Kapitel 19
• S A M •
"Eine Party?"
"Nicht wirklich eine Party. Ich dachte eher an einen gemütlichen Abend", meint Pat schulternzuckend und leckt sich das bereits geschmolzene Eis von seiner Hand. "Jeder von uns kann ein paar Leute einladen. Was hältst du von der Idee?"
Eigentlich müsste ich für eine Klausur lernen, aber Patrick wollte mit mir in die Stadt. Und wir können uns kaum etwas abschlagen, deshalb laufe ich gerade neben ihm her, anstatt an meinem Schreibtisch über irgendwelche Unterlagen zu hocken. Das ist definitiv auch sehr viel entspannter.
Als er mich auf ein Eis bei unserem Stammeiscafé eingeladen hat, hätte ich mir schon denken können, dass irgendwas dahinterstecken könnte. Und nun sich wir hier. Er möchte eine kleine Party schmeißen. Und wahrscheinlich soll ich meinen Kopf mit hinhalten, falls es doch größer wird als geplant, und Mom angepisst ist.
"Was machen wir, wenn mehr Leute kommen?"
Er zuckt mit den Achseln. "Wir könnten denen, die wirklich eingeladen sind, kurz vorher Bescheid geben, damit sie gar nicht auf die Idee kommen, es herumzuerzählen."
"Es gibt sowas wie soziale Netzwerke. WhatsApp, Instagram...Twitter..."
"Könntest du bitte noch negativer dem gegenüber sein? Man könnte immer noch den Gedanken haben, dass du Bock darauf hast", fällt er mir augenrollend ins Wort und schubst mich. Gerade so kann ich noch einer Frau mit Einkaufstaschen ausweichen, die mir empört hinterher schaut.
"Ist ja gut. Dann machen wir das. Aber der Alkoholkonsum..."
"Wird gering gehalten. Da sind wir uns einig, Bruderherz." Auf einmal besser gelaunt legt Patrick seinen Arm auf meine Schulter. "Das wird klasse! Glaub mir."
"Das wird es sicherlich, nachdem wir Mom darüber unterrichtet haben. Und das kannst du gern übernehmen, Pat", erteile ich ihm die Aufgabe und entziehe mich grinsend der Umarmung, bevor er mir einen Schlag auf den Hinterkopf geben kann. Begeistert sieht mein Bruder nämlich nicht darüber aus. Aber er ist der Ältere, sollte also auch verantwortungsbewusster wirken als ein Teenager, wenn es um Partys geht.
An einer roten Ampel bleiben wir stehen und warten, dass das grüne Licht aufblinkt. Währenddessen machen wir uns weiter über unser Eis her.
Dafür, dass es ein schöner, sonniger Nachmittag ist, ist die Innenstadt nicht großartig überfüllt mit Menschen. Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, es verwundert mich nur ein wenig. Gewöhnlich wäre man auf den Fußwegen an mindestens fünf Personen gleichzeitig gepresst.
Ich lasse meinen Blick vergnügt durch die Gegend wandern, verschlucke mich dann aber beinahe an meiner eigenen Zunge, als ich zwei mir bekannte Rotschöpfe erhasche.
Die Prescott-Geschwister scheinen wohl auf einen Shopping Trip zu sein, sowohl Nick als auch seine Schwester halten einige Tüten in ihren Händen und schlendern ausgelassen von einem Geschäft zum anderen.
Patrick, der mein plötzliches Unbehagen bemerkt, mustert mich verwirrt von der Seite. "Was ist, Sammy? Es ist Grün. Komm schon, Kumpel." Als er Anstalten macht, mich am Arm mit sich über die Straße zu ziehen, schüttle ich den Kopf. "Ähm, wollen wir vielleicht dort entlang?", frage ich und zeige ich eine ganz andere Richtung. "Warum bist du auf einmal so komisch?"
Gegen meinen Prostest packt er mich und zieht mich im Strom aus Menschen über die Straße auf die andere Seite. Dabei behalte ich meine Mitschüler stets im Auge, sie entdecken uns aber nicht.
"Redest du jetzt auch mal mit mir?", fragt mich mein Bruder und folgt dann meinem Blick, als ich noch immer keine Anstalten mache, ihm zu antworten. Und ausgerechnet die Geschwister fallen ihm ins Auge. "Kennst du beiden?" "Das sind Nick und seine Schwester." "Nick?" Er überlegt kurz, dann schleicht sich ein Lächeln auf seine Lippen. "Der Cousin deiner Freundin?" Das Lächeln wird breiter, als ich nicke. Er lacht auf. "Das ist ja herrlich!"
Dieser Kerl...
Ich drehe mich schnell um, als Nick in unsere Richtung schaut. "Alter, dreh dich doch auch um!", herrsche ich Patrick an, der daraufhin amüsiert in seine Waffel beißt. "Bist du blöd? Dieser Nick kennt mich doch noch nicht einmal. Warum sollte ich also?"
Das ist ein gutes Argument.
"Vielleicht hat Thea ihm mal ein Bild von dir gezeigt?!"
"Und woher soll sie ein Foto von mir haben?" Als ich den Mund aufmache, hebt er abwertend die Hand. "Erwähne nicht schon wieder soziale Netzwerke." Augenverdrehend schaue ich über die Schulter. Paige lacht über etwas, das ihr Bruder gesagt hat. Die beiden wirken so ausgelassen.
"Du bist ganz schön nervös, Bruderherz. An wen der beiden liegt das denn? Darf ich raten?", zieht der Ältere mich auf. "Willst du sie nicht begrüßen?" "Vergiss es, Pat."
In der Schule konnte ich Nick nicht wirklich aus dem Weg gehen, dafür hat er mich aber ziemlich gut ignoriert. Halt eben so wie er es immer tut. Und während er sich nichts anmerken lassen hat, musste ich ständig daran denken, ob er an diesen einen gewissen Moment nachdenken würde.
Es sollte nichts Weltbewegendes sein, aber verdammt, als ich bei ihm zuhause war, sind wir uns so nahegekommen. Nick hat sich mir auf einer Ebene geöffnet, wie ich es mir nicht vorstellen konnte, dass er es jemals tun würde. Warum auch? Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass er mich nicht leiden kann. Und wahrscheinlich ist dem auch so.
Aber er stellt mit mir irgendwas an, das mich verwirrt. Und ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll.
"Was ist passiert?"
"Warum fragst du?", entgegne ich auf der Lippe kauend, während wir wie zwei Idioten mitten auf dem Fußweg stehen und die beiden aus sicherer Entfernung beobachten. Ich rufe mir in Erinnerung, selbst eine Waffel in der Hand zu halten, und knabbere nun währenddessen daran herum. "Nur weil ich nicht zu ihnen gehen will, muss gleich etwas gewesen sein? Das ist schon weit hergeholt."
"Sammy, du bist gerade so rot wie eine Tomate. Du willst mir weismachen, dass alles in Ordnung ist?"
"Na gut...ähm, ich war bei Nick zuhause und wir..."
"Ihr?"
"Es gab da halt irgendwie einen Moment zwischen uns. Man, es ist schwer zu erklären!", gebe ich von mir und klinge verzweifelter als ich wollte. "Eventuell habe ich ihm mit dem Daumen über die Lippe gestrichen."
Eine Mischung aus Verwirrung und Belustigung zeichnet sich in seinem Gesicht ab. "Und wie ist das eventuell zustande gekommen?" Ich kratze mir verlegen am Hinterkopf. "Er hatte dort etwas Tomatensoße." "Achso, das erklärt es natürlich", lacht er. "Sie hat dir wahrscheinlich so gut geschmeckt, dass du den Klecks nicht verschwenden wolltest..." "Alter!" "Ein Wunder, dass du nicht gleich mit der Zunge kamst..." "Patrick!"
Er weicht mir lachend aus, als ich nach ihm aushole. Ihn amüsiert das hier, wie schön für ihn. Gott verdammt, ich hasse diesen Kerl so sehr!
"Und die Kleine ist also seine Schwester", meint er dann auf einmal und deutet auf Paige, die ihrem Bruder in dem Moment einen hässlichen Sommerhut aufsetzt und darüber kichert. Augenblicklich muss auch ich lächeln. "Paige. Sie ist etwas ganz Besonderes, nur weiß sie es leider nicht."
"Menschen, denen nicht bewusst ist, wie schön sie eigentlich sind, sind sowas von süß."
Ich merke es ihm sofort an, dass Patrick Gefallen an ihr gefunden hat. Wäre ich ein toller Bruder, würde ich die beiden einander vorstellen. Aber ich möchte Nick nicht gegenüberstehen.
Das scheint man mir wohl auch anzusehen. Der Dunkelhaarige seufzt neben mir. "Dir ist bewusst, dass, wenn etwas zwischen euch beiden sein sollte, du ihm deshalb nicht aus dem Weg gehen kannst."
Wer sagt, dass ich das nicht kann? Wo steht es geschrieben?
"Lieber solltest du dir darüber klar werden, wie du zu diesem Nick stehst. Denn ganz ehrlich, du bist definitiv an ihm interessiert, Sam", sagt Pat und klopft mir auf den Rücken, bevor er den Geschwistern - besonders Paige - einen letzten Blick zuwirft und dann in die entgegengesetzte Richtung geht.
Ich bleibe noch für einen Moment stehen und betrachte Nick, merke dabei, wie so ungefähr tausend Schmetterlinge in meinem Bauch herumflattern.
"Scheiße..."
Patrick weiß einfach, was Sache ist! 😂
Er könnte doch seinen Bruder mit Nick verkuppeln und holt sich Unterstützung bei Paige. Und so kommen die beiden sich näher...das wäre doch der Plan des Jahrhunderts!
Aber wie süß Sam doch ist, wenn er schüchtern ist 💗
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