Kapitel 8
Luisa.
Dieses Mal war sie es, die an die Tür klopfte. Doch dieses Mal, war es eine bewusste Entscheidung und kein Zufall, der sie zusammenführte und fast musste sie schmunzeln, so absurd schien ihr alles wieder.
Aber nur fast.
Zu groß war die Aufregung, zu groß die Vorfreude und zu groß, die Angst vor dem, was sie hinter der Tür erwarten würde. Sie hatte aufkommende Zweifel und Gewissensbisse verdrängt und sich für das Treffen entschieden.
Während der mehrstündigen Fahrt hatte sie sich alle möglichen Gedanken gemacht, hauptsächlich aber darüber, was sie sich von dem Treffen mit Philipp erhoffte. Mit jedem gefahrenen Kilometer brachte sie ihre Gedanken aber immer mehr zum Schweigen und konzentrierte sich auf den Weg, der vor ihr lag.
Die Aufregung hatte sich während der Autofahrt stetig gesteigert und erreichte jetzt, vor einer verschlossenen Hotelzimmertür ihren Höhepunkt. Ihre Gedanken rasten, in ihrem Kopf tobte ein Sturm und sie wurde hinweggezogen von ihren Gedanken, von der Angst, die sie plötzlich lähmte.
Gerade war es ihr doch noch so leicht erschienen.
Es hatte sie kaum Überwindung gekostet ihren Mann zu belügen, ihm etwas vorzuspielen. Es war als ob die Begegnung mit Philipp sie aus einem dämmernden Zustand geholt hätte, so als hätte sie ihr leben verschlafen und wäre jetzt aufgewacht. Bei jedem Gedanken an ihn, bei jeder Erinnerung an diese Begegnung war es als würden kleine Blitze ihre stumpfen Nervenenden kitzeln, die verlernt hatten sie fühlen zu lassen.
Bei jedem Gedanken an ihn blitzen sie auf und erinnerten sie daran, dass sie fühlte. Das sie lebte.
So sehr sie dieses Gefühl genoss, so gierig danach war, so groß war auch ihre Angst davor.
Sie hatte Angst etwas zu fühlen, zu lange war sie in diesem Dämmerzustand verharrt und sie hatte gelernt sich darin wohl zu fühlen.
Was würde passieren, wenn sie es zuließ, dass sie dieser Sehnsucht nachgab? Sie hatte gelernt ihre Sehnsüchte zu unterdrücken, ihre Wünsche und Träume in eine Schublade zu stecken und sie in den hintersten Teil ihres Kopfes zu verdrängen, denn was sind schon Träumereien, außer ein unerfüllbarer Wunsch? Warum für etwas brennen, wenn diese Flamme erstickt werden wird?
Es war nicht mal wirklich die Angst davor, was passieren würde wenn ihr Mann das herausfände. Sie wusste, dass er ihr verzeihen würde, so wie er es immer tat.
Es war die Angst vor den eigenen Gefühlen.
Sie wollte in Philipps Armen wieder diesen Höhenflug erleben, aber nicht mit Thomas in den tiefen Abgrund fallen, in dem sie die letzten 20 Jahre gelebt hatte.
Doch genau das würde passieren, wenn sie es zuließ, dass sie nochmal dieses süße Gefühl erleben durfte. Sie wusste, dass sie mehr wollen würde und hatte Angst sich dafür zu entscheiden. Sie hatte die Verantwortung zu entscheiden immer jemanden anderem überlassen und wusste nicht, wie sie so eine Entscheidung, nein, überhaupt eine Entscheidung zu treffen hatte.
Sie hatte schon früh gelernt, dass es besser war Entscheidungen anderen zu überlassen, so war sie nie in Bedrängnis gekommen.
„Luisa jetzt mach doch einfach mal!", hörte sie Greta in ihrem Kopf sagen.
„Mensch Luisa, jetzt kauf doch dieses beschissene Oberteil, das ist ein Shirt und kein Haus!", hatte ihr Greta auch an den Kopf geknallt, als sie sich nicht entscheiden konnte, ob sie denn nun wirklich so viel Geld für ein Kleidungsstück ausgeben wollte.
„Jetzt komm Luisa, lass es uns einfach mal machen. Lass uns einfach mal ein Wochenende entspannen und uns verwöhnen lassen!", hatte Greta sie gedrängt, als sie ihr gesagt hatte, dass sie nicht weiß, ob sie wirklich ein Wochenende wegfahren sollten.
Die Tatsache, dass sie jetzt vor einem Hotelzimmer stand um ihren Mann zu betrügen zeigte ihr, warum sie lieber andere für sie entscheiden ließ.
Spontanes Handeln hatte sie in diese schreckliche Lage gebracht und wiedermal wusste sie nicht, wie sie sich entscheiden sollte. Impulsives handeln hatte für sie noch nie gut geendet. Sie hatte nur ein-, zweimal aus reinem Bauchgefühl rausgehandelt, und beim letzten mal endete es damit, dass sie mit einem anderen Mann im Bett landete.
„Luisa, geh jetzt. Geh einfach und vergiss den ganzen Scheiß. Geh. Jetzt. Du bist verheiratet, mach es nicht noch schlimmer als es schon ist. Impulsives handeln ist dir noch nie gut bekommen", rief sie sich in Erinnerung, als sie mit zittrigen Händen an die Zimmertür klopfte.
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