Vertrauen ist kein Geschenk !
Während es bei den Templer eher heißt: "Vertrauen ist ein Luxus, den man sich nicht leisten kann!" , lag es bei den Assassinen und deren Partnern wohl etwas anders.
Hier hieß es: "Vertrauen ist kein Geschenk! Man muss sich das Vertrauen erarbeiten und verdienen!"
Sophia hatte bislang nicht viel dazu beigetragen, um sich das Vertrauen der Assassinen zu erarbeiten. Sie hatte auch kaum Gelegenheit dazu. Sophia vertraute jedoch im Gegenzug dem Team um Leyla Hassan, denn sie hatte keine andere Option.
Aus zeitlichen Gründen - und um ehrlich zu bleiben, auch aus Interesse- konnte Sophia Rikken die Unterredung und Besichtigung der historischen Gegenstände am darauf folgenden Tage nicht einfach so abbrechen, um wieder an den Strand zu gehen.
Es war einfach auch zu faszinierend, wie an der Universität die Konservierungen vorgenommen wurden- alles gekrönt von Informationen über die Ausgrabungen in Tel Dan, die Lage der Einzelstücke, den möglichen geschichtlichen Zusammenhang zur salomonischen Zeit.
Für Sophia gingen zudem Hoffnungen in Erfüllung, da sie von manchen Konservatoren im Zuge derer Arbeit an Einzelstücken noch Proben entnommen bekam. Dies gab Sophia einen positiven Schub, denn vor der Konservation war die Chance auf DNA- Material groß, auch wenn hier bereits mit Mischproben oder konterminierten Proben gerechnet werden musste.
Ein Problem jedoch bestand: Sophia war nach Tel Aviv gereist, um den verantwortlichen Ausgragungsleiter, Professor Sinfid, zu treffen und all ihre Fragen dazu stellen zu können. Sinfid jedoch weilte nicht in Tel Aviv. Er war 'im Auftrag der Universität' unterwegs, hieß es. Allerdings wollte die Universität- wohl auch zur Stärkung ihrer Referenzen im Ausland- Sophia ermöglichen, mit Dr. Shillerman zu sprechen, der so etwas wie die rechte Hand des Professors sei.
Das Labor der Universität entsprach zwar den geforderten internationalen Standards, aber selbst Sophia wusste, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, nur an mögliche DNA- Mischproben zu gelangen. Diese Chance lag bei 98 Prozent immerhin. Die Gegenstände werden oftmals von Ausgrabungsteams angebracht- Studenten der Archäologie oder solchen, die sich etwas dazu verdienen wollen. Hinzu kommen Hilfskräfte aller Couleur, Fahrer, Zuschauer, Leute die im Umfeld stehen und einfach husten müssen. Wer eine nicht erdüberdeckte Probe ohne Handschuhe auch nur angefasst hat, machte es Forschern- wie Sophia Rikken und anderen-einfach unnötig schwer.
Sophia brauchte jedoch diese letzten zwei Prozent, um die Hoffnung nicht zu verlieren.
Insofern man also Vergleichsmuster von Probennehmern oder Dritten hatte, konnte man im Ausschlussverfahren zumindest immer noch etwas retten. Manchmal jedoch blieb nur noch Fantasie und Erfahrung, Ketten der DNA zu trennen oder um Lücken sinnvoll zu ergänzen. Es war und blieb halt eine Wissenschaft für sich.
Dimitry war dennoch zugegen, als Sophia den Sicherheitsbereich der Konservatoren verließ. Doch auch er schien, wie Sophia auch, großen Appetit zu haben und schien dankbar, dass Sophia sich die nächste Niederlassung eines Fast Food- Restaurants als Ziel setzte, bevor sie zurück zum Hotel wollte.
Es war zudem auch schon am Dunkel werden.
Sophia saß an einem Fensterplatz und konnte von dort sehr gut hinaus auf die Straße sehen.
In der Spiegelung des Lichtes auf den Innenraum sah Sophia ihren russischen Schatten, den Securitymann Dimitry genüsslich Chicken Nuggets futtern. Nicht zu glauben- er trank sogar Cola dazu.
In gleicher Spiegelung- etwas hinter Dimitry- sah Sophia Rikken mit einem mal einen Mann vorbeigehen in Richtung des Ausganges.
Der Mann, wohl ein Asiate, war wohl allein im Inneren des Restaurants unterwegs. Er hatte jedoch nichts gegessen oder gekauft- lief nur einmal in Richtung Theke- sah dann zu Sophia und zu Dimitry nacheinander, ging hinter Dimitry recht nahe entlang, schien fast beiläufig ein Pulver auf Dimitry's Stiernacken zu streuen, wie man Salz von den Fingerspitzen reibt. Dann ging der Asiate hinaus, als habe es diesen Moment nie gegeben und er habe halt in der bekannten Angebotsmenge nicht das gefunden, wonach ihm war.
Der Asiate war raus aus dem Laden, die Tür fiel zu.
Sophia behielt Dimitry im Blick.
Erst passierte nichts- Dimitry aß und trank mit großer Energie. Irgendwann streicht Dimitry mit seiner rechten Hand beiläufig über seinen Nacken und seine Glatze. Und er nimmt die Hand erneut, um sein Essen zu halten und den Becher zu heben. Selbst einige Pommes gönnt er sich- mit rechter Hand genommen. Sophia beobachtet dies- blickt aber dann immer wieder hinaus in die herannahende Dämmerung dort draußen.
Dimitry blickt sich verunsichert um. Es wirkte so, als suche er irgend etwas.
In diesem Moment- Sophia hatte ihren Salat schon aufgegessen und nur noch den Kaffee- stand Sophia auf, um zu gehen.
Dimitry stand ebenfalls auf, rollte jedoch leicht die Augen. Es schien, als müsse er sich mehr konzentrieren , um zu sehen und wahrzunehmen, was Sophia macht. Irgendwie schien seine Wahrnehmung getrübt. Dimitry war angeknockt.
Unweit des Restaurants war ein Taxi- Stand. Hier waren Sophia und 'ihr Begleiter' auch schon zweimal zugestiegen und erfolgreich mit Taxifahrten von A nach B gelangt. Auch heute schien Beiden dieses Glück holt, denn dort waren noch zwei Taxen.
Dimitry wirkte schon beim Einsteigen sehr behäbig- wie betrunken, wenngleich er sicherlich wegen seiner Physis und Arbeit nichts trinkt.
Am Hotel angekommen stiegen Beide aus und gingen ins Gebäude hinein. Sophia holte ihren Schlüssel von der Rezeption und wandte sich dem Fahrstuhl zu.
Dimitry verkroch sich wieder in die Sitzecken des Foyer.
Am Morgen des folgenden Tages war Dimitry nicht zu sehen. Weder bei Frühstück noch danach kreuzten sich überraschender Weise die Wege im Hotel. Sophia schien heute einmal 'allein ausgehen' zu dürfen, so ganz ohne den übertrieben wachsamen und männlichen Schutz von Dimitry.
Mit ihrem leeren Probenkoffer und ihrer Handtasche trat sie vor das Hotelgebäude. Die Taxen lassen sich zumeist heran rufen, wenn ein Fahrgast gefahren werden wollte. Der Taxifahrer schaute schon.
Doch Sophia nutzte ihre Freiheit um mehrfach lang und tief die morgentlich kühle Luft Tel Avivs ein- und auszuatmen. Sie genoss diese Freiheit zum Atmen. Hier unter dem Dach des Hotelausganges schien die Welt in Ordnung heute morgen.
Eine Frau trat aus dem Hotel heraus- nahe zu Sophia und rief laut hörbar: "Taxi? Taxi!"
Das vordere Taxi hatte den Ruf wohl gehört, der Fahrer bereitete sich vor und startete den Wagen.
Die Frau drehte sich zu Sophia um.
Jetzt erst erkannte Sophia die 'mondän verkleidete Dame' als Leyla Hassan wieder, die hinter einer riesigen Insektenaugen- Sonnenbrille zu ihr blickte und fragte: "Wollen sie vielleicht auch in die Innenstadt? Dann könnten wir uns das Taxi teilen?"
Sophia unterdrückte ein Lächeln, denn sie war froh, Dr. Hassan erkannt zu haben.
Das Taxi rollte langsam heran.
"Ja. Sehr gern. Ich möchte zur Universität."
"Ist ja fast die gleiche Richtung, wie bei mir."
Die Frauen stiegen ein. Frau D. Hassan sagte dem Fahrer eine Adresse und das Taxi fuhr los.
Der Fahrer musterte im Spiegel seine zwei weiblichen Passagiere. Die Frauen sahen unbekannt aus und blickten zu beiden Seiten aus dem Auto. Mehr sah er nicht.
So nahm er nicht wahr, dass Hassan an Sophia zwei Zettel weiter gab hinter den Vordersitzen.
Das Fahrzeug fuhr rasant im fließenden Berufsverkehr mit. Nach wenigen Minuten sprach Frau Hassan zum Fahrer: "Dort vorn können sie mich raus lassen! Und sie wollten weiterfahren zur Uni?"
"Ja. Bitte dann weiter zur Universität.", ergänzte Sophia Rikken. "Und danke für Ihren Fahrgeld- Anteil.", rief Sophia noch der aussteigenden Frau Dr. Hassan hinterher.
Erst auf dem Damen - WC in der Universität wagte es Sophia die Zettel aus der Jackentasche hervor zu holen und zu lesen.
Auf dem ersten Zettel stand: "Wir glauben Ihnen und haben Interesse! Besuchen sie in einer Woche doch den Ort Atlit. Im Hotel Edmond liegt eine Nachricht. Die Ruinen lohnen einen Besuch sicherlich danach."
Auf dem zweiten Zettel waren seltsame Zahlen- Kombinationen: "D5/ K3// 34e" stand oberhalb und "D5/ K3// 19g" stand darunter. Mehr war nicht auf dem kleinen Zettel benannt.
Der Ort Atlit sagte Sophia zu diesem Zeitpunkt eben so wenig, wie die Aneinanderreihung der Ziffern und Buchstaben des kleinen Zettel. Aber beide Informationen waren es den Assassinen wohl wert, Frau Dr. Hassan selbst zu schicken, um diese Informationen in konspirativer Weise an Sophia zu geben.
Wie an den Tagen zuvor meldete sich Sophia wie gewohnt bei der Security des Universitätsgebäudes und erbat, den Konservator anzurufen, dass sie abgeholt werden könne.
Es war die gleiche Besetzung, wie am Vortag. Offenbar vermisste die kleine dicke Frau mit den braunen Haaren wohl Sophias Begleiter- zumindest blickte sie hinaus, ob er noch folgte.
"Irgendwie ist er heute nicht erschienen, warum auch immer.", rechtfertigte Sophia das Fehlen der Leibwache Dimitry. Sophia war wohl die Einzige, die Dimitry nicht zu vermissen schien.
Ein junger Mann im Kittel kam, um Sophia Rikken abzuholen. Ein neues Gesicht, ein Student oder Doktorand vielleicht. Er brachte Sophia in die Schleuse, wo sie sich umziehen und "safe" machen musste für das Labor und die Probenräume.
Beim Passieren der Flure nahm Sophia wahr, dass alle Türen in einer bekannten Art und Weise bezeichnet waren: "D5/ K2// ...".
Sollte es wirklich so einfach sein? Benannten die zwei Kombinationen irgendwelche Räume in diesem Haus? Und woher wussten die Assassinen davon? Oder wussten sie bereits alles ? Und ließen Sophia nun mit der Nase auf etwas offensichtliches stoßen? War dies die Art, Vertrauen in Sophia zu zeigen oder war dies ein Test, den Sophia zu bestehen hatte? Aber warum schreiben sie dann, dass sie Sophia bereits vertrauten?
Der Fahrstuhl brachte Sophia und ihren Lotsen für diese Wege eine Etage hinab. "D5/ K3//..." erkannte Sophia sofort und zog ihre Schlussfolgerungen. Irgendwo hier musste dann wohl das Ziel dieser Scharade sein.
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