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Iudex

Mission Upload Schedule könnte gerade noch so als accomplished durchgehen 😂 Ohne große einleitende Reden zu schwingen, wünsche ich euch trotz der späten Uhrzeit noch viel Spaß mit dem neuen Kapitel - oder vielleicht ist Mitternacht auch gerade die Zeit, zu der wir Leseratten erst so richtig erwachen (;

Ich reiße die Augen auf und schnappe nach Luft, als würde mein Kopf unter Wasser gehalten werden. War ich bewusstlos? Wenn ja, wie lange? Nur wenige Sekunden, Stunden oder gar Tage? Doch bereits im nächsten Moment wünsche ich mir, ich wäre es auch weiterhin geblieben. Ein brennender Schmerz zuckt durch mein rechtes Bein und hallt in jeder einzelnen Muskelfaser meines Körpers nach. Es ist so schlimm, dass ich nicht übel Lust hätte, mir das Bein selbst zu amputieren.

Vor meinen Augen dreht sich alles, die Welt teilt sich auf in zwei, vier und schließlich acht Teile, wenn nicht sogar mehr. Hilflos presse ich eine Hand gegen meinen Oberschenkel. In der nächsten Sekunde lässt mich jedoch ein spitzer Schrei zusammenzucken. Nur der stechende Schmerz in meiner Kehle deutet darauf hin, dass ich es bin, der dieser gequälte Laut entfahren ist.

Nach wie vor feixend baut sich das Wesen, das mir diese Höllenqualen beschert hat, direkt vor mir auf. Erneut höre ich mich wie aus weiter Entfernung kreischen, doch diesmal ist es Todesangst. Panisch sehe ich mich nach dem Dolch um, in meinem Kopf ringen die Alarmglocken. Ich will nicht sterben! Nicht so, nicht aufgefressen von irgendeinem... Dämon!

Der Überlebensinstinkt ergreift die Oberhand, ich versuche, den Arm nach der Klinge auszustrecken, die mir bei meinem Sturz aus der Hand gefallen ist. Insgeheim bete ich dafür, dass das Adrenalin, das mein Körper eigentlich ausschütten müsste, den Schmerz lindern wird. Doch Gottes Ohren scheinen taub zu sein für die Gebete einer Atheistin – und auch die Wissenschaft ist nicht bereit, mein Anliegen anzuhören.

Selbst diese kleine Bewegung steigert das Brennen meiner Muskulatur ins Unermessliche. Nein, ich schaffe es nicht! Stattdessen fährt meine Hand wie von selbst wieder zur pulsierenden Wunde. Das Wesen, das sich mittlerweile über mich beugt, ergötzt sich derweil an meinen Qualen. Ein verzerrtes, hässliches Lachen dringt an meine Ohren, gleichzeitig schlägt mir ein fauliger Atem entgegen, sodass ich noch zusätzlich mit Würgen und Magenkrämpfen zu kämpfen habe. So endet es also? So ein erbärmlicher Tod ist mir beschieden?

Ich kneife die Augen zusammen, um die Grimasse des Dämons auszublenden. Müsste nicht mein Leben an mir vorbeiziehen? Mir meinen Abgang irgendwie erleichtern? Oder bekommt man in Wahrheit nichts dergleichen und wir Menschen haben uns das nur zusammenfantasiert, um den bloßen Gedanken an den Tod erträglich zu machen?

Plötzlich ertönt ein ohrenbetäubendes Krachen. Erschrocken reiße ich die Augen auf. Das Wesen ist aus meinem Blickfeld verschwunden. Stattdessen steht da jemand im Türrahmen. Das Bild verschwimmt, tausende Umrisse scheinen gleichzeitig umeinander zu tanzen, bewegen sich wie eine Armee auf mich zu, bleiben schräg vor mir stehen. Die Gestalt ist riesig, ich müsste den Kopf in den Nacken werfen, um ein Gesicht ausmachen zu können. Doch die Bewegung kostet zu viel Mühe. Alles, was ich schaffe, ist es, die Zähne zusammenzubeißen, um nicht wieder zu schreien angesichts des Schmerzes, der einfach nicht abklingen will.

Ich vernehme eine Stimme – ängstliche, demütige Zischlaute. Vorsichtig drehe ich den Kopf ein wenig in die Richtung, aus der sie kommt. Es ist der Dämon. Er ist noch immer hier, nur scheint ihn der Unbekannte irgendwie an eine der Zimmerwände geschleudert zu haben. Wie ein Häufchen Elend krümmt er sich vor dem Fremden, in den blutroten Augen, die mich vor wenigen Sekunden noch so herablassend gemustert haben, liegt blanke Furcht. Durch den Schleier der Benommenheit regt sich mein Verstand. Wenn selbst dieses Ding Angst hat, besteht auch für mich kein Grund, mich in Sicherheit zu wägen.

Meine gesamten Kräfte zusammennehmend, versuche ich die Gestalt, die hier plötzlich aufgetaucht ist, in Augenschein zu nehmen. Sein Körper scheint dunkel im Licht zu schimmern – es dauert kurz, bis sich die Umrisse zu einer schwarzen Rüstung zusammenfügen. Auf einmal donnert seine Stimme durch den Raum – dunkel und unheilvoll wie ein Sturm. Fremde Laute erfüllen das Zimmer, das mir schlagartig viel zu klein erscheint, gefolgt von einem furchterfüllten Wimmern. Der Dämon rafft sich auf, nur um sich gleich wieder vor dem Mann in Rüstung auf die Knie zu werfen. Und dann höre ich es. Ein Wort, das mich mit einem Mal sämtlichen Schmerz vergessen lässt.

Satan. Der Dämon nennt den Fremden Satan.

Schlagartig werde ich wieder Herrin über meine Sinne. Aus geweiteten Augen starre ich an dem Fremden hoch. Wer hätte gedacht, dass ich mir den Wahnzustand zurückwünschen würde? Die schlohweißen Haare, die marmorne Haut, die pechschwarzen Iriden, in denen statt Zuneigung grenzenloser Zorn lodert – der Fremde ist plötzlich kein Fremder mehr, sondern das vermeintliche Phantom, das mich vor drei Tagen heimgesucht hat. Und der Dämon verleiht dem Gesicht, das allein schon ausreichen würde, um mir das Blut in den Adern gefrieren zu lassen, einen Namen, der für einen endlos langen Moment mein Herz aussetzen lässt. Satan.

Trotz der Flammen, die jeden Muskel und jede Sehne in meinem Körper zu verschlingen scheinen, schaffe ich es, meinen Dolch wieder in die Finger zu kriegen. Als könnte mir die Waffe Halt geben, umklammere ich das Heft und halte ihn vor meine Brust, während ich versuche, möglichst viel Abstand zwischen mich und die anderen beiden Wesen im Raum zu bringen. Allzu weit komme ich allerdings nicht, denn jede meiner Bewegungen verläuft in Zeitlupe und kostet Unmengen an Kraft.

In der Hoffnung, dass die beiden noch immer miteinander beschäftigt sind und ich mich vielleicht aus dem Zimmer schleppen kann, spähe ich zu den Gestalten rüber. Doch der gänzlich unmenschliche Dämon ist verschwunden. Dort, wo er sich gerade noch befunden hat, zeugen nur noch schwarze Rauchschwaden von seiner einstigen Existenz.

Ein metallisches Geräusch lässt mich aufhorchen. Erst jetzt bemerke ich das Schwert, das, befestigt an einem Waffengurt, an der Hüfte des Mannes hängt – oder besser gesagt des Teufels höchstpersönlich. Langsam lässt er den Arm wieder sinken, der angewiderte Blick liegt für den Bruchteil einer Sekunde noch auf dem Nebel, in den er seinen Untertanen vermutlich soeben verwandelt hat. Dann wendet er seine Aufmerksamkeit mir zu.

Als sich die schwarzen Augen in meine bohren, bleibt mein Herz mit einem Mal stehen. Ich versuche, noch weiter nach hinten zu kriechen, stoße jedoch mit dem Rücken praktisch sofort gegen etwas. Unwillkürlich beginne ich am ganzen Leib zu zittern, die Bilder dieser grauenvollen Nacht, die ich eigentlich aus meinem Gedächtnis verbannen wollte, wirbeln vor meinem inneren Auge wie Blätter im Wind auf.

„Alexandra...", wendet er sich an mich. Der relativ sanfte Tonfall bildet einen grotesken Gegensatz zum Rest der Szenerie. Doch während er die Distanz zwischen uns innerhalb eines Wimpernschlags mit zwei großen Schritten überbrückt, drohe ich gleich in Ohnmacht zu fallen.

Unmittelbar vor mir hockt er sich hin und streckt die Hand nach mir aus. Reflexartig versuche ich zuzustechen, wohlwissend, dass das die dämlichste Idee sein dürfte, die mir jemals in den Sinn gekommen ist. Natürlich treffe ich rein gar nichts. Stattdessen hat er mich entwaffnet, bevor ich überhaupt realisieren kann, wie mir geschieht. Wie Ketten aus Stahl schließen sich seine Finger um meine Handgelenke und bringen mich mühelos in ihre Gewalt. Deutliches Missfallen flackert in seinen Augen auf und ich bin mir sicher, dass er mich jetzt genauso bestrafen wird wie dieses Ding mit den Flügeln und dem Skorpionschwanz.

„Beruhige dich", knurrt er. Allein sein Blick genügt, um mich zu Stein erstarren zu lassen. Doch da ist noch etwas anderes – dasselbe Gefühl, das mich schon während seines kleinen nächtlichen Besuchs überkommen hat. Wärme, die sich wie ein Band zwischen uns legt. Kleine Funken, die sich bereitmachen, sich erneut in einen Flächenbrand zu verwandeln – was mir sogar noch mehr Angst einjagt als alles andere. Himmel Herrgott, Alex, du hast vielleicht den verschissenen Teufel selbst vor dir und anstatt dir zu überlegen, wie du hier lebend rauskommst, philosophierst du über deine verdrehte Gefühlswelt?!

Ich atme tief durch, um einen halbwegs klaren Gedanken fassen zu können. Leider ruft das allerdings den Schmerz in meinem Bein zurück auf den Plan. Unwillkürlich entfährt mir ein gequältes Winseln, während ich instinktiv wieder versuche, die Hände gegen die Wunde zu pressen. Was mir natürlich nicht gelingt, da ich die Arme keinen Millimeter bewegen kann.

Auf einmal ändert sich sein gesamter Ausdruck und weicht scheinbar ehrlicher Besorgnis. Der Druck um meine Handgelenke verschwindet, stattdessen macht er sich an meinem Oberschenkel zu schaffen. Am liebsten würde ich ihn anherrschen, dass er mich in Ruhe lassen soll. Aber noch immer bringe ich keinen einzigen Ton über die Lippen.

„Es wird gleich besser", beschwichtigt er mich, während er zügig die Eisenhandschuhe auszieht und anschließend die Handflächen gegen die blutende Wunde drückt. Als diese aufleuchtet, traue ich meinen eigenen Augen nicht. Nein, ich muss offiziell den Verstand verloren haben. Wahrscheinlich bin ich wegen meiner Schlafstörungen wirklich irgendwo am Bahnhof gegen eine Wand oder eine Glasscheibe oder sowas gelaufen – oder vielleicht bin ich von der Rolltreppe gefallen und habe mir den Kopf gestoßen? Anders kann ich mir nicht erklären, wie es möglich ist, dass ich während einer Zombieapokalypse von einem Dämon angegriffen werde, um mich dann von Satan höchstpersönlich heilen zu lassen.

Oder vielleicht auch nicht – die Wunde bleibt, auch wenn das Stechen und Brennen im Rest meines Körpers abebbt. Dass er sich unvermittelt zu mir beugt, als wolle er die Arme um mich legen, gibt mir jedoch den Rest.

„Lass mich in Ruhe!", krächze ich und zucke zurück. Ich habe großes Glück, dass ich einen Motorradhelm trage, sonst hätte ich mir nun tatsächlich zu allem Überfluss auch noch den Kopf angehauen.

Perplex blinzelt mich mein Gegenüber an, als würde er nicht im Geringsten verstehen können, was meine seltsame Reaktion soll. Schätzungsweise muss auch er davon ausgehen, dass ich mir irgendwann im Laufe des Abends den Kopf etwas zu heftig gestoßen habe, denn er ignoriert meine Proteste völlig und zieht mich, wie befürchtet, in eine feste Umarmung. Dass es sinnlos wäre, ihn von mir stoßen zu wollen, leuchtet mir selbst in diesem Zustand ein. Ich spüre, wie der enganliegende Kragen der Protektorenjacke zur Seite gezogen wird, ehe eisige Finger meinen Nacken berühren.

Erst lässt mich das grässliche Gefühl zusammenfahren. Doch nach wenigen Augenblicken verwandelt sich die Kälte in eine wohlige Wärme, die sanft durch meine Adern pulsiert. Ohne zu wissen, wie mir geschieht, seufze ich auf und schlinge die Arme nun meinerseits um seinen Hals.

Beinahe erwarte ich, dass mir ein schwefliger Gestank nach Tod und Verwesung in die Nase steigen würde, aber stattdessen glaube ich, so etwas wie Parfüm oder After Shave wahrzunehmen. Oh ja, Alex, der Teufel trägt Prada L'Homme – das dürfte der letzte Beweis dafür sein, dass ich verrückt geworden bin. Ungewollt entfährt mir bei meinem unpassenden Sarkasmus ein trockenes Schnauben, was meinem Ritter in glänzender Rüstung nicht entgeht.

„Besser?", erkundigt er sich scheinbar amüsiert und löst sich von mir. Zwar fühle ich mich noch immer etwas benebelt, aber es ist eine angenehme Art von Benommenheit. Der Schmerz ist dagegen vollständig verschwunden, selbst mein Bein fühlt sich völlig normal an.

„Ja, danke", murmle ich geistesabwesend und wende beschämt den Blick ab. Soll ich überhaupt noch versuchen zu analysieren, was ich hier tue? Lässt sich analysieren, dass man sich gerade bei Satan dafür bedankt hat, dass er einen geheilt hat? Moment, bin ich ihm jetzt etwas schuldig? Wird das Ganze so eine Nummer à la Hades und Persephone? Mir brummt schon wieder der Schädel.

„Bringen wir dich erstmal weg von hier", schmunzelt er. Kaum hat er die Worte ausgesprochen, finde ich mich plötzlich in der Luft wieder. Erst nach einer halben Ewigkeit realisiere ich, dass er mich hochgehoben hat und nun rausträgt. So, das war's. Könnte mir bitte jemand meine Antipsychotika bringen?

Als wir an der Treppe ankommen, fällt mir jedoch wieder ein, warum ich in erster Linie hier bin. Mein Herz macht einen Satz und meine Augen weiten sich erneut. „Meine Eltern!", rufe ich und will mich bereits aus den Armen meines Retters winden, als mich dieser zurückhält.

„Sei unbesorgt", beruhigt er mich zuversichtlich lächelnd. Ich weiß nicht, warum, aber ich entschließe mich, ihm in diesem Punkt zu vertrauen. Was nicht heißt, dass ich auf seine freundliche Fassade hereinfallen würde. Wie nett er in Wahrheit ist, hat er soeben unter Beweis gestellt. Abgesehen davon hatte mein Ritter in glänzender Rüstung auch gar keine Skrupel, nachts in mein Zimmer einzudringen und auszunutzen, dass ich angeheitert war und das Ganze für einen Traum gehalten habe.

Mit tief in Falten gelegter Stirn mustere ich ihn, während er geradezu majestätisch die Treppen hinabsteigt. Jetzt, wo mein Hirn zumindest halbwegs wieder zu funktionieren scheint, sollte ich mich den wichtigen Fragen zuwenden. Welches Interesse könnte Satan an mir haben und wie zum Teufel – schlechtes Wortspiel – komme ich hier wieder raus?

„Was ist?", reißt mich seine weiterhin belustigte Stimme aus meinen Überlegungen. Erstmal sollte ich wohl Informationen sammeln.

„Ich frage mich nur, wer du bist", teile ich ihm recht sachlich mit. Eine Sekunde lang spiele ich mit dem Gedanken, die Jungfrau in Nöten zu geben. Aber meine grauenvollen Schauspielkünste würden mich vermutlich recht schnell entlarven – und ich will wirklich nicht riskieren, dass er Verdacht schöpft.

„Mein Name ist Abaddon", stellt er sich sozusagen offiziell vor. In den hintersten Ecken meines Gedächtnisses regt sich etwas, allerdings wird diese unbestimmte Ahnung von der Erleichterung überschattet, dass ich es wenigstens nicht mit Luzifer zu tun habe. Warum aber hat der Dämon ihn dann Satan genannt?

Mittlerweile ist meine Angst Wut gewichen – vor allem Wut auf mich selbst. Ich hasse es, wenn ich eine Situation nicht logisch erklären kann. Normalerweise habe ich kein Problem damit, mit Unsicherheiten zu arbeiten, solange ich sie verstehe und weiß, womit ich rechnen muss. In so einem Fall kann man sich trotz allem eine Strategie zurechtlegen, auch wenn man die Situation vielleicht nicht gänzlich unter Kontrolle hat. Aber das hier?

„Bringst du mich zu meiner Familie?", setze ich meine Befragung fort.

„Ich bringe dich in Sicherheit", erklärt er mit Nachdruck – also wird er mir nicht verraten, wo in Sicherheit genau ist.

Bevor ich mir noch weitere Fragen überlegen kann, haben wir das Haus verlassen – und nun verstehe ich, warum Rada losgehustet hat. Hier draußen liegt ein schwefliger Gestank in der Luft, der mir sofort die Kehle zuschnürt. Er erinnert mich an den Atem des Dämons... Verdammt, wo ist Rada? Panisch reiße ich den Kopf in die Richtung, wo sie das Motorrad geparkt hat. Doch sowohl von ihr als auch ihrer Maschine fehlt jede Spur.

Stattdessen umzingeln uns mit einem Mal fünf Männer. Ich glaube nicht, dass jemand in der Geschichte der Menschheit jemals so froh darüber war, dass ihm fünf Sturmgewehre vor die Nase gehalten wurden, wie ich es gerade bin.

„Hände hoch", bellt uns einer der Soldaten an. Sofort fällt mir sein Akzent auf – er scheint Franzose zu sein.

Unvermittelt setzt mich Abaddon auf den Stufen zum Hauseingang ab. Nach wie vor schenkt er mir ein ruhiges, liebevolles Lächeln, als würde es ihn nicht im Geringsten kümmern, dass da fünf schwer bewaffnete Soldaten auf ihn zukommen. „Schließ die Augen", rät er mir und fährt mir nochmal sanft über die Schulter. Währenddessen hält ihm der erste Soldat bereits die Waffe an den Kopf.

„Hände hoch, habe ich gesagt!", brüllt er ihn an, was dem Mann in der altertümlich anmutenden Ritterrüstung jedoch nur ein trockenes Schnauben entlockt.

Ehe ich es mich versehe, ist er schon herumgewirbelt, hat den völlig verdatterten Soldaten an der Kehle gepackt und hebt ihn mühelos in die Luft, als wäre er eine Puppe. „Du wagst es, Erdensohn?", knurrt er bedrohlich. Mir stockt der Atem. Ich liege richtig – diese Freundlichkeit ist nichts weiter als eine Fassade. Auch wenn sein Name nicht Luzifer ist, ist dieser Abaddon nicht minder gefährlich.

Als wollte das Universum meine schlimmsten Befürchtungen bestätigen, ringt im nächsten Moment ein markdurchdringender Schrei in meinen Ohren. Ich will nicht mal wissen, was er mit dem armen Soldaten anstellt. Denn eine bessere Gelegenheit, um mich den Fängen dieses Monsters zu entziehen, wird sich mir ganz bestimmt nicht bieten. Also rapple ich mich auf und renne los.

„Alexandra!" Die Stimme dieses Dämons – oder was auch immer er sein mag – donnert durch die Straßen und lässt mir das Blut in den Adern gefrieren. Aus Angst, dass er bereits zu meiner Verfolgung angesetzt haben könnte, drehe ich mich nicht um. Das würde mich nur wertvolle Zeit kosten und ich bin mir ganz und gar nicht sicher, dass ich dann noch den Mut hätte, um weiterzulaufen. Also konzentriere ich mich lieber darauf, möglichst schnell über den Gartenzaun zu klettern.

Obwohl ich das als Kind bestimmt tausend Mal gemacht habe, ist das mittlerweile deutlich anstrengender, als ich es in Erinnerung habe. Vermutlich sollte ich auf Rada hören und mehr Sport treiben. Auch kann ich nicht mehr so schnell rennen wie früher, aber es reicht, um es in die kleine Gasse zwischen unserem Haus und dem der Nachbarn zu schaffen, während Abaddon vermutlich noch mit den Soldaten beschäftigt ist.

Nach Luft japsend taste ich mich in der plötzlichen Dunkelheit an der Häuserwand entlang. Wenn ich stolpere und falle, bin ich geliefert, also ist mir das so lieber. Dafür sprinte ich los, nachdem ich mich zwischen den Häusern hindurchgequetscht habe – und stoße fast sofort mit jemandem zusammen.

Als ich etwas Schwarzes erblicke, befürchte ich bereits, dass ich dem Dämon direkt in die Arme gelaufen bin. Vor allem ist dieser jemand, mit dem ich zusammengestoßen bin, fast genauso groß wie er. Instinktiv versuche ich mich loszureißen, schlage und trete nach ihm, in der Hoffnung, dass das Glück wenigstens einmal auf meiner Seite ist. Doch es hilft nichts, ich bin ihm unterlegen.

„Frau Erdmann! Alex!", fährt er mich an. Die helle Stimme bringt mich wieder zur Vernunft. Ungläubig starre ich den Soldaten an. Durch den schwarzen Helm kann ich sein Gesicht zwar nicht erkennen, doch dafür erkenne ich die Stimme wieder.

„Herr Grabner?", entfährt es mir, ehe ich mich ihm dankbar an den Hals werfe, wenngleich ich dadurch mit dem Helm gegen seinen stoße. Meine Knie werden weich, am liebsten würde ich auf den Asphalt stürzen und den Boden unter seinen Füßen aus Dankbarkeit küssen. Das Manöver ist mir wirklich gelungen? Zumindest, wenn wir schnell genug verschwinden, könnte es das sein. Gehetzt löse ich mich also von ihm und deute in die Richtung, aus der ich gekommen bin. „Da ist ein Dämon. Er kämpft grade vermutlich noch mit ein paar von Ihren Männern, aber..."

„Ich verstehe", unterbricht er mich und zieht mich nah an sich heran, ehe er sich in perfektem Englisch an die anderen vier Soldaten, die neben uns stehen, wendet. „Vasdekis, du übernimmst. Ich bring sie zu den anderen. Hilf du Dupont."

Allerdings dürfte da nicht mehr viel zu helfen sein. Kaum hat Grabner die Worte ausgesprochen, landet direkt vor uns ein erzürnter Abaddon. Die Druckwelle, als er auf der Erde aufkommt, reißt mich beinahe von den Füßen. Schwarze Engelsflügel spannen sich hinter seinem Rücken in die Weite, in seiner Hand hält er ein riesiges, glühendes Schwert. Von der Spitze der Klinge löst sich ein Tropfen Blut und fällt langsam auf den beschädigten Asphalt, über den sich Abertausende Risse ziehen. Als ich seine Augen erblicke, fühle ich mich in den ersten meiner Albträume zurückversetzt. Mit einem Mal prangen zwei schwarze Löcher in seinem entstellten Antlitz, die bereit zu sein scheinen, alles um sich herum in ihren zerstörerischen Schlund zu saugen.

Als sich sein Augenmerk auf mich und Grabner heftet, der schützend einen Arm um mich legt, verzieht sich Abaddons Gesicht zu einem Ausdruck reinster Wut. Ich befürchte, jetzt hat unser letztes Stündlein geschlagen.

Anscheinend muss Grabners Einheit ihren Anführer lieben. Denn völlig unvermittelt stellt sich einer der Soldaten dem Dämon in den Weg und eröffnet das Feuer auf ihn. Der Arm um meine Schultern reißt mich zur Seite, ich höre nur noch ein lautes Renn!. Und ich renne – als wäre der Teufel selbst hinter mir her.

Ohne auch nur ansatzweise mit dem nachzukommen, was um mich herum geschieht, folge ich Grabner zu einem Militärlastwagen. Anscheinend muss er den Soldaten, die diesen bewachen, Befehle erteilen, denn auf einmal sprinten mehrere Uniformierte an uns vorbei in die Richtung, aus der wir gerade gekommen sind. Ein lauter Motor heult auf, eine Tür wird zugeworfen.

Auf einmal finde ich mich in einer festen Umarmung wieder. Völlig perplex registriere ich nach einer gefühlten Ewigkeit, dass es sich dabei um Rada handelt.

„Stiegen Sie sofort auf Ihr Motorrad und fahren Sie los!", befiehlt uns Grabner und deutet hinter den LKW. „Den Weg finden Sie auf Ihrem Handy. Wenn Sie vor dem Konvoi ankommen, halten Sie es einfach an den Scanner."

Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, macht er auf dem Absatz kehrt und folgt seinen Männern in den Kampf – wobei das kaum noch nötig ist, denn der Kampf ist ihm schon längst gefolgt.

„Scheiße!", schreit Rada an meinem Ohr, packt mich in derselben Sekunde an der Hand und zerrt mich mit sich mit. Innerhalb eines Wimpernschlags sind wir aufgesessen; ihr Smartphone befindet sich in der Halterung, das Navi lotst uns aus Pullach hinaus. Furchterfüllt halte ich mich fest, während meine Freundin ihr Gefährt in kürzester Zeit auf eine atemberaubende Geschwindigkeit beschleunigt.

Auf der Landstraße herrscht dieselbe gespenstische Stille wie soeben in Pullach – die Autos stehen einfach herum, die offenen Türen deuten darauf hin, dass die Insassen sie überstürzt verlassen haben müssen. Oh Gott, hat es Fabi geschafft? Ist er uns nach Pullach gefolgt oder ist er weitergefahren? Irgendwann haben wir ihn einfach verloren. Wir hätten alles viel besser koordinieren müssen!

Nach etwa 20 Minuten kommen Rada und ich bei unserem Ziel an. Es ist dieselbe Strecke, die mein Fahrer letzten Freitag auch genommen hat. Der Feldweg führt durch ein kurzes Waldstück, in dessen Mitte sich recht versteckt in einer Höhle eine Zufahrt befindet. Abrupt halten wir an, meine Fahrerin reißt ihr Handy aus der Halterung und hält es an einen Scanner. Eine weitere Minute verstreicht, ehe sich das große Stahltor öffnet und wir in die Garage hinunterfahren können.

Anstelle eines freundlichen Empfangs wartet allerdings bereits eine Gruppe bis an die Zähne bewaffneter Soldaten auf uns. Barsch weisen sie uns an, vom Motorrad zu steigen und die Helme abzunehmen. Nachdem wir dem Befehl Folge geleistet haben, umzingeln sie uns. Unbarmherzig werden meine Freundin und ich an den Armen gepackt und wie Kriminelle weggeführt – mitten in die ETF-Zentrale. Hinein in eine ungewisse Zukunft.

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