Kapitel 13
• N I C K •
Die Musik frisst sich durch die Kopfhörer in meine Adern. Ich schließe die Augen und genieße das Gefühl, umgeben von der Musik zu sein. Allein.
Es ist beruhigend, die Unterhaltung von Thea und Paige nicht mehr anhören zu müssen. Sie haben anscheinend wirklich kein anderes Thema mehr - es geht einzig und allein um Samuel Field.
Als wäre er der wichtigste Mensch auf diesem Planeten.
Ein Schauer läuft mir über den Rücken, als ich an heute Mittag zurückdenke. Dieser Moment, den wir gemeinsam geteilt haben. Es verwirrt mich total, was in der Bibliothek passiert ist.
Jemand tippt mir auf die Schulter. Ich öffne die Augen, schaue hoch und sehe in das besorgte Gesicht meiner Großmutter. Sie deutet auf ihre Ohren und deutet mir damit an, die Musik auszuschalten. Widerwillig tue ich das auch und lege mein Smartphone beiseite.
"Schätzchen, du bist so ruhig", bemerkt sie und streicht mir über die Wange. "Ist etwas mit dir?" Als ich den Kopf schüttle, sehe ich es ihr an, dass sie es mir nicht glaubt. Aber sie tut mir den Gefallen und stellt den Salat auf den Esstisch. "Nehmt noch etwas vom Salat, meine Mäuse. Der ist gesund und stärkt eurer Immunsystem."
Es schleicht sich ein kleines Schmunzeln um meine Lippen, als ich nach der Zange greife und mir ein wenig davon auf den Teller mache.
"Granny, macht es dir etwas aus, wenn wir morgen Abend nicht zusammen essen?", fragt auf einmal meine Schwester, was uns aufhorchen lässt.
Was hat sie denn vor?
Als unsere Großmutter dieselbe Frage stellt, betrachte ich Paige genau, als sie antwortet: "Wir sind mit Sam und seinen Freunden verabredet."
"Wir?"
"Thea und ich."
Augenverdrehend stecke ich mir eine Kartoffel in den Mund und kaue lustlos darauf herum. Die Frauen am Tisch scheinen währenddessen total angetan vom Ausflug zu sein.
"Es ist so schön, dich mit deinen Freunden zu sehen, Paige", meint Grandma lächelnd, als die Haustür zu füllt.
"Hier riecht es aber gut!", hören wir Bonnie sagen. Die Blondhaarige erscheint an der Tür und knöpft sich gerade ihr Jackett auf. "Entschuldigt die Verspätung. Im Büro war es heute etwas stressig."
"Das Essen ist noch warm, Liebling. Wasch dir die Hände und setzt sich dann zu uns", entgegnet ihre Mutter und deutet auf den leeren Stuhl neben mir. Denn überraschenderweise hat sich Paige heute Abend zu Thea gesetzt, anstatt wie gewohnt neben mich.
"Über was redet ihr?", fragt meine Tante, als sie ihre Hände trocknet und schließlich neben mir Platz nimmt.
Während Thea angeregt über den morgigen Tag erzählt, versuche ich abzuschalten und schiebe die Essensreste auf meinem Teller hin und her.
Grandma legt ihre Hand auf meine. "Muss ich mir Sorgen machen, Nicholas?"
"Worüber?"
"Du wirkst so abwesend und hast kaum etwas angerührt. Schmeckt es dir nicht?"
"Doch, doch! Ich, ähm, habe nur keinen großen Appetit", murmle ich und versuche mich an einem Lächeln, um sie zu beruhigen. Das wenig funktioniert.
"Bist du dir sicher, dass dich nicht etwas bedrückt? Hast du...naja, vielleicht Liebeskummer oder so etwas?"
"W-was? Wie kommst du denn darauf?", entgegne ich verblüfft und schüttle schnell den Kopf. "Nein, ganz bestimmt nicht!"
"Naja, es geht vielen so in dieser Situation. Aber wenn du meinst, du..."
"Es gibt niemanden, Grandma. Und das ist auch gut so", versichere ich ihr. "Wirklich. Mir geht es gut. Ich...Ich bin nur ein wenig erschöpft von der Schule zurzeit", lüge ich. "Stört es dich, wenn ich nach oben gehe?"
Lächelnd schüttelt sie den Kopf. "Geh ruhig, Schätzchen. Soll ich dir etwas ans Bett bringen? Einen Tee oder..."
"Nein, danke." Ich stehe auf und küsse sie auf die Wange. "Wir sehen uns morgen früh", sage ich und nehme mein Handy.
Die anderen bemerken nicht, dass ich aufstehe und das Esszimmer verlasse. Sobald ich den Flur durchquere, höre ich, wie Mickey mir hinterher hechelt.
Erwartungsvoll sieht er zu mir hoch und legt seinen Kopf schief. Augenblicklich hebt sich meine Stimmung ein wenig, als ich in diese großen Augen schaue.
"Komm, Kumpel. Schauen wir uns einen Film an", sage ich und hebe ihn hoch. Als er mich begeistert ableckt, lehne ich mich schmunzelnd weg. "Vergiss es, es wird nicht 'Susi und Strolch' sein", füge ich hinzu und gehe nach oben.
In meinem Zimmer angekommen lasse ich den Mops wieder auf den Boden. Er humpelt zu seinem Bettchen neben meinem und legt sich hin. Ich bin sofort vergessen, als er sein Stofftier entdeckt und darauf herumbeißt.
Ich setze mich ans Fenster und stecke mir meine Kopfhörer wieder in die Ohren. Während der Klang von gutem Jazz mich einfängt, beobachte ich durch das Fensterglas eine Vogelfamilie auf dem Baum in unserem Garten.
Die Vögel wirken so unbeschwert. Als hätten sie keine Sorgen. Sie sind frei.
Wie schön wäre es, einer zu sein und weit weg zu fliegen. Da könnte man alles hinter sich lassen und muss an nichts mehr nachdenken. Wie wundervoll das klingt.
"Einfach alles zu vergessen", murmle ich verträumt, zucke dann aber zusammen, als mein Smartphone in der Hand vibriert. Mit gerunzelter Stirn öffne ich die Nachricht einer unbekannten Nummer.
Unbekannt [19:48 Uhr]: Falls du mal wieder "aus Versehen" auf mein Profil klickst...vielleicht gefällt dir ja mein neuster Beitrag 😉
Verdammt.
Nick [19:49 Uhr]: Woher hast du meine Nummer?
Unbekannt [19:49 Uhr]: Es wäre durchaus einfacher gewesen, wenn du in der Gruppe unserer Stufe wärst. Aber ich habe auch so meine Kontakte
Und ich kann mir schon vorstellen, wer ihm meine Telefonnummer gegeben hat.
Brummend stehe ich auf und durchquere mein Zimmer zur Tür. Mickey hebt fragend den Kopf, als ich die Tür aufreiße. "Thea!"
Einen Moment ist es still, bis es von unten zurückkommt: "Was willst du?"
"Ich wäre dir durchaus dankbar, wenn du meine Nummer nicht herumreichen würdest!"
"Was ist eigentlich dein Problem?", ruft sie zurück, doch ich antworte nicht. Stattdessen werfe ich die Tür zu und verziehe mich zurück ans Fenster.
Unbekannt [19:50 Uhr]: Sei nicht wütend auf sie
Unbekannt [19:50 Uhr]: Sie hat sich nichts dabei gedacht
Dafür müsste sie ja auch erstmal denken können...
Unbekannt [19:51 Uhr]: Ich habe sie nach deiner Nummer gefragt. Also sei wütend auf mich oder so
Kopfschüttelnd beginne ich zu tippen.
Nick [19:51 Uhr]: Was willst du, Field? Ich habe echt keine Lust auf deine Spielchen
Nervensäge [19:52 Uhr]: Sei doch nicht so...
Nervensäge [19:52 Uhr]: Hast du morgen etwas vor?
Nervensäge [19:52 Uhr]: Wir fahren mit den Mädels an den See. Du kannst gerne mitkommen, wenn du brav bist
"Was zur Hölle soll das denn?", flüstere ich, während ich seine letzte Nachricht mehrere Male lese. Doch egal, wie oft ich sie lese, die Worte ergeben für mich keinen Sinn.
Nervensäge [19:54 Uhr]: Lebst du noch? Du weißt, ich sehe es, dass du online bist
Nick [19:55 Uhr]: Was bezweckst du damit, mich für morgen einzuladen?
Nick [19:55 Uhr]: Sam, jetzt sag schon. Was genau willst du von mir?
Es dauert, bis ich eine Antwort bekomme. Er scheint immer wieder seine Nachricht zu löschen und neu anzufangen. Als er sie allerdings endlich abschickt, bleibt mir kurz die Luft zum Atmen weg.
Nervensäge [19:57 Uhr]: Ich kann es mir selbst nicht erklären...
Ist da etwa eine Art Annährung in Sicht? 😏
Ob Nick die Einladung annimmt und mitkommen wird?
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