|9| Geheimnisse der Nacht
Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel herab, als wir auf dem Berggipfel angekommen sind. Die Hitze ist fast greifbar, obwohl ich niemals gedacht hätte, dass man hier wirklich etwas spüren kann. Doch hier oben, inmitten dieser unwirklichen Landschaft, fühlt sich alles vertraut an. Vermutlich muss ich mich an den Gedanken gewöhnen ... wir sind hier mitten in der Realität des Spiels gefangen.
Carter und ich stehen am Rand eines Felsvorsprungs und betrachten das Panorama vor uns. Eine endlose Weite erstreckt sich unter uns, mit Bergen, Tälern und Wäldern, die sich bis zum Horizont erstrecken. Es ist atemberaubend schön, aber auch beunruhigend zugleich.
"Kein Portal in Sicht", murmle ich enttäuscht und lasse meinen Blick über die Umgebung schweifen, auf der Suche nach einem Hinweis, einem Anzeichen dafür, dass wir nicht umsonst hierhergekommen sind.
"Wir sollten trotzdem weiter Ausschau halten. Wenn die von der Gameshow irgendwo ein Portal versteckt haben, dann ist es womöglich noch da."
Ich seufze frustriert und frage mich zum tausendsten Mal, wer oder was hinter dieser seltsamen Situation steckt und warum wir hierher gebracht wurden. "Es sei denn, sie stecken dahinter und wollten, dass wir hier versauern. Nur ... wieso?"
Carter zuckt ahnungslos mit den Schultern, doch ich kann sehen, dass auch er besorgt ist. "Wir sollten uns um eine Unterkunft für heute Nacht kümmern. Lieber jetzt, wo es noch hell ist."
Obwohl ich weiß, dass er recht hat, kann ich meine Enttäuschung nicht verbergen. Ich hatte gehofft, dass wir hier schnellstmöglich wieder herauskommen würden, zurück in unsere eigene Welt, wo alles vertraut und sicher ist.
Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, eine Unterkunft für die Nacht zu finden. Die Sonne steht tief am Himmel und die Hitze ist immer noch drückend. Ich ziehe meinen Pullover aus und binde ihn um meine Hüften, um etwas Abkühlung zu finden. "Wasser könnte ich jetzt wirklich gut gebrauchen", murmele ich und wische mir den Schweiß von der Stirn.
Carter nickt zustimmend. "Ja, das wäre nicht schlecht. Vielleicht finden wir einen Bach oder einen See in der Nähe."
Wir streifen weiter durch die bergige Landschaft, die Luft flirrt vor Hitze und die Sonne wirft unsere langen Schatten über den Boden. Ein leises Plätschern dringt an unsere Ohren und wir tauschen neugierige Blicke aus, während wir uns dem Geräusch nähern.
"Da drüben ist irgendwo Wasser!", rufe ich aufgeregt. Unsere Schritte werden schneller und die Vorfreude steigt, als wir zwischen den Felsen hindurchschlüpfen und dem Klang folgen.
Die Suche führt uns tiefer in das Labyrinth aus Felsen und Büschen, während das Rauschen des Wassers immer lauter wird. Ich strecke die Hände aus, um mich an den rauen Steinoberflächen entlangzuarbeiten und spüre bereits die Feuchtigkeit in der Luft. Schließlich, nach einigen kurvenreichen Pfaden und einem letzten Anstieg, stehen wir am Rand eines klaren, glitzernden Baches.
"Sei vorsichtig. Es könnte kontaminiert sein", warnt Carter mich, als ich darauf zustürme.
Ich knie mich nieder und rieche vorsichtig an dem klaren Wasser. Es riecht frisch und sauber, also scheint es trinkbar zu sein. "Es riecht nicht vergiftet", sage ich und trinke vorsichtig einen kleinen Schluck aus meiner Handinnenfläche.
Das kühle Nass tut unglaublich gut, als es erfrischend meine Kehle hinunterläuft. Gierig trinke ich, bis mein Durst gestillt ist. Carter ebenfalls. "Das tut gut", sagt er erleichtert und wischt sich den Mund trocken. "Jetzt müssen wir uns nur noch um eine Unterkunft kümmern."
Wir folgen dem Bachlauf weiter bergab und stoßen schließlich auf eine Höhle, die halb verborgen unter einem Felsvorsprung liegt. "Das könnte ein guter Platz zum Übernachten sein", schlägt Carter vor und tritt näher heran, um die Höhle genauer zu inspizieren.
Er beugt sich hinein, während sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Was ist, wenn wir nicht alleine sind?
"Hallo?", ruft Carter. Trotz der angespannten Situation muss ich mir ein Lachen verkneifen. Als ob eine wilde Kreatur herauskommen würde und uns freundlich auf sein "Hallo" begrüßen würde.
Mit verengten Augen dreht er sich zu mir. "Was?"
Ich verkneife mir einen Kommentar, reiße mich zusammen und schüttel den Kopf. "Nichts. Schon gut."
Für einige Sekunden betrachtet er mich mit skeptischem Blick, bevor er sich wieder der Höhle zuwendet, um sicherzustellen, dass wir dort alleine sind. "Ich denke, wir können rein."
Mein Herz rast, als wir die Dunkelheit der Höhle betreten. Es ist kühl und feucht hier drinnen, aber zumindest sind wir vor der brennenden Sonne geschützt. Weit hinein geht es nicht, was uns immerhin bestätigt, dass dort keine wilden Monster hausen.
Wir machen es uns einigermaßen gemütlich und nutzen unsere Pullover als improvisiertes Kissen. Es dämmert bereits und mein Magen knurrt, doch ich vermute, dass dies ein Zustand sein wird, der mich die nächsten Stunden - hoffentlich nicht Tage - begleiten wird.
"Das war eine gute Idee, hierher zu kommen", sage ich, während Carter sich auf die Seite dreht und sein provisorisches Kissen zurechtrückt. "Hoffentlich haben wir morgen mehr Glück bei der Suche nach einem Ausweg."
"Bestimmt. Weck mich, wenn du was hörst oder siehst."
Wir haben ausgemacht, dass ich die erste Wache übernehme, solange es noch nicht stockdunkel und mitten in der Nacht ist. Wer weiß, welche Kreaturen uns überraschen und was sonst noch so auf uns wartet?
Die ersten Stunden ziehen sich wie klebriges Kaugummi, bis Carter plötzlich anfängt zu schnarchen. Seine tiefen Atemzüge dringen laut durch die Stille der Nacht und das Schnarchen vermengt sich mit den entfernten Geräuschen des nächtlichen Waldes. Jedes Mal, wenn er einen besonders lauten Atemzug ausstößt, zucke ich zusammen, überzeugt davon, dass seine Lautstärke die Tiere nur noch mehr anlockt.
Ich seufze leise und stoße Carter sanft mit dem Ellenbogen an, in der Hoffnung, dass er aufhört und uns etwas Ruhe gibt.
"Ich ... ich bin wach!" Carter schreckt hoch, sieht sich um und es scheint, als bräuchte er einen Moment, um zu realisieren, wo wir gerade sind.
"Dein Schnarchen lockt sicher alle Tiere an. Wenn du scharf darauf bist, mach nur weiter so, Schlafwalze", gebe ich genervt von mir. "Du kannst jetzt mal übernehmen."
Er streckt sich gähnend und nickt, doch plötzlich durchbricht ein leises Rascheln die Stille, gefolgt vom Klappern von Krallen auf Stein.
"Carter", wimmere ich ängstlich und ich husche automatisch näher an ihn heran. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen und ich erstarre, während Adrenalin durch meine Adern schießt. Als eine Gestalt in der Dunkelheit auftaucht, überkommt mich ein Gefühl der Angst, das sich wie ein eisiger Griff um mein Herz legt. Meine Sinne werden scharf, während ich spitze Ohren und glühende Augen wahrnehme, die wie brennende Kohlen in der Finsternis leuchten.
"Bleib hinter mir, Sadie." Carter steht auf und stellt sich vor mich, um mir Schutz zu bieten. Seine Stimme klingt ruhig, trotzdem mit Bedacht.
Ein Schauer läuft mir über den Rücken und ich kann das Pochen meines eigenen Pulses in meinen Ohren hören, während ich fasziniert und erschrocken zugleich von der unheimlichen Erscheinung bin.
"Was zum Teufel ist das?", flüstere ich, während mein Herz vor Aufregung schneller schlägt.
Carter stellt sich in Angriffsposition. "Keine Ahnung, aber es will uns sicher fressen!"
Das Wesen nähert sich langsam, aber es scheint uns nicht angreifen zu wollen. Stattdessen streicht es leise an einem Felsvorsprung entlang und schnüffelt neugierig in der Luft, als ob es nach etwas Bestimmtem sucht.
"Ein Waldhund", murmle ich fasziniert.
"Du ... du kennst dieses Teil?"
"Ja. Die sind lieb, keine Sorge", beruhige ich ihn.
Carter lächelt erleichtert, holt tief Luft und geht dann vorsichtig auf den Waldhund zu.
"Hey! Wir tun dir nichts und du uns hoffentlich auch nicht." Schritt für Schritt nähert er sich, bis er schließlich vor dem Hund steht und sanft über sein Fell streichelt. "Es scheint wirklich freundlich zu sein. Vielleicht könnte es uns sogar helfen, hier zurechtzukommen. Als eine Art Wachhund."
"Nette Idee, aber du bist an der Reihe. Gute Nacht!" Grinsend lege ich mich hin, versuche, es mir halbwegs gemütlich zu machen und schließe die Augen, um Kraft für einen neuen Tag zu sammeln.
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