Alles ist möglicherweise für die Eichhörnchen Armee
[Oder aber auch von Hundekot und Sprayflaschen]
„Also Bella, das geht so aber nicht! Du darfst keinen fremden Leuten auf die Schuhe pinkeln! Tut mir wirklich leid." Eine ältere Dame zieht ihre springende Hündin Bella, die mir gerade eben meinen Schuh markiert hat, an der Leine. Ich beschwichtige sie und ziehe genervt meinen einen Schuh aus und den anderen gleich hinterher. Irujuki hat uns beide überredet, ein wenig zu spazieren und so haben wir es vom Hauseingang bis in den gegenüberliegenden Hundepark geschafft. Irujuki läuft angeekelt auf den Zehenspitzen über die grüne Wiese. Wir haben es Mai und sie weiß genau, welche Befundstücke sich außer ausgedrückter Zigarettenstummel zwischen den Grashalmen versteckt haben. Wir laufen quer durch den Park. Viele Hunde drehen sich zu uns um oder bellen Irujuki entgegen. Sie weicht immer wieder zurück, als ob sie durch das Bellen in Staub zerfallen würde. Hundebesitzer blicken uns hinterher, wahrscheinlich, weil ich meine Schuhe in den Händen halte und mit schwarzen Socken weitertaumele und weil Irujuki neben mir hin und her hüpft, um nicht in verhängnisvoll stinkenden Hundehaufen zu landen. An einer Mauer am Ausgang des Parkes machen wir halt. Meine Knie müssen mir Halt geben, denn ich bin schrecklich erschöpft und mein Kopf dröhnt. Irujuki grinst: „Du bist echt unsportlich."
„Tze!"
Irujuki sieht an die Wand, an die sie sich bis eben noch gelehnt hat.
„Bullshit", entweicht ihrem Mund. Ich drehe mich auch um. An der Wand steht in fetter Schrift „Alles ist möglich". Ehe ich sie daran hindern kann, greift Irujuki nach einer Sprühflasche, die einsam auf dem Boden rollt und beginnt den Satz weiterzuführen. Dabei hält sie sich eine Hand vor den Mund, um nicht die giftigen Gase einzuatmen. In nicht ganz so schöner Schrift steht kurz darauf „Alles ist möglicherweise für die".
„Und wie geht es weiter?", frage ich sie. Die ganze Situation läuft ein bisschen aus dem Ruder.
„Eigentlich wollte ich „für die Katz" schreiben, aber stell dir mal vor, wenn die Katze all deine Sachen bekommt! Die dreht doch durch und will uns unterwerfen! Ich lass mich doch nicht von einer Katze unterwerfen! Gegen die kann man sich auch schlecht wehren, die mit ihren Krallen!"
„Was ist mit der Maus?", frage ich. Das wird lustig.
„Nee, wenn die Maus alles bekommt, dann wird die dick und fett und hässlich. Gar nicht toll. Mäuse gehen gar nicht. Die wollen dann immer mehr und mehr. Weißt du doch. Vollfresser. Dann mutieren die zum Gegenstandsbalen!"
„Was bitte sind Gegenstandsbullen? Du meinst Vielfresser..."
„Nein nein, Vollfresser. Immer mehr Käse wollen sie. Fressen sich halt voll! Und dann werden sie langsam Kannibalen, die Gegenstände fressen. Manchmal bist du ein bisschen dumm, dafür das du Germanistik studiert haben sollst."
„Das eskaliert gerade Richtung Verschwörungstheorie", worüber Irujuki sich so Gedanken macht.
„Eichhörnchen!"
„Bitte was?"
„Eichhörnchen sind süß und tun dir nichts."
„Aber Eichhörnchen können tollwütig werden!"
„Nein, nur tollsüßig. Und außerdem, nenn mir ein Tier, dass nicht Tollwut bekommen kann." Gut, da bin ich dann doch ein wenig überfragt.
„Aber es heißt das Eichhörnchen, nicht die Eichhörnchen", versuche ich es mit einem schlappen Argument. Doch Irujuki ignoriert mich und sprayt weiter.
„Guck, das ist doch schön. Und nichts anderes als die wahrhaftige Wahrheit!" Sie präsentiert mir stolz ihr Werk: „Alles ist möglicherweise für die Eichhörnchen Armee".
„Du weißt aber, dass das illegal ist", meine ich nur dazu.
„Das ist hier überhaupt nicht illegal! Nur weil der Staat die Wahrheit nicht hören will tze!"
„Nein, du hast an einem öffentlichen Ort ohne Erlaubnis gesprayt und dabei noch das Ding da von einem anderen Sprayer zerstört."
„Tja, bin ich halt ein Gangster." Damit dreht sie sich um, wirft die Sprayflasche über die Schulter, die verbeult auf der Straße landet, und läuft weiter.
[624.08.02]
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