Downfall
Leonora stürzte sich auf den verhassten Thorianer und ihre Stilette zischten wie Hornissen durch die Luft, als sie versuchte ihm das dreckige Grinsen aus dem Gesicht zu schneiden. Wie zuvor bewegte er sich jedoch mit unmenschlicher Geschwindigkeit und wich ihrem Angriff mit geradezu spielerischer Leichtigkeit aus.
Finsternis, war er auch ein Veränderter? Hatte man ihn deswegen verbannt?
Seine extrem geweiteten Pupillen und der fieberhafte Glanz in seinen Augen deuteten jedoch darauf hin, dass seine Fähigkeiten ihren Ursprung wohl eher in Chemie den Genetik hatten. Schlimmer noch, für all seine abscheuliche Bösartigkeit war Benedikt gut in dem was er tat und die Jahre als Thorianer hatten ihm weitaus mehr Gelegenheit gegeben seine Kampffähigkeiten zu entwickeln als Leonora.
Benedikt lachte, als er einen ihrer Schläge beiläufig abwehrte und zur Seite tänzelte. „Nicht schlecht, Miststück."
„Verrecke!", spuckte Leonora.
Purer Hass ließ ihre Angriffe schneller und wilder kommen. Sie verachtete, wofür er stand und verabscheute was hinter diesen leblosen Augen vorging. Sie hasste den Gedanken, dass dies eines Tages ihr Schicksal sein könnte: zu verkommen und zu pervertieren, bis nichts als Dunkelheit in ihr war, die mit dem Leben und den Schmerz von anderen gefüttert werden musste. Benedikt war wie ein dunkler Spiegel – und sie musste ihn zerschmettern.
Der Exilant grinste sie an und tanzte geschmeidig vor ihren immer wilderen Schlägen davon. Er lachte jedes Mal gönnerisch, wenn ihre Klinge ihm nahe kam. „Nicht schlecht, Hure", rief er, als ihre Klinge letztendlich traf und eine Schramme über die schwarze Brustplatte zog.
Er kicherte und spöttelte, als er von ihr zurück tänzelte. Seine Hände schossen vor, um Leonora leichte Ohrfeigen zu verpassen. Keiner der Schläge richtete wirklichen Schaden an, doch jede Berührung rief Ekel in ihr hervor, machte sie wütender, unvorsichtiger ... und ängstlicher.
„Nicht schlecht, nicht schlecht", sagte Benedikt. „Du hast heute mehr Feuer in dir, als in der Nacht in der du mir meinen Schwanz gelutscht hast. Vielleicht lasse ich dich ihn sogar wieder kosten, nachdem du ordentlich eingeritten wurdest."
„Ich werde ihn dir abbeißen!", fauchte Leonora und stach nach Benedikts Gesicht.
Er fegte ihren Schlag beiseite, wie eine lästige Fliege.
„Wohl kaum, nicht, wenn du deine Freunde retten willst." Er grinste sie an und deutete mit dem Kinn an ihr vorbei. „Man sollte seinen Kameraden immer den Rücken frei halten oder hast du meinen Schützen vergessen?"
Die Augen des Sukkubus weiteten sich. Es war eine Finte, musste eine sein, doch sie konnte nicht widerstehen kurz über ihre Schulter zu blicken. Anskar war noch immer dabei zu wüten, unwissend dass Leonora sich Benedikt zugewandt hatte. Theodor mühte sich die letzte Handvoll Angreifer abzuwehren, die ihm in den Rücken fallen wollten. Finsternis, wie hatte sie ihn nur sich selbst überlassen können.
Leonoras Blick fuhr zu Benedikt zurück – und wurde geblendet von einem Batzen dreckigen Schnees. Einen Moment später traf sie etwas mit genug Wucht in den Bauch, um ihr die Luft aus den Lungen zu treiben. Sie würgte und fing an vornüber zu klappen, schmeckte Magensäure in ihrem Mund, als sie auch schon ein Schlag unter dem Kinn traf.
Die Welt wurde schwarz und ihre Klinge fiel in den Schnee, dann riss ein scharfer Schmerz sie wieder in das Hier und Jetzt. Benedikt hatte sie am Schopf gepackt und riss ihren Kopf brutal herum, so dass ihr Blick auf das Schlachtfeld gerichtet war. Er wechselte seinen Griff, legte ihr seine Linke um die Kehle und zog einen riesigen, silberverchromten Revolver. Der eiskalte Lauf schob sich in ihren Mund.
Leonora erstarrte, die Augen weit aufgerissen.
Benedikt hauchte ihr ins Ohr. „Aufgepasst, meine liebliche Hure. Wenn du so clever bist wie deine Akte sagt, tust du genau was ich will. Du weißt ja, dass dein Leibwächter da drüben nicht so einfach zu töten ist, aber wenn ich ihm Peng", er tat so als würde er die Pistole abfeuern, was Leonora zusammenzucken ließ, „das Hirn rausblase, wird er alles vergessen ... dich eingeschlossen." Er lachte ihr abfällig ins Ohr. „Einer der Bugs, den sie nie so richtig ausgebügelt haben, seine Achillesferse. Er wird ein Anderer sein – und du für ihn eine Fremde. Willst du das?"
Tränen sammelten sich in Leonoras Augen. „Was willst du?"
Er presste seine Hüfte fordernd gegen sie. „Das weißt du doch ganz genau. Ich hab keine Hände frei, du hingegen schon ..."
***
Anskar befand sich im Rausch des Vernichtens.
... seine Streitaxt enthauptete einen zurückweichenden Aspiranten.
Hier, inmitten von Blut und Hass, fühlte er sich ganz.
... eine Linke Gerade brach einem seiner Feinde das Genick.
Er war eins mit sich und der Welt, war das Auge des Sturms und im Frieden mit sich selbst, als er sich der Vernichtung hingab. Zweifel, Trauer und Unruhe waren nichts weiter als Erinnerungen, fade Worte am Rande seines Bewusstseins. Irgendetwas geschah mit ihm, etwas das fremd war und das sich doch richtig anfühlte.
... seine Axt teilte Fleisch und die Gedärme eines Aspiranten klatschten vor ihm in den Schnee.
Anskar spürte wie das Blut seiner Feinde in ihm einsickerte, durch seine Haut drang und von ihr absorbiert wurde wie von einem Schwamm, ihm Stärke gab. Mit jedem Tropfen, mit jedem Leben, das er nahm wurde er mächtiger ... und glücklicher.
... sein Stiefel hämmerte auf den Brustkorb seines am Boden liegenden Feindes und schnitt dessen Schrei ab. Das Brechen der Rippen hallte wider wie berstendes Holz.
Dies war wofür er bestimmt war.
Alles befand sich im Fluss.
Er war zufrieden.
Anskar grinste irr, als ein neuer Gegner vor ihn trat und hob die Axt in einem Zweihandgriff hoch über den Kopf. Das Messer seines Feindes senkte sich in seine Eingeweide.
Der Schmerz fühlte sich gut an.
Er ließ seine Axt herabsausen wie den Hammer Gottes und hieb seinen Angreifer in zwei. Der Anblick war zu viel für den Rest der demoralisierten Aspiranten. Viele ließen ihre Waffen fallen oder drehten sich um und rannten, so schnell sie ihre zitternden Beine trugen. Anskar, umspielt von der wuchernden Dunkelheit, die aus seinen Wunden quoll wie lebendig gewordener Rauch, hob die Axt hoch über den Kopf und brüllte seinen Sieg in den Himmel. Wahrlich, es gab wirklich nichts besseres, als seine Feinde zu vernichten, ihren Willen zu brechen und sie zu verjagen, um sich am Wehklagen ihrer Frauen zu ergötzen!
Das mädchenhafte Kreischen stellte sich jedoch schnell als etwas anderes heraus.
„Skar!", rief Theodor, die Stimme hoch und voll von Panik. „Um Himmels willen, Skar, dreh dich verdammt nochmal um! Sie haben Nora!"
Die Augen des Berserkers weiteten sich und das Grinsen gefror ihm auf den Zügen.
Leonora.
Er fuhr herum. Theodor stand hinter ihm, das Gesicht und die Gläser seiner dicken Brille hier und da mit Blut bespritzt. Er sprach beschwörend auf ihn ein, doch Anskar konnte seine Worte über das Rauschen des Blutes in seinen Ohren kaum verstehen. Letztendlich hob der kleine Wartungstechniker seinen knisternden Schock-Schlagstock und zeigte auf ...
„Leonora..."
Der Name troff zusammen mit fast schwarzem Blut von Anskars Lippen. Benedikt hatte eine Hand an ihrer Kehle, die andere um den Griff einer schweren Magnum, deren Mündungslauf in Leonoras Mund steckte. Als Benedikt Anskars volle Aufmerksamkeit hatte, schob er den Lauf tiefer in ihren Mund und zog ihn dann wieder heraus. Dann wieder hinein. Und heraus. Die Geste war unmissverständlich.
Die Welt um Anskar herum bröckelte an ihren Rändern. Da waren nur noch Leonora und das Schwein, das sie gefangen genommen hatte. In der Kälte dampfende Tränen liefen dem Sukkubus über die Wangen und sie schlug den Blick nieder, als Benedikt ihr etwas ins Ohr flüsterte. Zögerlich reichte ihre Hand hinter sich und verschwand unter seinem Umhang.
Hass und Zorn, wie er ihn noch nie gekannt hatte drohten Anskar zu übermannen, nur im Zaun gehalten von der Sorge um seine Geliebte. Für einen Moment wusste er nicht was er tun sollte, was er tun konnte, um sie nicht in Gefahr zu bringen – dann traf ihn etwas am Hals. Er registrierte den Schmerz gar nicht – nicht wirklich – das Kreischen und Fingerdeuten von Theodor jedoch schon. Seine Hand schoss hoch, schloss sich um das Objekt und zog es heraus. Zuerst dachte er, jemand hätte ihm eine Spritze in den Hals gerammt.
„Was zum ...?", brachte Anskar schwach hervor, als ihm Axt und Betäubungsgeschoss aus plötzlich kraftlosen Fingern glitten.
Warum raste der Boden auf einmal auf ihn zu?
***
Adolf schniefte und stieß ein hämisches Lachen aus, als der Archetype inmitten seiner Opfer auf die Knie ging. „Hab dich, du Hund!"
Der Schuss war geradezu lächerlich einfach gewesen. Ein Kind hätte der wie zur Salzsäule erstarrten Biowaffe das Betäubungsgeschoss in den Hals jagen können. Benedikt hatte gut daran getan die kleine Hure, die Attila getötet hatte, gefangen zu nehmen und so zur Schau zur stellen.
Attila ...
Er schniefte, als er die Waffe nachlud und ein weiteres Betäubungsgeschoss einlegte. „Keine Angst, Bruder, wir werden dich gebührend rächen. Vielleicht lassen wir ihre Freunde zusehen, wenn wir an der kleinen Jüdin unseren Spaß haben."
Er hob das Gewehr, hielt jedoch inne als er sah, dass die fliehenden Aspiranten angehalten hatten und nun den zu Fall gebrachten Berserker angafften. Die ersten wagten sich sogar wieder zögerlich an ihn heran, jetzt da nur noch der Wartungstechniker mit dem Schockschlagstock auf den Beinen war.
„Verdammte Hyänen!", fluchte Adolf, legte das Betäubungsgewehr in den Schnee und ergriff sein Scharfschützengewehr. Es wäre schlecht, wenn sie den Archetypen zerhacken, jetzt wo er ausgeschaltet war. Sehr schlecht. „Können nicht einmal sterben wie geplant", murrte Adolf, hob das Gewehr und legte auf den ersten Aspiranten an. Dann schniefte er und bemerkte zum ersten Mal den seltsamen Geruch der in der Luft lag: ein Gestank nach Verwesung und Maschinenöl. Er schüttelte den Kopf, blickte durch das Fernrohr, legte an – und erstarrte, als ein mechanisches Surren hinter ihm erklang.
Jahrelanges Training und sein durch Drogen bis zum zerreißen angespanntes Nervensystem ließen ihn herumfahren, noch bevor er den bewussten Gedanken dazu gefasst hatte – doch es war bereits zu spät. Eine enorme Klauenhand mit Fingern kalt und stark wie die Zähne eines Schraubstockes legte sich um seinen Kopf. Ein hochfrequentes Surren, das ihn stark an das einer Kettensäge erinnerte, war das letzte was er hörte, bevor unsagbarer Schmerz seine Sinne überlud.
Adolf schrie, hörte jedoch nichts und klatschte einen Moment später zu Boden. Für einen surrealen Augenblick schien er nicht größer als ein paar Zentimeter. Dann fiel ein halb-kopfloser und halb-durchsichtiger Körper vor ihm in den Dreck. Die Tarntechnologie ging mit einem Flackern aus und Adolf starrte auf ein ihm sehr vertrautes Gesicht – oder wohl eher einem Teil davon. Das Letzte was er sah, bevor die Dunkelheit sich seiner annahm, war ein blutiger Oberlippenbart, über dem sich nur ein roter Krater befand.
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Two down one to go!
Allerdings trifft diese Aussage gerade auch auf beide "Teams" zu.
😟
Mal sehen, was das nächste Kapitel so bringt.
M.
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