8. Nathan
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Lyana pov.
Als wir außer Hörweite waren, verlangsamte ich meine Schritte abrupt, wobei Elian gegen mich knallte und es gerade schaffte, nicht auf den schlichten, hellen Betonboden zu krachen. Entschuldigend blickte ich ihn an, als er seinen Kopf hob, um mich mit zusammengekniffenen Augen anzustarren. „Was sollte das denn?" kommentierte er mein Handeln verständnislos, während ich ihn im langsamen, gemäßigten Tempo hinter mir herzog.
„Ich hab doch gesagt, dass wir uns kurz Unterhalten müssen" rechtfertigte ich die Geschehnisse, worauf mein Bruder genervt aufstöhnte. Er wollte wohl unbedingt endlich zu seinem Schützling, ich natürlich auch aber das war jetzt deutlich wichtiger. „Kann das nicht bis später warten?" stöhnte er genervt auf bevor er mich schmollend betrachtete. Seine blauen Augen glitzerten dabei etwas, was mich zum schmunzeln brachte.
Es dauerte aber nicht lange bis ich meinen Zwilling ernst musterte. „Ich habe Briefe in Dads Schreibtisch gefunden. Ich bin der Meinung, dass Vater eine heimliche Freundin hat und ihr regelmäßig Briefe schreibt" raunte ich leise damit niemanden meine Worte verstand und Dad von meiner Entdeckung erzählen konnte. Elians Gesichtsausdruck wurde nun auch seriöser. „Was stand in denen denn drin?" wollte der Blondschopf wissen, während wir unauffällig durch de Ausgang schlichen.
Kurz war ich in meinen Gedanken, um das Geschriebene exakt wiederzugeben. „But you'll never be alone. I'll be with you from dusk till dawn. Baby, I am right here. I'll hold you when things" sprach ich schließlich, nach wenigen Sekunden überlegen. Mein Bruder verzog nachdenklich die Lippen. „Klingt wie ein Lied oder so" meinte mein jüngerer Zwilling, als wir an der kante der Landeplattform angekommen waren. Ich musste zugeben, dass er schon irgendwie Recht hat. „Wer denkst du ist Vaters heimliche Beziehung?" fragte mich der blondhaarige nun neugierig.
Mit einigen Überlegungen in meinem Kopf stürzte ich mich in die Tiefe. Ich hatte ja schon eine Vermutung, nur kann es trotzdem jeder sein. „Ich denke es ist Liora" eröffnete ich ihm meine unsichere Annahme. Elian nahm erst meine rechte und dann meine linke Hand in seine, um mir direkt gegenüber zu sein. Zeitgleich öffnen wir unsere Flügel und wurden von der plötzlichen Gegenwehr etwas nach oben geschleudert.
Das glitzern in seinen Augen, welches ich kurz erblicken konnte, bevor er sich etwas von mir entfernt neben mich gleiten ließ, wirkte nachdenklich. „Ich denke nicht" erwiderte er überraschend sicher, was ich nicht ganz nachvollziehen konnte. Wie konnte er sich bei dieser Sache so gewiss sein? „Sie schauen nicht so verliebt aus sondern eher wie Freunde. Verstehst du wie ich meine?" erklärte er sich, worauf ich mit einem leichten Nicken antwortete. Vor meinem inneren Auge spiegelten sich einige Szenen mit Dad und Liora ab, wo sie zusammen lachen, sich unterhielten oder aber... Ja, was oder? Sie haben sich noch nie geküsst, haben sich nie verliebt angeschaut. Sie sehen aus wie Freunde, nicht wie ein Paar. Aber vielleicht...
„Und was ist wenn sie sich nur küssen, wenn niemand anderes da ist? Vielleicht schreiben sie sich ja deshalb Briefe ohne Anrede oder Absender, damit niemand dahinter kommt" murmelte ich kleinlaut. Ich wusste nicht was ich denken sollte. Mein Bruder schüttelte kaum merklich den Kopf. „Hören wir auf darüber zu reden, Ja?" schlug er vor worauf ich auch sofort eingehe. Ich sollte mich auf meinen neuen Schützling konzentrieren auch wenn ich es nicht leiden konnte, wenn Vater Geheimnisse vor uns hat.
Schweigend trugen uns unsere Schwingen weiter bis wir uns trennen mussten. Zum Abschied nahmen wir uns fest in den Arm. Wir sind nur sehr selten von einander getrennt. „Viel Glück, Schwesterchen" lächelte Elian mir noch zu ehe er sich auf den Weg zu Lucy machte. „Dir auch, kleiner Bruder" rief ich ihm hinterher, worauf er mir noch einen kurzen, bösen Blick zu warf. Kichernd flog ich in die andere Richtung.
Die Grundschule müsste ziemlich genau gleich auftauchen. Ein Lächeln erschien auf meinen Lippen, als ich das Gebäude erblickte und mich daraufhin auf dem großen Baum niederließ, der auf dem Schulhof stand. Ich war für Mundies unsichtbar, also brauchte ich mir keine Sorgen, um komische Blicke machen. Mit wachsamen Augen suchte ich die Klassenräume ab, in die ich reinschauen konnte. Es dauerte auch nicht lange bis ich den kleinen, schwarzhaarigen Jungen, in sein Heft schreiben, sehen konnte.
Das Zimmer lag ganz oben am Rand, weshalb ich etwas den Ast lang rutschte, um den Menschen besser zu beobachten. Schon nach weniger zeit, begann mein Hintern wehzutun. Ich musste mir eine andere Position suchen. Zu meinem Glück lief die Lehrerin gerade zu einem Fenster, um dieses zu öffnen. Als die braunhaarige Frau sich wieder zu ihrem Whiteboard begab, huschte ich heimlich in den Klassenraum. „Pia. Ließ bitte die Aufgabenstellung vor und nenne uns dann das Ergebnis" erklang die Stimme der Lehrerin und ein blondhaariges Mädchen, mit hohen Zöpfen räusperte sich kurz.
„Eine Dose Hundefutter kostet normalerweise 1,68$. Im Sonderangebot wird die Dose für 1,49$ angeboten. A.) Wie viel Euro bezahlt man beim Normalpreis beim Einkauf von vier Dosen? Ich hab da 6,72$" sprach das Mädchen und sah dann zu ihrer Lehrerin auf. Die Brünette nickte lächelnd. „Sehr schön, Pia." lobte die Frau das kleine Mädchen, worauf Pia breit grinste. „Und Nummer b.) macht jetzt bitte.." sie überlegte kurz. „Nathan. Mach du das bitte" forderte sie meinen Schützling auf. Gespannt sah ich zu dem kleinen Jungen, der sich kurz durch seine Haarpracht fuhr und sich dabei fast das Hörgerät aus dem Ohr schlug.
Ein leises lachen ging durch die Klasse, was die Lehrerin aber schnell verstummen ließ. „Also. Wie viel spart man, wenn man die gleiche Menge im Sonderangebot kauft. Meine Antwort lautet 0,79$" las Nathan vor und erhielt ebenfalls ein Lob von der braunhaarigen Mundie. Kurz darauf klingelte es. Ich war zwar nie in einer Schule, hatte mich aber etwas darüber informiert. Das ist das Zeichen für eine Pause. „Also gut. Ab nach unten mit euch" meinte die Lehrerin und die Kinder liefen aufgeregt durch die Tür in den Flur. Sie ließen ihre Sachen hier außer Nathan packte seine zusammen. Die ältere Frau sah den kleinen mitfühlend an. „Deine Mutter wartet bestimmt schon draußen. Wir sehen uns dann morgen" verabschiedete sie sich von meinem Schützling. „Tschüssi" lächelte der Bursche freundlich und verließ ebenfalls aus dem Klassenzimmer. Warum wird er denn abgeholt? Zügig verschwand ich wieder durch das Fenster, bevor die Mundie es zumachte.
Ich musste nicht lange warten bis ich Nathan aus dem Haupteingang der Schule laufen sah. Freudestrahlend lief er auf eine schwarzhaarige Frau zu, wahrscheinlich seine Mutter. „Und wie war die Schule, mein Schatz?" fragte die Dame ihren Sohn, als sie seine Hand nahm. Um die Fremde besser zu mustern, lief ich rückwärts vor den beiden.
Sie hatte welliges, schulterlanges, schwarzes Haar und grüne Augen, die aber ein großen braunen Fleck um der Pupille besaßen. Die Frau hatte viele, verblasste Schnitte an den Armen, selbstsicher präsentierte sie die der Welt, sie ist stolz diese schwere Zeit gemeistert zu haben. Ich musste sofort lächeln. Ich frage mich, welcher Engel ihr wohl dabei geholfen hat.
„Hey, Emily. Seid ihr wieder auf dem Weg zum Arzt? Na, Großer" ertönte eine weibliche Stimme hinter mir, worauf ich mich umdrehte. Eine blondhaarige Frau, die im selben Alter wie die Mutter von Nathan zu sein scheint, fiel mir ins Auge. Sie hatte ebenfalls ein Kind an der Hand, nur war ihres etwas jünger. „Hey. Ja, Nathan muss heute zu einer Untersuchung. Wie geht es denn der Marie?" lächelte die Schwarzhaarige glücklich und wank dem niedlichen Mädchen zu, die sich hinter dem Bein ihrer Mutter versteckte aber wie ein Honigkuchenpferd grinste.
Interessiert lauschte ich der Unterhaltung bis Nathan und seine Mutter, Emily, weitergingen. Unauffällig folgte ich ihnen und achtete darauf, dass meinem Schützling nicht passierte.
Mit emotionsloser Maske stand die schwarzhaarige Frau an dem Fenster, um hinaus in die Leere zu starren. Es gab auf der anderen Seite nichts zu sehen, dennoch blieben ihre Augen darauf fixiert.
Es klopfte an der Tür, die nach wenigen, verstrichenen Sekunden aufschwang. „Meine Königin, ich haben wissenswerte Neuigkeiten für Euch." sprach ein großer, braunhaariger Mann dessen Augen kurzzeitig blau aufleuchteten. Die Frau seufzte leise ehe sie sich elegant umdrehte. Ihre Schuhe hallten etwas, während sie zu zu ihrem Sessel lief und sich wortlos drauf niederließ.
Nun waren ihre Augen auf den Dämon gerichtet, der langsam auf die schwarzhaarige Dame zu lief. Er wurde unter ihrem stechenden Blick ganz nervös, seine Hände zitterten etwas. „Spuck schon aus" verlangte sie genervt, überschlug ihr Beine und begann eine kleine Haarsträhne um ihren Zeigefinger zu wickeln.
Erschrocken zuckte der Mann zusammen bevor er eilig nickte. „Wir haben zwei junge Engel in der Menschenwelt ausfindig gemacht. Sie sind wohl Schutzengel und sie haben anscheinend jeweils einen Schützling erhalten." ratterte der Dämon hastig runter.
Ein minimales Lächeln bildete sich auf ihren rosanen Lippen. „Ich gehe davon aus, dass es die Zwei von letztens sind" flüsterte die junge Frau düster, eher zu sich selbst und sie erwartete auch keine Antwort des Dämons. Sie konnte es nicht erklären aber irgendwo her kannte sie die zwei jungen Engeln.
Nachdenklich sah sie wieder zu dem Dämon in Menschengestalt. „Ärgert die beiden ein wenig. Bringt die Menschen Kinder in Gefahr aber tötet sie nicht außer natürlich es ist ein Unfall" sprach sie ruhig und schickte den Dämon wieder raus. Nach einer kurzen Verbeugung verschwand der Mann eilig aus dem Raum.
Seufzend sah die Frau ihm hinterher. Sie muss mehr über diese Kinder erfahren, sie hatte keine Ahnung woher das Gefühl kommt, dass sie die Zwei kennt. Vielleicht sollte sie sich auf die Erde begeben, um selbst Nachforschungen zu betreiben?
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Oh nein. Hoffentlich passiert Lucy und Nathan nichts. :(
Mal sehen was die schwarzhaarige, mysteriöse Frau alles herausfindet. ;)
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