kapitel 3
Kapitel 3: Näher als erwartet
Die Nacht zog sich endlos hin. Der Stromausfall dauerte an, und das flackernde Licht der Kerze war alles, was den Raum erhellte. Ich hatte gehofft, dass Seungmin nach unserem kurzen Austausch einfach wieder in sein Zimmer verschwinden würde, aber er blieb. Er saß immer noch da, mit verschränkten Armen, sein Blick stur auf die kleine Flamme gerichtet.
Irgendwann wurde die Stille zu viel. „Glaubst du, der Strom kommt bald wieder?" fragte ich, nur um irgendetwas zu sagen.
„Keine Ahnung." Er zuckte mit den Schultern, ohne mich anzusehen. „Aber ich denke, wir sollten uns besser darauf einstellen, die Nacht ohne Licht und Wärme zu überstehen."
Ich runzelte die Stirn. Die Temperaturen draußen waren nicht gerade freundlich, und ohne funktionierende Heizung würde es hier bald richtig kalt werden. „Wir sollten uns zusätzliche Decken holen", sagte ich, mehr zu mir selbst als zu ihm.
„Gute Idee." Er stand auf, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, und verschwand in seinem Zimmer. Als er zurückkam, hatte er zwei dicke Decken in den Armen. Er warf mir eine zu, bevor er sich mit der anderen wieder auf den Sessel setzte.
Ich zog die Decke um mich, aber die Kälte kroch trotzdem langsam in meine Glieder. Die Dunkelheit und die Stille machten alles noch intensiver – jede Bewegung, jedes Geräusch schien doppelt so laut zu sein. Ich konnte fühlen, wie Seungmins Blick ab und zu zu mir wanderte, auch wenn ich so tat, als würde ich es nicht bemerken.
„Du zitterst." Seine Stimme durchbrach die Stille.
Ich sah auf und bemerkte, dass meine Hände tatsächlich leicht bebten. „Es ist nur die Kälte", murmelte ich und zog die Decke enger um mich.
Er rollte mit den Augen. „Du bist so schlecht darin, auf dich selbst aufzupassen." Bevor ich etwas erwidern konnte, stand er auf, griff nach der Decke, die er gerade benutzt hatte, und warf sie mir über die Schultern.
„Was machst du da?" Ich starrte ihn an, überrascht von der plötzlichen Nähe.
„Ich versuche, zu verhindern, dass du dir eine Erkältung holst." Er klang genervt, aber in seinen Augen lag etwas anderes – etwas, das ich nicht richtig deuten konnte.
Ich wollte protestieren, aber die zusätzliche Wärme war... angenehm. „Und was ist mit dir?" fragte ich schließlich, meine Stimme leiser.
„Ich komme schon klar." Er ließ sich wieder in den Sessel fallen, seine Arme verschränkt, als ob er damit jede Diskussion beenden wollte.
Doch irgendetwas an seinem Verhalten ließ mich nicht los. Die Art, wie er mich angesehen hatte, die Entschlossenheit in seiner Stimme. Es war, als ob er sich mehr Sorgen machte, als er zugeben wollte.
„Seungmin..." Ich sagte seinen Namen, bevor ich darüber nachdenken konnte. Er sah mich an, und für einen Moment war da nur dieses flackernde Licht zwischen uns. „Warum bist du immer so... kompliziert?"
Er hob eine Augenbraue. „Kompliziert?"
Ich seufzte. „Ja. Du redest kaum, aber wenn du etwas sagst, dann trifft es mich immer direkt. Es ist, als ob du genau weißt, welche Knöpfe du bei mir drücken musst."
Seungmin lächelte schwach, ein fast unsichtbares Zucken in seinen Mundwinkeln. „Vielleicht, weil ich dich besser kenne, als du denkst."
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Seine Worte hingen schwer in der Luft, und ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich wollte etwas sagen, irgendetwas, um die Spannung zu brechen, aber mein Kopf war leer.
Bevor ich etwas tun konnte, lehnte er sich leicht vor. „Chan", sagte er leise, sein Blick direkt in meinem. „Vielleicht solltest du aufhören, dir so viele Gedanken zu machen. Nicht alles muss so kompliziert sein, wie du es dir immer machst."
Ich schluckte hart. Seine Nähe, die Ruhe in seiner Stimme, die Intensität seines Blicks – es fühlte sich an, als ob ich in einem Strudel gefangen wäre, aus dem ich nicht entkommen konnte.
„Vielleicht hast du recht", murmelte ich schließlich, meine Stimme kaum hörbar.
Er lehnte sich zurück und zog die Decke um sich. „Ich hab meistens recht."
Trotz der Kälte spürte ich, wie meine Wangen heiß wurden. Ich senkte den Blick und ließ meine Finger über den Rand der Decke gleiten. Irgendetwas hatte sich verändert, das konnte ich spüren. Aber was es genau war, wusste ich noch nicht.
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