(Tokyo Revengers) Chifuyu Matsuno x Reader
wortcount: 3.292 Wörter
Request:LunaSuzuya
Gerne: Angst turning intro a little Fluff
short description: Angsterfüllt betrittst du das Reich der Valhalla-Gang, um deinen festen Freund dort herauszuholen.
Die Angst um dich, welche mich lähmte
Mein Körper bebte. Unruhig spielte ich mit meinen Fingern, welche ebenso wie mein Körper unaufhörlich zitterten. Ich versuchte ordentlich zu atmen, doch die Kontrolle über meine Atmung glitt mir ernüchternd aus den schweißigen Händen.
Angst hatte ich. So unglaublich betäubende Angst, dass alles in mir drunter und drüber ging, einige Funktionen meines Körpers völlig austickten, andere wiederum dazu verdammt waren, der Furcht huldigend stillzustehen. Schmerzhaft wummerte mein Herz in meiner Brust, die wuchtigen Schläge des aufgebrachten Organs durchdrangen wie mächtige Bässe meinen schwitzenden Körper.
Ich schluckte. Erhoffte mir dadurch Beruhigung. Eine klareren Kopf. Vielleicht auch die nicht vorhandene Kraft, dort mit stolz erhobenem Kinn rein zu gehen und mich das zu trauen, vor dem es mich eisig graute. In mir drehte sich alles. Qualvoll zehrte etwas an mir, rüttelte meine steif gewordenes Ich kräftig durch, schrie mich an, endlich einen Fuß in dieses angsteinflößende Gebäude zusetzen, endlich über meinen Schatten zu springen.
Frustriert ballte ich meine Hände zu Fäusten, ignorierte die Zähne zusammenbeißend das frische Blut, welches aus den betroffenen Stellen quoll, in denen sich meine Fingernägel spitz bohrten. Es kam mir komisch vor, doch der selbsterzeugte, pochende Schmerz brachte mich dazu, dringend benötigten Mut zurückzuholen und ihn diesmal auch zu behalten, bevor er wieder hasenherzig weglaufen und mich jämmerlich zurücklassen konnte.
Mit mulmigen Gefühlen blickte ich zögerlich auf. Musterte angespannt das, vor mir in die Höhe ragende, Gebäude. An manchen Stellen bröckelte der Putz, die verlassene, sich hinter den spiegelnden, großflächigen Fenster verbergende Spielhalle lag gespenstig still vor mir.
Bösartig und warnend stach mir das schwarze Zeichen eines kopflosen Engels ins Auge, trieb mein armes Herz rasant in rekordverdächtige Höhen. Valhallas Zeichen.
Kalte Schauer rannten mir meinen Rücken herunter. In mir schrillten die Alarmglocken unüberhörbar dröhnend. Aber ich ignorierte sie, obwohl ich mir der drohenden Gefahr, in welche ich so scheu blickte wie eine zierliche Maus im Angesicht einer, sich ausgehungert das Mäulchen leckende Katze durchaus bewusst war.
Ein letztes Mal spannte ich meine Muskeln an, ein letztes Mal atmete ich tief ein und aus, ehe ich mit einem festen Ziel vor Augen das Gebäude betrat.
Augenblicklich schoss mir ein Schwall intensiv riechender Rauch entgegen, raubte mir in nur wenigen Sekunden den Atem und trieb mir reizend Tränen in die Augen. Plötzlich fühlte sich meine Kehle rau und trocken an. Da ich überrollt nach Luft schnappte, da ich kurzzeitig das beängstigende Gefühl hatte, keine zu bekommen, fand immer weiter ausgeblasener Rauch seinen Weg in meine Lunge.
Überfordert hustete ich und wischte mir über die Augen, blieb stehen und gab mir Zeit, mich an diesen stickigen, kratzigen Zustand der Luft zu gewöhnen.
Während ich mit der störenden Nässe in meinen tränenden Augen zu kämpfen hatte, erinnerte ich mich schlagartig mit voller Wucht daran, wo ich mich hier überhaupt befand.
Mit verschwommenen Blick und dem zwingenden Bedürfnis, mir erlösend die Augen zu reiben, hob ich den Atem anhaltend den Kopf. Machte keinen Mucks. Bewegte keinen Muskel. Wagte nicht die Hand herunter zu nehmen, welche ich aus Reflex beim trockenem Husten gegen meinen Mund gedrückt hatte.
Sie sahen mich an. Ihre Blicke stachen mich wie geschärfte Messer, durchdrangen unangenehm meinen Körper, entfachten unterwerfende Angst in mir, sowie den brennenden Wunsch meines Verstandes in mir, hier auf dem Absatz kehrt zu machen und einfach aus diesem verrauchten Laden in die frische Luft zu stürmen. Hier wollte ich nicht sein. Ganz bestimmt nicht.
Die handvoll Mitglieder von Valhalla, die mich beim unsicherem und vorsichtigem Eintreten bemerkt hatten, musterten mich interessiert, doch keiner von ihnen schien vorzuhaben, sich die Mühe zu machen, aufzustehen und ihren Anführen den fremden Eindringling zu melden.
Stattdessen zogen sie nur schweigend an ihren glimmenden Zigaretten und pusteten weiterhin ungeachtet Rauch in den dunstigen Raum. Ihre Aufmerksamkeit lag auf mir, drückte mich nieder, als ob jemand seine stämmigen Hände auf meine Schultern legen und mit aller Macht erbarmungslos Kraft ausüben würde.
Nicht nur wegen der schlechten Luft hatte ich Mühe zu Atmen.
Mit geschärften Sinnen warteten sie wortlos darauf, dass ich etwas tun würde. Sie wussten nicht wer ich war, wer sich da in ihr vernebeltes Nest verirrt hatte, in welches ein gebrechliches Mädchen in hübschen Altags-Klamotten ganz bestimmt nichts verloren hatte.
Ich hatte einen Kloß im Hals, trotz meinem Schlucken ging er nicht weg, hatte sich festgesetzt. Schwächlich klammerte ich an mich selbst, hob meine Arme zu meiner Brust. Wie ein Stück Fleisch in einem Käfig voller gefräßiger Raubkatzen fühlte ich mich, es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie mich zerfleischen würden.
In meinem Hinterkopf vernahm ich die mahnende Stimme meiner aufgebrachten Mutter, die mir von all dem definitiv abgeraten hätte. Nein. Sie hätte mich am Arm gepackt und gar nicht erst reingelassen. Ich selbst hätte das bei jedem anderen gemacht. Hier sollte niemand sein, der nicht zu dieser Gang gehörte.
Jeder andere sollte um diesem Ort einen großen Bogen machen. Es nicht wagen, den Boden dieser Spielhalle zu berühren und den Rauch einzuatmen.
Doch ich hatte einen Grund, der mich scheu hierher trieb. Der Grund, wichtiger als alles andere auf der Welt, war dort drinnen, zwischen den jungen Männern, die mich kaltherzig lehrten, was Furcht war.
Mut schoss in mir hervor wie glühend-heißes Magma aus einem Vulkan. Der Gedanke an ihn gab mir ungeheure Willenskraft, auch wenn ich weiterhin vor niederdrückenden Respekt gegenüber den Gangmitgliedern schlotterte. Er durfte genau so wenig wie ich hier sein. Allein meine rabenschwarzen Befürchtungen, was mit ihm hier, in dieser alten, ranzigen Spielhalle passieren konnte, trieb mich anstachelnd an.
Es ging hier nicht nur um mich. Sondern auch um ihn. Ihn, der mich eines Tages auf dem Schulhof nach der Schule verlegen mit knallrotem Gesicht, stotternd und nervös mit seinen Händen spielend, gefragt hatte, ob ich mit ihm auf ein Date wollte.
Ich wollte ihm unbedingt helfen, er war mein Antrieb, derjenige, für den ich ohne etwas zu erwarten Schläge einstecken würde.
Verkrampft ging ich einen wackligen Schritt nach dem anderen nach vorne, an Spieleatomaten vorbei, welche teilweise ramponiert und andere brandneu aussahen. Das hektische Klicken einiger Knöpfe der Automaten, die noch funktionierten und um denen sich einige Typen reihten, drang zu mir, machte mich noch angespannter und nervöser.
Unliebsam spürte ich die aufmerksamen Blicke auf mir, meine unsicheren Schritt verfolgten sie hungrig mit, ich hatte die Befürchtung, sie würden sich jeden Moment auf mich stürzen und mich harsch auf den dreckigen Boden drücken.
Doch sie rührten sich nicht. Ab und zu hob ein weiterer Kerl den Kopf, entdeckte, sowie musterte mich. Kalt lief es mir den Rücken herunter.
Meine wachsamen Augen, welche sich ungehalten panisch umsahen, Gefahren rechtzeitig erkenne wollten, erblickten eingeschüchtert eine große Ansammlung von Mitgliedern der Gang. Sie standen mit dem Rücken zu mir, entdeckten mich nicht. Noch nicht.
Bestimmte Geräusche drangen an meine gespitzten Ohren, fuhren mir in Mark und Bein und ließen mich zusammenzucken. Ich hielt den Atem an, presste meine Arme dicht an meinen Brust, in der mein Herz peinigend und rasant pochte, als wäre mein Herz drei mal so groß, wie es in Wirklichkeit war.
Es waren Geräusche von schonungslos aufeinander folgenden Schlägen und nach Luft ringendem Keuchen, welche erstickend klangen.
„Bitte nicht." flüsterte ich tonlos, mein Körper bibberte elendig. Schlimme Gedanken jagten unheilvoll in meinem Kopf herum, ließen mich Übles befürchten. Bitte. Bitte. Bitte, bitte, bitte nicht!, wimmerte ich leidend in Gedanken.
Dann passierte es. Einer der Gangmitglieder beugte sich zur Seite, um seinen Kumpel nebendran etwas mitzuteilen. Mein Blick fiel direkt in den Kreis, von dem ich bis eben nicht wusste, was er einschloss.
Auf einmal strömten unzählige Empfindungen, Eindrücke und Erkenntnisse auf mich ein, der schauerliche Übelkeit half, Herr über meinen Magen zu werden und mich beinahe dazu brachte, mich hier und jetzt zu übergeben.
Auf einmal sah ich so viel.
Chifuyu, mein fester, innig geliebter Freund lag regungslos da auf dem Boden, zusammengeschlagen. Wunden im Gesicht, leblos wirkend. Frisches Blut floss aus seinem Mund, tropfte auf den Boden und bildete dort eine überschaubare, aber dennoch üble Blutlache.
Einer meiner Freunde Baji, sich gerade von dem schmerzerfüllten Blondhaarigen mit einem teuflischen Grinsen erhob, seine Faust von Chifuyus Blut tropfend siegreich wieder entspannte.
Der mir noch recht fremde Takemichi, der vor Kurzem erst Toman beigetreten war.
Alles war urplötzlich so viel für mich. Das, was mich bis eben gehalten hatte, zersprang. Nichts hielt mich mehr, nicht bei dem leidenden Anblick von Chifuyu.
„Chiyuyu!" entkam es mir schmerzhaft, ehe ich nach vorne stürmte. Überrascht richteten sich die Blicke der Anwesenden auf mich, während ich mich durch die Valhalla Anhänger quetschte, um so schnell wie möglich zu ihm zu gelangen.
Ich ignorierte die Gefahr, die wie düsterer Nebel warnend aufzog. Ich ignorierte den krass herben und den nach Schweiß stinkenden Geruch einiger Typen, durch die ich hindurchgeschlüpfte. Ich ignorierte mein panisch gegen meine Rippen schlagendes Herz.
Wie elektrisiert war mein Körper. Der gewichtige Wunsch, Chifuyu zu schützen, schaltete mit Leichtigkeit ungehindert meinen Verstand aus. Unfassbar gewaltiger Beschützerinstinkt durchflutete mich, sah nur meinen kraftlosen Freund.
Überrumpelt erblickte mich Baji, seine Augen geweitet beobachtete er, wie ich an den Zuschauern vorbei in den Kreis zu meinem Freund stürmte.
Blitzschnell war ich bei ihm. Meine Finger zitterten. Vorsichtig, als wäre er aus dünnen Glas, richtete ich sanft seinen schlappen Oberkörper auf und drückte ihn liebend an meine Brust. Ein klagender Laut entkam ihn. Beschützend versuchte ich ihn unter mir zu verstecken und ihn von den anderen abzuschirmen.
Niemand würde ihn jetzt etwas tun. Nicht, wenn ich hier war, bereit, jeden einzelnen Schlag oder Tritt für ihn einzustecken. Wenn sie ihn dafür in Ruhe ließen, opferte ich mich gerne.
Leidend blickte ich ihn an. Sein Gesicht war von den Schlägen seines besten Freundes stellenweise entstellt, seine Lippe blutig aufgeplatzt, sein blondes, immer frisch nach Shampoo riechendes, lockiges Haar versteckte mitgenommen und zerzaust sein Augenregion.
Augenblicklich zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Es war, als rammte mir jemand ein geschärftes Messer in mein lebenswichtiges Organ, immer und immer wieder, brutal, kaltherzig und kraftvoll.
Es tat weh. So unglaublich weh, ihn so verletzlich in meinen Armen zu haben. Lieber wäre ich an seiner Stelle, hätte die Qualen auf mich genommen, alles eingesteckt, was ihn zu Boden gebracht und seinen Körper verletzt hatte.
„Ich bin da", flüsterte ich sanft, um ihn zu beruhigen, ihn zu vermitteln, dass alles Gut werden würde, dass ich ihn vor weiteren Schmerzen bewahren würde, so lange ich bei Bewusstsein sein würde.
Chifuyu zuckte. Beim zarten Erklingen meiner zusprechenden Stimme erkannte er erst jetzt, wessen einhüllende Wärme es war, die seinen mitgenommenen Körper streichelte.
Beben fuhr meine Hand durch sein unordentliches Haar, streichelte ihn ein wenig, wollte ihm Sicherheit geben. Tränen drückten sich in meine Augen. Nicht, weil bei meinem Weg durch die Menge unglücklicherweise einen Ellbogen abbekommen hätte, sondern weil es mich unglaublich fertig machte, ihn verwundet zu sehen.
Sein Blut ließ von seinem Mundwinkel ab und rannte sein Gesicht herunter. Still fielen die roten Tropen auf meinen Schoss und befleckten meine Hose.
Doch es war mir egal, so verdammt egal. Chifuyu, nur um ihn ging es, nur um ihn. Darum, dass er zerbrechlich schwer atmend in meinen Armen ruhte und mit seinen Schmerzen zu kämpfen hatte.
Ich hätte mich vor alles geschmissen, um ihn zu retten.
Verwirrung benebelte neben den ungebändigten, erdrückenden Sorgen um meinen Freund meinen Kopf. Warum? Warum hatte Baji das getan? Sie waren Freunde, beste Freunde, welche sich niemals dermaßen zusammenschlagen würden.
Das es trotzdem passiert war, verstand ich nicht. Ich hatte auch nicht die Kraft, darüber nachzudenken. Vergeblich versuchte ich meine Tränen zurückzuhalten. Sie flossen meine Wangen herunter, verstärkten dieses miese und machtlose Gefühl, welches in mir wütete. Chifuyu, alles drehte sich in diesem Moment um ihn und darum, dass ich ihn vor allem bewahren wollte.
„Wer ist das denn?" Eine gelangweilte Stimme drang an meine Ohren, ließ mich zusammenfahren. Ängstlich hob ich den Blick, nahm wieder meine Umgebung war, realisierte wieder, wo ich war. Die Reaktionen waren gemischt. Einige Blicke der Gangmitglieder lagen irritiert auf mir, fragten sich, warum ich mich mitten ins Gefecht stürzte, manche hatten ein Herz und wollten kein unschuldiges Mädchen so etwas grausames sehen lassen, wiederum andere sahen mich Zähne knirschend als ungebetenen Eindringling, wollten, dass Baji weitermachte und einige hatten gar einen überheblichen Ausdruck in ihren Augen, wie bissige Wölfe wollte sie sich auf mich stürzen und mich lehren, wie naiv es war, sich gegen den Willen von Valhalla zu richten.
Furcht machte mich fast wahnsinnig. Ringte mit meiner Überzeugung, Chifuyu mit Leib und Seele zu schützen. Das eine schlug das andere nicht aus. Und so graute es mir, während ich schaudernd den Blondhaarigen enger an mich drückte und mich weiter über ihn beugte.
Ich würde ihn schützen. Mit meinem eigenen Körper.
„Wie dumm." Erneut hörte ich diese Stimme. Sie kam von einem hochgewachsenem Typen, der, wie viele andere in der Spielhalle, eine glimmende Zigarette im Mund hatte. Schwarze Tattoos zierten seine langen, dünnen Hände, blond gefärbt war die Mitte seiner nach oben gegelten Haaren. „Baji, wer ist das? Sie scheint ihn zu kennen?" fragte er an den Schwarzhaarigen gerichtet, welcher stumm das Geschehen beobachte hatte.
„Sie heißt (Y/N). Sie ist seine Freundin", informierte er karg, biss unscheinbar seine Zähne aufeinander. Der Junge mit den Handtattoos hob die Augenbrauen, ein dreckiges Grinsen bildete sich auf seine Lippen. „Verstehe", meinte er und durchbohrte mich mit seinen Blicken, kälter als Eis. „Ganz schön lebensmüde von dir, hier einfach aufzukreuzen." Stille durchzog den Raum. Die Anspannung war beinahe greifbar.
Warum Baji? Was ist nur in dich gefahren? Das bist doch nicht du, schoss es mir rasend durch meinen Kopf. Warum, halte es immer wieder und wieder. Es gab keinen Grund, warum Baji Chifuyu etwas so Scheußliches antun würde. Selbst wenn Chifuyu, was ich mir bei ihm schlicht überhaupt nicht vorstellen konnte, etwas total Danebenes gemacht und den Anführer der ersten Division Tomans somit derartig verärgert hatte, würde dieser ihn nicht schlagen, ganz besonders nicht so, dass Chifuyu Blut spucken und entkräftet röcheln würde.
Baji würde Chifuyu nicht ohne triftigen Grund schlagen. Doch es viel mir keiner ein. Dann plötzlich, aus heiterem Himmel kommend, kam mir ein Gedanke, der mir Hoffnung machte, dass er immer noch der Baji war, den ich kannte. Er hatte Chifuyu zusammengeschlagen, vor den Augen Valhallas. Warum also? Weil er sich von Toman abspalten wollte. Aber das passte nicht zu ihm, ganz und gar nicht. Mit anderen Worten, er wollte es nur so aussehen lassen. Dies war die einzige plausible Möglichkeit, die mir auf die Schnelle einfiel.
Nach seinen Blickkontakt bettelnd sah ich ihn an. Meine Kehle fühlte sich trocken an. Er blickte auf den Boden, wich mir aus. Für einen Moment konnte ich Schmerz in seinen Augen sehen.
Hätte ich seinen wahren Grund gewusst, sowie den Fakt, dass er sich den Kopf zerbrach, wie er mich hier ohne Schaden rausbringen konnte, hätte ich mich ein wenig besser und nicht so verloren gefühlt.
„Wir sollten sie für ihre Dummheit bestrafen, findet ihr nicht?" wollte der Tätowierte von den gespannt abwartenden Anwesenden hören. Grölend stimmten sie ihn jubelnd zu, nur wenige ließen sich nicht von der tobenden Masse mitziehen und hielten lieber stumm den Mund, pressten stur ihre Lippen aufeinander.
Hasenherzig biss ich meine Zähen zusammen und kniff scheu die Augen zusammen. Die bösartigen Rufe, welche die Frage des Tattoo-Kerles bejahten und aufgeheizt über mich und meine Naivität höhnten brachten mein Blut in meinen Adern zum Gefrieren.
Sie würden auf mich losgehen.
Mein Körper spannte sich an, machte sich so bereit wie möglich. Bereitete sich auf den kommenden Schmerz von Schlägen und Tritten vor. Für das, was kommen würde. Enger drückte ich Chifuyus Körper schützend an mich, bedeckte ihn so gut es ging mit meinem, krallt mich mit meinen Fingern in seine schmutzigen Klamotten. Ungeheurer Beschützerinstinkt explodierte in mir, brachte mein Blut zum Rauschen.
Nicht einmal sein vertrauter Geruch beruhigte mich.
Plötzlich vernahm ich Regungen in meinen Armen. Meine geschärften Sinne nahmen dies augenblicklich war. Chifuyu bewegte sich. Überrascht blickte ich gelähmt auf, fixierte ihn voller Sorgen, verstand zaudernd gar nichts mehr.
Alles in mir richtete sich auf Chifuyu.
Er rührte sich. Mühsam raffte er sich auf, atmete keuchend. Blut tropfte von seinem Mund auf meine Beine und auf den Boden. Seine verletzten, kraftlosen Hände, welche mit Furchen gezeichnet waren, legten sich auf meine Schultern und zogen ihn schleppend hoch.
Ich wagte nicht zu Atmen. Stocksteif verfolgte ich seine Bewegungen mit, spürte den Druck, die seine Hände auf meine zierlichen Schultern ausübten. Seine hektisch auf und ab gehende Brust drückte sich mit letzter Kraft gegen meine, seine schlappen Arme legten sich um meinen Hals und sein Kopf fand einen Platz auf meiner Schulter.
Perplex blinzelte ich. Stockend realisierte mein überfordertes Hirn, verlangsamt durch die erschreckende Angst, was gerade passiert war.
Vom einen auf den anderen Moment war es nun Chifuyu, der sich schützend über mich legte, bereit, alles abzufangen, was mir drohte.
„Chifuyu", flüsterte ich erstickt, Emotionen brachten mein Ich ins wanken. Ich roch den süßlichen Geruch seines Erdbeer-Shampoos, welches ich ihm eines verregneten Tages im hiesigen Shoppingcenter einfach so aus einer Laune heraus neckend geschenkt hatte. Er benutzte es heimlich, zugeben, ein Shampoo zu benutzen, auf welchem sogar drauf stand, dass die Zielgrube eher jüngere Mädchen war, würde er natürlich nie. Doch ich erinnerte mich an den Geruch und identifizierte ihn immer, wenn ich ihn roch.
Dann tat er etwas, was ich nicht erwartet hatte. Nicht in diesem Moment, in dem wir beide umringt mit uns feindlich gesinnten Jugendlichen waren. Nicht in dem Moment, in dem mir unaufhörlich Angst-Schweiß die erhitzte Haut herunterrannte. Nicht in dem Moment, in dem man die Anspannung mitsamt dem Zigarettenrauch mit einem Messer zerschneiden konnte.
Zärtlich legten sich seine, in Mitleidenschaft gezogenen Lippen auf meinen freien Hals, hauchten sanft einen Kuss auf ihn. Und dies, während mein Herz pausenlos am Austicken war, Adrenalin in meinen Adern in jeden erdenklichen Winkel meines Körpers gejagt wurde und ich bodenlose Angst hatte, ihn leiden zu sehen.
Wärme schoss mir ausgehend von dieser beglückten Stelle durch die Haut. Selbst nachdem er seine rauen Lippen von meiner empfindlichen Haut genommen hatte, spürte ich die liebevolle Berührung weiterhin.
Perplex saß ich da, auf dem harten Boden, einen ermatteten Chifuyu in meinen Armen und stand neben mir. Sein Kuss, so wunderschön und erwünscht er auch war, kam unangemessen und aus dem Nichts.
„Lasst sie gehen." Seine Stimme erklang abgekämpft und kehlig, man hörte aus ihr heraus, wie fertig und mitgenommen er war und wie schwer es ihm fiel, überhaupt ein Wort über seine aufgeplatzten Lippen zu bringen. Auf der Stelle schmerzte mein Herz unerträglich.
„Sie...hat damit nichts zu tun", erklang es heiser von ihm. Er versuchte so laut und überzeugend wie möglich zu sprechen, damit seine mühsam hervorgebrachten Worte auch Ohren fanden.
Verstummt hielt ich den Atem an, starrte leer in den Raum. Konzentrierte mich auf das Gefühl seiner Brust, welche sich nach Luft verlangend hob und senkte und jedes Mal meine eigene berührte. Ich schloss die Augen. Ließ die tobende Umwelt, getränkt in Schrecken um mich herum verschwinden. Dachte für einen Moment nicht mehr daran, jeden Moment Schmerzen zu spüren. Realisierte kurzzeitig nicht, dass ich schlotternde Angst hatte.
Spürte nur ihn. Wie er bedürftig in meinen Armen lag. Sich mit seinen erschöpften Körper beschützend an meinen presste. Wie sein warmer Atem meinen Hals streifte, seine, nach Erdbeeren duftenden, blonden Haare mein Gesicht kitzelten.
Es hatte etwas inniges, das Gefühl, dass er bei mir war, sich sein Körper eng an meinen befand, ich andächtig seinem Atem lauschen konnte.
Für ihn. Für ihn war ich hier, hatte mich in die Höhle des Löwens gewagt, verzagte dank ihm nicht. Und für ihn würde ich es wieder machen.
Bei ihm war alles okay.
Während ich meine Nase mit geschlossenen Augen und Ohren in seinen Haaren vergrub, seinen Geruch aufnahm, meine wirre Umwelt bemitleidete, dass sie dieses wohlige, verliebte Gefühl nicht besaß, rief ich mir in Gedanken;
Für ihn würde ich alles machen.
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