[Oder aber auch von Kopfschmerzen und Schlösserstiftungen]

„Es schneit!", ruft Irujuki aufgeregt.
„Klimawandel", murmele ich. Ich bin müde.
„Es schneit! Mitten im Mai!"
„Klimawandel."
„Mai! Wir haben Mai!"
„Klimawandel."
„Mai ist der fünfte Monat im Jahr. Fast schon Sommer. Mit heißen Temperaturen, die definitiv über 0 Grad liegen."
„Klimawandel."
„Du bist echt motiviert."
„Ja. Motiviert, schlafen zu gehen."
„Ach komm. Lass uns raus gehen! Schlittenfahren."
„Hast du einen Schlitten?"
Irujuki denkt kurz nach: „Nein."
„Dann können wir auch nicht Schlittenfahren."
„Dann halt Spaziergang. Schlittschuhlaufen!"
„So viele Menschen."
Du meinst wohl, so viel Sport." Mein Kopf dröhnt.

Rufen, Kreischen, Lachen. Diese Geräusche verstärkenmeine Kopfschmerzen, als Irujuki, mit mir am Ärmel, in den Park einbiegt. Ich weißnicht, wie sie mich überredet hat, herzukommen, geschweige denn, Schlittschuhemitzunehmen, die ich irgendwo noch gefunden habe, aber jetzt sind wir hier. MitBlick auf kleine Kinder in Skihosen und ohne Jacke, Erwachsene, die auf ihrHandy blicken, Paare, die auf dem Schnee liegen und warmen Tee trinken, Alte,die auf Skiern den fingerhohen Schnee bestreiten. Ein buntes Treiben, dass sichzu einem undefinierbaren Bild zusammenfügt, ist auf dem Eis entstanden. Nurnach wenigen Stunden ist der Ententeich, dessen Wasser lediglich knietief ist,zugefroren und eine Winterlandschaft hat sich gebildet. Irujuki wirft dieSchuhe, die sie bei diesem Wetter vernünftigerweise doch angezogen hat, geradein den Rucksack mit Proviant, und schlüpft in den ersten Schlittschuh, als eindickbäuchiger Mann vom Ordnungsamt auf uns zu kommt.
„Entschuldigen Sie, ich will Ihnen Ihre Stimmung nicht vermiesen, allerdingsist der See gesperrt. Die Schlösserstiftung meint, dass die Natur durch dieBelastung der Menschenmassen geschädigt wird. Es tut mir wirklich leid, aberdas kann ich nicht ändern. Wir haben lediglich die Aufgabe, den Platz zuräumen. Verlassen Sie bitte das Gelände."
Irujuki verschränkt die Arme vor der Brust und bläst die Luft aus.
„Man, alles muss der Staat einem verbieten."
„Du lässt den Frust an den Falschen ab."
„Ich lasse den Frust da ab, wo es mir gerade gefällt."

[330.14.02]