Kapitel 11
Verschlafen öffnete ich meine Augen, als ich ein sanftes Rütteln an meiner Schulter spürte. Langsam setzte ich mich auf, während meine Knochen knackten. Ich bewegte meine verspannten Schultern und schaute mich kurz in der ungewohnten Umgebung um. Es war etwas heller als sonst und der Untergrund, auf dem ich lag, war weicher als sonst.
"Guten Morgen", trällerte eine Stimme und ich erkannte sie sofort. Frau Wanama stand neben mir und strahlte mich an. Verwirrt lächelte ich zurück.
"Du bist gestern oder eher gesagt heute beim Filme gucken hier eingepennt und ich habe beschlossen, dich hier schlafen zu lassen. Ich habe dich aufgeweckt, bevor ihr zur Arbeit müsst."
Jetzt wusste ich, wieso ich solche Schmerzen im Rücken hatte.
"Danke", murmelte ich mit schläfriger Stimme und rieb mir über das Gesicht, damit ich etwas Wacher wurde.
Langsam stand ich auf, streckte mich und ging zur Balkontür.
"Tschau, bis bald!", verabschiedete ich mich.
Das "Vorsicht" von meiner verrückten Nachbarin kam etwas zu spät, den schon stolperte ich über einen schwarzen, pelzigen Körper, den ich im Dunklen nicht gesehen hatte und fiel fast hin. Nur in letzter Sekunde packte mich Frau Wanama am Kragen und bewahrte mich vor dem Sturz.
Als ich wieder sicher stand, hielt ich mir meine Brust, unter der mein Herz raste.
"Das war knapp", stellte sie fest und ich nickte kurz.
"Albus! Wieso stehst du auch im Weg rum?", schimpfte sie mit der schwarzen Katze, die sie aus ihren grünen Augen unschuldig anschaute. Sie ging in die Knie und streichelte ihm über das Köpfchen. Sofort fing das Fellbündel an zu schnurren. Der ganze Körper vibrierte dabei.
Lächelnd sah ich ihnen zu, bis mein Blick auf die leuchtende Uhr, die an der Wand hing, fiel. Ich keuchte erschrocken auf.
"Ich muss gehen!", ich schlüpfte durch die Balkontür nach draußen, kletterte an der Regenrinne hoch und stieg durch das Fenster in unser Zimmer. Leise schloss ich das Fenster.
Zum Glück hatte Nikolay einen tiefen Schlaf und bemerkte nicht, was los war. Leise pirschte ich mich an ihn ran, während er mit dem Rücken gedreht zu mir schlief. Ich bückte mich und hauchte ein:" Aufwachen!", in sein Ohr.
Er zuckte stark zusammen und unterdrückte einen Schrei. Ich kicherte vor mir hin, während er mich mit bösem Blick musterte und dann aus dem Bett aufstand und mit großen Schritten auf mich zu jagte. Ich riss meine Augen auf und sprang auf mein Bett, um ihn zu entkommen. Er packte mich und schmiss mich um. Mit vollem Gewicht landete er auf mir und ich stöhnte schmerzerfüllt.
"Geh runter von mir, du Fettsack."
Empört schnappte er nach Luft und robbte von mir runter.
"Was für Fettsack? Das hier sind alles Muskeln", er spannte seinen Arm an und küsste seinen Bizeps mit vollem Stolz.
"Okay du Muskelprotz, aber steh jetzt auf. Wir müssen zur Arbeit."
Er zog sich schnell an und öffnete das Fenster. Wie jedes Mal kletterte er vor mir auf den Boden und ich ihm hinterher.
Wir liefen zu dem Treffpunkt, an dem Wesley auf uns wartete. Von Weitem sah ich schon das rote Lichtbündel, was auf eine angezündete Zigarette aufweiste. Als er uns entdeckte, trat er sie aus.
"Das Fenster ist repariert", begrüßte er uns.
Ich erstarrte.
"Wesley...", ich konnte nicht weitersprechen. Dafür war ich viel zu entsetzt von dem Anblick, der sich mir bot, denn Nikolay sah mit seiner gebrochenen Nase im Vergleich zu Wesley fast lächerlich aus.
Um Wesleys Auge herum schimmerte ein deutlich erkennbarer, dunkelgrüner Fleck. Er konnte das Auge kaum öffnen, da es komplett angeschwollen war. Seine Lippe war geplatzt und über seiner Augenbraue erkannte ich eine Platzwunde.
"Oh Wesley", murmelte ich besorgt. Anscheinen war es mal wieder seine Mutter.
Er sah mich aus traurigen Augen an und formte mit seinen Lippen Worte, die er nicht herausbrachte. Eine einzige Träne lief ihm über die Wange.
"Lass uns fahren", krächzte er und stieg ein. Leise gesellten wir uns zu ihm. Bei dieser Autofahrt hörten wir keine Musik und redeten nicht. Die Stille war erdrückend, aber niemand wollte sie brechen. Jeder hing seinen Gedanken nach. Die Stimmung war erschlagen.
Wir parkten wie immer etwas von dem Klub entfernt, damit das Auto meines besten Freundes nicht von Betrunkenen zerstört wird. Wir grüßten Kasper und Josh, die uns wie immer kurz zunickten. Als wir durch die Tür auf der "nur für Personal" stand, durchtraten, folgten uns ihre Blicke und ich wusste ihre unausgesprochene Frage:
Was ist mit Wesley und Nikolay passiert?
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