Kapitel 14
Meine Augen schweiften von meinem Chef zu der Frau, die mich davor angerempelt hatte und dann zurück zu meinem Chef. Ich verstand gar nichts.
"Sie wollen mich kündigen, weil die Frau sich beschwert hat, dass ich sie angerempelt habe?", stieß ich ungläubig hervor.
Wieso gab sie mir jetzt die Schuld? Ich konnte doch nichts dafür, dass sie gegen mich gestoßen ist.
"Miss, es tut mir richtig Leid, was davor passiert ist, aber Sie können meinem Boss doch nicht befehlen, mich kündigen zu lassen? Ich brauche diesen Job!", aufgebracht fuhr ich durch meine Haare und versuchte meine Tränen zurückzuhalten, die sich in meinen Augen sammelten. Ein paar Schaulustige verfolgten die Situation gespannt.
"Ms. Ghawaii, Sie können der Dame doch nicht gleich solche Anschuldigungen an den Kopf werfen", mein Boss richtete sein Jackett und wandte sich an die Frau.
"Es tut mir aufrichtig Leid, für das Verhalten meiner Angestellten. Ich werde sie natürlich sofort entlassen. Ghawaii, folgen sie mir!", fuhr er mich scharf an und ich zuckte zusammen. Man hörte, dass mit ihm nicht zu Spaßen war. Schnell nickte ich und lief mit großen Schritten hinter ihm her, das Silbertablett, dass ich immer noch in meinen Händen hielt, dicht an meinen Körper gepresst. Er hielt die Tür auf, die nach draußen führte, und ließ mich zuerst hindurch. Die Tür fiel krachend hinter uns in Schloss und ich zuckte kurz zusammen. Als ich sicher war, dass uns niemand hörte, begann ich zu sprechen.
"Es tut mir Leid, ich wollte die Frau nicht anrempeln! Ich habe sie nicht mal gesehen! Wieso entlassen sie mich wegen so was?", fragte ich aufgebracht.
"Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Besucher über Sie und Ihre Tollpatschigkeit beschwert. Erst letzte Woche haben sie ein volles Glas mit Rotwein fallen gelassen. Deshalb muss ich Sie leider entlassen, damit ich jemand Besseres einstellen kann", versuchte er mir mit ruhiger Stimme zu erklären.
Ich presste meine Lippen verletzt zusammen und nickte leicht. Ich wollte einfach nur noch von hier verschwinden.
"Deine Arbeitsklamotten kannst du morgen vorbeibringen. Wenn du sie behalten willst, musst du dafür bezahlen", ich nickte noch mal, drückte ihm das Tablett in die Hand, wandte mich um und ging.
Wenigstens konnten Nikolay und Wesley noch weiterarbeiten und wurden nicht ebenfalls rausgeschmissen. Mit gesenktem Kopf trottete ich zu Fuß durch die dunkle Straße und kickte einen Kieselstein traurig vor mir her. Nur die Straßenlaternen beleuchteten den dunklen Weg, der mich nach Hause führte.
Ich hoffte, dass Nikolay und Wesley sich keine Sorgen machten und der Boss ihnen erklärte, wo ich steckte. Morgen früh würde ich aufbrechen und eine neue Arbeit suchen!
Als ich nach endlos langen Minuten und mit müden Füßen endlich vor unserem Hochhaus stand, konnte ich die Tränen nicht mehr zurückhalten. Stumm tropften sie auf den Boden, während ich mit verschwommener Sicht in unser Zimmer kletterte und mich in mein Bett schmiss.
Das Leben war nicht fair. Ich brauchte doch die Arbeit, bei der ich so gut verdient hatte. Wie sollten wir den sonst mit noch weniger Geld auskommen? Leise schluchzte ich in mein Kissen, aber nicht zu laut, damit mich niemand hörte.
Ich wusste nicht, ob ich währenddessen einschlief, aber als ich Nikolay hörte, als er durch das Fenster kletterte, schaute ich mit immer noch verheultem Gesicht, welches davor immer noch in meinem Kissen vergraben war, auf. Ich strich ein paar nasse Locken aus meinem verheulten Gesicht.
Mitleidig schaute mein Bruder mich an und lief dann mit großen Schritten auf mich zu. Sanft ließ er sich neben mich auf meinem Bett nieder und beugte sich zu mir runter, um mich zu umarmen. Vorsichtig zeichnete er mit seinem Finger kleine Kreise auf meinem Arm und flüsterte beruhigende Worte, während wieder Tränen über meine Wangen liefen. Seine kurzen Haare kitzelten mich, aber ich ignorierte es einfach.
Nach einer Weile beruhigte ich mich endlich und Nikolay zog sich langsam zurück. Besorgt betrachtete er mich und lächelte dann sanft.
"Noel, du musst dir keine Sorgen machen! Wir kommen schon aus und wenn nicht, sparen wir halt noch ein bisschen."
Entschlossen sah ich ihn an.
"Morgen such ich mir gleich eine neue Arbeit!", stieß ich aus und schlang die Decke fester um mich.
"Gute Nacht", sagte ich noch, ehe ich die Augen schloss. Ich hörte meine Bettdecke rascheln, als Nikolay aufstand, seine Klamotten auszog und selber ins Bett ging. Auch wenn ich ziemlich müde war, konnte ich eine lange Zeit nicht einschlafen, denn mich plagten die Schuldgefühle, dass meine Familie wegen mir wieder etwas weniger Geld haben würde. Auch Nikolay schlief nicht, denn ich hörte das mir so vertraute Schnarchen nicht, welches eigentlich immer begann, sobald sein Kopf auf sein Kissen traf.
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