
Kapitel 47
• S A M •
Mit flatternden Augen begrüße ich den nächsten Morgen eher schwerfällig, denn mein Kopf bringt mich regelrecht um. Ein unerträgliches Pochen dringt durch bis zu meinen Schläfen.
Ich habe es gestern definitiv übertrieben. Glücklicherweise hat mich Nick trotzdem ins Haus gelassen. Zwar haben wir dann nicht mehr viel miteinander gesprochen, aber er hat es zugelassen, dass ich in der Nacht meine Arme um ihn gelegt habe.
Der Platz neben mir ist jetzt allerdings leer.
Langsam richte ich mich auf, und als ein stechender Schmerz mich durchfährt, halte ich mir den Kopf. "Verdammte Scheiße ..."
Die Tür wird aufgestoßen und der Rotschopf tritt herein. In seinen Händen balanciert er ein großes Tablett mit Frühstück für uns beide. "Du bist wach", stellt er fest und stellt es neben dem Bett ab. "Wie geht es dir?"
"Mein Kopf bringt mich um", sage ich wahrheitsgemäß, weiche aber seinem spöttischen Blick aus. Mir ist bewusst, dass ich selbst schuld daran bin und kein Mitleid von ihm zu erwarten habe.
Nick setzt sich zu mir und hält mir ein Glas Orangensaft hin. Doch bevor ich davon trinken kann, reicht er mir eine Aspirin, die ich ebenfalls dankbar nehme und sofort auf meine Zunge lege und herunterspüle.
"Hast du Hunger? Granny hat Pancakes gemacht", bietet er an und möchte sich den Frühstück zuwenden. Als ich ihm aber meine Hand auf sein nacktes Knie lege, hält er in der Bewegung inne.
"Ich, ähm, ich bin nüchtern", murmle ich.
"Was?"
"Du hast gesagt, wir werden miteinander reden, sobald ich nüchtern bin", wiederholt ich seine gestrigen Worte und rufe sie damit in Erinnerung. An seinem Blick sehe ich, dass er sich offenbar wieder daran erinnert und schaut mir erwartungsvoll in die Augen.
"Und?"
"Es ..." Ich habe keine Ahnung, wie ich anfangen soll. Doch er nimmt mir auch die Sorge, denn zu meiner Überraschung lehnt sich Nicholas zu mir herüber und küsst mich. Mein Mund steht noch offen, so perplex bin ich davon, er nutzt allerdings die Gelegenheit, um seine Zungenspitze über meine Unterlippe streichen zu lassen.
Ein warmes Gefühl breitet sich in meiner unteren Gegend aus, als ich ihn auf meinen Schoß ziehe. Was auch immer hier gerade passiert, es bringt mein Blut gehörig in Wallung.
Plötzlich entzieht sich Nick von mir, seine Hände umfassen aber mein Gesicht und zwingen mich, zu ihm auf zuschauen. "So kann das nicht weitergehen, das weißt du hoffentlich."
Meine Aufmerksamkeit liegt noch auf seinen rosigen Lippen, während ich antworte: "Ich liebe dich."
"Ich liebe dich auch, Samuel. Aber wirst du jedes Mal in Luft gehen, sobald sich ein Typ an mich ran macht?"
"Trevor-"
"Wir sind befreundet. Nicht mehr und nicht weniger", fällt er mir ins Wort. Ich lege seufzend den Kopf in den Nacken, als er meinen Hinterkopf zu massieren beginnt.
"Warum ist er gestern hier gewesen?", frage ich, während ich mich nach hinten sinken lasse und ihn mit mir ziehe. "Er sah ... bedrückt aus."
Nick presst die Lippen aufeinander und greift nach einem Glas Orangensaft, wovon er dann trinkt. Ich warte, dass er mir antwortet. "Trevors Vater möchte ihn wohl auf ein Internat schicken ..."
Überrascht hebe ich eine Augenbraue. "Ach ja? Wie kommt er darauf?"
"Er hat einen Brief entgegen genommen und darin ist der Schulvertrag gewesen. Die beiden haben deshalb einen ziemlichen Streit gehabt ... Trevor ist total aufgelöst gewesen und ist zu mir gekommen."
Zu meinem Bedauern rutscht Nick von meinem Schoß, als es an der Tür klopft. Einen Moment später steckt Paige ihren Kopf herein. Ich lächle sie zur Begrüßung an, was sie sogleich erwidert. "Guten Morgen, ihr beide. Ihr esst dann wohl hier oben, oder?"
"Granny weiß schon Bescheid", entgegnet ihr großer Bruder, der dann das Tablett zu sich schiebt und es vor uns auf das Bett abstellt. Es dauert nicht lange, da schwebt der gut duftende Geruch der Pancakes vor meiner Nase herum.
"Dann lasst es euch schmecken", sagt sie und möchte sich schon zum Gehen abwenden, hält aber dann doch inne. "Habt ... Habt ihr euch wieder vertragen?"
Nick und ich schauen uns an. "Wir sind noch dabei", meint er und tastet dann nach seinem Glas Saft, wovon er gleich darauf trinkt.
"Gut, das kann ich ja Miley ausrichten", gibt seine Schwester erleichtert von sich, was mich fragend die Stirn runzeln lässt.
"Miley?"
"Sie terrorisiert mich seit einer Stunde auf WhatsApp, dass ich für sie spionieren soll."
Schmunzelnd schüttle ich den Kopf. "Also sonderlich gut bist du nicht in deinem Job."
Achselzuckend umfasst sie die Türklinke. "Wie hätte ich es denn sonst raus finden sollen? Mich unter dem Bett verstecken und euch belauschen?" Lachend greife ich nach dem Besteck. "Wer weiß, was ich dann am Ende zu hören bekommen würde, nachdem ihr euch vertragen hättet."
Als ich Nick von der Seite betrachte, sehe ich, dass sein Gesicht rot anläuft, was mich wiederum amüsiert schmunzeln lässt.
Hat er etwa schon wieder vergessen, vor ein paar Minuten noch auf meinen Schoß gesessen zu haben, während wir uns geküsst haben?
Paige scheint es ebenfalls zu bemerken und kichert leise, bevor sie die Tür hinter sich zu zieht. Damit wären wir wieder alleine.
"Bist du ernsthaft wegen ihrer Bemerkung schüchtern?", frage ich ihn lachend, worauf Nicholas meinem Blick ausweicht und sich nun auffallend besonders für das Frühstück interessiert. "Süßer, wenn ich dich daran erinnern darf, als ich krank gewesen bin, hast du-"
"Erwähne es nicht", fällt er mir ins Wort und wenn das möglich ist, errötet er tatsächlich noch mehr.
"Entschuldige ... Also, ähm, was machen wir jetzt?"
"Was meinst du?"
"Uns", gebe ich leise von mir, woraufhin er nach meiner Hand greift.
"Du vertraust mir doch, oder? Das ist es wirklich wichtig, Sam. Es kann nicht weiterhin so angespannt zwischen uns beiden sein", meint er, während sein Daumen über meinen Handrücken streicht. "Das ist nämlich, ganz ehrlich, echt anstrengend."
Seufzend stimme ich ihm zu. "Es ist ja nicht gerade so, als wolle ich das alles. Du musst mir glauben, ich möchte doch gar nicht so eifersüchtig sein ... Ich weiß doch auch nicht, warum ich jedes Mal so ausraste. Irgendwie ..."
"Was ist los?"
"Mein Bruder hat mal gemeint, dass ..." Ich presse die Lippen aufeinander, denn es fällt mir schwer, das auszusprechen.
Doch Nick schaut mich verwirrt an und es betrifft ihn ja auch, immerhin hat es leider einen großen Einfluss auf unsere Beziehung. Auch wenn ich das gar nicht möchte.
"Es ist zwar so, dass ich jetzt wegen dir deutlich besitzergreifender bin, aber, ähm, tatsächlich bin ich schon in meiner letzten Beziehung eifersüchtiger gewesen, als es angebracht gewesen ist."
"Und ... Was hat Patrick damit zu tun?"
"Er hat nur mal vermutet, dass es ... an unseren Vater liegen könnte", sage ich zögerlich und spüre im nächsten Moment, wie sich mein Körper langsam aber sicher anspannt. Wie so oft, wenn ich an diesen Mistkerl denke.
Nick spürt es, wie nahe mir das jetzt geht. Aber ich möchte ihm erklären, warum ich so bin, wie ich nun mal bin.
"Ich habe ihn ja nie kennengelernt, weil er sich lieber eine neue Familie gesucht hat", erzähle ich meinem Freund, der daraufhin einfach nur nickt. Sein Griff um meine Hand wird aber stärker. "Und, naja, Patrick spielt ja gerne mal Hobbytherapeut und, ähm, er denkt halt, dass ich Verlustängste habe und deshalb ... so eifersüchtig bin."
"Du konntest ja nie eine Bindung zu ihm aufbauen ...", beginnt Nick nach einem kurzen Moment der Stille, doch mein Kopfschütteln lässt ihn verstummen.
"Ich habe auch nicht das Verlangen danach, das nachzuholen. Dieser Kerl ist ein Arschloch, er hat eine schwangere Frau mit einem kleinen Kind sitzen gelassen. Sowas macht man einfach nicht."
Der Rotschopf zögert kurz, rückt dann aber das Frühstückstablett wieder beiseite und legt seine Arme um mich. "Ich würde ihn auch niemals in Schutz nehmen oder das, was er getan hat, entschuldigen wollen. Mir geht es voll und ganz um dich, Süßer."
Ein Lächeln umspielt meine Lippen, als ich mich an ihn lehne, mein Kopf liegt auf seiner Schulter. Er haucht mir einen Kuss auf das Haar.
"Ich glaube, die Pancakes sind mittlerweile kalt", murmle ich, woraufhin er amüsiert schnaubt.
"Lass das Grandma nicht hören. Sie würde felsenfest behaupten, dass sie auch abgekühlt die besten Pancakes sind, die du jemals essen könntest."
"Das kann durchaus sein", stimme ich zu und schaue dann zu ihm auf. "Weißt du, was ich felsenfest behaupten kann?"
Er sieht mich abwartend an.
"Dass du der beste Partner bist, den ich jemals haben konnte", erwähne ich ausdrücklich und dass seine Wangen schon wieder erröten. Er hat es also verstanden.
Natürlich sollte man niemals seine früheren Beziehungen mit den zukünftigen vergleichen. Ich habe auch schon Freundinnen gehabt, die mich wahnsinnig glücklich gemacht haben. Genauso wie mein erster Freund vor ein paar Jahren.
Aber immer wieder beweist mir Nicholas, dass er ein so unfassbar toller Mensch ist.
"Du bist ein ekelhafter Schleimer, Samuel Field", brummt er schließlich und weicht meinem Blick aus, als ich grinse.
"Soll ich es denn zurücknehmen?"
"Nein, du Idiot", höre ich ihn leise murmeln. Ich beuge mich zu ihm herüber, warte aber, dass er den finalen Schritt macht. Und er lässt mich tatsächlich zappeln.
Stattdessen schneidet er sich von den jetzt wahrscheinlich kalten Pancakes ein Stück ab und führt betont langsam die gefüllte Gabel an seinen Mund.
Meine Augen verfolgen jede seiner Bewegungen wie gebannt. "Hör auf, mich zu ärgern."
"Was mache ich denn?", fragt er belustigt und schaut mich mit seinen engelsgleichen Augen an.
"Du bi ..."
Er presst seine Lippen auf meine, bevor ich es laut aussprechen kann. Mein darauffolgendes Lachen wird durch den Kuss verstummt.
*seufz*
Also ich bin ja froh, dass ich dieses Kapitel endlich veröffentlichen kann
... aber diese Schreibflaute geht mir echt auf die Nerven 👀
Die kommt bei mir aber leider so gut wie immer, wenn sich eine Geschichte dem Ende zuneigt 🙊
Aber gut, anderes Thema: Was sagt ihr zu Sams "Geständnis" in Bezug auf seinen Vater?
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