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Frohe Weihnachten!
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Harry
Louis ist hier. Louis ist Fußballspieler und spielt in dem selben Verein, in dem mein bester Freund gespielt hat. Seine Teamkollegen kamen mir deshalb teilweise so bekannt vor. Mit Joris habe ich vor vier Jahren noch gemeinsam an einem Tisch gesessen und mit ihm gefeiert. Hat er Louis nie erzählt, wer ich bin? Ich habe ihn in einem der Hotels gesehen, jedoch gedacht, dass ich mir nur etwas einbilden würde. Wieso sollte Louis schon in dem selben Hotel übernachten, wie ein Fußballteam?
Er hat erfahren, wer ich bin und seinen Anblick werde ich nie wieder vergessen. Die Mischung aus Wut und Trauer in seinen Gesichtszügen, die mich beinahe dazu gebracht haben, ihn zu umarmen und nie wieder loszulassen. Ich hätte ihm beinahe gesagt, wie ich für ihn empfinde. Nachdem er alles herausgefunden hat, was ich ihm ganz anders beibringen wollte. Schonender. Jetzt ist er ins offene Messer gelaufen und blutet irgendwo in dieser riesigen Arena aus.
»Alex, sag mir bitte, wo Louis ist. Ich muss in Ruhe mit ihm reden.« Louis sollte in der Lounge seinem Team helfen, wo er nie angekommen ist. Ist ihm etwas passiert? Hat er sich verletzt und braucht Hilfe, die ihm niemand besorgen kann, weil er hier irgendwo liegt?
»Ich weiß es nicht, Harry. Meinst du nicht, du solltest jetzt lieber deinen Job machen, als meinem besten Freund hinterherzurennen und ihn weiterhin anzulügen? Ich kann es nicht fassen, was du hier abgezogen hast. Du hast ihn monatelang angelogen. Ihn hingehalten und dann wieder so getan, als sei alles in Ordnung.« Er schüttelt den Kopf und verschränkt die Arme vor der Brust.
Ich schätze, ich habe es verdient, trotzdem muss ich mit Louis reden. Ich bin für seinen Gesichtsausdruck verantwortlich, den ich nie wieder auf seinem Gesicht sehen möchte.
»Dann ruf ihn an und frag, ob alles okay ist, oder ob er Hilfe braucht. Ich suche ihn selbst.« Wahrscheinlich werde ich mich in dem großen Stadion nur verlaufen, aber an ein paar Wege kann ich mich noch erinnern. Als Landon hier angefangen hat zu spielen, war ich öfters hier und habe mir seine Spiele angeschaut. Später auch mit seiner Frau und Amelia, die sich an all das hier nicht mehr erinnern kann.
Ohne seine Antwort abzuwarten, biege ich nach links ab und fange an, nach Louis zu suchen. Jede Tür öffne ich und hoffe, ihn dahinter zu finden. Durch die Flure gehe ich mit seinem Namen auf den Lippen und werde immer nervöser. Er muss hier irgendwo sein. Vielleicht in der Umkleide?
»Louis, bitte!« Noch mehr kann heute nicht schief laufen. Ich habe heute Morgen verschlafen und wurde erst wach, als Amelia hüpfend auf mir herumgesprungen ist. Danach kam das Problem mit ihren Klamotten. Nichts hat ihr gefallen und wir haben mehr als eine Stunde gebraucht, das Kleid zu finden, welches sie jetzt trägt.
Dann hat mit dem Catering etwas nicht geklappt und wir sind gerade auf Hochtouren dabei, alles rechtzeitig fertigzustellen. Bald kommen die ersten Gäste und ich werde die Eröffnungsrede halten. Danach werde ich wieder nur im Hintergrund agieren. So kann ich meinen besten Freund am besten in Gedenken halten.
»Henry?« Ich drehe mich um und sehe, wie Joris mit einem traurigen Lächeln auf mich zukommt und mich in eine Umarmung zieht. »Schön, dich zu sehen«, entgegne ich leise und löse mich langsam von ihm. Joris' Frau ist ebenfalls bei dem Unfall ums Leben gekommen. Vier Menschenleben mussten beendet werden, nur weil Landon mit seinen Geistern nicht zurecht kam. Hätte ich es früher gewusst, würden alle vielleicht noch leben.
»Wie geht es dir? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen.« Ich nicke für einen Moment und greife automatisch an die Kette an meinem Hals. Joris bekommt diese Geste mit und schluchzt leise auf, als er erkennt, was ich um meinen Hals trage. Die Eheringe meines besten Freundes und seiner Frau. So trage ich die beiden jeden Tag bei mir.
»Ich hasse den Dezember«, lache ich hohl auf und atme tief durch. Joris kann mir nur schweigend zustimmen und richtet sich seine Krawatte, während er mich mustert und den Kopf schüttelt. »Hör mal, mich geht es nichts an, aber du warst es, der den einen Tag mit Louis ins Foyer gekommen ist, oder? Du bist Harry, von dem er seit drei Monaten ununterbrochen spricht?« Schuldig nicke ich und senke den Blick, als sich eine Träne auf meiner Wange verirrt.
»Ich wusste nicht, wie ich ihm sagen soll, wer ich bin. Ich wusste bis heute nicht, dass Louis Fußball spielt. Dich habe ich an dem Morgen erkannt und andere Gesichter kamen mir bekannt vor, aber wie wahrscheinlich soll es schon gewesen sein, dass Louis im selben Hotel ist, wie die Mannschaft, für die mein bester Freund fast vier Jahre lang gespielt hat? Wahrscheinlich wollte ich es auch gar nicht wahrhaben und habe es verdrängt. Ich habe es bei Louis verkackt. Er hat herausgefunden, wer ich bin. Und hat Amelia kennengelernt.« Bei ihrem Namen werden Joris' Gesichtszüge weicher, bevor er sich durch die Haare fährt und sich räuspert.
»Weiß er, dass...« Ich schüttle sofort den Kopf und schlucke den Kloß in meinem Hals herunter. »Ich möchte ihm alles erklären. Er ist vor mir weggelaufen und ich finde ihn nicht. Das Stadion ist riesig.« Joris nickt verstehend und holt sein Handy aus seiner Innentasche, bevor er den Chat mit Louis öffnet. »Ich schreibe ihm. Louis... er kannte weder Landon, noch meine Frau. Er ist ein paar Monate nach dem Unfall zu uns gekommen. Er hat es nicht immer einfach mit seiner Sexualität. Das Team steht hinter ihm, der Verein steht hinter ihm, aber Louis hat Angst, was die Öffentlichkeit dazu sagen würde, wenn man erfährt, dass er schwul ist.« Kurz stoppt er und schaut sich im Flur um, bevor er einen kleinen Schritt auf mich zukommt und die Stimme senkt.
»Bis vor ein paar Monaten hat man Louis hier gefunden, wenn man ihn gesucht hat. Dieses Stadion ist sein Safe Place. Hier wird er so akzeptiert, wie er ist. Sag es ihm nicht, aber wir lieben ihn dafür, dass er schwul ist. Ich mein, mehr Frauen für die anderen.« Ich lache leise auf und fahre mir durch die Haare. »Dann hat er dich kennengelernt und du wurdest zu dem Ort, an dem er sich am wohlsten fühlt. Wenn er in der Umkleide über eure Dates gesprochen hat, hat man nicht mehr als ein strahlendes Lächeln gesehen.« Joris legt eine Hand auf meine Schulter, bevor er für einen Moment zudrückt. »Du tust Louis gut, Henry. Und er dir wahrscheinlich auch. Wenn du ihn findest, versuch es zu retten. Ich kenne euch beide und kann dir sagen, dass ihr perfekt zusammenpasst. Aber Louis hasst Lügen genau so sehr wie du.« Ich nicke und reibe mir die Schläfen. Ich hoffe, dass Louis mir in Zukunft verzeihen wird.
Mir ist es egal, dass ich nicht mit ihm in der Öffentlichkeit gesehen werden kann. Trotzdem möchte ich mit ihm zusammen sein und für ihn da sein. Vor allem dann, wenn er vielleicht doch vorhat, sich in Zukunft zu outen. Ein ganzes Team steht hinter ihm. Das Königshaus, wenn er möchte. Ich werde alles tun, damit es Louis gut geht. Auch wenn es im schlimmsten Fall heißt, dass ich dazu nur noch aus der Ferne fähig bin.
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