iii. eine unschöne begegnung
Kaleas Sicht ist verschwommen. Das einzige, was sie noch halbwegs mitkriegt ist, wie Geralt einen Arm sicher um sie geschlungen hat, und sie vor dem freien Fall bewahrt. Außerdem spürt sie die gleichmäßigen Galoppsprünge Plötzes unter sich, doch immer mehr driftet sie ab.
Das einzige, was sie wirklich fühlt, ist dieser Schmerz. Es fühlt sich an, als würden hunderte Ameisen über ihre Wunde krabbeln, ihr in die verletzte Haut beißen und sie innerlich zerreißen.
»Haltet durch!«, hört sie die entfernte Stimme von Geralt, die langsam zu ihr durchdringt.
Kalea kämpft gegen die Dunkelheit an, zwanghaft versucht sie, ihre Augen offen zu halten.
Sie erkennt die grünen Farben des Waldes, doch immer mehr verschwimmen sie, bis sie gar nichts mehr sieht oder fühlt und sie in ein schwarzes tiefes Loch fällt.
Sie erkennt die grünen Farben des Waldes, doch immer mehr verschwimmen sie, bis sie gar nichts mehr sieht oder fühlt und sie in ein schwarzes tiefes Loch fällt.
Keuchend schlägt Kalea ihre Augen auf, der Traum hat sich so verdammt real angefühlt, als sie sich umsieht. Es war kein Traum – sie hatte gedacht, sie hätte sich diese Monster nur eingebildet, geträumt, dass sie irgendwo anders aufgewacht ist, doch in diesem Moment befindet sie sich in einem riesigen Zelt.
Der Duft verschiedenster Kräuter liegt in der Luft, doch Kalea erkennt keines davon. Langsam richtet sie sich auf, ihr Bein hat aufgehört, zu schmerzen und in einer flüssigen Bewegung, hebt sie das Fell hoch und sieht an sich herunter.
Ein lockerer Verband ziert ihr Bein. Leise seufzt sie, bevor sie vorsichtig durch das Zelt sieht. Es ist angenehm warm hier drin, überall liegen Felle und auf den Tischen sieht sie komisch aussehende Geräte und Unmengen an Kräutern die in Gläsern aufbewahrt werden.
Ansonsten ist niemand im Zelt. Langsam erhebt sie sich und schwingt ihre Beine, von der Pritsche auf der sie liegt. Vorsichtig setzt sie ihre Füße ab und übt vorsichtig Druck aus. Als sie nur ein leichtes Ziehen spürt, was nicht unangenehm ist, steht sie vorsichtig auf und humpelt einige Schritte.
»Ihr seid wach«, ertönt plötzlich eine Stimme und erschrocken schreit Kalea auf, ehe sie sich auf ihren Mund schlägt.
»Wo ist Geralt?«, fragt sie sofort, als ihr ein dunkelhaariger Mann in einem Gewand durch einen kleinen Schlitz, der als Eingang dient, in das Zelt tritt.
»Wie geht es eurem Bein?«
Er ignoriert ihre Frage und sieht an ihrem Bein hinunter. Erst dann fällt Kalea auf, dass sie selber ein komisches, grünes Gewand trägt und nicht mehr ihren Pullover.
»Besser...«, murmelt Kalea und wägt immer noch ab, ob von diesem Mann keine Gefahr ausgeht.
Dieser lächelt nur und nickt dann kurz.
»Wollt ihr zu Geralt?«, fragt er und öffnet den Schlitz, das ein kleiner Lichtstrahl in das Zelt fällt.
Kalea nickt und vorsichtig geht sie an dem braunhaarigen Mann vorbei.
»Danke«, kurz bevor sie den Ausgang erreicht hat, bleibt sie auf der Höhe stehen und sieht in seine dunklen Augen.
Kurz neigt er seinen Kopf, dann geht Kalea aus dem Zelt raus an die frische Luft. Kurz schließt sie ihre Augen, inhaliert die Luft und lauscht den lauten Gesprächen, die um sie herrschen.
Nach kurzer Zeit öffnet sie ihre Augen und mustert die Umgebung. Überall befinden sich Zelte und Frauen, Kinder und Männer rennen umher.
Keiner scheint Kalea Beachtung zu schenken – doch warum auch? Sie trägt jetzt die gleiche Kleidung wie die anderen, wie sie feststellen musste.
Sie geht nahezu unter, als würde sie zu dieser Gesellschaft gehören. Doch das tut sie nicht, sie ist komplett anders. Vor wenigen Stunden hat sie noch in ihrer Wohnung gelegen und ihr größtes Problem, war es, dass sie gefeuert wurde und sie wieder auf die Beine kommen musste.
Was jetzt ihr größtes Problem ist, kann sie nicht sagen. Wenn sie alles aufzählen würde, dann wäre sie morgen noch nicht fertig.
Ihr Blick schweift über den Platz, als sie Geralt mit zwei anderen Männern vor einem Topf stehen sieht. Kurz zögert sie, bevor sie mit langsamen Schritten auf sie zugeht.
Der leckere Geruch des Eintopfes kriecht in ihre Nase und das Wasser läuft ihr im Mund zusammen. Ihr Magen knurrt laut, in dem Moment als sich Geralt umdreht. Kurz mustert er sie in ihrem neuen Gewand.
»Danke«, durchbricht Kalea die Stille und fragend sieht Geralt sie an.
»Na ja, ohne dich, wäre ich wahrscheinlich das Futter eines Monsters geworden«, sie zuckt mit ihrer Schulter und die Männer hinter Geralt fangen an zu lachen.
»Alter Kumpel, willst du uns deine Begleitung nicht vorstellen?« Ein rothaariger Mann mit Schnauzer tritt von hinten an Geralt heran und klopft ihm auf die Schulter. Dabei liegt sein Blick die ganze Zeit auf Kalea, was sie kaum merklich zusammen zucken lässt.
Ganz unverhohlen mustert er die blonde Frau, die das mehr als nur unangenehm ist.
»Fendir«, knurrt Geralt und senkt kurz seinen Kopf.
»Das ist Kalea«, stellt er sie dann etwas freundlicher vor.
»Ich bin Fendir.« Der Rothaarige löst sich von Geralt und macht einen Schritt auf Kalea zu. Unsicher sieht sie zu Geralt, doch dieser verzieht keine Miene.
Innerlich atmet Kalea tief durch und versucht, sich nichts anmerken zu lassen.
»Ihr seid eine bezaubernde Frau«, schmeichelt Fendir Kalea, nimmt ihre Hand und haucht ihr einen leichten Kuss darauf.
Gequält lächelt Kalea, sie weiß nicht, was sie sagen soll. Zum Glück lässt er ihre Hand schnell wieder los und es herrscht ein gewisser Abstand zwischen ihnen, der Kalea beruhigt.
Wieder knurrt ihr Magen, sodass der dritte im Bunde es sogar hören kann.
»Ich glaube, Kalea kann etwas zu essen vertragen«, sagt er freundlich.
Er schnappt sich eine Schüssel, rührt mit der Kelle kurz in dem Topf und schöpft Kalea etwas auf.
»Danke« schüchtern nimmt sie die Schüssel entgegen. »Leander«, stellt er sich vor.
»Danke, Leander«, sagt Kalea, bevor sie vorsichtig die warme Suppe löffelt.
Sie ist anders, als die Suppen, die sie bisher kennt. Dennoch nicht schlecht, doch daran muss sie sich jetzt wohl gewöhnen.
»Wie geht es Eurem Bein?«, wendet sich Geralt von seinem Gespräch mit Fendir und Leander ab, als Kalea ihre Schüssel zu den anderen benutzen abgestellt hat.
Die Suppe hat sie erstaunlicherweise satt gemacht und durch die warme Mahlzeit, die sie jetzt im Magen hat, fühlt sie sich gleich viel besser.
»Es geht«, sagt Kalea und läuft ein paar Schritte vor ihm ab, um ihm das zu demonstrieren. Er nickt, bevor er mit seinem Kopf auf den Wald deutet. Sofort versteht Kalea.
Ohne sich zu verabschieden, laufen beide, Seite an Seite, über den Platz. Kurz müssen sie einigen schnatternden Hühnern ausweichen, bevor sie den Rand erreichen, wo es gleich ein wenig ruhiger war.
Kalea weiß nicht, was sie sagen soll, als Geralt einfach stehen bleibt. Sie macht es ihm nach und sieht zu ihm hoch. Geralt sieht sie an, als versucht er, irgendwie aus ihr schlau zu werden, was ihm nicht ganz gelingt.
»Woher kommt Ihr?«, fragt er nach kurzer Stille.
Kalea zieht ihre dunklen Augenbrauen zusammen.
»Aus Amerika«, sagt sie. Hatten sie das Thema nicht schon?
Geralt schüttelt seinen Kopf. »Wo soll dieses Amerika sein?«, misstrauisch sieht er sie an und verzweifelt seufzt sie.
Nervös geht sie einige Schritte vor ihm auf und ab. »Zwischen dem Pazifischen und Atlantischen Ozean – doch ich glaube kaum, dass du diese Ozeane kennst«, sagt sie und sieht ihn fragend an.
Langsam schüttelt er seinen Kopf. »Das gibt es nicht«, brummt er und verzweifelt schließt Kalea ihre Augen.
Sie spürt wie Tränen sich in ihren Augen sammeln, die sie versucht zu unterdrücken. Sie will vor Geralt nicht losheulen.
Doch zu was anderem fühlt sie sich nicht in Stande. Scheinbar ist sie in einer anderen Welt gefangen, in einer Welt, wo es diesen griesgrämigen Monsterjäger gibt. Wo die Menschen leben, wie sie damals im Mittelalter gelebt haben.
Doch wie kann das alles möglich sein? Es gibt keine Magie oder etwa doch?
Hat Kalea aus ihrer Verzweiflung irgendwelche Drogen genommen und befindet sich auf einem Trip des Jahrhunderts? Hatte sie vielleicht einen Unfall und liegt gerade im Koma, während ihr Gehirn ihr diesen Streich spielt?
Sie ist einfach nur überfordert. Sie weiß nichts, weiß nicht, wie sie sich fühlen soll oder wie sie handeln soll.
»Bitte, glaub mir«, fleht sie Geralt an und sieht ihn mit tränennassen Augen an.
»Ich weiß nicht wie ich hierher gekommen bin, doch ich will nur nach Hause. Das alles – diese Monster, dieses Leben – das ist nichts für mich. Ich sehne mich nach den großen Hochhäusern, die vollen Menschenmengen, verdammt, ich vermisse mein Telefon. Einfach alles.« Kalea kann Geralt nicht mehr ansehen.
Sie fixiert einen Baum, während sie genervt ihre Tränen wegwischt – nicht vor ihm zu weinen, hat schon mal gut geklappt.
Tief atmet Geralt aus. Er richtet seinen Blick auf den stillen Wald, der vor ihnen liegt. Kalea kann ihm ansehen, wie er nachdenkt. Sie kann ihn auch verstehen, plötzlich taucht sie auf, behauptet sie würde aus einem anderen Land kommen, sogar aus einer anderen Welt.
Sein Misstrauen ist mehr als berechtigt, doch sie braucht seine Hilfe. Ohne Geralt wäre sie schon zweimal gestorben, alleine würde sie es nicht schaffen.
Kalea muss nur dieses Geheimnis lüften, wie sie hierher gekommen ist – egal welche Mächte es waren. Sie will zurück.
»Wir werden weiter reisen«, sagt er schließlich. Kaleas Blick erhellt sich ein wenig. Er würde sie nicht mit ihrem Schicksal alleine lassen?
»Ich werde herausfinden, was das mit Euch auf sich hat«, er geht einen Schritt auf Kalea zu. Er fixiert ihre Augen und nervös erwidert sie den Blick.
»Ich will niemandem was schlechtes«, krächzt sie, bevor sie sich räuspert.
»Das wird sich zeigen«, mit einem letzten warnenden Blick geht er wieder zurück in das Lager. »Was soll ich jetzt machen?«, ruft sie ihm verzweifelt hinterher.
Sie fühlt sich so fehl am Platz. Doch Geralt antwortet nicht mehr und verschwindet zwischen einer größeren Gruppe, die gerade über den Platz gelaufen ist.
Kurz verharrt Kalea noch auf der Stelle, doch dann strafft sie sich ihre Schultern.
»Du bist kein kleines Kind mehr«, spricht sie sich selbst Mut zu.
Mit ihren Augen sucht sie den Platz ab, überall stehen verschiedene Gruppen und unterhalten sich. Am Rand spielen Kinder miteinander, während ab und zu jemand aus dem Wald mit etwas Gejagten kommt.
Dieses Bild fühlt sich so surreal an, doch für Kalea ist es gerade bittere Realität. Langsam läuft sie durch die großen, aufgeschlagenen Zelte durch, als sie etwas abseits einige Pferde erblickt, die dort festgebunden sind.
Sofort hebt sich ihre Laune, zumindest ein Stück.
Sie läuft auf die Pferde zu und als Plötze sie entdeckt, wiehert die braune Stute freudig. Mit einem Grinsen streichelt Kalea ihren Kopf.
»Wenigstens eine freut sich über meine Anwesenheit«, murmelt sie leise und Plötze schnaubt durch ihre Nüstern. Fast als würde sie Kalea antworten.
»So war er schon immer«, ertönt eine Stimme hinter Kalea und erschrocken zuckt sie zusammen, ehe sie sich umdreht und in die braunen Augen von Fendir blickt.
»Ich wollte euch nicht erschrecken«, sagt er mit einem leichten Lächeln.
»Du meinst Geralt?«, fragt Kalea und wendet ihren Blick wieder auf Plötze. Sie weiß nicht warum, aber sie fühlt sich in Fendirs Gegenwart nicht wohl.
Dabei ist er wie die meisten Männer hier – und das ist das Problem. Diese Männer sind das Gegenteil der Männer aus ihrer Welt. Sie will nicht sagen, dass die verweichlicht sind, dennoch könnte man das glauben.
Doch wenn man sie mit Fendir vergleicht, würde keiner mit ihm mithalten können. Jeder Türsteher könnte bei seinen Muskeln einpacken. »Geralt ist eben kein Mensch, keine menschlichen Gefühle - gar nichts«, Fendir ist Kalea ein Stück näher gekommen.
Sein beißender männlicher Geruch steigt ihr in die Nase und kaum merklich rümpft sie ihre Nase. Er streckt seine Hand aus und streichelt auch Plötzes Fell, wenige Zentimeter entfernt von Kaleas Hand. Sie hebt ihren Blick und sieht ihn an.
»Geralt ist kein Mensch?«, haucht sie fassungslos. Ihr Herz schlägt ihr bis zum Hals. Was soll er dann sein?
Fendir lacht über ihre Fassungslosigkeit auf, dunkel hallt seine Stimme in Kales Kopf nach. »Ihr wisst nicht besonders viel über ihn, sagt mir, warum reist Ihr dann mit ihm?«, auch er hat seinen Blick wieder auf Kalea gerichtet.
Was soll sie antworten?
Sie vertraut ihm nicht, dass sie ihm die Wahrheit sagen kann.
»Zufall, schätze ich«, murmelt Kalea leise. Nervös weicht sie seinem Blick aus.
»Warum so schüchtern? Ihr seid eine äußerst attraktive Frau, ich bin sicher nicht der erste Mann, der das bemerkt«, mit seiner Hand nimmt er eine ihrer Strähnen zwischen seine Finger.
Panik kriecht in ihrem Körper empor. Fendir steht ihr eindeutig viel zu nah, doch sie könnte sich niemals gegen ihn wehren. Wie auch neben Geralt, fühlt sie sich neben ihm wie ein Zwerg.
»I-Ich...«, stottert sie und will sich von ihm wegdrücken, doch sie stößt nur an Plötze, die daraufhin laut wiehert.
»Ich sollte glaube wieder zu Geralt«, versucht sie es, doch Fendir löst sich kein Stück von ihr.
»Fendir!«, bellt plötzlich eine Stimme und sofort weicht er von Kalea. Sofort fällt der Druck von ihrer Brust und laut schnappt sie nach Luft.
Sie hat gar nicht mitbekommen, wie sie die Luft angehalten hat.
Vergesst nicht zu voten, wenn es euch gefallen hat.
danke (:
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro