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Jimin
Ein weiterer Tag mit leisem Training, aber da die Hexe zuhause war, konnte er nicht an der Wand weiter arbeiten.
Die ganze Zeit hörte er Musik und Reden, sie schaute die MAMA Awards und hatte ihm vorher hämisch mitgeteilt, dass er nicht mit schauen durfte, da BTS und ATEEZ auftraten und die offen gelebte Homosexualität mancher Mitglieder ekelte sie an und er sollte an solch sündiges Verhalten nicht erinnert werden. Er sollte wieder rein sein.
Jimin war traurig, er hätte seine Freunde gern gesehen, vor allem Taehyung. Ausserdem hatte er gehofft, zu erfahren, ob Y/N noch lebte. Aber das Miststück, dass sich da draussen vor der Stahltür so überlegen fühlte, quälte ihn lieber. Sein Hass wuchs jeden Tag immer mehr, dabei war er sonst eher der nette, schnell verzeihende Typ. Doch was sie ihm angetan hatte und immernoch tat, war unverzeihlich. Er wünschte sich nichts mehr, als das sie in der Hölle schmoren sollte.
Ihn von allen zu trennen die er liebte, sie in dem Glauben zu lassen er wäre tot und somit seine Liebsten solchem Schmerz auszusetzen. Er musste hier raus, koste es, was es wolle, er wollte sein Leben zurück, seine Freundin, die er heiraten wollte, aber nicht mehr dazu kam, ihr den Antrag zu machen, seine Freunde und seine Karriere.
Aus dem Nebenzimmer hörte er ein aufkreischen, was war jetzt schon wieder in diese Ausgeburt der Hölle gefahren?
Das Fenster, durch das sie sonst das Essen schob öffnete sich und sie lachte hysterisch, während sie ihren Laptop so gedreht hatte, dass er sehen konnte, was ausgestrahlt wurde.
Er kam näher an die Tür und starrte auf den Bildschirm, während sie ihm sein Essen hinstellte. Die Awardshow war vorbei und sie hatte ein YouTube Video geöffnet, das die Überschrift "Kim Taehyung and Y/N Romantic Highlights MAMA 2020" trug. Jimin blinzelte kurz und zwang sich keine Emotionen zu zeigen. Aber er war gerade so erleichtert, dass sie lebte. Der Titel musste gar nichts heißen, denn er wusste ja, wie gerne Army alles mögliche shippte.
Als das Video startete, sah man Tae und Y/N Hand in Hand über den roten Teppich laufen. Sie trug ein enges, rote Kleid, das glitzerte, ein kurzes Lächeln umspielte seine Lippen, sie liebte alles was glitzert. Die beiden redeten miteinander, was sie sagten hörte man nicht, aber er sah wie sich ihre Wangen rosa färbten, beide sich anlächelten und Taehyung sie dann zärtlich küsste. Er schluckte, er hatte es gemocht die beiden küssen zu sehen, als sie am Strand waren. Doch machte es ihn eher traurig, wenn er nicht dabei war.
Eunju schien ihm kaum Beachtung zu schenken, denn sie schaute gebannt auf das Bild und rief immer wieder...
"Siehst du das? Sie hat dich längst vergessen und ausgetauscht. Und dein ach so toller bester Freund, hat deinen Platz eingenommen."
Sie klatschte begeistert in die Hände.
Jimin bemerkte ihre Unachtsamkeit und ließ das Essen nach und nach in seiner Hosentasche verschwinden, setzte jedes mal einen traurigen Blick auf, wenn sie kurz zu ihm sah und tat so, als würde er kauen.
Dabei war er innerlich am jubeln, er sah seine Freunde, seine große Liebe und alle waren am Leben. Nochdazu merkte Eunju, diese dumme Kuh nicht, dass er das essen gar nicht aß. Als nur noch wenig auf dem Teller lag, schob er ihn von sich. Gerade sah man, wie Y/N sich auf Taes Schoß setzte und beide sich leidenschaftlich küssten, während sie die Arme um seinen Nacken schlang. Der liebevolle Blick, den beide getauscht hatten, hatte ihm dann doch ein wenig die Tränen in die Augen getrieben.
Aber was wollte er ihnen vorwerfen? Sie dachten er wäre tot und anscheinend hatten sie Trost ineinander gefunden. Wäre er wirklich tot, würde er sich darüber freuen wie verrückt. Er wollte jetzt nicht darüber nachdenken, eine Lösung dafür musste warten, bis er zurück war und dafür brauchte er nun einen klaren Kopf.
Die Gelegenheit zur Flucht war noch nie so gut gewesen, jetzt musste er nur vorsichtig sein. Er ließ die Tränen, die such gesammelt hatten mit absicht laufen und sagte mit gespielt schwacher Stimme:
"Mir geht es nicht gut, ich gehe schlafen."
Er ging ins Bad, zog sich dort um und zog sich gleich drei Paar Socken an, da er keine Schuhe hatte und gleich durch den Wald laufen musste. Mit Jogginghose und Hoodie legte er sich ins Bett und tat so, als ob er eingeschlafen war.
Nach einer Stunde kam Eunju in das Zimmer, mit der Spritze in der Hand, da sie dachte, das Beruhigungsmittel im Essen würde volle Wirkung zeigen, war sie sich sehr sicher und nahm seinen Arm. Doch gerade, als sie seinem Ärmel hoch schieben wollte, drehte er sich, packte ihre Handgelenke und schleuderte sie, mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, gegen die Wand. Die Spritze fiel neben ihn und noch bevor sie sich von dem Aufprall erholen konnte, stach er sie ihr ins Bein und sprang aus dem Bett.
Jimin rannte zur Tür, während sie verzweifelt schluchzte.
"Nein, Jimin... bleib bei mir, ich liebe dich doch... niemand liebt dich so wie ich."
Verächtlich schnaubte er, während er die Stahltür schloß und von aussen den Schlüssel umdrehte. Er hatte nicht mal eine Antwort für sie übrig, so sehr verachtete er sie.
Er sah sich in den anderen Räumen um, suchte ein Handy, fand aber keins.
Der Laptop war im Ruhemodus und zum anschalten brauchte er ein Passwort. Also konnte er so schonmal keine Hilfe rufen. Er musste wohl los laufen und die nächste Polizeistation suchen.
Es war dunkel und er wusste den Weg nicht darum verließ er sich an jeder Abzweigung auf sein Gefühl, doch er lief die ganze Nacht hindurch. Entsetzlich frierend, ohne Schuhe und Jacke, im Winter, kam er im Morgengrauen endlich einem Dorf näher.
Da es seit Stunden regnete, war er klatsch nass und zitterte. Völlig erschöpft erreichte er die Stufen eines kleinen Hauses, wo er mit letzter Kraft an die Tür klopfte, die ein älterer Mann öffnete und entsetzt aufkeuchte, als Jimin einfach vor ihm zusammenbrach.
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