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Kapitel 21 - Hoch


Die Berge sind die Heimat der stärksten Carnivoren.



„Es ist eigentlich relativ offensichtlich." Himaya tippte ungeduldig auf der Karte herum. „Der weite Gipfel, zur Hölle noch mal, sie haben es uns eigentlich vorgesagt." 

Far's Peak, hieß es auf der Karte. Das war der Berg, der sich hinter einem guten Stück Dschungel direkt dort erhob, wo wir waren. 

„Wir brauchen dieses Mal eine bessere Strategie", beharrte Chiyo. Seit Himaya verkündet hatte, wo das nächste Artefakt wahrscheinlich zu finden war, hatte sie darauf bestanden, sich nun doch aufzuteilen. „Wir haben bessere Chancen, wenn nicht alle von uns gehen." 

Obwohl ich die Vorstellung von zwei separaten Gruppen nicht gerate toll fand, stimmte ich ihr zu. Es wäre viel besser, wenn jemand hier in der Basis blieb und auf unsere Sachen aufpasste, während wir den Berg bestiegen. In meiner Vorstellung war ich allerdings nie diejenige, die zurückblieb. 

Es gab auch von den anderen keine große Widerrede, die einzige Frage war nur, wer ging und wer blieb. Tim schlug vor, auszulosen, aber Chiyo meinte wir müssten hier eine intelligente Entscheidung treffen, die wir nicht dem Zufall überlassen konnten. 

„Ich will auf jeden Fall gehen", sagte ich. 

„Dann komme ich mit", verkündete Sophie sofort und griff nach meiner Hand. 

Ich gab mir Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, wie wenig mir das passte. Sie war zwar weniger lebensmüde, seit wir auf South Haven gewesen waren, aber das war trotzdem unnötig unvorsichtig. Außerdem war sie eine der kleinsten aus der Gruppe und hatte somit die kürzesten Beine. Aber ich hätte sie sowieso nicht davon abhalten können, zumindest nicht vor allen anderen. 

Tim und Chiyo meldeten sich ebenfalls freiwillig und Chiyo meinte, vier Leute sollten eigentlich genügen. Und so begann die Vorbereitung. Am Abend, als es ruhiger wurde, nahm ich mir Sophie beiseite. „Du musst nicht mitkommen, nur weil ich gehe", sagte ich und zog sie hinter die Hütte, wo wir etwas ungestörter waren. 

Sie zog die Augenbrauen hoch. „Du bist für mich tauchen gegangen, obwohl du Angst vor dem Ozean hast", sagte sie. 

Ich wusste, ich hatte bei dieser Argumentation nicht unbedingt Vorteile. „Ja, aber das hier ist anders. Ich bin nicht allein und ich bin nicht auf Gefahr aus." 

Sie trat näher an mich heran, legte mir beide Arme um den Hals und flüsterte mit den Lippen an meinem Ohr „Wenn du gehst, gehe ich auch." 

Darauf fiel mir wirklich nichts mehr ein. Sophie und ich hatten seit dem Tag im Sumpf nicht viele Gelegenheiten gehabt, um auf diese Art zusammen zu sein. Meistens hatten wir nur nachts Zeit dafür, waren entspannt genug dafür. 

Jetzt ließ ich mich von ihr auf die Lippen küssen und schloss die Augen. Eigentlich wusste ich gar nicht, wie ich jemals die Finger von ihr lassen konnte. Sogar jetzt, mit Augenringen, schmutzig und mit ungewaschenen Haaren war sie noch wunderschön. 

„Wir kommen hier raus", flüsterte sie, als sie sich von mir löste. „Wir kommen alle hier raus."
Ich nickte und schmiegte mich an sie, obwohl in mir immer mehr die Vorstellung wuchs, dass das Wunschdenken war. Wie sollte ich es überstehen, wenn Sophie etwas passierte? Ich hatte keine Antwort darauf. Es durfte einfach nicht so weit kommen. Morgen musste ich sie beschützen, mit allem, was ich hatte. Mit meinem eigenen Leben, wenn nötig.

***

Tim, Chiyo, Sophie und ich durften die Nacht durschlafen, damit wir möglichst ausgeruht aufbrechen konnten. Bewaffnet mit den besten Waffen, ausgestattet mit Fackeln und zwei Rucksäcken, brachen wir etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang auf. Über dem Meer färbte sich der Horizont bereits heller, aber im Dschungel war es noch tiefste Nacht. Die Geräusche von Insekten und kleinen Tieren, die außerhalb des Fackelscheins summten und scharrten, waren zum Verrücktwerden.

Es gab keinen richtigen Sonnenaufgang, weil der Himmel hinter schweren grauen Regenwolken verborgen lag, aber es war zumindest halbwegs hell, als wir die letzten Baumreihen durchbrachen und uns am Rand eines ausgiebigen Graslandes wiederfanden, das erst sachte und dann steil anstieg und in Felsen und Geröll überging. Wir hielten uns eine Weile dort auf und beobachteten die Lage. Es gab bis zu den Felsen in der Nähe des Berges keinen Schutz und keine Deckung. Und die Wiese war nicht leer. 

Eine Gruppe eigenartiger Tiere mit unglaublich langen Klauen trieb sich in einiger Entfernung am Waldrand herum. Sophie sagte, sie hießen Therizinosaurier. 

Eine Herde Brontosaurier zog quer über die Wiese und verursachten mit ihren Schritten kleine Erdbeben, ein paar Gallimimus stoben davon, als sie sich nährten. Weiter oben stand ganz allein ein Stegosaurus und ließ seinen mit Stacheln bewährten Schwanz hin und her schweifen.
Es schien kein Fleischfresser in der Nähe zu sein, dazu verhielten sich die Tiere zu ruhig. Aber das konnte sich jederzeit ändern. 

Chiyo blickte durchs Fernglas auf den Berg. „Ich glaube, zwischen diesen beiden Felsen beginnt ein Pfad. Sie sind fast symmetrisch, sehr ihr die?" 

Ich kniff die Augen zusammen und nickte. „Auf direktem Weg dorthin?" 

Die Strategie war genauso gut wie jede andere. Sollte uns etwas jagen, das größer als ein Dilo war, hatten wir sowieso keine Chance. Wie sich herausstellte, hatte Chiyo recht mit dem Pfad. Er schlängelte sich den Berghang entlang und war so schmal, dass wir hintereinandergehen mussten. Teilweise war er auch schief und rutschig und es war generell keine schöne Erfahrung. Man konnte sich nirgendwo festhalten, immer wieder mussten Steine aus dem Weg gekickt werden. An einigen Stellen wuchsen stachelige Pflanzen, die die Säume unserer Hosen zerrissen und uns die Waden zerkratzten. 

Der Anstieg war aber nicht nur steil, es gab auch durchaus ebenere Gebiete. Dort sah man immer wieder Dinosaurier, die anscheinend in den Bergen lebten. Trotz ihres Gewichts kamen sie alle besser mit der Umgebung zurecht als wir, besonders als es gegen Mittag anfing zu regnen und der Pfad schlammig und rutschig wurde. Wir wurden weiter ausgebremst und mussten besonders vorsichtig sein. Je höher wir kamen, desto sicherer würde ein Absturz unseren Tod zur Folge haben. 

Der schmale Pfad schlängelte sich um den Berg herum stetig nach oben. Durch die Wolken war es für mich unmöglich abzuschätzen wie spät es war, als wir endlich den Gipfel erreichten. Die Luft war hier oben merklich kälter und dünner. 

Sophie lehnte sich außer Atem gegen den steinernen Sarkophag, der ganz ähnlich wie der im Sumpf aussah. Ich musste an Lance denken und wandte mich ab. Was würde passieren, wenn wir die Steinplatte zur Seite schoben? Würde das Artefakt dort sein? Waren wir bereit für den langen Weg zurück?

„Warte", sagte Chiyo, die sich auf einen Stein gesetzt hatte.

Tim, der gerade die Steinplatte wegschieben wollte, hielt inne und drehte sich zu ihr um.
„Lass uns erst Pause machen. Irgendetwas wird passieren, wenn wir diese Kiste öffnen und ich will bereit dafür sein." 

Tim sah aus, als wollte er widersprechen, schüttelte dann aber den Kopf und setzte sich neben Sophie. Ich hatte nicht die Ruhe, mich zu setzen, obwohl ich so erschöpft war wie alle anderen. Vielleicht reichte es ja schon, dass wir uns in der Nähe des Artefakts aufhielten, um das Übel heraufzubeschwören. Unruhig lief ich das Plateau, das den Gipfel bildete, auf und ab, die Augen überall. Aber nichts passierte. Hier oben gab es keine Tiere, abgesehen von Flugsauriern, die in kleinen Gruppen unterwegs waren. Wahrscheinlich hatten sie ihre Nester in den Bergen. Immerhin hatte es aufgehört zu regnen.

Irgendwann stand Chiyo auf und nickte. Wir alle versammelten uns um den Artefakt-Altar und begannen, ihn zu öffnen. Der pinkfarbene Schein des Artefakts beleuchtete zwei sehr unterschiedliche Gegenstände. Das eine schien ein ausgebeulter Rucksack zu sein, von dem alle möglichen Seile und Bänder herunterhingen. Fabrikneue Karabinerhaken reflektierten das schwache Licht. Der andere Gegenstand ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Er überragte von der Größe her das Artefakt um mehrere Zentimeter, war rund und dunkelgrau mit hellen blauen Punkten. Es war das größte Ei, das ich je gesehen hatte und ich wollte wirklich, wirklich nicht wissen was für ein Monster es gelegt hatte.

„Lasst uns verschwinden", sagte ich angespannt. 

Chiyo holte das Artefakt aus der Kiste und verstaute es in ihrem Rucksack, während Tim sich den neuen Rucksack auf den Rücken warf. Er war definitiv vollgepackt mit irgendetwas, aber mir war es lieber, erst in der relativen Sicherheit der Basis nachzuschauen. 

Wie sich herausstellte, war das eine gute Entscheidung. Als ich gerade einen Schritt zurück zum Beginn des Pfads nach unten machen wollte, packte Sophie mich an der Schulter und hielt mich zurück. 

„Was – "

„Schh!" 

Leichter Regen setzte ein, während wir alle stumm dastanden und Sophie anstarrten, deren Augen auf den Pfad gerichtet waren. Und dann hörte ich es auch. Das unverkennbare Geräusch von Schritten. Es war sofort klar, dass es ein riesiges Tier mit zwei Beinen war, kein Brontosaurus, der uns ignorieren würde. Das hier musste das Monster sein, welches das Ei gelegt hatte. 

Mein Herz pumpte die Angst mit jedem Schlag weiter durch meinen Körper. Ich konnte mich nicht rühren, nicht mal als der Boden unter meinen Füßen erzitterte. Und dann erhob sich hinter einem Felsen nahe dem Pfad ein Kopf. Dieses Vieh war noch viel größer als der Spinosaurus, der Lance gefressen hatte. Hellgrau hob es sich farblich kaum von der Umgebung der Berge ab, aber die Augen waren gelb und hatten uns sofort erfasst. Das Monster richtete sich zu seiner vollen Größe auf, legte den Kopf in den Nacken und brüllte markerschütternd. Das rüttelte uns alle wieder wach und wir rannten über die Kuppe des Berges in die entgegengesetzte Richtung. Die Schritte brachten uns aus dem Gleichgewicht, das Vieh folgte uns. 

„Wir müssen hier runter!", rief Tim und begann ohne Umschweife den Berg herunterzuklettern. Nach ein paar Sekunden rutschte er ab und schlitterte über Geröll und tote Wurzeln, bis er auf einem recht ebenen Felsvorsprung landete, wo er sich halten konnte. Es hieß, entweder riskieren abzustürzen und sich das Genick zu brechen oder auf jeden Fall gefressen werden, was natürlich eigentlich keine echte Wahl war. Wir drei anderen schlitterten also Tim hinterher, ich mit zusammengebissenen Zähnen und hoch konzentriert, Sophie hin und wieder kreischend. Sie blutete am Kopf, als wir bei Tim ankamen und uns atemlos an ein paar toten Büschen festklammerten. Auf dem Gipfel stieß der riesige Dinosaurier einen weiteren schrecklichen Schrei aus. Ich kniff die Augen zu und kauerte mich mit dem Gesicht zum Berghang so klein wie möglich zusammen. Er konnte uns jede Sekunde hinterherkommen, auch wenn das bei seinem tonnenschweren Gewicht zweifellos zu seinem Tod führen würde. Es würde auch unser Ende sein. 

Es passierte nichts.

Der Dinosaurier verfolgte uns nicht weiter, vermutlich weil wir nicht so dumm gewesen waren, das Ei anzurühren. Wir erlaubten uns ein paar Minuten zu verschnaufen, in denen Chiyo Sophies Schläfe inspizierte. Sophie zitterte schrecklich und war schneeweiß im Gesicht. Das Blut lief ihr von dem Schnitt in der Stirn über die Wange und tropfte von ihrem Kinn. 

„Mir ist schwindelig", sagte sie leise und mit weit aufgerissenen Augen. „Ich weiß nicht, ob ich es schaffe, weiterzuklettern." 

Tim schaute über die Kante unseres Felsens nach unten. „Es ist nicht weit bis zum Pfad", sagte er und drehte sich zu ihr um. „Denkst du, es geht, wenn wir dir helfen?" 

Sie nickte vorsichtig und verzog dann schmerzerfüllt das Gesicht. Chiyo kramte ein paar schwarze Beeren aus ihrem Rucksack und drückte sie über Sophies Wunde aus. „Das sollte die Schmerzen lindern."

Mit Mühe schafften wir es ohne schlimmere Unfälle nach unten auf den Pfad. Sophie musste Pause machen und sich ausruhen, allerdings konnten wir uns das eigentlich nicht leisten. Wir hatten noch einen langen Rückweg vor uns und wenn die Dunkelheit über uns hereinbrach, bevor wir das Grasland am Fuß des Berges hinter uns gelassen hatten, dann würde es unberechenbar gefährlich werden. Um das zu verhindern, gab Tim mir den Rucksack aus dem Altar und nahm stattdessen Sophie huckepack. Sie war klein und leicht, es war für Tim kaum ein Problem sie länger zu tragen. 

Durch die Wolken wusste ich immer noch nicht, wie spät es in etwa war, aber ich würde auf den frühen Abend tippen, als wir die beiden symmetrischen Felsen erreichten, die das Ende des Bergpfads markierten. 

Das Grasland hatte sich verändert. 

An vielen Stellen war die Vegetation platt getreten und in der Ferne konnte man eine Herde Pflanzenfresser sehen, die dafür verantwortlich war. Einer von ihnen war allerdings zurückgeblieben und hielt sich genau zwischen uns und dem Dschungel auf. Er war abgegrenzt und eingekreist worden von einer kleinen Gruppe Fleischfresser. 

Tim ließ Sophie runter und sie lehnte sich zwischen den Felsen durch. „Das ist ein Diplodocus", erklärte sie und ließ den Blick über den langen Hals des massigen Pflanzenfressers schweifen, bis zur Spitze seines fast doppelt so langen Schwanzes. Insgesamt war das Tier fast dreißig Meter lang. Es peitschte mit dem Schwanz und traf immer wieder die Fleischfresser, die neben ihm klein wirkten. 

„Allosaurier", flüsterte Sophie. 

Sie waren zu viert und umkreisten den Diplodocus, versuchten immer wieder vorzustoßen und wurden entweder vom langen Hals oder Schwanz zurückgestoßen. Lautes Knurren und Brüllen erfüllte die Luft, immer wieder begleitet von den röhrenden Geräuschen des Diplodocus. Die Allosaurier hatten eine rotbraune Färbung und bewegten sich erstaunlich leichtfüßig für ihre schiere Größe. Der größte von ihnen war ungefähr zehn Meter lang, der kleinste vielleicht die Hälfte. 

„Das ist so interessant", murmelte Sophie, als der kräftige Peitschenlag des langen Schweifs einen Allosaurus perfekt traf und ihn von den Füßen riss. „Das ist die Wirklichkeit." 

„Was redest du da?", fragte Tim. „Geht's deinem Kopf gut?" 

„Natürlich ist das die Wirklichkeit", versetzte Chiyo, die ihre Augen ebenfalls nicht von den kämpfenden Dinosauriern lassen konnte. 

Sophie schüttelte leicht den Kopf und schien sogar ihre Schmerzen vergessen zu haben. „Nein, ich meine ... diese beiden Arten haben gleichzeitig existiert. Das hier hätte früher genauso passieren können."

Wir schwiegen alle, während der gefallene Allosaurus sich mühsam wieder aufrichtete.
„Was meinst du damit?", fragte Chiyo mit Unruhe in der Stimme. 

Sophie drehte sich um. „Dinosaurier haben über einen Zeitraum von einhundertneunundsechzig Millionen Jahren gelebt. Ihr habt nicht wirklich gedacht, dass die alle gleichzeitig gelebt haben oder?" Sie fuhr fort, als niemand antwortete. „Luana hat einen Tyrannosaurus gesehen, den gab es erst viel, viel später als die beiden Arten hier, zum Beispiel. Wer auch immer dieses Ökosystem erschaffen hat, er wollte nicht, dass es realistisch ist." 

Ungläubig starrte ich Sophie an. Was sie sagte, war ihr wahrscheinlich schon am ersten Tag auf der Insel klargeworden und es war auch sehr offensichtlich, dass es stimmte. Aber der Rest von uns hatte sich keine Gedanken darüber gemacht und weil es für Sophie so eine Selbstverständlichkeit war, hatte sie es nicht für nötig gehalten, ihre Erkenntnisse zu erwähnen. 

„Das ist unwichtig", sagte Chiyo kopfschüttelnd. „Viel wichtiger: Was machen wir jetzt?" 

„Die Allosaurier sind auf der Jagd", erwiderte Sophie. „Ihre Sinne sind geschärft. Wir dürfen uns ihnen auf gar keinen Fall nähern." 

Wir hätten einen großen Bogen um das Rudel und den Dipolodocus machen können, allerdings wurden vielleicht andere Jäger von den Geräuschen des Diplodocus angelockt. Besonders, als es dem größten Allosaurus gelang, seine Zähne in die Flanke des Pflanzenfressers zu schlagen und die Schmerzensschreie beinahe unerträglich mit anzuhören wurden. 

„Sie werden den Diplodocus töten", sagte Sophie. „Früher oder später. Er kann nicht gegen sie gewinnen. Und wenn sie das geschafft haben, werden sie das für alle anderen Räuber in der Nähe deutlich verkünden. Wenn sie fressen, können wir an ihnen vorbei." 

„Bist du dir sicher?", fragte Tim zweifelnd. 

„So sicher, wie ich sein kann."

Also hieß es warten. Zwischen den beiden Felsen waren wir relativ geschützt und setzten uns nach einer Weile alle hin. Meine Füße taten weh vom langen Weg den Berg hinauf, außerdem hatte ich mir bei der waghalsigen Flucht vom Gipfel einige Schürfwunden geholt. Aber nichts ernstes, Sophie war von allen am schwersten verletzt. Es sah aber nicht mehr so schlimm aus, nachdem ich ihr mit einem Stück Stoff und etwas Wasser das meiste Blut abgewischt hatte. 

Chiyo lehnte an einen Felsen und schaute zu den Dinosauriern herüber. „Manchmal frage ich mich immer noch, was das alles hier eigentlich soll", murmelte sie und drehte sich dabei zu uns um. „Wenn sie kein realistisches Ökosystem erschaffen wollten, was dann?" 

Keiner antwortete, alle hoben nur ratlos die Schultern. 

„Ich weiß gar nichts über euch", fuhr Chiyo fort und schaute Tim an. „Woher kommst du, Tim? Was hattest du für ein Leben?" 

Tim zog die Knie an und schlang beide Arme darum. „Ich komme aus Bellingham, Washington. Recht kleine Stadt in der Nähe von der kanadischen Grenze." Er schaute über Chiyos Kopf zu dem Diplodocus herüber und stieß ein Geräusch aus, das an eine Mischung aus Schnauben und Lachen erinnerte. „Ich hab Football gespielt, in meiner Highschool. Wollte ein Sportstipendium fürs College. Das war mir so wichtig, und jetzt bin ich hier und kämpfe ums bloße Überleben."
Er legte die Stirn auf seine Arme und verbarg so sein Gesicht. 

Ich schaute ebenfalls weg, um meine Schuldgefühle zu verstecken. Ich hatte mich nie richtig nach den anderen erkundigt, war zu beschäftigt mit unserem jetzigen Leben gewesen, um auch nur daran zu denken, dass jeder von den anderen eine genauso wichtige Geschichte hatte wie ich. Alle hier waren aus ihrem Alltag herausgerissen worden, in ein Auto verfrachtet und betäubt. Die einzige Person, über die ich zumindest ein bisschen was wusste, war Sophie. 

„Mich haben sie bei einem Konzert geholt", erzählte Chiyo. „Meine Familie und ich leben in Inabe, da ist es ziemlich ländlich und ruhig. Ich war an dem Abend mit Freunden in Nagoya." Sie schüttelte den Kopf, ein leichtes Lächeln auf den Lippen, das verblasste, je weiter ihre Erinnerung fortschritt. „Ich habe getanzt und zwei Leute haben mich aus der Menge geholt. Ich glaube, eine war eine Frau." 

Tim hob den Kopf und runzelte die Stirn. „Sie haben dich einfach mitten auf einem Konzert geholt? Warum hat niemand was unternommen?" 

Chiyo zog die Schultern hoch. „Sie sahen aus wie Security-Mitarbeiter. Als würden sie einfach nur ein hysterisches Mädchen an die frische Luft bringen. Es ging so schnell, nicht einmal meine Freunde haben etwas mitbekommen." 

Schweigen trat ein, dann holte Sophie tief Luft und erzählte die Geschichte, wie sie eines Vormittags die Wohnungstür geöffnet hatte und nach ihrem Namen gefragt worden war. Dann ein kurzer und aussichtsloser Kampf, um nicht in das dunkle Auto gezerrt zu werden, ehe ihre Erinnerung aufhörte. Dann war ich an der Reihe. Ich ging alles noch einmal durch, die Slums von Recife, das unpassende schwarze Auto, der Mann mit Sonnenbrille. 

„Ich habe geschrien", erinnerte ich mich. „Die Frau, die mir am Abend vorher etwas zu Essen gegeben hat, wollte den Mann aufhalten. Er hat ihr ins Gesicht geschlagen. Dann kamen noch zwei andere von diesen Kerlen, glaube ich, und haben mich verschwinden lassen." 

„Die Slums?", wiederholte Chiyo. „Warst du sehr arm?" 

Ich schüttelte den Kopf. „Eher das Gegenteil. Mein Vater war einer der reichsten Männer Brasiliens, bis er letztes Jahr bankrottging. Ich war von zuhause abgehauen, weil es unerträglich geworden ist, mit ihm zusammenzuleben. Hab mir genug Geld genommen, um mit dem Schiff nach Europa zu kommen." Ich hielt inne und dachte kurz nach. „Ich hoffe, die Frau aus den Slums hat das Geld gefunden. Für mich war es nicht unbedingt viel, aber für andere Leute kann das lebensverändernd sein." 

Wieder herrschte einige Minuten lang Stille. „Wenn dein Vater so ein großes Tier ist, dann kannst du immerhin davon ausgehen, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um dich zu finden", sagte Tim. Es munterte mich nicht besonders auf. 

Dann räusperte sich Sophie. „Nicht, wenn sie schon längst wissen, wo Luana ist." 

Chiyo zog eine Augenbraue hoch und wartete auf eine Erklärung. Sophie erzählte von ihrer Theorie, dass unsere Familien uns an die Wissenschaftler oder Entertainment-Leute von der ARK verkauft hatten – an die Verantwortlichen jedenfalls. 

„Das ist komplett bescheuert", winkte Tim ab, der das vermutlich schon öfter gehört hatte, immerhin waren er und Sophie beide im blauen Stamm. 

„Ist es?", fragte Sophie. „Stell dir vor, es gibt eine Gewinnprämie und deine Eltern haben dich hier angemeldet, weil sie deine Chancen sehr hoch einschätzen. Du bist mit Sicherheit einer der Stärksten auf der Insel. Mit dem Geld könntest du definitiv aufs College gehen." 

Tim starrte sie wortlos an. 

„Meine Eltern hätten das nie getan", sagte Chiyo, aber sie klang nicht restlos überzeugt. „Mein großer Bruder, er wäre geschickt worden. Um die Ehre zu verteidigen, vielleicht." 

Sophie stürzte sich auf jede kleine Information wie eine Mücke auf bloße Haut. „Wie alt ist dein Bruder?" 

Zu alt für die ARK, wie sich herausstellte. Sophie war gut informiert und wusste, dass Lance mit seinen 20 Jahren der älteste von uns gewesen war. 

„Niemand würde je von mir denken, dass ich das hier gewinnen kann", meinte Chiyo trotzdem. „Ich hatte immer nur durchschnittliche Noten. Ich male und mache Musik, ich habe keine Talente, die mir hier irgendwie helfen würden." 

„Doch, hast du", widersprach ich sofort. „Du bist eine geborene Anführerin. Wenn du etwas sagst, hören andere dir zu. Man kann sich auf dich verlassen und du bist gut darin, schwierige Entscheidungen zu treffen, weil du schlau genug bist, bei jedem Problem mehr als zwei Seiten zu sehen." Ich musste an den Tag denken, an dem Pablo von dem Skorpion angegriffen worden war und wir nicht gewusst hatten, ob er je wieder aufwachen würde oder nicht. Alle hatten auf Chiyos Entscheidung gewartet, abwarten oder ihn zurücklassen? 

Sie legte den Kopf schief und antwortete nicht. Auch wenn sie und Tim noch daran zweifelten, dass Sophie mit ihrer Vermutung richtiglag, so dachten sie doch beide die ganze Zeit darüber nach. Das gefiel mir gar nicht und ich nahm mir vor, später in der Basis mit Sophie darüber zu reden. Fürs erste hingen alle ihren Gedanken nach und beobachteten den immer aussichtsloseren Kampf des Dipolodocus. Einer der Allosaurier hatte ein großes Stück aus seiner Flanke gerissen und das riesige Tier blutete stark und stöhnte qualvoll. Ehrlich gesagt fand ich es trotz seiner Grausamkeit faszinierend mit anzusehen. Als ich mir das eingestand, bildete sich Gänsehaut auf meinen Armen – denn, wenn ich in dieser Situation die Jagd der Allosaurier faszinierend finden konnte, wie sollte ich dann überzeugend abstreiten, dass das hier eine Fernsehsendung oder ein Livestream war?

Ich fand es interessant zuzusehen wie ein Rudel Fleischfresser sich zusammentat, um ein doppelt so großes Tier zur Strecke zu bringen, vielleicht hätte ich es auch interessant gefunden vor meinem Laptop zuhause zu sitzen und zu beobachten wie 28 Teenager der Reihe nach gefressen wurden oder verhungerten. Es wäre in dem Moment für mich nicht real gewesen. Ein Teil von mir hatte nicht geglaubt, dass die Dinosaurier echt waren, bis mich der Microraptor auf Carnivore Island gebissen hatte. Wir glauben immer erst an den Ernst einer Situation, wenn sie uns selbst betrifft. So fällt es uns leicht, alles zu ignorieren, was im Rest der Welt vorgeht. Deswegen funktioniert Unterdrückung so gut. Vielleicht hatte Sophie also wirklich recht und das hier hatte nichts mit Wissenschaft zu tun. Und die Welt unternahm nichts, sondern futterte Popcorn und schloss Wetten auf den Sieger ab.

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