Kapitel 2
Kapitel 2: Die erzwungene Nähe
Das Wochenende begann, und das Dorm war plötzlich viel stiller. Die anderen hatten ihre Sachen gepackt und waren gegangen, während Seungmin und ich zurückblieben – gezwungenermaßen. Ich hatte gehofft, dass die Ruhe mir helfen würde, meinen Kopf freizubekommen, aber es fühlte sich eher an, als ob die Stille alles noch schlimmer machte.
Seungmin war den ganzen Morgen über kaum zu sehen gewesen. Ich hatte ihn nur kurz in der Küche bemerkt, wie er sich eine Tasse Kaffee machte, bevor er wortlos wieder in seinem Zimmer verschwand. Es war besser so, redete ich mir ein. Wenn wir uns aus dem Weg gingen, würde es keinen weiteren Streit geben.
Doch je länger der Tag verging, desto mehr nagte das Unausgesprochene an mir. Ich versuchte, mich mit Arbeit abzulenken – Musik, Mails, irgendwas. Aber es funktionierte nicht. Stattdessen fiel mir jedes kleine Geräusch auf: das leise Quietschen der Tür zu seinem Zimmer, die Schritte, die er auf dem Flur machte. Es machte mich verrückt.
Irgendwann am Nachmittag hörte ich ihn wieder, diesmal lauter. Er kam aus seinem Zimmer und ging ins Wohnzimmer. Als ich ihn dort stehen sah, fühlte ich, wie sich meine Schultern anspannten. Ich hatte nicht vor, ein Gespräch zu beginnen, also starrte ich auf meinen Laptop, als ob ich gerade die Lösung für die Weltprobleme suchte.
Aber Seungmin sprach trotzdem. „Du wirst dich nicht ewig in diesem Ding vergraben können, weißt du?" Seine Stimme klang trocken, fast gelangweilt, aber ich wusste, dass das Absicht war.
„Ich versuche wenigstens, etwas Produktives zu machen." Mein Ton war schärfer, als ich wollte, aber ich konnte es nicht verhindern.
Er lachte leise, dieses Lachen, das mich immer aus dem Konzept brachte. „Produktiv? Du sitzt seit Stunden da und starrst auf denselben Bildschirm."
Ich wollte etwas erwidern, etwas Scharfes, aber dann ging plötzlich das Licht aus. Der Stromausfall kam so unerwartet, dass ich für einen Moment wie erstarrt war. Der Laptop-Bildschirm wurde schwarz, und die Dunkelheit verschluckte den Raum.
„Toll." Ich seufzte und lehnte mich zurück. „Das ist genau das, was ich jetzt brauche."
Seungmin schien weniger beeindruckt. „Hast du nicht irgendwo Kerzen oder so?"
Ich konnte seine Silhouette in der Dunkelheit sehen, wie er an den Schränken entlangtastete. Nach ein paar Minuten hatte er tatsächlich eine kleine Kerze gefunden und zündete sie an. Das flackernde Licht ließ sein Gesicht weich und fast... verletzlich aussehen.
„Da." Er stellte die Kerze auf den Tisch und setzte sich in den Sessel. Sein Blick wanderte zu mir, und ich fühlte, wie die Stille zwischen uns wieder schwerer wurde.
„Du kannst einfach weitermachen, als wäre nichts passiert, oder?" fragte ich schließlich, meine Stimme leiser, als ich beabsichtigt hatte.
Er sah mich direkt an. „Ich weiß nicht, was du hören willst, Chan. Eine Entschuldigung? Dass ich dir Unrecht getan habe? Oder willst du einfach nur, dass ich verschwinde?"
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wusste aber nicht was. Seine Worte trafen mich, wie sie es immer taten. Ich wusste, dass ich etwas falsch gemacht hatte, aber ich wusste auch nicht, wie ich es richtigstellen konnte.
„Ich will, dass du mich verstehst." Meine Stimme klang fast flehend, und ich hasste es. „Ich versuche nur, alles zusammenzuhalten."
„Ja, das merke ich." Sein Blick war unverändert, und doch lag etwas in seiner Stimme, das mich aufhorchen ließ. „Aber irgendwann musst du aufhören, alles alleine zu machen. Irgendwann musst du anfangen, uns zu vertrauen. Mir zu vertrauen."
Das Wort „mir" hing schwer in der Luft, und ich spürte, wie mein Herz einen Moment lang schneller schlug. Ich konnte meinen Blick nicht von ihm abwenden, und es fühlte sich an, als ob die kleine Kerze zwischen uns die einzige Barriere war, die noch existierte.
Ich wollte etwas sagen. Irgendwas. Aber ich hatte keine Worte.
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