Kapitel 4
Luisa.
„Da bist du ja endlich! Das ging aber ganz schön lange, war da so viel los?! Du sag mal, gab es den geheimnisvollen Kellner eigentlich wirklich? Ich habe die ganze Zeit Ausschau nach ihm gehalten und ihn nirgends gesehen?! Und wo ist überhaupt dein Teller? Ist das Buffet schon leer? Oh nein, ich wollte doch noch was holen. Ist es etwa schon so spät?", plapperte Greta aufgeregt.
Kaum hatte Luisa wieder Platz genommen, hatte sie mit ihrem Verhör begonnen. Luisa war immer wieder beindruckt, wie viel man mit einem Atemzug sprechen konnte.
„Äh, es ist kurz nach halb Zehn glaube ich.", gab Luisa kurz zurück. Das kurze Gespräch mit dem Kellner hatte sie ziemlich aufgewühlt und sie hatte das Gefühl neben sich zu stehen. Die Unterhaltung mit Greta plätscherte vor sich hin und mehr als ein desinteressiertes „Mhm", oder, „Ja, das ist so", hatte Greta, undankbarer weise, nicht von ihr bekommen. Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab, immer wieder hatte sie sein Gesicht vor Augen.
Wie alt mochte er wohl sein?
Schon seit Wochen hatten sich die beiden Freundinnen auf das gemeinsame Wochenende gefreut und nun konnte es endlich richtig los gehen. Nach dem Frühstück hatte Luisa sich eilig den Badeanzug übergestreift und sich in den weichen Bademantel gekuschelt. Sie war soweit. Das Hotel hatte ein großes Angebot an Wellnessanwendungen und Luisa konnte sich kaum für eine Anwendung entscheiden.
Der Nachmittag war schnell verflogen, sie hatte sich verwöhnen lassen und sich gleich mehrere Anwendungen gegönnt und mit Greta einen wunderbar entspannten Nachmittag verbracht. Sie konnte sich kaum erinnern, wann sie zufrieden und entspannt war.
„Vermutlich vor 20 Jahren", dachte sie denn da hatte sie ihr erstes Kind bekommen.
Der kleine Jonas hatte ihr Leben damals von einer Sekunde auf die andere völlig auf den Kopf gestellt. Obwohl sie es nicht anders haben wollen würde, so musste sie sich eingestehen, dass vieles in dieser Zeit auf der Strecke geblieben war.
Vor allem sie selbst.
Natürlich hatte sie sich in den letzten 20 Jahren nicht vergessen oder sich gar aufgegeben, aber es war verdammt schwierig, sich selbst treu zu bleiben. Sie war jung Mutter geworden, hatte gerade erst ihren 18. Geburtstag gefeiert, als sie herausfand, dass sie von Thomas schwanger war. Die beiden waren zu diesem Zeitpunkt schon zwei Jahre zusammen und mit der Schwangerschaft stand auch fest, dass sie innerhalb der nächsten neun Monate heiraten würden. Sie liebte ihren Thomas und die logische Konsequenz der Schwangerschaft war für beide damals eine Hochzeit. Sie wollten ein geregeltes Familienleben und ein gesundes Umfeld für ihr gemeinsames Kind, also war dieser Schritt unausweichlich. Sie heirateten als sie im fünften Monat schwanger war und fünf Jahre später hatte dann ihre Tochter Paula die kleine Familie vervollständigt.
Luisa war leidenschaftlich gerne Mutter, sie liebte ihre Kinder über alles, aber das Muttersein hatte sie ziemlich ausgelaugt. Hatte man ihr gesagt, dass es mit der Zeit einfacher werden würde, so wusste sie inzwischen, dass nichts besser werden würde, sondern nur anders.
Ein energisches Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Sie hatte sich inzwischen in ihr Zimmer zurückgezogen um sich für das Abendessen fertig zu machen und musste wohl kurz auf dem Bett eingenickt sein, denn als sie Gretas Stimme an der Tür erkannte, wusste sie, dass sie schon wieder zu spät war.
„Komm rein Greta, ich bin wohl kurz eingeschlafen!", öffnete sie ihrer Freundin entschuldigend die Tür. „Das dachte ich mir schon, du warst heute so neben der Spur, ich dachte mir schon, dass du bestimmt einpennst", gab Greta mit einem Lächeln zurück. „Aber das macht nix, ich habe was um deine müden Geister wieder zu beleben!", rief sie begeistert und hielt eine Sektflasche in die Höhe. „Hast du etwa die Bar geplündert?", lachte Luisa los. „Quatsch, spinnst du? Da kostet ja die Piccolo Flasche so viel wie die Große hier. Das habe ich von zuhause mitgebracht, was glaubst du denn?"
Während Greta zwei Gläser füllte, dachte Luisa darüber nach, was sie anziehen sollte. Eine Sektflasche später hatte sie sich für das schlichte schwarze Kleid entschieden, welches sie spontan in die Tasche gepackt hatte. Es war eines der wenigen Kleider, in denen sie sich wirklich wohlfühlte. Es war knielang und hatte einen runden Ausschnitt und obwohl es sehr körperbetont anlag, fand sie, dass es ihr schmeichelte.
„Okay, wow. Hast du heute noch was vor?!", fragte sie Greta mit einem breiten Lächeln, als sie aus dem Bad kam. Sie hatte sich noch ein schnelles, frisches Make-up, was in ihrem Fall Puder, schwarzer Eyeliner und rote Lippen bedeutete, aufgelegt und die Haare zurecht gemacht.
„Zu viel?!", fragte Luisa verunsichert. „Quatsch, super ist das!", Greta klatschte begeistert in die Hände. „Du siehst umwerfend aus. Dieses Kleis ist ja der Knaller, warum habe ich das noch nie an dir gesehen?!", fragte sie. „Naja, wann soll ich das denn auch anziehen? Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr so richtig getroffen, und zum Sonntagsbrunch finde ich es dann doch etwas unpassend", gab Luisa lachend zurück. „Haha, ja, das stimmt wohl", stimmte ihr Greta zu.
Auf dem Weg in das Restaurant hatte Luisa nach dem jungen Kellner Ausschau gehalten, ihn aber nirgends entdeckt. Sie konnte ihre Enttäuschung kaum verbergen, als er auch nicht ihren Tisch bediente. Ihre einzige Hoffnung war, dass er tatsächlich heute Abend in der Bar arbeiten würde. Es war wohl die letzte Möglichkeit ihn nochmal vor der Abreise morgen zu sehen, dachte sie enttäuscht.
„Wie läufts eigentlich bei dir und Thomas?", fragte Greta bevor sie das Weinglas zum Mund führte.
Luisa fühlte sich ertappt. Sie war bereits zwei Nächte von Zuhause weg und hatte keinen einzigen Gedanken mehr an ihren Mann verschwendet, ihm nicht mal mehr eine Nachricht geschickt. Stattdessen hingen ihre Gedanken an einen wildfremden, jungen Mann, der wahrscheinlich kaum älter als ihr eigener Sohn war. Sie erschrak über sich selbst.
Was war bloß los mit ihr?!
Sie saß, lächerlich aufgedonnert in einem Hotelrestaurant, und hielt alle fünf Minuten nach einem Kellner Ausschau, der sie mal nett angelächelt hat, in der Hoffnung er würde es vielleicht wieder tun. „Das ist erbärmlich Luisa. Sogar für dich", dachte sie verbittert.
„Alles wie immer.", versuchte sie schnell auf Gretas Frage zu antworten, bevor diese ihr inneres Gefühlschaos bemerken konnte. „Er arbeitet viel und ist zur Zeit super viel unterwegs. Diese ständigen Reisen machen ihn echt fertig, aber er würde seinen Job ja niemals aufgeben.", fuhr sie fort.
„Also ich könnte das ja nicht. Ich bewundere dich da wirklich Luisa. Das machst du schon wie lange mit?! Ich finde echt krass, wie du das mit den beiden Kindern machst und dazu noch dein Job, der ja auch nicht ohne ist.", gab Greta bewundernd zurück.
„Wow, deine Anerkennung ist wohl das Highlight des Abends!", scherzte Luisa.
„Haha, sehr witzig.", grinste Greta zurück. „Du weißt, dass ich dich immer bewundere. Wie gesagt, ich könnte das nicht."
Philipp.
„Hey Mann, danke nochmal fürs helfen", begrüßte ihn Fabian mit einem Handschlag. „Eigentlich hätte heute Tobi Dienst, aber der ist schon seit einer Woche krank und ich wäre sonst echt aufgeschmissen. Samstagabend und ein volles Haus, das wird lustig", fuhr er fort.
„Kein Thema, ehrlich. Ich würde sonst zuhause sitzen und lernen, da ist es hinter der Bar schon geiler", freute sich Philipp. Sein Alternativplan für den Samstag Abend war wirklich nicht berauschend und zu wissen, dass SIE heute noch zur Bar kommen würde, hatte ihn in eine schon fast euphorische Stimmung versetzt.
Er hatte schon das ein oder andere Mal an der Bar ausgeholfen und so war ihm die Arbeit hier schon vertrauter als das Bedienen im Restaurant. Die ersten Gäste hatte er schon bedient und dabei immer wieder nach ihr Ausschau gehalten, doch es war weit und breit nichts von ihr zu sehen. Mit jedem weiteren Gast nahm seine Aufregung zu und er musste sich bemühen seine Enttäuschung zu verbergen, als sie auch nach einer Stunde noch nicht da war. Was hatte er denn auch erwartet? Dass sie alles stehen und liegen lassen würde um sich zu einem Azubi an die Bar zu setzen?!
„Du bist echt so ein Idiot! Glaubst du ernsthaft sie will sich mit dir unterhalten? Sie ist nur höflich und sonst nix, reiß dich zusammen!", befahl er sich selbst. Noch bevor er einen weiteren Gedanken fassen konnte, entdeckte er sie und er schluckte.
Mit ihrer Freundin kam sie lachend aus dem Restaurant und ging in Richtung Bar. Sie musste gerade etwas Lustiges gehört oder gesehen haben, denn sie kriegte sich gar nicht mehr ein vor Lachen. Sie trug ihre Haare offen, ihre dunklen Locken fielen ihr locker auf die Schultern und ihr schwarzes Kleid betonte ihre umwerfende Figur. Sie strahle pure Weiblichkeit aus und mit jedem ihrer Schritte, beschleunigte sich sein Puls. Er konnte nicht anders als sie zu bewundern. Sie bestellte etwas bei seinem Kollegen und ihm entging nicht, dass auch Fabian erkannte was für eine wunderschöne Frau vor im saß. Er musterte sie lüstern und Philipp hätte ihm am liebsten sofort eins auf seine hässliche Fresse verpasst.
Mit einem fetten Grinsen kam dieser auch schon zurück und holte bereits zwei Gläser als Philipp ihn unterbrach. „Ist das für die zwei am Platz 6 und 7?", fragte er ihn. „Ja, die Damen haben zwei Apèrol bestellt. Die sind ja schon gut dabei", lachte Fabian.
„Gib das her, ich mach das schon!", unterbrach ihn Philipp harsch. „Ich habe die schon im Restaurant bedient", fuhr er fort ohne Fabians Antwort abzuwarten.
„Äh ja, okay. Dann mach mal." Fabian hielt ihm die zwei Gläser hin.
Wortlos, nahm Philipp die zwei Gläser entgegen und begann einzuschenken.
Luisa und Greta unterhielten sich gerade als er mit den Getränken ankam. Während ihre Freundin weiterhin wie ein Wasserfall redete, hatte Luisa ihn bemerkt und ihm das strahlendste Lächeln geschenkt, dass er je gesehen hatte.
Sie war so verdammt sexy. Er erwiderte ihr Lachen und stellte die Getränke ab.
„Und dann Luisa, stell dir vor, hat er den Kuchen tatsächlich gegessen!", prustete ihre Begleitung los. Sie konnte sich kaum halten vor Lachen und musste sich an ihr abstützen um nicht vom Barhocker zu fallen. Sie stimmte in das laute Lachen mit ein und hielt ihre Freundin fest.
„Entschuldigen Sie bitte, ich brauche ihre Zimmernummer wegen den Getränken." unterbrach er höflich das heitere Lachen.
„Also Luisa, die erste Runde übernimmst traditionell du! Mach du das mal, ich muss mal. Ach ja und bestell schonmal die nächste Runde, such du was aus.
Aber nicht ohne mich anfangen", antwortete ihre Freundin und erhob sich schwungvoll vom Barhocker.
„In dem Fall Zimmer 212", sagte sie, an Philipp gerichtet.
Verdammt. Ihr Lachen war umwerfend. Er konnte nicht anders als sie anzustrahlen.
„Aber nicht, dass sie das wieder ausversehen in das falsche Zimmer bringen!", kicherte sie. Er musste loslachen. „Keine Sorge, das passiert nicht mehr!"
„Wie schade." Sie hatte den Blick gesenkt und nahm einen Schluck. Ihre Wagen waren wieder gerötet und ein Lächeln umspielte ihre Lippen.
Hatte sie das gerade wirklich gesagt?! Er beschloss nicht darauf einzugehen. „Möchten sie gleich noch das nächste Getränk bestellen oder doch noch auf ihre Freundin warten?", „Ich bestelle gleich, das dauert ja wahrscheinlich schon eine Weile, soviel wie hier los ist. Was können Sie denn empfehlen?"
„Nun, es kommt ganz drauf an was sie denn haben möchten?!"
„Hmmm, irgendein Cocktail. Etwas fruchtiges, frisches", überlegte sie.
„Also, da kann ich Ihnen unseren Caipi empfehlen..", entgegnete Philipp.
„Ein Caipi, im ernst?! Also wirklich kreativ ist das ja nicht", lachte Luisa. „Sie schulden mir noch was, überraschen Sie mich! Das wäre ja nicht das erste Mal", grinste sie.
„Heillige Scheiße", dachte Phiipp. „Flirtet sie etwa mit mir?"
„Wiiiiiiie, immer noch nix da?!". Ihre Begleiterin war zurück.
Shit.
„Nee, der junge Herr möchte uns mit einem Cocktail überraschen", antwortete sie, ohne den Blick von ihm abzuwenden.
„Uuuh, da bin ich ja mal gespannt!", lachte ihre Begleitung. Sie ging ihm auf die Nerven. Sie hatte etwas nervtötendes und das sie ihn jetzt offensichtlich verarschte, machte sie nicht wirklich sympatischer.
„Aber nicht, dass sie sich hinterher beschweren", sagte er höflich und begann die Cocktails zu mischen.
Luisa.
Luisa kannte Greta schon seit ihrer Kindheit und sie liebte ihre Freundin über alles. Aber heute wollte sie nur eins: dass sie verschwindet.
Vielleicht lag es an dem Sekt und an den zwei Cocktails, den die beiden schon intus hatten, aber heute schien es, als könne sie gar nicht aufhören zu reden. Es war ein wirklich lustiger Abend, aber die Anwesenheit des jungen Kellners brachte sie schier um den Verstand. Er hatte wohl mit seinem Kollegen den Platz getauscht, denn seit sie sich an die Bar gesetzt hatten, war auch er geblieben. Er bediente die anderen Gäste mit dem wohl schönsten Lächeln, das sie je gesehen hatte.
Sie hatten immer wieder Blicke ausgetauscht und sich zugelächelt, und es lag etwas in der Luft, dass sie unruhig machte.
So sehr sie ihre Freundin gern hatte, so sehr wollte sie jetzt alleine sein.
„Luisa Schätzchen, wir sehen uns morgen zum Frühstück, ja?", hörte sie plötzlich Gretas lallende Stimme.
War das ihr Ernst?! „Wie, du gehst schon?", sie versuchte ihre Freude zu verbergen.
„Jooooooa, ich bin soo müde. Das war zu viel Wellness für mich", lallte sie weiter.
„Mhm, sagen wir zu viel Wellness", lachte Luisa, als sie sich von ihr verabschiedete.
Sie war froh, dass ihr Glas noch halb voll war, so hatte sie eine Ausrede noch etwas sitzen zu bleiben. Greta machte keine Anstalten auf sie zu warten und unter anderen Umständen, wäre sie sauer gewesen.
Aber nicht heute. Sie war berauscht vom vielen Alkohol und von seiner Anwesenheit und für eine Stunde wollte sie ihr Leben zuhause vergessen. Also drückte sie ihrer Freundin ein Kuss auf die Backe, setzte sich an ihren Platz und nahm noch einen Schluck.
Es dauerte nicht lange, bis der Kellner zu ihr kam. Die Luft knisterte und sie hatte das Gefühl nicht sie selbst zu sein.
„Das ist aber gar nicht nett von ihrer Begleitung Sie an der Bar alleine zu lassen", begann er das Gespräch. Das erste mal nahm sie bewusst seine tiefe, melodische Stimme war. Sie bekam eine Gänsehaut und wunderte sich selbst über die Reaktion, die dieser simple Satz in ihr auslöste.
„Ach, halb so schlimm, ich hab' ja mein Cocktail und Sie sind ja auch da", antwortete sie. „Luisa, du spinnst doch. Du SPINNST!", ermahnte sie sich in Gedanken. „Auch wenn ich den Namen nicht kenne".
Sie betrachtete ihr nun fast leeren Glas. „Okay, jetzt hast du völlig den Verstand verloren.", dachte sie weiter.
„Welchen Namen meinen Sie denn? Den vom Cocktail oder meinen?", entgegnete er mit einem frechen Grinsen.
„Hm. Beide. Ich weiß weder den einen noch den anderen", stellte sie fest.
„Also ihr flüssiger Freund da", er deutet auf den Cocktail in ihrer Hand, „nennt sich „Tropical Sunshine" und ich heiße Philipp." Wieder dieses freche Grinsen.
„Ahaaaa, „Tropical Sunshine" also... Vielen Dank für die Überraschung Philipp, sie ist Ihnen auf jeden Fall gelungen, sie haben voll meinen Geschmack erwischt", sie nahm noch einen Schluck.
„Das freut mich, da habe ich gehofft", grinste er wieder. „Möchten Sie noch etwas? Es tut mir wirklich leid, aber wir werden die Bar kürze schließen, wenn sie also noch etwas trinken möchten, ist das die letzte Chance.", bedauerte er.
„Hm ja, ich hätte gerne nochmal so einen, bitte." Sie nahm den letzten Schluck und reichte ihm das leere Glas.
Als er die Hand nach dem Glas ausstreckte, spürte sie plötzlich seine warmen Finger auf ihren, und sie hatte das Gefühl in Tausend teile zu zerspringen. Philipp schien es ähnlich zu gehen, denn sein Blick durchbohrte sie.
Ihr Herz raste, sie zog ihre Hand zurück um sich unbeholfen eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Eine bekannte Hitze stieg in ihr auf und sie spürte wie ihre Wange glühten.
Verdammt.
Der letzte Cocktail musste ihr wohl schon zu stark zu Kopf gestiegen sein, dass sie bereute ihre Hand zurück gezogen zu haben.
Sie wollte seine Hand spüren. Sie wollte seine Berührung und seine Wärme spüren.
Daran konnte nur der Alkohol schuld sein und sie entschied, dass es wohl das beste sei, sich so schnell wie möglich in ihr Zimmer zurück zu kehren. Wer weiß zu was ihr vernebeltes, betrunkenes Hirn sie noch verleiten würde.
„Philipp, Stopp! Nicht weiter machen! Ich nehme den Cocktail doch nicht. Ich glaube der letzte war schon keine gute Idee und äh- also entweder das Hotel dreht sich, oder ich. Deshalb werde ich jetzt wieder zurück in mein Zimmer gehen. Danke für die Cocktails!"
Schwungvoll, etwas ZU schwungvoll stand sie vom Barhocker auf und konnte sich gerade noch an der Theke festhalten, bevor sich alles um sie herum drehte. Noch bevor sie realisieren konnte, dass sie mehr schwankte als stand, spürte sie seine Hand an ihrem Arm. „So können Sie aber nicht laufen. Warten Sie, ich helfe Ihnen."
„Siezen Sie mich doch nicht, ich bin doch keine Oma. Ich bin Luisa. Einfach nur Luisa. Und Außerdem können Sie ja die anderen Gäste nicht alleine lassen", lallte sie.
„Sie meinen die zwei Herren an der Bar? Die bedient mein Kollege, ansonsten ist ja niemand mehr da. Ich habe schon mit ihm gesprochen, das geht klar." Mit einem Ruck, richtete er sie auf und stütze sie.
„Verdammte Scheiße Luisa, ist das dein Ernst?! Du bist Stockbesoffen und lässt dich von ihm, von IHM in dein Zimmer führen?! Das kann echt nur ein schlechter Scherz sein", dachte sie verwirrt.
Als er seinen Arm um ihre Hüfte gelegt hatte um sie besser zu stützen, war sie innerhalb von Sekunden wieder nüchtern.
Sie wusste, dass sie sich schnell von seinem Griff lösen sollte, aber zu ihrem Entsetzen, hatte sie es nicht getan.
Sie hatte es zu sehr genossen.
Sie wusste nicht, wer diese Luisa war und wo sie herkam, aber sie schien mutiger, wilder und freier zu sein als die andere Luisa. Sie hatte seine Berührung so sehr genossen, dass sie sich noch ein Stückchen mehr in seine Arme gab und begeistert feststellte, dass sie noch ein Stückchen fester packte.
Gott, er roch so gut und sein Griff fühlte sich gut an.
Als sie vor ihrem Zimmer ankamen, löste Luisa sich widerwillig von ihm.
Es war zu verrückt, das hatte sie nun gemerkt. Was würde denn passieren, wenn sie sich nicht lösen würde? Was erhoffte sie sich denn, das passieren würde? Verwirrt, von ihren eigenen Gedanken, hatte sie sich also von seinem wunderbaren Griff befreit und stellte sich vor ihn.
Er stand direkt vor ihr und zum ersten Mal, konnte sie ihn wirklich aus der Nähe betrachten. Er war groß und gut trainiert, offensichtlich verbrachte er viel Zeit im Fitnessstudio, denn sein weißes Hemd, spannte leicht über seiner Brust und seinen Armen. Seine Gesichtszüge waren jungenhaft und weich, sie standen im Gegensatz zu seinem muskulösen Körper.
Als sie seine Lippen betrachtete, merkte sie, dass sie an ihren eigenen knabberte und sich wünschte, er würde dies für sie tun. Schweigend standen sie da, gefesselt, von der Spannung zwischen Ihnen. Keiner traute sich etwas zu sagen, zu groß war die Anspannung.
"Das war wirklich sehr nett von Ihnen Philipp, aber sie hätten mich wirklich nicht begleiten müssen", begann sie.
"Doch, natürlich. Das habe ich gern gemacht und so weiß ich, dass sie sicher in ihrem Zimmer angekommen sind. Das war ich ihnen schuldig, nachdem ich sie so schonungslos abgefüllt habe", lachte er.
"Dachte ich mir doch, dass es Absicht war!", grinste Luisa.
Unsicher trat er von einem Fuß auf den anderen. "Ich muss leider wieder zurück Luisa, aber wenn sie was brauchen rufen Sie mich an", er hab ihr einen Zettel. "Aber niemandem verraten, ok? Das darf ich nämlich eigentlich nicht", wieder grinste er.
Als sie den Zettel aufmachte erkannte sie auch warum. Er hatte eine Handynummer darauf geschrieben. Luisa grinste.
"Wenn sie mich jetzt nicht mehr brauchen, verschwinde ich wieder. Ich wünsche ihnen eine gute Nacht und einen angenehmen Tag morgen. Es wäre schön Sie morgen Abend beim Abendessen nochmal zu sehen!", sagte er fröhlich lächelnd. Ihm schien die Vorstellung zu gefallen.
„Ja, das wäre schön. Aber ich reise morgen nach dem Frühstück wieder ab.", antwortete sie und war erstaunt, dass sie wirklich traurig darüber war.
Philipp hatte aufgehört zu Lächeln und war ein Schritt näher an sie herangetreten.
Sie konnte seine Nähe kaum noch ertragen, so hatte sich Spannung zwischen ihnen aufgebaut. Da stand sie, vor einem jungen Mann, völlig neben der Spur und verwirrt wegen ihren eigenen Gefühlen und starrte ihn an.
Sie wusste, dass sie jetzt in ihr Zimmer gehen, die Türe schließen und den Zettel mit seiner Nummer wegschmeißen sollte, doch das tat sie nicht.
Sie wusste, dass es falsch war hier zu stehen und darauf zu warten, dass er den nächsten Schritt machte. Sie sollte ihn jetzt wegschicken und ihn und diese Begegnung vergessen. Doch das tat sie nicht. Sie stand nur da, starrte ihn an und kaute auf ihrer Lippe.
Sie konnte die Spannung kaum noch ertragen.
Seine Körperhaltung verriet, wie angespannt auch er war.
"Ach, scheiß drauf!", sagte er plötzlich als er ihren Kopf in seine Hände nahm und sie küsste.
Endlich.
Endlich konnte sie wieder atmen.
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