Kapitel 6
Kapitel 6: Die Grenze verteidigen
Ich lag noch immer auf der Couch, der Raum in ein gedämpftes Licht gehüllt. Die Nacht war eine einzige Hülle aus Stille, die sich um uns legte. Seungmin schlief ruhig neben mir, sein Atem gleichmäßig, fast beruhigend. Doch trotz der Ruhe konnte ich meinen eigenen Herzschlag deutlich spüren, schnell und laut, als ob er sich gegen die Stille wehrte.
Es war, als ob die Nähe zu Seungmin etwas in mir auslöste, das ich nicht kontrollieren konnte. Etwas, das ich nicht wollte.
Er bewegte sich plötzlich, die Decke leicht zur Seite schiebend, und murmelte etwas, während er sich aufsetzte. „Es tut mir leid, wenn ich dich aufwecke." Seine Stimme war immer noch verschlafen, aber deutlich. „Du schläfst schwer."
„Ich... bin nicht wirklich eingeschlafen." Ich versuchte, mich zusammenzureißen, aber es kam zu schnell, zu intensiv. „Ich... denke nach."
Er sah mich an, und da war dieses unbestimmte Lächeln auf seinem Gesicht, das ich nicht deuten konnte. „Und über was denkst du nach?"
„Über... nichts." Ich schüttelte hastig den Kopf und richtete mich auf. „Es ist nur, dass du... du machst das immer so kompliziert."
„Ich?" Er hob eine Augenbraue, die am Rand des Lächelns zuckte. „Ich mache alles kompliziert?"
„Ja." Ich ließ die Decke los, stand auf und begann, nervös den Raum zu durchqueren. „Du bist... du bist einfach immer so intensiv, Seungmin. Du hast das Gefühl, immer wissen zu müssen, was ich denke, was ich fühle..."
„Weil du es nie selbst weißt." Seine Antwort war ruhig, aber entschlossen.
Ich hielt inne, mein Herz setzte kurz aus. „Das ist nicht der Punkt", sagte ich, wobei ich versuchte, meine Stimme fest und ruhig zu halten. „Ich will das nicht, Seungmin. Was immer du auch denkst, das hier –" Ich schnitt mir mit einer Geste durch die Luft, als würde ich alles, was zwischen uns war, abtrennen. „Das hier ist nur... Zufall. Und es ist besser, wenn wir einfach wieder so tun, als wäre nichts passiert."
Seungmin warf sich zurück auf die Couch, verschränkte die Arme und starrte mich an. „Du redest dir da was ein, Chan."
„Nein, das tue ich nicht!", entfuhr es mir schneller als beabsichtigt. Ich atmete tief ein, versuchte, mich zu beruhigen. „Du musst verstehen, dass ich..." Ich drehte mich wieder zu ihm um, versuchte, die richtigen Worte zu finden. „Du und ich, Seungmin, wir sind nur Kollegen. Freunde. Es gibt nichts mehr zwischen uns, und es wird auch nichts geben. Versteh das doch!"
Er sah mich einen Moment lang nur an, und ich konnte in seinen Augen die Verwirrung und die Enttäuschung lesen, die er versuchte, zu verbergen. „Du versuchst dir selbst etwas vorzuspielen. Aber du weißt genauso gut wie ich, dass das hier mehr ist als das. Warum tust du dann so?"
Ich fühlte, wie mein Herz wieder schneller schlug. „Weil es einfach... besser so ist", sagte ich, meine Stimme ein Stück leiser. „Weil es einfacher ist. Du und ich – das funktioniert einfach nicht."
„Weil du es nicht zulässt." Seine Stimme war jetzt weich, fast wie ein Flüstern, und es durchbrach die Barriere, die ich versucht hatte, um mich herum aufzubauen. „Du hast nie zugelassen, dass es einfach sein kann, Chan."
Ich biss mir auf die Lippe, ein schmerzhaftes Gefühl in meiner Brust. Ich wollte ihm nicht das Gefühl geben, dass er richtig war. Ich wollte das nicht. Aber seine Worte waren wie ein leiser Nagel, der sich tiefer in mein Innerstes bohrte.
„Du bist einfach... nicht wie ich." Ich hörte mich flüstern, obwohl ich es nicht beabsichtigt hatte. „Ich kann das nicht riskieren."
„Was riskierst du?" fragte er ruhig. „Unsere Freundschaft? Oder das, was wir wirklich fühlen?"
„Das ist nicht das Gleiche", sagte ich, auch wenn ich wusste, dass es das war. „Freundschaft ist sicher, Seungmin. Aber wenn wir... wenn wir mehr daraus machen, dann könnten wir alles verlieren. Ich könnte alles verlieren."
Er schloss für einen Moment die Augen, atmete tief ein, als würde er sich etwas zurechtlegen. Als er wieder sprach, war seine Stimme leise, fast zerbrechlich. „Du hast Angst, das zuzugeben."
Ich wollte antworten, wollte etwas sagen, um es zu widerlegen, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Denn er hatte recht.
„Du hast Angst, weil du nicht weißt, was du fühlst, aber auch, weil du denkst, du würdest es bereuen", sagte Seungmin schließlich. „Und du hast recht, es könnte kompliziert werden. Aber was ist daran schlimm, Chan? Du solltest nicht immer vor der Angst weglaufen."
Ich warf ihm einen verzweifelten Blick zu, das Gefühl von Unsicherheit und Angst umhüllte mich. „Ich will das nicht. Du solltest es auch nicht wollen. Es macht alles nur schwieriger."
Seungmin lehnte sich zurück, als hätte er sich entschieden, meine Worte zu akzeptieren, aber ich sah den Schmerz in seinen Augen. „Vielleicht hast du recht", sagte er schließlich. „Vielleicht ist es besser, wenn wir es einfach so lassen."
Ich wollte ihm etwas anderes sagen, wollte es ihm ausreden, aber ich wusste, dass ich es nicht konnte. Und in diesem Moment verstand ich – das Band zwischen uns war längst nicht nur eine Fantasie gewesen. Aber ich war nicht bereit, es anzuerkennen. Noch nicht.
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