufspringen und los laufen, doch ihr Bruder hielt sie auf. „Dieser Brauch bringt dir nicht viel, wenn Armin nichts davon weiß. Außerdem haben wir noch keinen Dezember, also chill“, meinte der Junge und nahm seiner Schwester das Buch ab. Inzwischen hatten auch Hanji und Levi die Lappen weg gelegt und sich zu ihnen hingesetzt. „"Die Weihnachtsgeschichte"“, murmelte Samson, während er behutsam über die Schrift, auf der längst vergilbten Seite, fuhr. „Lies vor. Vielleicht finden wir dann mehr über dieses merkwürdige Fest heraus“, meinte Hanji aufmunternd. Samson nickte und fing an: „"Es begab sich aber zu der Zeit..."“
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