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Der Anfang vom Ende

So langsam nimmt unsere kleine, aber - hoffentlich 😅 - feine Story Fahrt auf. Vielen Dank an dieser Stelle für eure Views, eure Votes und vor allem eure ganzen Kommentare!

Viel Spaß mit dem neuen Kapitel und wie immer würde ich mich natürlich über euer Feedback freuen 😉

Der Sturm wird im Lauf des Wochenendes nur schlimmer und hält auch zu Beginn der Woche an. Somit fällt der geplante Ausflug komplett ins Wasser. Also muss ich mich damit zufriedengeben, mir über das gesamte Wochenende überflüssige Aufgaben zu suchen, um bloß nicht... an alles andere zu denken. Da das Mal am Samstagabend glücklicherweise wieder verschwindet, fällt es mir auch nicht besonders schwer, die Ereignisse zu verdrängen.

Es ist Dienstag, gestern hatten wir das erste Meeting zum neusten ETF-Projekt. Diesmal fällt das Ganze unter die Kategorie next level shit. Wir kooperieren mit der Forschungsabteilung der ETF, um Exoskeletthandschuhe zur besseren Waffenhandhabung zu bauen. Wär's nicht diese mir so verhasste Behörde, würde mein innerer Nerd einen Freudensalto machen.

Obwohl so viel Arbeit auf uns zukommt, habe ich mir heute etwas früher freigenommen – dafür war ich schon um 7:30 Uhr im Büro – und so steige ich ausnahmsweise mal bereits um 18:00 Uhr an meiner Haltestelle aus. Wie immer nehme ich meine Kopfhörer raus, um mich von den Klängen klassischer Musik begrüßen zu lassen, diesmal Tschaikowski. Die Canzonetta aus dem Violinkonzert in D-Dur. Noch so eine Kindheitserinnerung. An einigen Haltestellen der U3 und U6 spielte schon klassische Musik, als ich noch ein Kind war und Großtante Gerda besucht habe, die in der Nähe der LMU gewohnt hat.

Apropos Familie Erdmann – zuhause wartet der einzige Lichtblick dieser Woche. Mein völlig bescheuerter, großer Bruder, der die Woche über zu Besuch da ist. Meinen Lieblingsdeppen – nein, ohne gegenseitige Beleidigungen kommen wir nicht aus – hat es vor paar Jahren nach Berlin verschlagen. Seitdem sehe ich ihn viel zu selten, also ist es immer ein kleines Fest, wenn er nach München kommt oder ich ihn in Berlin besuche.

Am nervigsten ist aktuell der Weg von und zur Arbeit. Zwar brauche ich nicht so lange von der U-Bahn nach Hause, aber 8 Minuten sind es zu Fuß durchaus. Meinen Regenschirm will ich nicht rausholen, denn dann höre ich automatisch die mahnende Stimme meiner Mutter in meinem Kopf. Während eines Gewitters öffnet man keine Regenschirme. Witzig, dass ich diese Automatismen als Erwachsene immer noch nicht aus meinem Unterbewusstsein kriege. Dann muss ich eben wie ein überdimensionierter begossener Pudel rumlaufen.

Daheim angekommen bewältige ich die Treppen zwei Stufen auf einmal nehmend in Rekordgeschwindigkeit. Oben angekommen hechle ich dementsprechend wie ein Hund im Hochsommer – egal, Fabi ist mir das wert. Hastig schließe ich die Wohnungstür auf. Dabei fällt mir auf, dass die Hubers endlich das Pentagramm entfernt haben. Natürlich haben sie noch die Polizei gerufen, allerdings war die mit den ganzen Anzeigen so überfordert, dass es bis Montag gedauert hat, bis sie jemanden herschicken konnten, der das Ganze erfasst hat. Mir unverständlich, wozu das gut gewesen sein soll, aber wenn sie meinen.

Kaum fällt die Tür hinter mir wieder zu, steht ein breit grinsender Fabi im Flur und stemmt einen Arm lässig gegen die Wand. Ok, jetzt alles so, wie geplant. Ich setze einen dieser dämlichen Modelblicke auf, lege mit einer dramatischen Bewegung meine Laptoptasche ab, drehe mich schlagartig um und posiere, damit er meine Jacke begutachten kann – beziehungsweise damit er sieht, wie sein Design an mir aussieht. Meine Bomberjacke stammt nämlich aus seiner ersten Kollektion.

„Endlich hat sie mal etwas Stil entwickelt", kommentiert Fabi überdramatisch. „Das war auch höchste Zeit, dass deine Erdmann-Gene erwachen!"

Schmollend wirble ich wieder zu ihm herum und werfe ihm einen tödlichen Blick zu. „Lass uns mal nicht so tun, als wärst du immer so stilsicher, Herr Einhorn-Tattoo", erwidere ich gespielt giftig, kann mir das Grinsen meinerseits aber nicht verkneifen.

Eigentlich promoviert Fabi derzeit in Kunstgeschichte. Wunsch unserer Frau Mama, die Galeristin ist. Uneigentlich ist Fabi Influencer und Blogger – und wie auch immer er es geschafft hat, aber seit ein paar Monaten gehört er zu den ganz Großen in Deutschland. Im Grunde lässt sich sein Werk folgendermaßen zusammenfassen: Wenn die Boomer deine Generation als dumm und ungebildet abstempeln und du darum Popkultur mit Kunst verbindest, um ihnen so richtig auf den Keks zu gehen

Und die ganzen Trolls, die sich darüber aufregen, dass unsere Generation für alle sozialen Missstände verantwortlich sei, echauffieren sich aufs Heftigste über den respektlosen Umgang der Jugend mit dem ach-so-hohen Kulturgut. Eine der vielen Kunstrichtungen, die sich herauskristallisiert hat, ist Cyber-Dada, das maßgeblich auf Fabi zurückgeht und direkt an den Dadaismus anknüpft.

Dank seiner Modekollektion haben wir jetzt auch etwas, womit wir den Idioten auch offline auf die Nerven gehen können. Zu Ehren unseres Dada-Königs trage ich also eine seiner Bomberjacken – beige mit einem Aufdruck auf dem Rücken, das Typische Vertikalklitterung als Darstellung des Dada Baargeld zeigt, nur eben in modern, sprich mit allerhand auffälligen Drähten überseht, die sich wie Spinnweben über die ganze Jacke bis hin zu den Ärmeln ziehen. Cyber-Dada halt.

„Hast du auch mal vor, mir in die Arme zu hüpfen?", hakt er betont ernst nach und stemmt die Hände in die Hüften.

„Aber hallo!", rufe ich lachend aus, nehme Anlauf und springe ihn an. Mit den Beinen halte ich mich an seinem Bauch fest, die Hände verschränke ich hinter seinem Nacken. Zum Glück haben wir den Move jahrelang trainiert – ich bin ein paar Zentimeter größer als Fabi, sodass ich ihn jetzt deutlich überrage. Es bedurfte harten Trainings, um die optimale Balance und das optimale Anlauftempo zu bestimmen, damit wir nicht jedes Mal auf den Boden fallen und uns beinahe alle Knochen brechen.

Wie ein Äffchen klammere ich mich an meinem großen Bruder fest, während er mich ins Wohnzimmer trägt – wohlgemerkt patschnass und immer noch in Straßenschuhen. Normalerweise wäre ich die Erste, die bei sowas austicken würde. Ich meine, das schöne Parkett... Gott, werde ich spießig.

Rada prustet los, als sie uns so sieht. „Ihr zwei müsst euer Ritual aber auch jedes Mal, wenn ihr euch wiederseht, durchziehen, oder?", meint sie, während mich Fabi zum Sofa trägt. Selbst dort angekommen, lasse ich ihn nicht los. Dafür habe ich mein Bruderherz viel zu selten bei mir. Diesmal haben wir uns seit ganzen sechs Monaten nicht mehr gesehen.

„Ja, müssen wir", setzt Fabi sie nüchtern in Kenntnis und legt sich auf mich drauf, sodass ich fast zerquetscht werde. Weswegen ich in schallendes Gelächter ausbreche. Vermutlich sind wir tatsächlich etwas eigenartig.

„Maren stößt später zu uns. Ihr Zug ist zwischen Würzburg und Nürnberg mitten auf der Strecke stehengeblieben", informiert mich Rada, was mich die Augen verdrehen lässt. Es lebe die Deutsche Bahn.

Was folgt, sind ein Abendessen und ein einstündiges Update über die neusten Entwicklungen in unserem Leben. Nicht, dass wir nicht ständig facetimen würden und einander nicht schon längst alles erzählt hätten, aber wenn man sich dabei gegenübersitzt, ist es ja doch immer was anderes. Währenddessen hüpft auch Belzi auf meinen Schoß. Als Fabi die Hand nach ihm ausstreckt, um ihn zu streicheln, fährt der Kater allerdings die Krallen aus.

„Mich wundert es, dass ausgerechnet ihr so einen männerfeindlichen Kater habt", bemerkt er und schüttelt etwas ratlos den Kopf. Im Gegensatz zu meiner Wenigkeit lieben Tiere aller Art meinen Bruder. Er könnte eine verdammte Disney-Prinzessin spielen. Fabirella, der mit den Mäusen singt. Aber Belzi kann ihn seltsamerweise nicht ausstehen.

„Liegt an dir, Fabi", entgegnet Rada achselzuckend. „Vermutlich mag er einfach keine Influenza."

„Dieser Scherz ist mittlerweile so alt wie du, Rada, lass dir bitte was Neues einfallen", kontert Fabi und rollt mit den Augen.

„Klassiker werden niemals alt", erklärt sie neunmalklug und zwinkert ihm zu.

Ach ja, wie schön es doch ist, wenn ausnahmsweise mal alles gut ist und man seine Sorgen vergessen kann. Leider währt das wie immer nicht allzu lange.

„So... Seid ihr am Samstag auch mit einem Pentagramm an der Tür aufgewacht?", erkundigt sich Fabi und schaut abwechselnd zwischen meiner besten Freundin und mir hin und her.

Schlagartig herrscht unbequemes Schweigen im Raum. Rada und ich wechseln einen vielsagenden Blick. Noch immer sorgen die Geschehnisse vom Wochenende für Unbehagen – bei uns beiden. Wir haben erwartet, dass die Resetter es nochmal versuchen würden. Taten sie aber nicht.

„Eurer Reaktion entnehme ich, dass es so war?", fährt er fort und hebt belustigt die Augenbrauen. „Leute, ihr nehmt das doch hoffentlich nicht ernst, oder? Kommt schon, jeder weiß doch, dass paar der Resetter eine Schraube locker haben und an dieses ganze okkulte Zeug glauben. Das ist ein schlechter Publicity-Gag, mehr nicht. Unsere Tür wurde auch beschmiert. Trotzdem hat mich der Teufel noch nicht geholt."

Wahrscheinlich hat er recht. Wir messen diesem Quatsch viel zu viel Bedeutung bei. „Nein, bei den Nachbarn wurden die Türen bepinselt, aber wir sind verschont geblieben", erzähle ich also kurzerhand und zucke mit den Achseln. Derweil scheint Rada bei dem Thema immer noch eine Gänsehaut zu kriegen.

„Ich sag's doch, von den Resettern kommt nichts Gutes", schimpft sie und verzieht angewidert das Gesicht.

„Jetzt tust du ihnen aber Unrecht. Klar, es gibt paar Spinner, aber seien wir mal ehrlich, die Menschheit hätte einen Neustart durchaus nötig", widerspricht Fabi. „Der Großteil der Bewegung ist ja ok."

„Der Großteil? Diese Spinner sitzen in hohen Positionen. Nimm allein diesen Langert", echauffiert sie sich und setzt sich kerzengerade hin. Das bedeutet, dass sie sich in die Sache reinsteigern wird. Wenn's sein muss, wird sie Fabi bis aufs Blut bekämpfen, um ihre Meinung durchzudrücken. Normalerweise ist Rada echt tolerant, aber wenn es um sowas geht, akzeptiert sie keine Gegenmeinungen. Dann gibt es in ihren Augen nur die eine legitime Ansichtsweise und jedem, der nicht so denkt, muss in einer ausgiebigen Diskussion bewiesen werden, wie falsch er liegt.

„In Parteien sitzen auch Leute mit komischen Ansichten in hohen Positionen. Würdest du deswegen die Union oder die SPD insgesamt für bösartig erklären?", kontert er. Leider ist ihr da Fabi sehr ähnlich. Also steht mir ein Abend Anne Will live aus der Türkenstraße, München bevor. Juhu. Dabei hat alles so harmlos angefangen.

„In der Union oder in der SPD verlangt wenigstens keiner, alles niederzubrennen, was sich die Menschheit in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hat."

„Du denkst viel zu radikal. Es redet doch keiner davon, alles niederzureißen. Aber kleine Änderungen reichen nicht mehr, um uns vor dem sicheren Untergang zu bewahren. Und wer von denen da oben hat denn schon Lust darauf? Wir müssen ein größeres Umdenken so schnell wie möglich herbeiführen und wenn wir das Reset nennen wollen, ist das, finde ich, voll ok."

Der Schlagabtausch wird jäh durch das Klingeln meines Handys unterbrochen. Sofort richten sich drei Augenpaare auf den Kaffeetisch. Auf dem Display leuchtet mir ein Name entgegen, den ich um diese Uhrzeit ganz bestimmt nicht lesen will. Robert Götz.

„Ja", stöhne ich gequält. Ich ahne, worauf das hinauslaufen wird. Der Abend ist offiziell gelaufen.

„Es ist nach 7. Geht's noch?", meint mein Bruder daraufhin und kräuselt die Lippen – eine Angewohnheit, die wir beide von unserer Mutter geerbt haben.

„Willkommen im echten Arbeitsleben", schnaubt Rada und rollt mit den Augen. Ihr Chef hat sie auch immer liebend gern nach Feierabend angerufen wegen irgendwelcher wichtigen Aufgaben. Und was bleibt einem anderes übrig, als abzuheben und zu spuren, wenn man nicht auf der Straße landen will.

Seufzend stehe ich also auf, schnappe mir mein Handy und laufe in mein Zimmer. Währenddessen nehme ich den Anruf an – Robert hält ihn auch so schon verflucht lange und mein Klingelton geht mir langsam selbst auf die Nerven. „Hey, was gibt's?", melde ich mich, bemüht darum, nicht vorwurfsvoll zu klingen.

„Alex? Wo bist du?", fragt er gehetzt. Etwas verdattert angesichts seines Tonfalls bleibe ich mitten in meinem Zimmer stehen.

„Daheim. Warum? Soll ich ins Büro kommen?", antworte ich. Zu meinem eigenen Missfallen hört man leider, wie wenig begeistert ich von der Vorstellung bin. Auch wenn wir gut miteinander auskommen, einem Workaholic wie Robert zu erklären, dass ich heute ausnahmsweise mal meinen Feierabend genießen will und er mir erst ab morgen wieder mit seinen Notfällen ankommen soll, wäre keine gute Idee.

„Nein! Fahr sofort zur ETF!", brüllt er regelrecht ins Telefon. Seine Stimme schnellt dabei in die Höhe, die Panik ist deutlich herauszuhören.

„Gibt es irgendein Problem?", erkundige ich mich, allmählich deutlich genervter. Mein Überstundenkonto ist so knallrappelvoll, eigentlich könnte ich mir für den Rest des Jahres freinehmen. Also atme ich durch, sammle meinen ganzen Mut zusammen und zeige ausnahmsweise mal Ansätze eines Rückgrats. „Wenn's was wirklich Dringendes ist, kann ich nochmal rausfahren. Aber ich habe dir ja eigentlich erzählt, dass mein Bruder heute aus Berlin da ist und da er am Freitag wieder heimfährt und ich ihn bis dahin wahrscheinlich nicht mehr sehe..."

„Nimm ihn mit!", unterbricht er mich mitten im Satz. Moment, was?

„Ähm... Wie darf man das verstehen?", erwidere ich gedehnt.

„Nimm am besten deine ganze Familie mit. General Mair hat...", fügt er hinzu, unterbricht sich allerdings mitten im Satz. „Es ist... Ich kann's nicht erklären. Packt bitte das Nötigste ein und kommt sofort her, bevor es zu spät ist!"

Damit legt er auf. Verwirrt starre ich einige Sekunden lang auf mein Display und versuche mir, einen Reim auf das, was ich gerade gehört habe, zu machen. Doch bereits nach kurzer Zeit gebe ich auf.

Stöhnend fahre ich mir durch die Haare und stakse zurück ins Zimmer, nun ganz eindeutig genervt. Sofort mustern mich Rada und Fabi besorgt – selbst Belzi, der es sich mittlerweile neben Rada bequem gemacht hat, legt den Kopf schief und wirft mir einen fragenden Blick zu.

„Also... Keine Ahnung, was das grade war, aber Robert meinte, wir sollen unsere Sachen packen und zur ETF-Zentrale fahren", verkünde ich die unschöne Nachricht, bleibe vor den beiden stehen und verschränke die Arme vor der Brust.

„Wie darf man das verstehen?", schnaubt Fabi gleichermaßen verwirrt wie belustigt.

„Habe ich ihn auch gefragt. Eine Antwort war nicht zu erwarten, aber er klang panisch", erzähle ich, hebe entschuldigend die Schultern und presse die Lippen aufeinander.

„Was genau hat Robert gesagt?", hakt nun auch Rada nach, setzt Belzi neben sich aufs Sofa und stellt sich stirnrunzelnd vor mich.

„Fahr zur ETF-Zentrale und nimm am besten deine ganze Familie mit", fasse ich unser befremdliches Telefonat zusammen.

Einen Moment lang sehen meine beste Freundin und ich uns nur in die Augen, als würden wir die Situation im Stillen gemeinsam abwägen. Dann atmet sie deutlich hörbar aus und setzt eine nachdenkliche Miene auf. „Er wird vermutlich keinen Mist erzählen, oder?", gibt sie zu bedenken. Vermutlich nicht. Aber ich wüsste gerne, was ich meinen Eltern sagen soll, wenn ich sie anrufe und ihnen Bescheid gebe, dass wir uns alle in die Obhut der ETF begeben sollen.

„Mädels?", meldet sich Fabi zaghaft zu Wort. Mittlerweile hat auch er sein Handy gezückt, sein deutlich beängstigter Blick ist auf den Bildschirm gerichtet. „Das solltet ihr euch womöglich ansehen."

Wie bereits viel zu oft in den letzten Tagen beschleunigt sich mein Herzschlag. Ich merke, wie sich meine Muskeln diesmal allerdings zusätzlich verkrampfen – als würde sich mein Körper jetzt schon vor der unbequemen Wahrheit wegducken wollen. Rada und ich setzen uns zu Fabi aufs Sofa, auch Belzi gesellt sich zu uns, als würde auch er wissen wollen, was hier eigentlich los ist.

Fabi ruft die Instagram-Story, die er sich gerade angesehen hat, nochmal auf. Laut Ansage wurde das Ganze in Israel aufgenommen – im Timna-Tal, um genauer zu sein. Erstmal ist nichts allzu Ungewöhnliches zu erkennen, auch wenn der junge Mann im Video erklärt, dass das Militär das Gebiet gesperrt und er sich reingeschlichen hätte. Ansonsten ist er ein ganz normaler Reiseblogger, der sich vor ein paar Felsen präsentiert, im Hintergrund sieht man Blitze, die die Formationen immer wieder aufleuchten lassen. Zweifelsohne ein cooler Effekt, aber wie gesagt, nichts Außergewöhnliches.

Doch plötzlich ertönt ein ohrenbetäubender Knall, der den jungen Mann im Bild zusammenzucken lässt. Selbst als Zuschauer merkt man deutlich, dass das nicht bloß Donner war, eher eine Explosion. Im nächsten Augenblick richtet er die Kamera auf etwas in einiger Entfernung – eine glühend rote Lichtsäule, die direkt in den Himmel emporragt. Schlagartig färben sich die Blitze blutrot, selbst der pechschwarze Himmel wirkt mit einem Mal leicht rötlich.

Auf einmal zeichnen sich Umrisse in der Dunkelheit ab – eine Gestalt, die auf den Blogger... zuzufliegen scheint? Sind das Insektenflügel? Aber dieses... Ding ist zu groß, um ein Insekt zu sein oder ein Vogel oder so. Erneut erhellt ein Blitz das Bild – und bei dem Anblick stoße ich unwillkürlich einen leisen Schreckensschrei aus. Eine völlig deformierte Fratze, die eher einem Totenschädel als einem menschlichen Gesicht gleicht, erscheint im Bild, nur noch wenige Meter von dem jungen Mann entfernt. Das Maul dieses Dings ist zu so etwas wie einem Grinsen verzogen, sodass es eine Reihe messerscharfer Fangzähne entblößt.

Man hört nur noch einen lauten Fluch, dann bricht das Video ab. Entsetzt starren wir drei mit offenem Mund auf Fabis Handy.

„Das... das ist nicht echt, oder?", stammelt Rada und fleht uns mit ängstlichem Blick an, ihre Vermutung zu bestätigen. „Sagt... sagt mir, dass das bloß inszeniert war!"

„Keine Ahnung, das hat mir ein anderer Blogger geschickt, als ich im Auto war", erklärt Fabi noch immer befangen, streicht sich über das Gesicht und tippt auf den Namen des Uploaders. Seit diesem Video sind weder neue Stories noch Beiträge aufgetaucht. „Ich schreib ihn einfach mal an, vielleicht antwortet er ja."

„Wie alt ist die Story?", presse ich trotz des Knotens in meinem Hals irgendwie hervor.

Als er das Video erneut aufruft, scheint Fabi schlagartig noch blasser zu werden. „Vier Stunden", murmelt er sichtlich benommen. Kurz wechseln wir einen unsicheren Blick. In unseren Augen scheint sich dabei dieselbe Frage zu spiegeln – ist das nur ein Einzelfall? Oder haben noch mehr Leute dieses Ding gesehen?

Mit zittrigen Fingern tippt Fabi auf dem Display herum, wechselt schlussendlich zu Twitter rüber. Beim Anblick seiner Timeline setzt mein Herz einen Schlag aus. Das Video aus Israel ist kein Einzelfall. Unzählige Aufnahmen solcher widernatürlicher Kreaturen leuchten mir von Fabis Handy entgegen und zwischen den Bildern immer wieder dieselben Worte.

Über jedem Richter steht ein Henker. #apokalypsis

„Ok, das reicht, wir packen", entscheidet meine beste Freundin, springt auf und stürzt sich erstmal auf ihr Handy. Hastig scheint sie nach einer bestimmten Nummer zu suchen. Gleich darauf hält sie sich das Telefon ans Ohr und marschiert schnurstracks in ihr Zimmer rüber, ich höre nur noch, wie sie ‚Papa?' sagt, ehe ihre Tür zufällt.

Wie betäubt sitze ich neben Fabi, der seine Nachricht zu Ende tippt. „Wir sollten unsere Eltern auch anrufen", meine ich schaudernd. Schon wieder macht sich dieses furchtbare Gefühl in meiner Magengegend breit. Aber nein, wie soll das denn mit den Ereignissen der letzten Tage zusammenhängen? Meine Paranoia ist bescheuert, das hat nichts zu bedeuten. Vermutlich ist das bloß eine Aktion der Resetter, um noch mehr Aufmerksamkeit zu kriegen. Die tun ja schließlich alles dafür, um in die Trends zu kommen. Nein, das muss gefakt sein. Zumindest versuche ich mir das einzureden.

„Schon gut, ich mach das", meint Fabi, nachdem er wohl bemerkt, wie sehr das Ganze an mir nagt. Während er telefoniert, rufe ich den Wikipedia-Artikel zu diesem Timna-Tal auf. Vielleicht haben sich die Resetter wirklich bloß einen schlechten Marketing-Coup einfallen lassen und die Wikipedia-Seite liefert einige Indizien dafür, wie Mythen oder Geschichten, die sich um dieses Tal ranken. Rasch überfliege ich den Text. Naturpark, Felsformationen, antike Kupferminen, Bergbau... An sich nichts Außergewöhnliches. Dennoch beschleicht mich das Gefühl, dass ich ein Puzzleteil übersehe.

Es muss einen Grund geben, warum das Militär das Tal zum Sperrgebiet erklärt hat. Plötzlich kommt es mir vor, als hätte man meinen Kopf in Eiswasser getaucht. Die ETF hat keine Angaben dazu gemacht, wo ihre Gesteinsmission stattfinden sollte. Über die USA arbeitet die ETF eng mit den Israelis zusammen. Was ist, wenn dieses unbekannte Gestein aus diesem Tal stammt und das Militär irgendwas ausgelöst hat?

Ok, Alex, das klingt etwas zu sehr nach der Story von Doom. Das, was dir schon wieder durch den Kopf schießt, ist gestört. Dennoch stockt mir unwillkürlich der Atem. Nein, denk logisch, so etwas ist nicht möglich. Es gibt keine übernatürlichen Wesen oder ähnlichen Schwachsinn. Es war alles ein Programmierfehler, nichts weiter. Hör auf mit deinen verfluchten Verschwörungstheorien!

„Alles klar, Schwesterherz?", reißt mich Fabi aus meinen Gedanken. Erschrocken schnappe ich nach Luft und zucke von ihm weg.

„Ich... ich...", stottere ich hilflos, ehe ich mir selbst eine imaginäre Schelle verpasse, um wieder zu Verstand zu kommen. „Wir sollten packen."

Wie von der Tarantel gestochen, packe ich Belzi, der mir die unsanfte Behandlung gleich mit einem vorwurfsvollen Miauen quittiert. „Entschuldige, mein Schatz...", murmle ich geistesabwesend, während ich in der ganzen Wohnung nach seinem Käfig suche. Nachdem ich ihn erstmal reisefertig gemacht habe, eile ich zurück in mein Zimmer. Fabi packt seine Reisetasche derweil auch wieder zusammen, wie mir auffällt – eigentlich hätte er heute bei uns übernachten sollen.

Ohne eine Ahnung zu haben, was ich jetzt tun soll, packe ich einfach so viel Unterwäsche wie möglich und ein paar saubere Anziehsachen in eine große Tasche, gefolgt von Teilen meines technischen Equipments. Wer weiß, was noch auf uns zukommt und inwiefern das hilfreich sein könnte. Die einzigen Waffen, die ich auch zu benutzen weiß, sind mein Verstand und meine Programmierfähigkeiten. Vorsichtshalber packe ich mir allerdings noch einen Dolch ein – eine der vielen Raritäten, die mir Großtante Gerda von ihren zahlreichen Reisen mitgebracht hat. Als Archäologin ist sie viel rumgekommen und jedes Mal hat sie mir etwas Besonderes mitgebracht, wie zum Beispiel den Dolch.

„Ich glaube, wir sollten unseren Nachbarn Bescheid geben, dass etwas nicht stimmt", erkläre ich Fabi meine Absicht, nachdem ich meine Sachen mehr schlecht als recht zusammengepackt habe und kurz bei ihm im Wohnzimmer vorbeischaue. Wenn dieses Video, Roberts Anruf und die Sache mit der ETF tatsächlich miteinander zusammenhängen, dann sollten wir alle schleunigst verschwinden – und ich habe keine Lust darauf, für das Leid meiner Nachbarn verantwortlich zu sein, nur weil ich sie nicht vorgewarnt habe.

Also stürme ich ins Treppenhaus – und bleibe wie angewurzelt stehen. Auf der Tür der Hubers leuchtet mir das riesige Pentagramm entgegen, das sie gerade erst weggewischt haben. Und wenn ich leuchten sage, dann meine ich das auch so. Die Umrisse des fünfzackigen Sterns sowie der Kreis drumherum glühen regelrecht, als bestünden sie aus Feuer.

„Alex?", ertönt Radas Stimme hinter mir. Innerhalb eines Wimpernschlags steht sie neben mir, ehe auch ihr Blick auf die Wohnungstür der Hubers fällt. „Ach du Scheiße..."

Das trifft den Nagel auf den Kopf.

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