Kapitel 8
Sobald das Auto anhielt überkam mich ein unangenehmes Gefühl. Ich fühlte mich, als würde ich aufwachen. Als wäre ich aus einem Tranceartigen Zustand oder einem tiefen Schlaf erwacht. Ganz so, als hätte ich mich die ganze Zeit in einer Blase befunden die nun brutal zerplatzte. Die schmerzhafte Realität prasselte wie eine Zentnerschwere Last auf mich ein. Ich fühlte mich von der Situation erdrückt, ganz so als würde sie mich wahrhaftig zusammenquetschen. Und zum ersten mal seit meiner ersten Begegnung mit einem Dämon... war ich komplett bei Sinnen. Zumindest fühlte es sich so an.
Die Realität holte mich ein und mir wurde schmerzlich bewusst das alles, was ich zuvor gedacht, gesagt, gehört, gefühlt und wahrgenommen hatte... bloß eine verzerrte Realität aus Selbstschutz war.
Es existierten blutdürstige Bestien, die sich Dämonen nannten. Mein Professor war ein solches Wesen und hat eine unschuldige Studentin getötet. Eine Junge Frau, der er scheinbar nahe stand und die noch ihr ganzes Leben vor sich hatte. Und ich werde ihm in wenigen Minuten gegenübertreten...
All diese Informationen, die ich schon längst wusste prasselten mit Wucht in ihrem gesamten Ausmaß auf mich ein. Sie erschütterten mich zum unzähligsten Mal und ich begann unweigerlich zu zittern.
Ich hatte Angst. Angst vor dem was mich erwarten würde! So schreckliche Angst! Ich könnte dieses Gefühl garnicht in Worte fassen und doch versuchte ich es irgendwie zu besänftigen! Nein, viel eher für den Moment zu unterdrücken! Das machte die Angst aber natürlich keineswegs besser, ganz im Gegenteil!
„(y/n)?" die Stimme ließ mich leicht zusammenzucken und ich hob eilig den Kopf. „J-Ja?" antwortete ich sofort und ich sah mich um. Alle waren bereits ausgestiegen während ich noch immer im Auto angeschnallt saß. Ich hatte wieder nicht mitbekommen was um mich herum passiert war! Ich musste der Wahrheit ins Auge sehen... Ich war selbst jetzt noch nicht annähernd richtig 'wach'!
Eilig schnallte ich mich ab und stieg aus dem Auto während ich mich mit kurzen Worten entschuldigte. Miss Lloyd stand in einiger Entfernung und telefonierte noch immer. Für einen Moment blieb mein Blick an der hübschen Frau kleben und ich fragte mich mit wem sie wohl ein so angeregten und doch merklich angespanntes Telefonat führte...
„Gut, verschwenden wir keine Zeit mehr und gehen rein" entschied Sawazaki und ich sah mich gezwungen meine Fragen zu dem blonden Mitglied der Einheit F hinten anzustellen. Eigentlich ging mich das alles ja aber auch garnichts an... oder vielleicht doch? Hätte ich das Recht zu fragen? Vielleicht hat es ja mit Professor Wataru zutun oder... dem was er getan hat? Selbst dann... hätte ich überhaupt das Recht mich einzumischen?
Meine Gedanken schweiften ab, zu dem was mir eben durch den Kopf ging und bleiben hängen bei 'Professor Wataru' und 'dem was er getan hat'. Dem was er getan hat? Die Studentin, Maki war doch die einzige die er an dem Tag verletzt hatte oder? An dem Tag? Aber was ist davor? Es gab Tage an denen seine Augenringe weniger stark zusehen waren... Könnte das etwa bedeuten dass er auch schon früher-?
„Kommst du (y/n)?" Sawazaki hatte sich zu mir umgedreht, stand aber wie die anderen schon etwas entfernt. Ich konnte seinen Blick nicht ganz deuten, da ich in dem Moment nicht darauf achtete. Eilig entschuldigte ich mich erneut und schloss zu der Gruppe auf.
Mein Blick fiel beim Laufen auf Miss Lloyd die in ihr Telefonat vertieft zurück blieb. Nach wie Vor stand sie entfernt und nun, wo ich ihr Gesicht sehen konnte bemerkte ich die Anspannung die ihre Hübschen Züge untermalte. Was brauchte sie wohl so sehr aus dem Konzept?
Ich drehte mich gedankenverloren um und begegnete Anzais Blick. Wie auch ich hatte der Schwarzhaarige Mann, der etwas vor mir lief sich beim Laufen umgedreht. Allerdings hatte sein Blick augenscheinlich nicht auf Miss Lloyd verweilt sondern... auf mir!
Wieso würde er mich beobachten? Hatte ich etwas im Gesicht? Machte ich einen Traurigen oder besorgniserregenden Eindruck? Oder war sein Blick statt wegen Sorge aufgrund von Misstrauen? Hatte ich etwas falsch gemacht?? Hätte ich irgendwas nicht sagen sollen? Oder hatte ich etwas wichtiges nicht erwähnt? Aber ich hatte doch garnicht wirklich geredet! Oder etwa doch?? Es könnte alles sein wieso er mich-!
Während ich innerlich in Panik zerfloss, was in der Sekunde geschah, in der sich unsere Blicke trafen, spielte sich auf Anzais Gesicht einiges ab. Für einen Moment betrachtete er mich weiter bis er merkten, dass ich es gesehen hatte. Er riss überrascht die Augen auf und seine Wangen färbten sich rosig. Sein Gesicht ging anschließend von Überrascht zu Peinlich Berührt über während er es blitzartig und scheinbar aus Scham heraus wegdrehte und offensichtlich notgedrungen auf Sawazaki zu richten. Er sah so aus als wollte er wirken als hätte er Sawazaki schon die ganze Zeit zugeschaut und gehört, fast so als würde er ein Alibi vortäuschen wollen.
Ich blinzelte überrascht und beobachtete sein Gesicht weiter, wie er angestrengt auf Sawasaki schaute, fast schon so als wäre er verspannt. Wieso... hatte er mich beobachtet? Ich sah ihn weiter an als würde es mir eine Antwort darauf geben, warum er mich angesehen hatte.
Dabei analysierte ich ganz unbewusst einige der Details seines zur Seite gedrehten Gesichts. Seine Schwarzen Haare, ungekämmt und doch irgendwie ein ordentliches Chaos. Es war nicht unschön anzusehen, viel mehr interessant die Ordnung zu entdecken... vor allem aber fiel mir die fast schon unpassend Lange Strähne in der Mitte seines Gesichts auf. Sie fiel ihm über die Nase, erreichte fast deren Spitze. Sie hatte sowohl etwas unpassendes, als auch etwas markantes. Als wäre sie ein seltsames Detail das ihn allerdings irgendwie ausmachte, dein Markenzeichen - was sie ja im Grunde gesehen tatsächlich war.
Dann waren da seine Gesichtszüge. Die einzelnen Details seiner mir zugewandten Gesichtshälfte fielen mir wieder auf und ich bewunderte diese. Seine leicht blasse Haut betonte das kräftige Blau in welchem seine Augen erstrahlten. Und dann waren da seine Lippen, deren natürlicher, leicht rosiger Farbton sich perfekt an die generelle Farbpalette anpasste, die sein Gesicht zierte. Das Muttermal über seiner Oberlippe war klein, kaum wahrzunehmen doch es untermalte nochmal die Form und Farbe seiner Lippen.
Während ich ihn so verträumt anstarrte hatte sich Sawazaki zu mir umgedreht und scheinbar mit mir geredet doch ich hatte nichtmal bemerkt dass er überhaupt noch da war. Meine Augen waren auf Anzais Gesicht fixiert gewesen welches in meinen Augen geradezu makellos wirkte.
„(y/n)?" mit viel Nachdruck und einem Wachrüttelnden Effekt wurde mein Name gesagt und ich sah mich mit einem leicht aufgeschrockenen „Hm?" um, auf der Suche nach dem Besitzer der Stimme. Sawazaki sah mich verwirrt und auch besorgt an weshalb ich stark davon ausging dass die Stimme von eben die seine gewesen war.
„Miss/Herr (l/n) geht es Ihnen gut? Ich meine den derzeitigen Umständen entsprechend" es war nun die Stimme des Mannes, der aussah wie ein Arzt oder Psychologe, Ryusei Yanagi. Er war stehen geblieben ohne das ich es gemerkt hatte. Ich war weiter gelaufen weshalb ich leicht gegen ihn stieß als er mir die Frage stellte. Überrascht sah ich auf als ich die Situation ein weiteres mal realisierte. „V-Verzeihung was sagten Sie gerade?" fragte ich als ich wieder zur Realität zurück kam.
Besorgt begann Herr Yanagi meine Temperatur, meinen Puls und andere Dinge zu testen. Ich nahm nun an dass er tatsächlich medizinische Kenntnisse hatte. Er machte kleine Tests wie dem Licht der Handytaschenlampe mit den Augen folgen, ihm sagen wie viele Finger er hochzeigte, mich fragte was wir hier taten, woran ich mich erinnerte und wollte dass ich ein paar dinge wiederholte. Ich schaffte manches nicht wiederzugeben und zögerte einige Male.
Yanagi war besorgt und berichtete den anderen anwesenden dass er sich sorgen um seinen sehr abwesenden zustand machte. Meine Reflexe und Antworten seien Verzögert was er auf den Schock zurück führte den ich durch die Zerstörung meines Weltbildes und die Angstzustände durch die jüngsten Ereignisse erlitten hatte. Seine Worte, nicht meine. Auch wenn er wohl tatsächlich recht hatte.
Ich hörte zu wie Sawazaki und Yanagi sich berieten was nun als Nächstes gemacht werden sollte. Doch zugegebenermaßen bekam ich nicht richtig mit was letzten Endes tatsächlich besprochen wurde.
Meine Aufmerksamkeit richtete sich nämlich wieder auf Miss Lloyd, die nun zu uns gewandt stand. Sie telefonierte nach wie vor doch schien verstummt zu sein. Trotz des Abstandes zwischen uns war das nächste was ich erblickte, wie ihre Gesichtszüge in Schock und Entsetzen entgleisten.
Gerade als ich etwas sagen und darauf aufmerksam machen wollte Zerriss ein gellender Schrei die Luft, welcher aus dem inneren des Gebäudes kam, welches wir hatten betreten wollen. Es war ein Schrei gewesen, von dem man nicht sagen konnte ob er einer Person gehörte, die noch ein Teil dieser Welt war...
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