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Dies irae

Das war mal ein Blitz-Edit. Hoffen wir mal, dass man das dem Kapitel nicht so ansieht 😅

Einfach nur crazy, dass wir bereits 100 Kommentare für diese Story haben. Als ich die Zahl heute gesehen habe, habe ich meinen eigenen Augen kaum getraut. Also ein riesengroßes Dankeschön an a_blossom_lInkofInspirationsweet_predator und wtngfrwntr für eure Unterstützung und euer ganzes Feedback! ❤ Und natürlich wie immer auch all den anderen vielen Dank für eure Views und Votes!

So, bevor sich das hier am Ende in eine Szene à la die Ansprachen in Miss Undercover entwickelt, wünsche ich uns allen Weltfrieden und euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel (:

Gefährlich langsam schlurfen die beiden Untoten auf uns zu. Als wäre ich zur Salzsäule erstarrt, beobachte ich die beiden grässlichen Kreaturen aus weit aufgerissenen Augen. So fest wie möglich umklammere ich den Dolch und versuche mir ins Gedächtnis zu rufen, was die Charaktere in Filmen oder Videospielen in solchen Situationen gemacht haben. Tun wir einfach so, als wäre das ein VR-Game. Radas Worte geistern in meinem leeren Kopf umher. Na schön, Alex, tun wir doch mal wirklich so, als wäre das alles bloß ein Spiel.

So, wie ich es tausend Mal gesehen habe, gehe ich leicht in die Knie und stelle mich vor Fabi. Warte den richtigen Moment ab, Alex. Dann – ja, was dann? Normalerweise hatte ich immer eine Shotgun. Ok, das reicht jetzt. Ich werde einfach versuchen, einem der Zombies den Dolch irgendwo rein zu rammen. Was für ein glorreicher Plan...

Allerdings kommt mir Rada zuvor. Völlig unvermittelt schnellt ihre Hand nach vorne. Innerhalb des Bruchteils einer Sekunde zieht sich eine hässliche, dunkelrote Schliere quer über das deformierte Gesicht einer der beiden Gestalten. Doch seinem Kumpel scheint das nicht sonderlich zu gefallen. Als wäre er empört, fletscht er die Zähne und wirft sich auf meine beste Freundin.

Auf einmal geht ein Ruck durch meinen Körper. Mit einem Mal verändert sich meine Haltung, meine Muskeln spannen sich an. Mein Verstand kommt kaum noch hinterher, ich merke nur, wie ich plötzlich schräg vor dem Zombie stehe und mein Unterarm zur Seite, direkt in seine Richtung schießt. Innerhalb eines Wimpernschlags hat sich die spitze Klinge direkt in seine Stirn gebohrt – mitten in dieses seltsame Zeichen. Der Untote stößt einen markerschütternden Laut aus – ein bestialischer Schrei, der mir in den Ohren nachringt und mich das Gesicht verziehen lässt. Dann löst sich die Kreatur vor unser aller Augen in pechschwarzen Rauch auf.

Mir stockt der Atem. War das gerade wirklich ich? Doch ich habe keine Zeit, darüber nachzudenken, denn Zombie Nummer 1 hat sich zwischenzeitlich wieder gefangen und ist ganz und gar nicht erfreut über den Tod von Nummer 2. Mit wutverzerrter Fratze stürzt er auf uns zu. Diesmal kümmert sich Rada um ihn. Erneut lässt sie das Messer auf ihn herabsausen, diesmal direkt in seine Schulter. Er strauchelt, sie tritt nach ihm, sodass er zurücktaumelt. Anschließend stürzt sie ihrerseits auf ihn zu und sticht auf seinen Kopf ein, genauso wie ich es zuvor getan habe. Als die Klinge das Zeichen durchbohrt, bleibt auch von diesem Untoten nichts weiter übrig als dichte, schwarze Rauchschwaden.

Hastig winkt uns Rada weiter. Ich packe Fabi, der uns wie vom Blitz gerührt anstarrt, am Arm und ziehe ihn mit mir mit. In meinem Geist herrscht absolutes Chaos, meine Gedanken überschlagen sich förmlich. Noch immer kann ich nicht verstehen, wie zum Teufel ich es geschafft habe, einen Zombie zu töten – woher wusste ich überhaupt, dass ich auf dieses Mal zielen muss? Mir kommt es vor, als würde mein Körper auf Autopilot arbeiten, während mein Verstand nichts von dem, was um uns herum geschieht, verarbeiten kann.

Zu dritt rasen wir die letzte Treppe hinunter. Wie durch ein Wunder erwarten uns hier keine Zombies, doch ich glaube, von oben ihre Laute zu vernehmen. Womöglich bilde ich es mir auch nur ein – insofern sie nicht brüllen, sollten die Geräusche zu leise sein, als dass ich sie aus dieser Entfernung durch den Helm hören könnte. Seltsamerweise hat der Gedanke etwas unglaublich Beruhigendes. Wahrscheinlich fantasiere ich mir gut die Hälfte dessen, was hier passiert, zusammen. Vielleicht ist das wie in diesem Harry-Potter-Meme und ich wache gleich in einem Krankenhausbett auf, nachdem ich gegen eine Wand gelaufen bin?

Darauf zu warten wäre jedoch vergebens. Stattdessen stoßen wir die Tür zur Tiefgarage auf und rennen wie von Sinnen zu Fabis Auto. Am Rand meines Bewusstseins fällt mir auf, dass wir uns noch nicht mal umgesehen haben, bevor wir die Garage betreten haben. Tja, wie es aussieht, hilft dem Narren tatsächlich das Glück, denn wir schaffen es zum Wagen, ohne von Zombies oder noch Schlimmerem angefallen zu werden.

Hastig verstrauen wir das Gepäck. Als wir Belzi auf dem Beifahrersitz absetzen, beginnt der Kater wieder zu heulen und an den Stäben seines Käfigs zu kratzen, als wollte er zu uns. „Du musst bei Fabi mitfahren", erkläre ich ihm leise, nachdem ich das Visier hochgeschoben habe. Leider beruhigt ihn das keineswegs, was mir unwillkürlich Tränen in die Augen treibt. Auch Rada schafft es nicht, Belzi zu besänftigen, während mein Bruder die restlichen Taschen im Kofferraum verstaut.

„Wir sehen uns ja spätestens in anderthalb, vielleicht zwei Stunden wieder", beschwichtigt meine beste Freundin den Kater, der uns herzzerreißende, flehentliche Blicke zuwirft.

„Mädels, wir müssen los. Belzi wird schon klarkommen", verkündet Fabi und stellt sich mit verschränkten Armen hinter uns. Als ich mich zu ihm drehe, wandern seine Augen unruhig zwischen der Tür zum Treppenhaus und seinem Auto hin und her, seine Finger scheinen sich regelrecht in seine Oberarme zu krallen. Er hat recht, wir sollten verschwinden, bevor die ganze Bande hier unten auftaucht.

Ein letztes Mal kraulen wir unseren Stubenpanther durch die Gitterstäbe hindurch am Kopf, ehe wir die Beifahrertür zuschlagen lassen. Bevor Rada und ich uns aufs Motorrad setzen, umarmen wir Fabi nochmal – die Angst, dass es die letzte Umarmung gewesen sein könnte, schwebt wie ein Damoklesschwert über unser aller Köpfen. Allein der Gedanke daran, meinen großen Bruder für immer zu verlieren, schnürt mir die Kehle zu, sodass ich mich zwingen muss, mich langsam von ihm zu lösen und Rada zu ihrem Motorrad zu folgen. Aber wenn wir uns nicht trennen, hätten wir keine Chance, unsere Familie vielleicht noch irgendwie zu retten.

Nachdem Rada aufgesessen ist, klettere ich hinter ihr auf den Soziussitz. Bevor wir beide das Visier runterklappen, dreht sie sich nochmal zu mir um. „Halt dich gut fest, ich fahr schnell", meint sie eindringlich.

„Also alles so wie immer, du verrückte Raserin", schnaube ich und verdrehe theatralisch die Augen.

„Ok, die Warnung war überflüssig", pflichtet sie mir grinsend bei und klopft mir ein paar Mal auf den Oberschenkel, als wollte sie mir vor der Fahrt Mut zusprechen, ehe sie ihr Gefährt startet. Sofort meldet sich der Motor mit einem waghalsigen Knurren, als hätte er nur auf so ein Abenteuer gewartet. Währenddessen breitet sich ein mulmiges Gefühl in meiner Magengegend aus. Ob es so eine gute Idee war, in dieser Situation das Motorrad zu nehmen? Doch jetzt ist es zu spät, um meine Entscheidung zurückzunehmen, denn Rada fährt bereits los.

Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber mir kommt es vor, als würde sie den Weg zur Auffahrt noch zügiger zurücklegen als sonst. Meine Beine fühlen sich an wie Wackelpudding, unwillkürlich verkrampft sich mein Oberkörper und ich umklammere Radas Taille etwas fester. Dicht hinter uns folgt auch Fabi der Spur hinauf zum Garagentor. Das Scheinwerferlicht seines Wagens umrahmt uns, scheint die Schatten, die geradezu bedrohlich über die grauen Stahlbetonwände tanzen, von uns fernzuhalten.

Nervös beobachte ich, wie meine beste Freundin ihre Schlüsselkarte an einen Scanner legt, um sie anschließend wieder in ihrer Jackentasche verschwinden zu lassen. Schon jetzt merke ich, wie mir Schweißperlen auf die Stirn treten. Was erwartet uns dort draußen? Meine Fantasie spielt verrückt, in meinem Kopf male ich mir die grauenhaftesten Szenarien aus, beflügelt von dem, was ich aus diversen Filmen, Serien und Videospielen kenne. Doch keine einzige dieser fiktiven Welten hat mich auf das Chaos vorbereitet, in dem unsere echte Welt nun versinkt.

Kaum öffnet sich das Garagentor, setzen wir uns in Bewegung. Allerdings hätten wir dadurch beinahe jemanden umgefahren, der mir auf den ersten Blick nur allzu bekannt vorkommt. Strauchelnd stoppt Rada das Motorrad, auch Fabi kommt mit laut quietschenden Reifen hinter uns zum Stehen. Für den Bruchteil einer Sekunde überkommt mich das unbändige Bedürfnis, vom Beifahrersitz zu springen und die Frau, die da in einem zerrissenen Kleid vor uns taumelt, zu retten. Denn trotz ihrer verdreckten, seltsam gekrümmten Gestalt erkenne ich Frau Huber sofort – und auch wenn wir nie die einfachste Beziehung zueinander hatten, können wir sie ja nicht so ihrem Schicksal überlassen.

Als sie zu uns herumwirbelt, gefriert mir allerdings das Blut in den Adern. Auch sie erkennt uns augenblicklich. Im nächsten Moment leuchten in den glühend gelben Iriden purer Hass und Mordlust auf, während sie die Zähne fletscht und die dreckverkrusteten Finger nach uns ausstreckt. Erst jetzt realisiere ich, was das für ein dunkles, fast schwarzes Zeug ist, mit dem ihr gesamter Körper bedeckt ist.

Wie aus dem Nichts tauchen hinter und neben ihr weitere Zombies auf. Plötzlich heult ein Motor auf – das Brüllen eines Löwen, der sich zum Kampf bereitmacht. Unvermittelt macht das Motorrad einen Satz nach vorne, ich kann mich gerade noch rechtzeitig festhalten, ehe Rada ihre Maschine mitten durch die Zombiemenge jagt. Im engen Bogen biegt sie nach links ab – entgegen der Fahrtrichtung, wie der kritischen Verkehrspolizistin in mir direkt auffällt. Na ja, mein Gewissen wird es mir nachsehen, dass wir uns in so einer Situation in einer Einbahnstraße entgegen der vorgegebenen Fahrtrichtung bewegen.

Noch bevor wir uns wieder vollständig aufgerichtet haben, gibt Rada ordentlich Gas, sodass wir innerhalb eines Wimpernschlags in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Türkenstraße donnern. Furchterfüllt versuche ich mich umzudrehen, nur um mich von Scheinwerfern blenden zu lassen. Dennoch lässt mir das Stechen in meinen Augen einen Stein vom Herzen fallen – auch Fabi muss es geschafft haben.

Um Rada nicht buchstäblich in den Rücken zu fallen, wirble ich sogleich wieder herum und versuche über ihre Schulter hinweg die Lage zu erfassen. Das Gewitter hat sich verzogen, stattdessen scheint es, als würde München vom düsteren Firmament erdrückt werden. Nur der riesige Vollmond, der kalt und teilnahmslos über der Stadt thront, zeugt davon, dass wir uns noch immer auf der Erde und nicht in einem Schwarzen Loch befinden.

Das Licht der Straßenlaternen bricht sich in den Glasscherben, die die Straße säumen. Wie Wunden klaffen die eingeschlagenen Schaufenster der Geschäfte und Cafés in den altehrwürdigen Gebäuden. Deren strahlende Fassaden würden das Stadtbild abends bei passender Beleuchtung normalerweise in eine Märchenkulisse verwandeln. Doch am heutigen Abend verwandeln sie München in die Kulisse eines Horrorfilms.

Virtuos manövriert Rada ihr Gefährt durch entstellte Gesichter mit reptiliengelben Augen und monströse Gestalten. Innerhalb kürzester Zeit erreichen wir das Ende der Straße oder eher ihren Anfang, wo sie in die Gabelsberger Straße und in den Oskar-von-Miller-Ring mündet. Plötzlich fliegt ein Schatten über unsere Köpfe hinweg, der die Welt für eine schmerzvoll lange Sekunde in absolute Finsternis taucht. Ich glaube, auf der Straße die Umrisse von Flügeln ausmachen zu können, aber es geht alles viel zu schnell.

Als meine Freundin kurz abbremst, um abzubiegen, riskiere ich einen Blick über die Schulter. Mit einem Mal sind die Lichter der Straßenlaternen erloschen, nur Fabis Scheinwerfer erhellen noch einen Teil unseres Zuhauses – oder wohl eher den Ort, den ich jetzt schon kaum noch als unser Zuhause wiedererkenne. Die Momentaufnahme brennt sich in all ihren furchterregenden Details in mein Gedächtnis ein. Schmerzvoll zieht sich etwas in meiner Brust zusammen, unterdrückte Tränen schnüren mir für einen Augenblick die Kehle zu. Erst jetzt trifft mich die Realisation mit voller Wucht – selbst wenn wir jemals in unser Zuhause zurückkehren sollten, wird nichts mehr je wieder so sein wie früher.

Auf der breiten Ludwigstraße begegnen uns dann die ersten anderen Autos. Wie es aussieht, sind es nur einige wenige, die sich in ihre Karossen retten konnten, um so dem sicheren Tod zu entgehen. Oder eher dem Dasein als Untoten? Vor meinem inneren Auge taucht Frau Huber auf – die dunklen Flecken auf ihrem Kleid und auf ihrer Haut, die schwarzen Zähne und allen voran dieser Blick. Dieser mörderische, durchdringende Blick, als hätte sich all die Abscheu, die sie uns gegenüber je empfunden hat, innerhalb von Sekunden verzehnfacht.

Rada nutzt die Strecke vor der Abbiegung in die Brienner Straße, um zwei der Autofahrer zu überholen. Mühelos lässt sie sie hinter sich zurück, ehe sie recht abrupt abbremst und sich nach rechts in die Kurve lehnt. Nervöser als sonst umklammere ich das Motorrad mit den Beinen so fest es geht. Ich bete dafür, dass wir uns in unserem Übereifer am Ende nicht im Straßengraben wiederfinden.

Auch hier bietet sich uns dasselbe Bild wie in unserer Straße – Glasscherben und Monster. Erneut beschleunigen wir rapide, lassen innerhalb weniger Minuten auch diesen Abschnitt unseres Wegs hinter uns. Allerdings fällt mir diesmal auf, dass die Zombies nicht einfach so durch die Gegend torkeln. Stattdessen sammeln sie sich in einem mehr oder weniger organisierten Strom, der sich zielstrebig seinen Weg zwischen den klassizistischen Bauten hindurchbahnt. Misstrauisch runzle ich die Stirn. Zwar basieren meine Okkultismus-Kenntnisse hauptsächlich auf Resident Evil und Zombie Army Trilogy. Aber vor allem Letzteres hat mich eins gelehrt – es gibt immer irgendein Arschloch, das die Mistviecher heraufbeschwört. Wollen sie also zu ihm?

Wir nehmen die großen Straßen, anscheinend will meine Freundin kein Risiko eingehen. Je weiter wir nach Süden vordringen, desto voller wird es. Die B11, die uns nach Pullach führt, ist dann auf einmal hoffnungslos überfüllt. Es geht nur stockend voran, anscheinend sind wir nicht die Einzigen, die auf die Idee gekommen sind, in Richtung Süden zu fliehen. Doch Rada Petkovic wäre nicht Rada Petkovic, wenn sie sich von sowas aufhalten lassen würde.

Schlagartig bleibt sie neben dem schmalen Rasenstück stehen, das die Gegenspur von unserer trennt. Gehetzt dreht sie sich so halb zu mir herum und deutet mir abzusteigen. Da ich nach all den Jahren ihre ganzen Tricks kenne, schleicht sich sogleich ein kleines Grinsen auf meine Lippen. Ach ja, Rada und ihre Vorliebe für die Gegenspur. Flink hüpfe ich auf das Rasenstück und helfe meiner Freundin dabei, unser Gefährt über den Bordstein zu kriegen und auf den gegenüberliegenden Fahrtstreifen zu bugsieren. Dort schwingen wir uns wieder aufs Motorrad und setzen unsere Fahrt nun ungehemmt fort.

Je näher wir Pullach kommen, desto stärker drängen sich die Sorgen um meine Familie, die ich zuvor noch ignorieren konnte, in mein Bewusstsein. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und pumpt blanke Panik in meinen Kreislauf, die sich wie Gift durch meine Adern frisst und jeden rationalen Gedanken eliminiert. Eigentlich sollte ich mir einen Plan zurechtlegen, alle Möglichkeiten durchgehen. So ungern ich das auch wahrhaben will, aber wahrscheinlich werde ich gleich eine zerstörte Landschaft vorfinden, womöglich steht selbst unser Haus nicht mehr. Abgesehen davon kann ich mir recht sicher sein, dass uns weitere Untote erwarten. Ich kann nicht einfach vom Motorrad springen, losrennen und nach meinen Eltern und meiner Oma rufen!

Aber die Angst hat mich auf einmal völlig in ihrer Gewalt und zieht an mir wie ein Puppenspieler an einer Marionette. Ungeduld und Aufregung nagen wie eine Ratte an meiner Vernunft. Ich bin nicht mal ansatzweise in der Lage, mir so etwas wie einen Plan zu überlegen. Ich bin nur noch von einem einzigen Gedanken erfüllt: Ich muss meine Familie retten, selbst wenn ich mich dafür durch eine Zombiehorde nach der anderen kämpfen muss.

Nach einer Ewigkeit drosselt Rada endlich das Tempo. Mittlerweile trennt nur noch ein weißer Streifen die Spuren der B11 voneinander. Viele Fahrer sind unserem Beispiel gefolgt und auf die Gegenspur ausgeschert, sodass wir ohnehin die letzten Minuten damit zugebracht haben, uns zwischen den ganzen stehenden Autos hindurch zu schlängeln. Seltsamerweise sind viele der Türen geöffnet, als hätten die Passagiere schlagartig die Flucht ergriffen. Doch im Moment interessiert mich das nicht im Geringsten. Scharf biegt meine Freundin nach links, sodass wir die Münchner Straße erreichen, die Pullach mit der B11 verbindet.

Wie erwartet stellen sich mir von dem Bild, das sich mir sogleich bietet, die Nackenhaare auf. Wir fahren durch eine Geisterstadt. Sämtliche Lichter sind erloschen, nur der riesenhafte Mond kleidet das Vorstädtchen in einen milchig-silbrigen Schleier und lässt Schatten wie Kinder durch die Straßen spielen. Gleichzeitig klaffen die eingeschlagenen Fenster und aus den Angeln gerissenen Türen wie leere Augen und wehklagende Münder in den Mauern – als würden die Gebäude den Kindern nachtrauern, die tatsächlich einst gemeinsam über den Asphalt getollt sind.

Es herrscht Totenstille, ich höre nur unseren Motor und meinen eigenen, flachen Atem. Hier und da entdecke ich einige vereinzelte Lumpengestalten, die sich auf eigentümliche Weise voranschleppen. Erneut fällt mir auf, dass sie alle dieselbe Richtung eingeschlagen haben – Norden. Befindet sich ihr Ziel in der Stadt?

Die gespenstische Ruhe sollte mich eigentlich misstrauisch machen. Ein winziger Teil meines Bewusstseins ist sich dessen sogar voll im Klaren. Doch kaum hält Rada vor meinem Elternhaus an, zerrt der Puppenmeister, die Angst, an meinen Fäden und zwingt mich, mich sofort vom Beifahrersitz zu schwingen und wie von Sinnen zur Haustür zu stürzen.

„Alex!", dringt Radas Stimme gedämpft durch den Helm, gefolgt von einem lauten Husten. Obwohl mir das mein Gewissen mit den heftigsten Vorwürfen quittiert, drehe ich mich nicht nach meiner Freundin um und hechte stattdessen durch die offenstehende Tür.

Hektisch taste ich nach dem Knopf, um das Visier des Helms anheben zu können und schalte anschließend das Licht ein. Ich horche in die Stille hinein – nichts. „Mama?", wispere ich mit heiserer Stimme, während ich wie angewurzelt in der Garderobe stehen bleibe. „Papa? Oma?" Lächerlich – wie sollen sie mich denn hören? Komm schon, Alex, versuch wenigstens halbwegs logisch zu denken!

Schwer schluckend zwinge ich mich, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Am sichersten wäre es für sie im Keller. Die schwere Tür lässt sich abschließen und sie hätten Vorräte. Papa denkt meist rational und praktisch, er wird Mama und Oma dorthin gelotst haben. Also schlage ich den Weg in die Küche ein, wo sich die Tür zum Keller befindet, als mich ein leises Geräusch innehalten lässt. Ein Rascheln, das aus dem ersten Stock zu kommen scheint.

Plötzlich füllt sich mein Herz mit Hoffnung. Die ganzen Zombies sind nach Norden unterwegs, dementsprechend kann das eigentlich nur ein Mensch sein. Ohne weitere Umschweife eile ich zur Treppe und nehme zwei Stufen auf einmal, um möglichst rasch nach oben zu kommen. Keuchend wie nach einem Marathon bleibe ich am Treppenfuß stehen und warte einen Moment ab, als das Rascheln wieder ertönt. Es scheint aus dem Büro meiner Mutter zu kommen.

„Mama?", rufe ich vorfreudig und renne wieder los. Ich werfe mich regelrecht gegen die geschlossene Tür am Ende des Gangs und drücke die Klinke herunter, um anschließend in das kleine Zimmer zu stolpern. Der Computer ist eingeschaltet, auf dem Bildschirm leuchtet mir ein Gemälde entgegen. Mit gerunzelter Stirn trete ich näher heran, scanne den Raum dabei gründlich ab. Habe ich mich geirrt? Zumindest kann ich kein mögliches Versteck oder so ausmachen. Anscheinend muss sich Mama aus welchen Gründen auch immer mit Renaissance-Kunst beschäftigt haben, genauer gesagt mit Tizians Himmlischer und irdischer Liebe. Seltsam, eigentlich konzentriert sich ihre Galerie auf moderne Kunst. Na ja, vielleicht hat sie sich das Gemälde aus persönlichem Interesse angesehen.

Seufzend drehe ich mich um und will meine Suche im Rest des Hauses fortsetzen, als etwas meine Aufmerksamkeit auf sich zieht – und mich zur Salzsäule erstarren lässt. Oben auf dem Schrank hockt... etwas. Ein Wesen wie das, das wir in diesem Video gesehen haben. Seine widerliche Totenkopffratze verzieht sich zu einem breiten, hämischen Grinsen, sodass seine Fangzähne im Schein des Monitors aufblitzen.

Behände lässt... es sich zu Boden gleiten. Mit einem Mal rutscht mir das Herz in die Hose. Dieses Ding ist genauso groß wie ich – ohne dass es sich zu seiner vollen Größe aufrichten muss. Bedrohlich peitscht sein Schwanz mit dem riesigen Stachel hin und her, während er wie in Zeitlupe einige Schritte auf mich zumacht. Sämtliche Farbe weicht mir aus dem Gesicht, mein Magen verkrampft sich, als würde ich mich gleich übergeben müssen. Hilflos weiche ich zurück, bis ich mit der Hüfte gegen den Schreibtischstuhl stoße. Mein Puls dröhnt in meinen Ohren, übertönt beinahe das kehlige Lachen, das diesem widerwärtigen Wesen vor mir entfährt.

Schlagartig mischt sich zu meiner Angst Wut. Dieses Mistvieh muss mitbekommen haben, wie ich ins Haus gestürmt bin. Auf einmal muss ich daran denken, wie verängstigt meine Mutter am Telefon klang – und was dieses Ding hier getrieben haben könnte. Es kommt mir vor, als hätte jemand einen Schalter in meinem Kopf umgelegt. Reflexartig greife ich zum Dolch, der noch immer an meiner Taille baumelt.

Das Lachen bleibt dem Wesen beim Anblick meiner gezogenen Klinge im Halse stecken. Sichtlich verwirrt mustert er den antik anmutenden Dolch, kneift die blutroten Augen zusammen und bleckt die Zähne. Währenddessen bewege ich mich auf ihn zu, bereit zuzustechen, so wie ich es bei diesem Zombie auch getan habe.

Als ihm meine Absicht auffällt, mischt sich noch etwas anderes in seinen Blick. Etwa Angst? Eigentlich haben sich meine Muskeln bereits angespannt, um meinen Gegner gleich wie ein wildes Tier anzufallen. Doch er durchkreuzt meine Pläne mühelos.

Unvermittelt schießt sein Schwanz in meine Richtung. Ich merke noch, wie sich der Stachel in mein Bein bohrt, ehe meine Knie nachgeben und die Welt vor meinen Augen in einer Welle des Schmerzes untergeht.

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