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Puppenhaus

1961, Richmond, Virginia

Samuel van Wirt hätte sich niemals erträumen lassen, dass er mal an diesem Punkt stehen würde. Seine Frau zu seinen Füßen, mit flehenden Blick und einem verzweifelten Wimmern, dass über die aufgeplatzen Lippen wich, das wäre ein Anblick für die Götter gewesen, wenn nicht ihr gottverdammter Liebhaber daneben knien würde.
,,Mr. van Wirt", stammelte er. Dass er es wagte das Wort an ihn zu richten, ,,bitte hören Sie! Ich habe nicht... wir haben nicht..."
,,Ich flehe dich an, Liebling, bitte! Es war ein Fehler. Es wird nie wieder vorkommen. Ich verspreche es!"
Samuel warf einen kritischen Blicka uf seine Taschenuhr, dann blickte er in den wolkenfreien Sternenhimmel. Welch herrliche Nacht um sich dem einen oder anderen Problem zu entledigen.
,,Du hast Recht, Darling. Wie so oft. Es wird nie wieder vorkommen."
Er hob eine Hand und einer seiner Bediensteten setzte sich in Bewegung. Zuerst packte er den Liebhaber, der frecher Weise Samuels Hälfte des Ehebetts gewärmt hatte, während er geschäftlich unterwegs war, und warf ihn achtlos über den Rand des vor Jahren trocken gelegten Brunnens. Der Mann schrie, doch mit dem dumpfen Geräusch des Aufpralls verstummte sein lautes Organ. Samuels Hure von Frau schrie, als sie den ersten Schock überwunden hatte. Sie strampelte verzweifelt und flehte um ihr Leben, doch Untreue war mit Nichts und wieder Nichts in dieser Welt gut zu machen. Der Bedienstete packte auch sie und blickte in die Richtung seines Vorgesetzten. Samuel nickte langsam und auch seine Frau wurde in die Tiefen des Brunnens geworfen.

~80 Jahre später~

,,Entschuldigen Sie, fahren Sie zufällig zum van Wirt Anwesen hoch?"
Der Bauer sah verwirrt zu dem Mädchen, das langsam neben seinem Pferdekarren her lief. Sie sah nicht aus, als ob sie vom Land kommen würde. Ihre schwarzen Locken hüpften bei jedem Schritt, ihre Ballerinas klackten über den Feldweg und ihre Kleidung schrie mehr nach Stadt, als irgendwas sonst. Sie zog einen Rollkoffer hinter sich her und trug einen Airpot in einem Ohr.
,,Du willst zum Puppenhaus?", hakte er irritiert nach. Das Mädchen nickte. ,,Ja, bitte. Ich besuche meine Großeltern dort. Sie haben mich über die Sommerferien eingeladen."
Der Bauer pfiff erstaunt und musterte das Mädchen noch einmal ganz genau. Jetzt wo sie es erwähnte, war die Ähnlichkeit nicht mehr abzustreiten. ,,Ja leck mich doch, du bist Kaya und Lysops Tochter!"
,,Merry mein Name, den Bus verpassen meine Gabe. Also?"
,,Wie könnte ich da noch Nein sagen? Es ist vielleicht kein Transport, der einer Öl Firma Erbin würdig ist, aber spring auf!"

Das ließ Merry soch nicht zwei Mal sagen. Sie ließ sich etwas zurück fallen, warf ihren Koffer auf die Ladefläche und sprang dann selbst hoch, ehe sie sich zwischen den Heuballen nieder ließ. Das war deutlich angenehmer als den Weg zum Anwesen hinauf zu Fuß zu gehen.
,,Also erzähl Mal, Merry. Du bist... wie alt?"
,,14, seit diesem März."
,,14 also. Wieso lässt du dich erst jetzt bei deinen Großeltern blicken? Ich arbeite hier schon verdammt lange und habe dich hier noch nie gesehen."
Merry lehnte sich am Heu zurück und dachte an die Zeit, als die das letzte Mal ihre Großeltern besucht hatte. Nun, in ihrem Kopf war diesbezüglich bloß gähnende Leere. Sie wusste, dass ihr Vater mit ihr hier war, um Kayas Eltern kennenzulernen, doch damals war sie erst wenige Monate alt.
,,Sie mochten meinen Adoptivvater nie. Ich schätze deswegen haben sie sich zurückgehalten", erklärte sie schulterzuckend. Der Bauer brummte, doch ehe sie das Gespräch fortsetzen konnten, tauchte das Anwesen bereits oben auf dem Hügel auf. Merry beugte sich vor und begutachtete staunend das riesige Anwesen, mit der weißen Fassade und den vielen Fenstern, dass nur einen Vorgeschmack auf die vielen Zimmer gab, die sie drinnen erwarten würden.
,,Wieso nennen die Leute hier das Haus eigentlich Puppenhaus?", wechselte Merry das Thema. Erneut bekam sie ein Brummen als Antwort.
,,Ach weißt du, ich schätze dafür bist du noch etwas zu jung."
Merry neigte den Kopf zur Seite und wollte Einspruch erheben, entschied sich dann aber dagegen. Müde von dem anstrengenden Flug ließ sie sich zurück ins Heu sacken und sah dabei zu, wie das Anwesen langsam näher kam.

Der Bauer setzte sie wenige Meter vor dem Eingangstor ab und wartetet bis Merry das Tor passiert hatte, ehe er sich mit gehobener Hand verabschiedete und sein Pferd erneut antrieb. Er war schon fast wieder außer Sicht, kaum dass das eiserne Tor sich hinter dem Mädchen schloss. Sie betrat erfurchtsvoll den riesigen Garten, der von sauber geschnittenen Hecken und wunderschön angeordneten Beeten nur so einem Märchenbuch entnommen glich. Ihre Ballerinas waren mittlerweile nicht mehr ganz so sauber, wie sie es heute morgen waren, als sie in New Orleans in den Flieger stieg und Stroh klebte in ihren Haaren und an ihrer Kleidung.
Auf der höhe eines Brunnen blieb Merry stehen und sie überlegte, ob sie es schaffen würde ihre Schuhe sauber zu machen, ehe sie ihren reichen Großeltern unter die Augen trat. Vorsichtig beugte sie sich über den Rand des Brunnens, doch statt der Spiegelung der Nachmittagssonne, blickte sie bloß in ein tiefes, schwarzes Loch. Der Brunnen war trocken gelegt.

,,Beugt Euch nicht zu sehr vor. Ein Sturz dort hinunter würde mit ziemlicher Sicherheit tötlich enden."
Merry erschrak und wirbelte herum. Ihr gegenüber stand ein adrett wirkender Mann in Butleruniform, mit einer kreisrunden Brille auf der Nase und zurückgekämmten, ebenholzschwarzen Haaren.
,,Ihr müsst Miss Merry sein. Wie ich sehe..." er schnalzte abschätzig mit der Zunge und zupfte etwas Stroh aus Merrys Locken, ,,hattet Ihr eine gute Anreise. Ich bringe Euer Gepäck nach oben. Bitte folgt mir!" Ehe Merry protestieren konnte, nahm der Butler ihren Koffer ab und ging voraus. Merry folgte ihm, während sie einen kurzen Blick auf ihr Handy warf. Oh verdammt.

Merry: Bin gelandet🎉🥳

Ace: Super. Schreib, wenn du da bist

Merry: Ja, was das angeht, das könnte noch etwas dauern💀

Merry: Bus verpasst lol

Ace: Dann nimm dir ein Taxi

Ace: Brauchst du Geld? Kann dir was überweisen

Ace: Kann dir einen Uber rufen

Ace: Ich will nicht, dass du zu Fuß gehst. Deine Großeltern wohnen mitten im Nirgendwo

*Verpasster Sprachanruf*

Ace: ????

*Verpasster Sprachanruf*

Ace: Merry?!

Merry: OMG CHILL, ICH BIN DA. ICH BIN ANGEKOMMEN. ICH LEBE NOCH

Ace: MEIN HERZ! MEIN ARMES, ALTES HERZ🥲

Merry: Okay, Helikopter Dad, ich komme jetzt erst Mal an. Wir telefonieren nachher🫡

Ace: 👍

Merry steckte ihr Handy weg und lief fast in den Butler rein, der abrupt stehen blieb, ihren Koffer abstellte und eine Doppeltür öffnete, die zu einem geräumigen Zimmer führte. Es sah auf eine merkwürdige Art verlassen, doch gleichzeitig bewohnt aus.
,,Das hier war einst das Zimmer der jungen Herrin. Eure Großeltern wollten Euch die Möglichkeit bieten hier zu nächtigen. Sollte Euch nicht wohl dabei sein, könnt Ihr gerne in eines der Gästezimmer."
Merry antwortete nicht. Sie ging an dem Butler vorbei und betrat staunend das Zimmer.
,,Ich... ich bleibe hier. Danke... wie heißt du eigentlich?
,,Beauregard. Und Ihr braucht mir nicht zu danken. Ich habe dieser Familie schon gedient, da war Eure Mutter kaum älter als Ihr jetzt. In Punkto Schönheit steht Ihr ihr wirklich nicht nach."
Merrys Mundwinkel zuckten leicht nach oben bei dem Kompliment. Sie selbst fand sich auch nicht besonders hässlich, doch es von anderen zu hören war viel schöner als es sich selbst einzureden.
,,Eure Großeltern sind im Augenblick sehr beschäftigt, doch ich bin sicher, dass Sie sich zum Abendessen zu Euch gesellen werden. Bis dahin, packt erst Mal aus und kommt in Ruhe an. Wenn Ihr mich braucht-"
,,Eins noch, Beauregard?"
Merry drehte sich um und lächelte den Butler freundlich an. ,,Wieso nennt man dieses Anwesen Puppenhaus?"
,,Das ist eine Geschichte für wenn Ihr älter seid, Miss Merry. Bitte zerbrecht Euch über so etwas nicht den Kopf."
Da fiel die Antwort ja so ähnlich aus wie die des Bauerns. Beauregard schloss die Tür und Merry machte sich daran das Zimmer genauer unter die Lupe zu nehmen.

Der Abend kam und Merry saß alleine an der großen Essenstafel. Von Ihren Großeltern fehlte jede Spur, doch Beauregard versicherte ihr, dass sie aufgehalten wurden und ihre Enkelin schon bald willkommen heißen würden. Zugegeben, etwas veralbert fühlte sie sich schon. Wieso luden ihre Großeltern sie ein, wenn sie sich nicht Mal Zeit für sie nahmen? Desinteressiert stocherte sie in ihrem Essen herum und fragte sich, ob es möglicherweise ein Fehler war herzukommen. Kayas Eltern waren nie Einverstanden mit der Männerwahl ihrer Tochter und dass sie zumindestens 50% ihrer Erbguts nicht leiden konnten, hatte Merry ihr Leben lang zu spüren bekommen. Zu Geburtstagen gab es kalte SMS Nachrichten, die nie länger als ein Satz waren und mehr Kontakt hielt man innerhalb dieser 14 Jahre dann auch nicht. Insgeheim wusste Merry, dass ihre Großeltern sie dafür verantwortlich machten, dass ihre Mutter während der Geburt gestorben ist.

Umso freudiger hatte sie die Einladung nach Richmond gestimmt. Sie dachte das wäre der erste Versöhnungsschritt... Doch jetzt saß sie hier alleine und verfluchte sich dafür, dass sie auch nur eine Sekunde gedachte hatte sie wäre ernsthaft hier willkommen. Vielleicht sollte Sie ihren Dad anrufen und ihn bitten den Flug auf morgen früh umzubuchen.

In der Nacht schlief sie auch nicht besonders. Sie hatte alles dafür getan zuhause in ihrem eigenen Bett zu liegen. So wohl sie sich auch umgeben von den Sachen ihrer Mutter fühlte, dass ihre Großeltern nicht erschienen waren belastete sie. Merry stand mitten in der Nacht auf und griff nach einem Bild auf dem Nachttisch. Es zeigte ihre Mutter und ihre Großeltern. Sie haben sie allen Anschein nach wirklich abgöttisch geliebt.

,,Okay, aber selbst wenn sie mich dafür hassen, dass ich gewissermaßen ihre Tochter getötet habe, wieso laden sie mich dann hierher ein? Das ergibt doch gar keinen Sinn!", fragte sie die Zimmerdecke. Dann rollte sie sich zurück in ihre Oberbett ein und versuchte zu schlafen.

Merrys Großeltern erschienen auch nicht zum Frühstück und langsam wurde es wirklich lächerlich. Sie stopfte das Essen förmlich in sich hinein und verschanzte sich dann schmollend in den Garten. Sie holte ihr Handy aus der Tasche und scrollte durch ihre Kontakte, ehe sie halt bei ihrem Lieblingsmensch machte und auf den grünen Hörer drückte.
,,Ugh... Mädchen, es ist ist 7 Uhr. Wir haben Ferien, verdammt!"
,,In Virginia ist es schon acht Uhr", antwortete Merry lächelnd, ,,und wenn ich um 6 Uhr von Butler James aus dem Bett gerissen werde, gehst du mit mir unter!"
Sie hörte das Geraschel von Bettlaken am anderen Ende der Leitung und musste sich das Lachen verkneifen.
,,Ne, verarsch mich nicht. Die haben echt einen Butler?!"
,,Oh, wie gerne ich jetzt dein neidisches Gesicht sehen würde. Soll ich in einen Videocall übergehen."
,,Ach fick dich doch, Merry. Fick. Dich!"

Merry lachte auf und schlenderte den Garten hinunter bis zu einer großen Gartenlaube, die zu den Wäldern grenzten, die das Anwesen von hinten umgaben. Es war größer als durchschnittliche Hütten, aber kleiner als normale Häuser. Ein wemig erinnerte es Merry an ein...
,,Puppenhaus."
,,Was redest du da?"
Für eine Sekunde hatte sie fast vergessen, dass sie ihre beste Freundin am Telefon hatte. ,,Seanna, ich glaube ich habe gerade etwas abartig cooles gefunden, aber mein Überlebensinstinkt sagt mir, dass ich umkehren und es ignorieren sollte."
,,Bitch, ruf mich mit Videocall an und dann geh' dem nach! Du kannst dich nicht ständig verkriechen!"

Und Merry tat genau das. Sie deückte auf das Kamera Symbol und der Anruf wechselte in den Videocall. Seannas verschlafenes Gesicht brachte sie zum lachen. ,,Bist du aus dem Bett gefallen."
,,Was willst du eigentlich? Schau dich mal an! Dreh' die Kamera, ich will's sehen!"
Merry tat wie befohlen und wenige Sekunden später hatte auch Seanna die Hütte vor Augen.
,,Das habe ich ihm Garten meiner Großeltern gefunden."
,,Eine Gartenlaube, wow. Ich rieche die Gefahr. Besser du haust schnell ab!"

Wäre Seanna in Fleisch und Blut vor Ort, Merry würde ihr vor den Arm boxen, doch sie war nicht da, also begnügte sie sich mit einen abschätzigen Zungenschnalzen. ,,Die Leute hier in Richmond nennen das Anwesen meiner Großeltern Puppenhaus, doch keiner will mir genau sagen wieso. Irgendetwas sagt mir, dass ich hierdrin meine Antworten finde."
,,Wieso fragst du nicht deine Großeltern?"

Merry machte ein paar zögernde Schritte auf die Tür zu und zuckte mit den Schultern, als ob ihre Freundin diese Bewegung sehen könnte. ,,Die Hochwohlgeborenen haben mir bisher noch nicht die Ehre erwiesen."
,,Was für Arschlöcher."
,,Seanna!"
,,Ja was? Ist doch so!"
Merry ging nicht weiter darauf ein und drückte stattdessen die Klinke zu der Laube hinunter. Die Tür war nicht abgeschlossen. Sie sprang mit einem leisen Klack auf und gab den Blick auf einen hellerleuchteten Flur frei, der in drei verschiedene Zimmer mündete und eine Treppe besaß, die in den oberen Stock führte.
,,Retro", kommentiere Seanna bei dem Anblick der pastel rosanen Tapete.
,,Sechziger, Siebziger schätze ich. Zu der Zeit haben meine Urgroßeltern das Anwesen der van Wirt Familie abgekauft. Ich schätze seit dem haben sie hier drin nichts groß verändert."
Merry betrat das Zimmer zu ihrer Linken und hielt ihr Handy so, dass Seanna das Puppenstuben artige Wohnzimmer auch gut erkennen konnte.
,,Ist ja krank, hier sieht es aus wie in einen dieser "Kinder sind gruselig"-Horrorfilme. Da liegt überall Spielzeug herum!"
,,Lustig womit Kinder gespielt haben bevor Tik Tok erfunden wurde", antwortete Merry und hob betrachtete dabei belustigt ein altes Steckenpferd.
,,Jetzt geh Mal nach oben."
,,Also vielleicht ist es ein Déjà-vu, aber irgendwas sagt mir, dass ich nicht nach oben gehen sollte."
,,Angsthase, Pfeffernase, morgen kommt der Osterhase!"
Merry verdrehte die Augen. ,,Erstens - Sehr erwachsen. Zweitens - Du hast leicht reden, immerhin bist du zuhause in Sicherheit. Und drittens - Hase auf Hase zu reimen war schon im Kindergarten einfallslos!"
Seanna lachte bloß als Anwort, da hatte Merry bereits einen zaghaften Schritt auf die erste Stufe gesetzt. Wieso ließ sie sich nur immer von ihrer besten Freundin zu solchen Dingen überreden?
,,Go, Merry, Go! Denkt winfach daran - Der Kameramann überlebt immer!"
,,Halt die Klappe!"
Stufe für Stufe stieg Merry in das erste Obergeschoss, das von der Aufmachung her schon weniger bunt und einladend schien als das Erdgeschoss. Die Wänden waren kahl und die Einrichtung schien lieblos zusammengewürfelt. Hier fand sie einen kleinen Schlafsaal mit vier ungemütlich wirkenden Betten und ein Zimmer, dass sogar dafür sorgte, dass der angeblich so mutigen Seanna die Froot Loops im Halse stecken blieben, die sie sich seelenruhig zubereitet hatte, während Merry hier tapfer ihr Leben riskierte.
,,Scheiße, ist das krank!"
,,Das... das sind bloß Kostüme", rief Merry emtrüstet. Doch zugegeben, hier in diesem lebensgroßen Puppenhaus, im Garten ihrer Großeltern, schienen die auf Stangen hängenden Fashingskostüme ziemlich fehl an Platz.
,,Weißt du was? Ich hatte unrecht. Sieh zu, dass du das rauskommst, Süße."
Endlich ließ Seanna mal Fakten sprechen. Merry wollte sich gerade zur Tür umdrehen, da traf sie ein dumpfer Schlag am Hinterkopf.

Als Merry wieder zu sich kam, spürte sie zuerst den pulsierenden Schmerz, der ihr durch die Stirn und ihr rechtes Bein zog. Schrammen überzogen ihren Körper und der Boden unter ihr war hart. Als sie hinauf sah, blickte sie in eine hohe, kreisrunde Öffnung, durch die der Sichelmond am Himmel auf sie hinab schien.
Sie setzte sich auf und tastete nach der Steinwand, die sie umgab, ehe ihr richtig bewusst wurde, wo sie eigentlich war.
,,Ein Sturz hier runter soll tötlich enden, ja? Leck mich doch, ich lebe noch!", rief sie hinauf, als ob ihrem Ärger Luft auch nur irgendwie helfen würde. Sie tastete noch nach ihrem Handy, doch auch das war nicht an gewohnter Stelle in ihrer rechten Rocktasche. Das Kind war buchstäblich in den Brunnen gefallen.

,,Hallo? Hört mich jemand?", schrie sie durch ihre zum Trichter geformten Hände. Die einzige Antwort die sie erhielt, war das Geraschel der Bäume.
Merry ließ sich in den Schneidersitz fallen und seufzte. Egal, irgendwer würde nach ihr suchen. Spätestens Butler James, wenn er sie morgen früh nicht in ihrem Bett finden würde.
'Er wird nicht kommen', flüsterte eine Stimme in ihrem Unterbewusstsein.
'Das hier ist kein Déjà-vu, Merry. Es ist wirklich schon mal passiert.'
Ihre Hand tastete den Boden ab und griff dabei in etwas weiches. Ihr Blick wanderte nach Links und sie sah zwei verrenkte Körper. Ein Blick in ihrer Gesichter und Merry schrie.

*****

,,Miss Merry!"
Merry blickte von ihrer Tasse Tee auf. Was ist passiert? Beauregard stand neben ihr und wischte einen Fleck von der Tischdecke, den sie in ihrem Tagtraum vertieft verursacht haben musste.
,,Entschuldige."
,,Ich habe zu entschuldigen, dass Eure Großeltern noch verhindert sind. Ich verspreche, dass sie Euch bald treffen werden."
Merry lächelte müde. Langsam wurde es wirklich lächerlich

Das hier ist schon Mal passiert!

Kayas Eltern waren nie Einverstanden mit der Männerwahl ihrer Tochter und dass sie zumindestens 50% ihrer Erbguts nicht leiden konnten, hatte Merry ihr Leben lang zu spüren bekommen. Zu Geburtstagen gab es kalte SMS Nachrichten, die nie länger als ein Satz waren und mehr Kontakt hielt man innerhalb dieser 14 Jahre dann auch nicht. Insgeheim wusste Merry, dass ihre Großeltern sie dafür verantwortlich machten, dass ihre Mutter während der Geburt gestorben ist.

Das hier ist schon mal passiert!

Merry stand auf und spürte, wie der Schwindel sie überkam. Kein Wunder, so früh wie sie aus dem Bett geworfen wurde. Sie bräuchte frische Luft und jemanden zum reden. Seanna, genau! Sie sollte Seanna anrufen. ,,Ich...ich gehe in den Garten. Sagst du mir Bescheid, wenn meine Großeltern Zeit für mich haben?"
,,Aber natürlich, Miss Merry."

Auf ihrem Spaziergang, mit Seanna am Ohr stolperte Merry über eine Laube, größer als durchschnittliche Hütten, aber kleiner als ein Haus. Es erinnerte Merry auf eine merkwürdige Art an ein Puppenhaus und daran wie das Anwesen ihrer Großeltern von den Ortsansäßigen als Puppenhaus betitelt wurde.
Das kleine Wohnzimmer war ja noch ganz nett, doch die stets tapfere Seanna bewegte Merry auch dazu ins Obergeschoss zu gehen, das so viel liebloser eingerichtet war als das Erdgeschoss. Das Schlafzimmer wirkte trostlos, keine Frage.

So trostlos wie die vielen Male davor!

Doch viel Schlimmer war das betrügende Kostüm Zimmer und der Schlag auf den Hinterkopf, der Merry dort erwartete.

Das hier passiert nicht zum ersten Mal!

Am Boden des lange trocken gelegten Brunnen hörte sie niemand schreien. Das schreien vergeblich war, bewiesen die Menschenknochen, die sie hier fand. Merry wollte sich nicht länger Gedanken darüber machen, das ihr ähnliches wiederfahren könnte.
Ihre Hand tastete den Boden ab und griff dabei in etwas Weiches. Ihr Blick wanderte nach Links und sie sah zwei verrenkte Körper. Ein Blick in ihrer Gesichter und Merry schrie.
,,Grandma?!" Sie wollte sie berühren, doch etwas in ihr grauste sich davor eine Leiche anzufassen. Selbiges galt für ihren Grandpa, der nur wenige Meter weiter tot auf kalter Erde lag. Ihre Augen starrten Merry leblos an und sie schrie erneut. Genau wie viele Male davor.

Doch dieses Mal war etwas anders. Merry hörte Schritte von oben. Schwere Schritte, die sich langsam zu nähren schienen. War das die Rettung nach der sie sich so gesehnt hatte?
,,Hallo, hier unten bin ich! Hilfe!", schrie sie herauf.
Dann beugte sich mit einen Mal ein ihr fremder Mann über den Brunnenrand. Er hatte stechend blaue Augen und langes, erdbeerblondes Haar.
,,Na sieh' Mal einer an, wen haben wir denn da?"
Merry kniff die Augen zusammen und versuchte angestrengt diese Person zu zu ordnen, doch es wollte und wollte ihr nicht einfallen. Sie kannte ihn nicht, so viel stand fest.
,,Wer bist du?", rief sie hinauf.
,,Nein, nein, das ist die falsche Frage. Die Frage ist doch - Wer bist du? Versuch' dich zu erinnern."
Was sollte das denn heißen? Sie schürzte die Lippen und stemmte die Hände in die Hüften.
,,Ich bin Merry!"
Darauf erhielt sie keine Antwort. Stattdessen warf der Fremde ein Seil hinunter und lächelte sie süffisant an.
,,Das weiß ich. Und jetzt kletter hoch. Du musst es aus eigenen Antrieb schaffen. Ich gebe nur eine Starthilfe."

Dieser Mann sprach in Rätseln und so gerne Merry auf seine Hilfe verzichtet hätte - In der Not aß der Teufel fliegen.
Sie fasste das Seil fest und zog sich aus eigener Kraft hoch. Ihre Füße stießen sich Schritt für Schritt von der Steinwand ab und sie kletterte weiter und weiter hinauf zu einem grellen Licht.
Wieso auch immer da oben ein grelles Licht auf sie wartete. Es war tiefste Nacht.

Sie warf einen Blick zurück auf die Leichen ihrer Großeltern, was sie allerdings leicht ins Straucheln brachte. ,,Konzentrier dich", hörte sie den Fremden rufen. Erst als sie erneuten Halt gewann, kletterte sie weiter und mit jeden Meter den sie sich dem Licht näherte, kamen die Erinnerungen mehr und mehr zurück.

Ihr sechzehnter Geburtstag, der Horrortrip ins Moor, Roronoa Zoros Klinge, die sie tötlich verwundete und der Descensum Spruch, der sie vor einer Ewigkeit im Gol D. Roger Moor bewahren sollte.
Richtig, sie hatte versagt. Ihre Aufgabe ist es gewesen Monkey D. Luffy für den Mord an ihre Eltern gerade stehen zu lassen und stattdessen musste sie sich selbst in ihrer persönlichen Hölle einsperren.
,,Merry, du sollst dich konzentrieren!"
Dieses mal bekam Merry den Halt nicht zurück. Sie rutschte ab und stürzte. Bevor sie aber aufprallen konnte, griff eine Hand nach ihr und mit einen Mal war alles vorbei.

Als Merry erwachte, war sie keine vierzehn Jahre alt mehr und das Puppenhaus war längst micht mehr als eine verblasste Erinnerung. Etwas lastete ihr schwer auf der Brust, machte ihr das atmen schwer und die Atmosphäre des düsteren Raums in dem sie sich befand machte ihren Gemütszustand kein Stückchen besser. Schummriges Kerzenlicht erhellte das altmodisch eingerichtete Zimmer und beleuchtete die Gesichter einiger Hexen und Hexer, die Merry aus ihrem Zirkel kannte. Ihre Direktorin, Cordelia Goode, kniete neben ihr, strich ihr beruhigend über den Rücken und sprach ihr gut zu.
,,Ich glaub' ich muss kotzen."
,,Oh tu' dir keinen Zwang an, Liebes. Die Situation ist zum kotzen", entgegnete Cordelia.

Der fremde Mann stand ihr gegenüber und begutachtete sie abschätzig. ,,Schade, kurz habe ich gedacht du würdest den Aufstieg alleine schaffen, aber was soll man von unerfahrenen Junghexen erwarten? Michael Langdon, mein Name. Nett dich kennenzulernen, Merry und willkommen zurück in der Wirklichkeit."

,,Wo ist mein Dad", wollte Merry wissen, ohne auf Michaels Sticheleien einzugehen. ,,Wo ist Marco? Wo ist Grandpa?"
Die kleine Runde die sie umgab teilte sich und machte den Blick frei auf zumindestens einen der Männer nach denen Merry in ihrer Verzweiflung verlangt hatte. Yasopp stand auf und ging gelassen auf seine Enkelin zu.
,,Beruhig dich, Prinzessin. Der Albtraum ist vorbei, aber die Realität ist nicht viel besser. Ich brauche dich jetzt mit starken Nerven."
,,Grandma, Grandpa, sie... sie waren tot. Ihre Leichen lagen im Brunnen!"
Unter Cordelias mahnenden Blick griff Yasopp nach Merrys Hand und streichelte sie beruhigend. ,,Das war bloß Descensum. Es ist vorbei."
,,Aber-"

Yasopp griff nach einem Glas Wein, das auf dem Tischlein neben ihnen stand und reichte es Merry. ,,Hier, trink einen Schluck."
,,Ich bin sechzehn!"
,,Gesetze existieren nicht mehr, Merry. Trink auf den Schock und auf jeden Schock der dich von jetzt an erwarten wird."
Yasopp klopfte sich auf die Oberschenkel und wartete geduldig bis seine Enkelin einen kleinen Schluck getrunken hatte.
,,Herzlichen Glückwunsch, Go D. Merry", rief er und fing sich damit einen weiteren strafenden Blick von Cordelia ein.

,,Du hast das Glück mitten in der Apokalypse zu erwachen!"

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