。.:* ☆:**:.𝒮𝓉𝒶𝓇𝑔𝒶𝓏𝒾𝓃𝑔 .:**:.☆*.:。
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║ 𝕀 𝕥𝕠𝕝𝕕 𝕥𝕙𝕖 𝕤𝕥𝕒𝕣𝕤 𝕒𝕓𝕠𝕦𝕥 𝕪𝕠𝕦 ║
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Ich ließ die Beine baumeln und wog meinen Kopf im Wind. Die Brise, die meine Haare ein wenig durcheinander wirbelte, kühlte mein Gesicht und ein kleines Kichern kam aus meiner Brust, als ich den Flachmann noch mal an meinen Mund ansetzte, um noch einen Schluck zu trinken.
Er hatte recht gehabt. Wenn man sich erst mal an das Brennen gewöhnt hatte, dann schmeckte es gar nicht mehr so übel. Ich nahm einen großen Schluck, doch im nächsten Moment verloren meine Lippen den Kontakt zu dem Flachmann und er war weg. Verwirrt wanderte mein Blick zur Seite und ich begegnete dem Blick meines besten Freundes.
"Du hast genug für heute, Kurzer", bestimmte Taehyung und schraubte die Flasche zu. Ich wagte nicht zu widersprechen, auch wenn ich der Meinung war, dass ich gar nicht so viel gehabt hatte. Wahrscheinlich wusste er es aber besser als ich, zumindest kannte er sich da besser aus. Taehyung war derjenige von uns, der trinkfest war.
Er war so anders als ich. Ich war ruhig und wie sagte er immer ... unverdorben? Er hingegen liebte es zu feiern und Leute zu treffen. Doch er schien auch seinen Spaß daran zu haben, sich mit mir auf das Dach unseres Wohnheims zu setzten und einfach nur ein bisschen die Sterne zu genießen.
Als Astrophysik Student war das wohl eher meine Baustelle. Die Sterne hatten schon als ich noch ganz klein war, eine sowohl beruhigende als auch anziehende Wirkung auf mich gehabt. Als Kind dachte ich, dass das Flackern der Sterne Botschaften wären, die sie uns sandten und die wir nur entschlüsseln mussten. Heute wusste ich, dass das vielleicht auch so war, nur eben anders, als ich es als Kind vermutet hatte. Dennoch war es jetzt meine Aufgabe zu entschlüsseln, was sie erzählen zu hatten und ich schätzte mich glücklich das auch meinen Job nennen zu können.
Es war wunderschön hier oben. Alles, was einen bedrückte, schien so klein. Der Lärm der Straße, war so weit weg, dass er kaum mehr als ein entferntes Rauschen war. Ab und zu hörte man ein Hupen, doch ansonsten war alles ruhig, bis auf das diffuse elektrische Buzzen der Werbereklame die hinter und auf dem Dach aufgebaut worden war und uns verriet, dass es in unserem Komplex die beste und günstigste Reinigung gab. Gut, wenn man keine Waschmaschine hatte.
Doch nicht mal das Licht hinter uns störte. Die Sterne waren zu sehen und das machte mich unheimlich glücklich.
"Nächte wie heute sind selten, Taehyung", erzählte ich und schaute von der befahrenen Straße hoch in den sternenbesetzten, klaren Himmel, "Smog verhindert meist eine klare Sicht. Der diffuse Neben streut die Lichtverschmutzung, sodass man die Sterne nicht so gut sehen kann. Es braucht Regen, damit es ein bisschen aufklart, doch dann bleiben oft die Wolken..." Ich erklärte das bestimmt schon zum fünften Mal, doch ich konnte mich auch nicht aufhalten.
"Ich weiß", antwortete er und folgte meinem Blick in den Himmel, "deswegen habe ich dich hier hochgebracht." Ich schloss einen Moment meine Augen. Er hörte mir besser zu, als ich selbst bemerkte und ich liebte ihn von ganzem Herzen dafür.
Taehyung nahm einen Schluck, dann steckte die kleine Flasche wieder zurück in die Innentasche seiner Lederjacke und betrachtete mich eingehend. Wieso sah er eigentlich immer aus, wie der letzte Bad Boy, wenn er doch ein so lieber Kerl war? Ich kannte ihn lange genug, um zu wissen, was hinter der Jacke, dem dezenten Eyeliner und den wuscheligen messy Haaren steckte. Er jedoch betrachtete mich so eingehend, als sähe er mich zum ersten Mal.
Meine Wangen wurden warm unter seinem Blick, denn ich wusste wirklich nicht, wie ich das interpretieren sollte. In letzter Zeit machte er das öfter. Ich fragte mich dann immer willkürlich, was er wohl sah. Hatte er etwa bemerkt, dass ich ihn vielleicht etwas zu sehr mochte? Mehr ... als einen Freund?
Schnell wandte ich den Blick ab und sah über die Hausdächer, die unter uns lagen. Normalerweise hätte ich ja Angst, so an der Kante des Daches zu sitzen, doch ich hatte direkt vor meiner Brust eine Stange, an der ich mich festhalten konnte, also war es okay.
Auch da hatte er recht gehabt. Wenn man seine Angst erst mal überwand - wenn auch Alkohol sei dank - dann war es eigentlich ganz schön die Füße baumeln zu lassen. Zunächst war das alles ziemlich schrecklich für mich gewesen. Tae hatte manchmal so fixe Ideen und dann hatte er keine Wahl als ihnen zu folgen, was bedeutete, dass ich dann auch keine mehr hatte.
Was du hast Höhenangst? Okay, möchtest du sie bezwingen? Willst du es wenigstens versuchen? Ich habe hier noch diesen Whisky. Keine Sorge, da oben ist ein super duper Gelände, da kann man sich dran festhalten, dir kann nichts passieren, ich bin bei dir. Ich passe auf, es ist sicher.
Der erste Schluck Whisky? Eine Katastrophe. Die Höhe sehen? Ganz furchtbar. Doch er nahm mich an der Hand und jetzt war es nicht mal nur noch halb so schlimm, es war sogar ziemlich gut. Man hatte einen wundervollen Blick auf meine aberbillionen Freunde im Himmel.
Ich erinnerte mich noch an meine Hand in seiner. Unwillkürlich fragte ich mich, ob ich einfach kleine Hände hatte, oder er große. Es war ein Gefühl, an das ich mich hätte gewöhnen können. Doch er sah mich nicht auf diese Weise. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich in seinen Augen geschlechtslos war und er mich gar nicht wahrnahm.
Eine erneute Brise kam auf und ich lächelte ungezwungen.
Auch, wenn dem so war, so nahm er sich doch Zeit für mich, nicht wahr? Wenigstens schien er gern Zeit mit mir zu verbringen. Er sah nie auf die Uhr, wenn er mit mir zusammen war. Er tat es sonst immer. Seine Zeit war kostbar und begrenzt, doch wenn er bei mir war, schien sie erschwinglich.
Gerade als ich darüber nachdachte, merkte ich, wie er seine Hand durch mein Haar wandern ließ. Ein paar Minuten war ich völlig in meiner eigenen Welt gewesen, doch er holte mich mit der Geste zurück ins hier und jetzt. Scheu wanderte mein Blick zu ihm, doch er ließ nur die dunklen Strähnen meines Haares weiter durch seine Finger gleiten.
"Wie lang willst du sie noch wachsen lassen?", fragte er. Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen und er setzte noch mal an, mit seinen schlanken Fingern sanft durch meine Haare zu gehen.
"Ich habe nicht drüber nachgedacht", antwortete ich, während er sachte eine Strähne, die schon lang genug dazu war, um seinen Finger wickelte.
"Ich mag es", ließ er mich wissen. Ich verfluchte mein Herz, denn es begann schneller zu schlagen. Es war wirklich keine Intention gewesen, ich hatte meine Haare nur eine Weile nicht mehr geschnitten, doch dass er mir ein zumindest halbes Kompliment gemacht hatte, ließ mich seltsam flatterig fühlen.
"Du magst es?", hakte ich nach und er nickte.
"Es steht dir gut", damit ließ er die Hand wieder sinken. Ich lächelte verlegen.
"Danke", murmelte ich und strich mir eine Strähne hinter das Ohr. Tae lehnte sich wieder an die Eisenstange vor und ließ seinen Blick ein wenig wandern. Es war mild, fast sogar warm. Am Tag war die Hitze kaum auszuhalten, aber in der Nacht hatte man bereits die Möglichkeit wieder durchzuatmen. Bald würde es auch tagsüber wieder kühler werden und ich hatte absolut nichts
dagegen, denn Hitze machte mich schwach und müde.
"Hey Cupcake."
Ich verdrehte die Augen, bevor ich ihn wieder ansah. Schon tausende Male hatte ich ihm gesagt, dass er mich so nicht nennen sollte. Doch es war ein Trauerspiel mit ihm. Er war wohl einfach taub auf dem Ohr. Vielleicht kannten wir uns auch schon zu lange. Ich wusste es nicht so genau. Er nannte mich schon so, seit wir uns das erste Mal begegnet waren. Das war jetzt gute fünf Jahre her. Damals hatte ich die Schule wechseln müssen und ich war super verloren gewesen.
Es war nicht so, als wäre es wirklich seine Aufgabe gewesen, sich um jemand neuen zu kümmern, aber er hatte es sich wohl einfach zur Aufgabe gemacht. Während ich einfach verloren herumgesessen hatte, mit einem Cupcake aus der Cafeteria in der Hand, hatte sich Tae zu mir gesetzt und mich gefragt, ob ich denn schon alle Räume gefunden hatte, ich klarkam, ich wüsste, wo ich als Nächstes hinmusste ...
Blobb, der ich war, hatte ich ihm keine seiner Fragen beantworten können.
Alles, wozu ich fähig gewesen war, war einfach ihn anzustarren, denn er war ein so verdammt schöner junger Mann. Noch heute konnte ich meine Augen manchmal, in schwachen Momenten, nicht von ihm lassen. Er war nur noch schöner geworden, in seine Features reingewachsen. Er wurde mit jedem Tag attraktiver, während ich darauf wartete, auch noch in die Pubertät zu kommen, wenn man es so drastisch formulieren wollte.
Die Wahrheit war, dass ich einfach nur nicht besonders groß geworden war und auch mein Glowup eher meh ausgefallen ist. Doch ich lebte damit, was wollte man machen? Wenigstens war ich smart. Zumindest, solange ich nicht zu lange Tae betrachtete, denn dann setzte mein Hirn zuweilen einfach aus.
"Was ist?", antwortete ich also nur fragend, ohne ihn zum millionsten Mal darauf aufmerksam zu machen, dass ich einen Namen hatte. Er lehnte sich näher an mich heran und mein Herz blieb fast stehen. Für einen Moment starrte er mir nur in die Augen, dann zog sich einer seiner Mundwinkel nach oben und er neigte den Kopf einen Deut zu Seite. Wie nebenbei befeuchtete er seine Lippen ein bisschen.
Wusste er, dass das nicht nur auf andere attraktiv wirkte, sondern auf mich auch? War er sich überhaupt dessen bewusst?
"Wenn du die Wahl hättest, zwischen mir als letzten Mann der Welt und Grace VanderWaal als letzte Frau, wen würdest du wählen?" Ich blinzelte überrascht und holte wieder Luft. Beim Starren auf seine Lippen hatte ich das Atmen wohl ein bisschen vergessen. Doch jetzt war ich wieder da und ich war irritiert.
"Grace VanderWaal?", hakte ich nach.
"Ist doch deine Lieblingssängerin", meinte er leichthin.
Ich lachte leise. Dann schüttelte ich den Kopf. Das war doch nicht sein Ernst.
"Na ja ... du, weil Grace ist siebzehn, dafür würde ich ins Gefängnis kommen", antwortete ich und umschiffte somit galant seine Frage. Warum fragte er mich das überhaupt? Er zog nur amüsiert eine Augenbraue hoch.
"Ist sie?", hakte er nach und ich nickte.
"Wen juckst, wenn wir die letzten Menschen sind?", fragte er weiter und ein amüsiertes Lachen blubberte aus seiner Brust, denn er wusste, dass das absurd war und ich sah ihn auch entsetzt an. Er meinte das auch nicht ernst, sondern grinste nur noch amüsierter. Ich gab ein nasales Schnauben von mir. Er war doch manchmal so ein Idiot. Versuchte er mich aus der Reserve zu locken. Ich warf ihm einen forschenden Blick zu.
"Mich. Du Trottel", antwortete ich also auf seine letzte frage, noch immer nicht verstehend, wie er auf das Thema überhaupt kam. Er nickte das nur ab und rieb sich kurz das Kinn, eher er sich durch die Haare ging, die jetzt auch nicht viel kürzer waren als meine. Sie waren auf jeden Fall schon lang genug, dass sie sich lockten.
"Okay, okay", lenkte er ein, "dann ich als letzter Man und uhm... Selena Gomez als letzte Frau?"
Ich lachte leise. Was sollte ich dazu sagen? Wenn das so weiterging, dann brauchte ich noch einen Schluck von dem Whisky. Ich wich seinem Blick aus. Was war ich bereit zuzugeben? War ich nicht hier oben, um meine Ängste zu besiegen, oder so? Ich biss mir auf die Lippe.
"Immer noch du", antwortete ich wispernd. Irgendwie hoffte ich, dass er mich nicht gehört hätte, dich das hatte er, da brauchte ich mir nichts vorzumachen.
Er grinste und irgendwie schien er zufrieden zu sein. Vielleicht war es einfach der Alkohol und damit verbundene Wunschvorstellung. Ich haute ihn gegen die Schulter und schlang einen Arm um die Eisenstange vor mir.
"Gib mir noch mal den Flachmann", murrte ich und er lachte nur los, doch er zog das Fläschchen noch einmal hervor und reichte es mir rüber. Ich nahm einen kleinen Schluck und komischerweise brannte er jetzt wieder, also reichte ich ihm den Flachmann zurück. Taehyung nahm ebenfalls noch einen kleinen Schluck und steckte die Flasche dann wieder weg.
"Ich, weil Mann, oder ich, weil ... ich?", fragte er und ich fühlte meine Wangen nur wieder rot werden. Das Blut schoss förmlich in sie und ich konnte nichts dagegen tun. Ich schluckte leer und warf ihm einen unsicheren Blick zu. Wieso fragte er das? Was sollte ich darauf erwidern, denn eigentlich konnte ich nur verlieren, oder?
"Straight forward, huh?", fragte ich gegen und er lachte nur. Ein schöner klang. Tief und samtig. Er ging unter die Haut.
"Du weißt mit straight kann ich nicht dienen", erinnerte er mich und ich leckte über meine trocken gewordenen Lippen. Nun, ich konnte schon damit dienen, aber eben nicht nur. Ich hatte bisher Mädchen und Jungen gedatet, aber ich war nie wirklich glücklich damit geworden. Es hatte nie wirklich lange gehalten und ich glaubte fast, dass auch Taehyung ein wenig daran schuld war. Nicht, dass er direkt was tun würde, es lag an mir, denn am Ende des Tages dachte ich wohl doch wieder an ihn, auch wenn ich mich dagegen wehren wollte.
Ich musterte ihn eingehend und er ließ seinen Blick ebenso über meine Züge wandern. Den Kopf neigend, sah ich zu ihm, dann zu den Sternen, dann wieder zurück zu Taehyung.
"Was?", fragte er und ich seufzte tief.
"Du bist wie sie", murmelte ich fahrig. Der Alkohol ließ die Zunge wohl tatsächlich lockerer werden, denn sonst hätte ich das sicher nicht gesagt.
"Die Sterne?", hakte er nach und ich nickte. Ich liebte die Sterne und ich liebte ihn. War eine ganz einfache Verknüpfung.
"Warum?"
Einen Augenblick schwieg ich. Wie formulierte ich das? Ohne allzu viel darüber zu verraten, was ich fühlte. Ich holte ein bisschen Luft und meine Augen wurden ein wenig schmaler, weil ich wirklich scharf überlegen musste.
"Ich kann dich sehen, aber du bist unendlich weit weg. Du bist unerreichbar für mich." Kaum hatte ich es ausgesprochen bereute ich es auch, denn es war kitschig und dramatisch. Ich sagte zu viel.
"Aber ich bin doch hier", widersprach Taehyung und legte mir die Hand auf die Schulter, als müsste er beweisen, das er sich in Reichweite befand.
"Wieso denkst du das?"
Ich blinzelte träge. Dann rutschte ich etwas näher an ihn ran. Bildete ich mir das ein, oder hielt er kurz den Atem an? War das nur der Alkohol, der mich dazu brachte, etwas Dummes zu tun? Was es auch war, ich konnte es nicht aufhalten.
"Sieh dich doch mal an", erklärte ich, "wer auch immer dich gemacht hat, hat sich besonders Mühe gegeben bei dir. Er hat gesagt: 'Oh dieser. Den machen wir besonders hübsch, okay? Ich will, dass er strahlt.' Und dann hat er den Tiegel mit Handsomeness genommen und wollte son gutes Stück reinmachen, aber ...", ich gestikulierte hinter mich," ... es hat an der Tür geklingelt, okay? Vor Schreck ist der ganze Tigel reingefallen und er war so: 'Oh Scheiße, jetzt muss ich aber viel von gutem Charakter rein machen, sonst wird er ein Narzisst. Das will ich nicht, der muss perfekt werden.'
Also hat er dir noch Herzensgüte und Humor und Großzügigkeit und Intelligenz und Leidenschaft und son Scheiß mit rein gepanscht. Und Boom. Da bist du. Das einzige, was an dir suckt, ist, dass man weinen muss, wenn man dich anguckt. Ist wirklich schwer für Blobbs, wie mich."
Ich kicherte. Ach was, ich war auch gar nicht so übel geworden, aber Tae war eben Tae. Neben ihm war jeder der hässlichere Freund, selbst wenn man eine Zehn wäre, dann wäre man immer noch sein hässlicherer Freund.
Tae lachte nur auf.
"Danke, schätze ich mal. Ich wusste gar nicht, dass du so über mich denkst." Ich haute ihn noch mal. Er sollte aufhören so bescheiden zu sein.
"Allerdings bin ich in der Tat ... ein Narzisst", versuchte er mir weiszumachen. Ich lehnte mich näher an ihn.
"Bist du nicht", wisperte ich und er legte gut gelaunt den Arm um mich.
"Bei dir hat es nicht an der Tür geklingelt", meinte er und ich nickte nur. Ja, bei mir war nichts schiefgelaufen.
"Das ist der Grund warum du das Beste bist, was er je gemacht hat", fuhr er fort und klang dabei seltsam nah an meinem Ohr.
"Du bist perfekt."
Mein Herz schlug einige Takte schneller. Verblüfft drehte ich den Kopf zur Seine und verdammt war er nah. Nur wenige Zentimeter trennten uns.
Für einen Moment versank ich in seinen dunklen, tiefbraunen Augen, doch dann riss ich mich los. Es war sicherlich der Alkohol, der mich mutiger machte, oder auch dafür sorgte, dass ich Dinge sah, die vielleicht nicht da waren, doch für einen Moment hielt ich es für eine hervorragende Idee, ihm zu sagen, was ich fühle, denn da war was in seinen Augen gewesen, dass mich zu rufen schien.
Noch immer klopfte mein Herz wie wild und ich fühlte mich fast wie ein Hase auf der Hetzjagd. Mein Mund war trocken, doch der sanfte Glanz in seinen Augen machte mir irgendwie Mut.
"Da ist diese Sache, die ihr dir schon eine ganze Weile sagen wollte ... ", begann ich, doch ich verstummte wieder. War das wirklich eine gute Idee?
"Fick dich?", riet Tae derweil, weil ich nicht weiter redete. Entsetzt sah ich ihn an.
"Was? Nein!! Warum sollte ich das zu dir sagen? Baby, du weißt doch, ich liebe dich." Ich redete zu schnell und dachte zu langsam. Die Worte, die eben noch nicht hatten herauskommen wollten, weil ich vorgehabt hatte, sie sorgfältig zurechtzulegen, waren jetzt einfach heraus geflutscht.
Bibedibabedifuck.
Mein bester Freund lachte. Was sollte er auch sonst tun? Ich senkte den Blick und schluckte leer. Das war unheimlich peinlich. Ich wollte wieder von ihm abrücken, da schnappte er sich mein Gesicht und zog mich das winzige Stück, dass ich schon Abstand genommen hatte, wieder zurück. Meine Wangen brannten unter seinen weichen Händen und ich verlernte, wie man vernünftig Luft holte.
"Hast du mich gerade gebabiet?", fragte er amüsiert, "Und gesagt du liebst mich?"
Bitte lass mich sterben. Ich könnte mich ja einfach vom Dach stürzen, aber die Stange und Taes Griff verhinderten das. Ich musste mich da rausreden. Er lachte doch nicht umsonst. Ich presste die Lippen zusammen und versuchte mich zu sammeln.
"Ich ... meinte das natürlich f-freundschlaftlich ... und so", stammelte ich und blinzelte angestrengt, denn dadurch, dass er mich festhielt, konnte ich nicht mal wirklich wegschauen. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Eigentlich hatte ich nichts hiervon kommen sehen. Konnte ich das auf den Whisky schieben? Würde man überschwänglich, wenn man ... ?
"Schade", unterbrach er dunkel meine Gedanken und heftete seinen Blick auf mich. Er sah mir tief in die Augen, dann formten sich seine Lippen wieder zu diesem gefährlichen, kleinen Grinsen, welches jeden schwach werden ließ.
"Dabei würde ich sterben für einen Kuss von dir ... "
Einen Moment war es still. Selbst der Lärm der Straße unter uns schien leiser zu werden und der Wind fegte leiser um die Dächer als vorher. Selbst das elektrische Surren pulsierte weniger stark. Alles verschwamm und ich nahm nur noch Taes Atemzüge wahr.
"Verarsch mich doch nicht ...", murmelte ich und er neigte den Kopf. Statt zu antworten, strich er mir nur leicht über die Unterlippe.
"Taehyung ... ich ... ", ich suchte nach Worten, während er fast schon in gelassener Manier einen seiner Arme um meine Taille schlang.
"Halt die Klappe."
Damit beugte er sich zu mir und legte seine Lippen fragend auf meine, vorsichtig, als könnte er etwas kaputt machen. Es war ein kurzer Kuss, doch er war liebevoll und auch wenn ich überrumpelt war, so folgte ich seiner Bewegung, als er sich von mir löste. Taehyung entfernte sich nicht wesentlich von mir, nur einige Millimeter von meinen Lippen. Ich konnte seinen Atem auf meinen Lippen spüren. Ein kleines Lachen suchte sich den Weg aus seiner Brust, dann verband er unsere Lippen wieder.
So langsam kam es in meinem Kopf an, dass er das ernst meinte und das war auch das einzige, was mein Hirn registrierte, bevor es sich komplett abschaltete und sich ganz dem süßen Geschmack seiner Lippen hingab. Unwillkürlich neigte ich meinen Kopf und ließ eine meiner Hände in seine Haare wandern. Ich schnappte nach Luft, als wir den Kontakt kurz verloren, doch scheinbar waren wir beide nicht gewillt, den Kuss zu unterbrechen. Sanft bewegte er seine Lippen gegen meine und ich erwiderte den Kuss sehnsüchtig. Meine Augen waren längst zugefallen und ich genoss alles daran.
Seine weichen Lippen, die mich an ihn fesselten, die Art, wie er sich leicht an mich drückte, um so wenig Platz zwischen uns zu haben, wie es eben ging, wenn man an einem Dach saß, sein Geruch, der mir in die Nase stieg, die Art, wie er sanft an meiner Unterlippe knabbert, um stumm nach Einlass zu bitten, den ich ihm nur zu gern gewährte. Er ließ seine Zunge in meine Mundhöhle gleiten und erforschte sie sanft. Ich ließ mich treiben. Zeit spielte keine Rolle mehr.
Wir lösten uns nie besonders lange voneinander. Einmal angefangen, war es schwer, wieder loszulassen. So lange hatte ich darüber fantasiert, wie es wohl wäre, seine Lippen zu küssen, nur um jetzt zu erkennen, dass es viel besser war, als alles, was ich mir je hätte erträumen können.
Wahrscheinlich hätten wir die ganze Nacht da gesessen, wenn ich nicht angefangen hätte zu frösteln. Taehyung bemerkte es natürlich und schon im nächsten Moment stand er. Vorsichtig zog er mich auf die Füße und ließ mich auch nicht los, bis wir ganz weg waren von der Dachkante.
"Komm", murmelte er und ging mir durch die Haare, ehe er mich noch mal flüchtig küsste, "lass uns reingehen. Wir machen uns bettfertig und kuscheln uns in mein Bett. Allein schon, damit du morgen nicht vor Panik behaupten kannst, du ...", er küsste mich, "... weißt ...", noch mal, "... von ...", und noch mal, "... nichts." Zum Abschluss legte er seine Lippen noch mal etwas länger auf meine und lockte mich in einen weiteren liebevollen Kuss.
"Mach ich nicht", versprach ich kleinlaut und wurde wieder rot um die Nase. "Kuscheln klingt echt harmlos für deine Verhältnisse", witzelte ich und er biss mich sanft in den Nacken, was meinen Atem zum Stocken brachte und mein Herz aussetzen ließ.
"Ich würde dich ja verführen, aber wir haben getrunken. Also mach ich das morgen, oder wann auch immer du mich lässt", wisperte er an meinem Ohr und ich wurde wenn möglich noch roter. Ich biss mir verlegen auf die Lippe. Taehyung lachte warm und schlang die Arme um mich. Das war doch mal eine Ansage. Ich sah zu ihm auf und er begegnete meinem Blick mit dem wärmsten Ausdruck in den Augen.
"Cupcake?"
"Hmmn?"
"Ich liebe dich."
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