Es dauerte nicht lange, bis Luna die große Bibliothek erreichte. Inzwischen kannte sie sich in der Schule schon viel besser aus und verlief sich nicht mehr ständig. Sie steuerte auf die große Tür zu, an der ein "Ruhe bitte! "-Schild hing. Sie war noch nie in der Bibliothek gewesen und öffnete neugierig die große Tür. Langsam betrat sie den Raum und sah sich sofort staunend um. Die Bibliothek war riesig, an den Wänden waren ein paar Tische und große Fenster ließen Licht in den Raum fallen. Viele große Regale standen hier, gefüllt mit den verschiedensten Büchern. Ein Geruch von Papier, Staub und Holz lag in der Luft und es herrschte eine beruhigende Ruhe. Nur wenige Schüler waren zu sehen und niemand achtete auch Luna, die zögerlich ihre Sachen an einen Tisch stellte. Sie lief zu einem großen Bücherregal und sah sich ratlos um. Wie sollte sie nur ein passendes Buch finden? Ratlos flog ihr Blick über die verschiedenen Buchrücken. Verschiedenste Bücher lagen hier, von "Verwandlungstheorie für Anfänger" bis zu "Enzyklopädie der giftigen Pflanzen" und anderer verwirrender Namen. Verzweifelt sah die Schülerin auf die Unmengen an Bücher, die in den Regalen standen. 

Sie seufzte leise, als plötzlich eine leise Stimme neben ihr ertönte, sodass sie zusammenzuckte. "Brauchst du Hilfe?" Die Stimme klang leise und wohltönend und der Tonlage nach gehörte sie wohl zu einem Jungen. Rasch sah Luna sich um und erblickte einen blondhaarigen, schlanken aber kräftigen Jungen mit intensiven grünen Augen, die hilfsbereit funkelten. Ein paar Haarsträhnen hingen ihm ins Gesicht und er war etwa einen halben Kopf größer als die Schülerin, die ihn nun ansah. "Naja ich...", sie verstummte, als eine Erinnerung in ihr auftauchte. Das war der Junge, nach dessen Name sie Yuana in ihrer ersten Schulstunde gefragt hatte. Das war Louis Brewsten, der Puma. Sie musste zugeben, er sah wirklich gut aus. Seine leicht verstrubbelten Haare, sein makelloses Gesicht, sein muskulöser Körper. Wieder stellte sich Luna die Frage, warum er nicht so beliebt war, wie jeder andere Junge an seiner Stelle wäre. Er müsste eigentlich andauernd von kichernden Mädchen und coolen Jungs umgeben sein. Allein schon bei dem Gedanken stieg ein Gefühl in ihr auf, dass sie nicht erklären konnte. Er war irgendwie anders. Er war ruhig, stellte sich nicht ins Rampenlicht... Plötzlich bemerkte Luna, dass der Junge vor ihr immer noch auf eine Antwort von ihr wartete, während sie ihn nur neugierig gemusterte hatte. Schnell sagte sie: "Du bist Louis Brewsten, oder?" Ein winziges Lächeln erschien auf dem Gesicht des Schülers, während er erwiderte: "Ja, und du bist Luna Ellis. Die Wölfin." Schnell sah Luna weg. Es war irgendwie falsch, dass die anderen sie nach ihrer Zweitgestalt beurteilten. Es war ja nicht ihr Verdienst. "Ja, ich... " Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, als meinte sie nur. "Und du bist der Puma." Der Junge nickte leicht, dann schob er das Thema zur Seite und meinte: "Ich nehme an, du willst über Delucía recherchieren, oder?" Die Schülerin nickte und fügte erklärend hinzu: "Ich bin hier irgendwie die einzige, die nichts darüber weiß..." Stirnrunzelnd sah Louis sie an. "Wie meinst du das? Willst du damit sagen, dass du bis vorhin keine Ahnung von Delucía hattest?" Er blickte sie verwirrt an und sie nickte leicht. "Haben dir deine Eltern denn nichts darüber erzählt?" Luna wandte ihren Kopf ab. Irgendwas hielt sie davon ab, mit dem Jungen über ihre Familie zu reden. Sie wollte nicht bemitleidet werden. Louis schien verstanden zu haben, dass er etwas falsches gesagt hatte, denn er sagte: "Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nahe treten." Sein Gesicht hatte etwas verschlossenes und Luna bereute ihre Reaktion sofort. "Nein, ist schon ok, ich.. ich rede nicht gerne darüber. Also...", lenkte sie dann vom Thema ab, ", kannst du mir helfen das richtige Buch zu finden?" Louis Gesichtszüge entspannten sich wieder etwas und er erwiderte: "Könnte ich machen. Ich kann es dir aber auch erzählen, wenn du willst." Erstaunt sah die Schülerin ihn an. "Wirklich?" Er zuckte mit den Schultern. "Ich verbringe viel Zeit in der Bibliothek und kenne die Geschichte auswendig." Das Mädchen überlegte kurz, dann nickte sie zustimmend. 

Sie setzten sich an einen Tisch und Louis begann mit leiser Stimme zu erzählen. "Als die Yuvai keine andere Möglichkeit mehr sahen, beschlossen sie, eine eigene Welt zu erschaffen. Die drei mächtigsten Yuvai ihrer Zeit, Eremin, Thumiel und Gelechil taten sich zusammen. Sie benutzten die stärksten, mystischen und mächtigsten Zauber und bündelten ihre Kräfte. Ihnen gelang es, eine eigene Welt zu erschaffen, nur für Yuvai. Sie ähnelte der Menschenwelt, war jedoch viel schöner anzusehen. Sie war geschaffen aus Licht und ein Friede herrschte dort, der alles überstrahlte. Doch es brauchte viel Kraft, um solch einen Zauber zu wirken. Eremin, der Schwächste unter den dreien, hatte nicht genügend Kraft. Er starb bei der Erschaffung von Dilucía. Trauer schweißte die Yuvai noch mehr zusammen und Thumiel und Gelechil gaben all ihre Macht und Stärke zur Erschaffung dieser Welt. Eine Welt, in der die Yuvai mit der Natur im Einklang lebten. Als es vollbracht war, siedelten sich die Yuvai in der Welt an. Dort konnten sie frei ihre Fähigkeiten nutzen und friedlich leben. Thumiel und Gelechil regierten über dieses Reich, in dem Frieden herrschte, es nicht an Nahrung mangelte und die Yuvai glücklich waren. Es gab alles in Hülle und Fülle,  Nahrung, Rohstoffe und wertvolle Schätze, alles was das Herz begehrte." Gebannt lauschte Luna den Worten des Jungen, der kurz schwieg, Luna ansah und dann fortfuhr: "Dilucía lebte von Gleichgewicht und Harmonie, doch das blieb nicht so. Gier wuchs in dem Herz von Gelechil, er schätzte nicht mehr die Leben der Yuvai, stattdessen wollte er die Reichtümer und Schätze Delucía's sein eigen nennen. Das Böse nahm sein Herz ein und er scharte eine Gruppe Yuvai um sich, die auch nach mehr Macht strebten. Sie planten eine Verschwörung, um Thumiel zu töten und Gelechil die Alleinherrschaft zu sichern. Er versprach seinen Anhängern hohe Posten und Schätze, wenn sie ihm folgten und das taten sie. Sie missbrauchten ihre heilenden Kräfte, um dunkle Kreaturen zu erschaffen, die stärker als jedes erdenkliche Tier waren. Und dann griffen sie an. Gewaltsam drangen sie in den Palast ein, töteten dabei viele Yuvai und wendeten sich gegen Thumiel. In einer furchtbaren Schlacht wurden tausende Yuvai getötet, bis nur noch einige hundert übrig waren. Doch Thumiels Macht war größer, als Gelechil geahnt hatte. Er verbannte die Kreaturen in einen fernen Winkel Delucía's, wo sie dazu verdammt waren, in der Dunkelheit herumzuirren. Wütend griff Gelechil Thumiel an und verletzte ihn stark. Um seine Untertanen zu retten, machte Thumiel das einzige was ihm noch übrigblieb. Er schickte sie zurück in die Menschenwelt. Sie wurden aus Delucía herausgerissen, um in der Menschenwelt in Sicherheit zu sein. Thumiel nahm seine letzten Kräfte zusammen und vernichtete die Anhänger Gelechils. Dieser griff ihn zornentbrannt an und in mit seinem letzten Atemzug, schaffte Thumiel es, Gelechil zu töten. Er starb selbst an seinen Wunden und so war das verwüstete Delucía verlassen. Die Yuvai, die in der Menschenwelt waren, siedelten sich dort wieder an. Und sie warteten. Auf den einen Tag. Denn sie erhielten eine Prophezeihung, dass eines Tages ein Mädchen auftauchen würde und sie wieder nach Delucía bringen würde. Sie würde die neue Königin von Delucía werden und den Frieden unter den Yuvai auf ewig sichern. Seither sind viele Jahre vergangen und die Geschichten verschwimmen und werden vergessen. Doch wir warten immer noch..." 

Stille folgte Louis Worten und Luna starrte ihn entgeistert an. "Wow... das klingt...unglaublich..." Er nickte, dann stand er mit einer geschmeidigen Bewegung auf. "Wir sollten gehen, wir haben gleich die nächste Unterrichtsstunde." Sie nickte und lächelte leicht: "Danke, dass du mir die Geschichte erzählt hast.", bedankte sich und ein leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen. "Gerne.", meinte er nur, bevor er sich umdrehte und in Richtung Unterrichtshäuser ging...

Jetzt wird es langsam spannend... 

Ich hoffe, euch gefällt die Geschichte und ich würde mich über Feedback freuen :)

Und woow, schon 200 Reads, das ging schnell! Danke an alle Leser <3

Lulu <3